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Veröffentlicht am 27.06.2021

Menschliche Abgründe

Die Komplizen des Todes
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Komplizen des Todes
Ein ganzer Container voller Leichen stellt in diesem Buch die Ermittlerin Laura Braun, unterstützt von ihrer Freundin, der Pathologin Elena Salonis vor ein Problem. Was zunächst wie ...


Komplizen des Todes
Ein ganzer Container voller Leichen stellt in diesem Buch die Ermittlerin Laura Braun, unterstützt von ihrer Freundin, der Pathologin Elena Salonis vor ein Problem. Was zunächst wie eine schiefgelaufene Schlepperaktion von Flüchtlingen aussieht, stellt sich schnell als gezielter Mord heraus. Doch warum? Wer hat ein Interesse an so vielen Leichen? Kerstin Sawatzki nimmt den Leser auf eine atemberaubende Reise in eine Welt menschlicher Abgründe. Der Krimi nimmt mehrmals unerwartete Wendungen, so dass die Lektüre bis zum Schluss durchweg spannend bleibt. Einzig der doch recht deutliche Bezug auf die Körperwelten-Ausstellungen im ersten Drittel des Buchs hat mich etwas weniger mitgerissen, da diese bereits vor 20 Jahren kontrovers diskutiert wurden, auch wenn es sie, wie ich zu meiner Überraschung feststellen musste, tatsächlich noch immer gibt.
Von den beiden Protagonistinnen wurde Elena etwas mehr in den Mittelpunkt gerückt und die Storyline, die sich um sie entwickelte, fand ich etwas interessanter. Um so mehr würde ich mich aber freuen, in einem weiteren Band noch mehr von Laura zu erfahren.
Für mich eine perfekte Strandlektüre, da das Ambiente mir den notwendigen Kontrast zu den düsteren, gruseligen Szenarien des Buchs bot.

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Veröffentlicht am 20.06.2021

Vom Zauber und Leid Venedigs

Als ich einmal in den Canal Grande fiel
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Petra Reski ist seit etwa 30 Jahren Wahlvenezianerin und kennt die Stadt wirklich wie kaum ein anderer. Man merkt, wie sehr ihr Venedig am Herzen liegt und wie sehr ihr selbiges oft blutet, wenn sie Zeugin ...

Petra Reski ist seit etwa 30 Jahren Wahlvenezianerin und kennt die Stadt wirklich wie kaum ein anderer. Man merkt, wie sehr ihr Venedig am Herzen liegt und wie sehr ihr selbiges oft blutet, wenn sie Zeugin wird, wie die Stadt immer mehr zu einem Open-Air-Museum, einer Kulisse für Instagramfotos verkommt.

Die Sache mit dem Tourismus ist wirklich ein zweischneidiges Schwert für Venedig. Das die Menschenmassen, die sich durch die Stadt drängen, nicht gut für so ein kleines Städtchen sein können und das Leben für die noch wenigen Verbliebenen schwer machen, liegt auf der Hand. Bei vielem stimme ich Petra Reski völlig zu. Riesige Kreuzfahrtschiffe, neben denen der Markusplatz wie eine Puppenstube aussieht, sind inakzeptabel und da lasse ich auch das Argument, dass sie (vielen) Venezianern Arbeit geben, nicht gelten, denn durch die Zerstörung der Stadt werden sie langfristig noch viel mehr Menschen ihres Arbeitsplatzes berauben. Auch Auswüchse wie Picknick auf dem Markusplatz veranstalten, in Badekleidung in Kirchen gehen, Selfies machen, während man im Hochwasser planscht, da fehlen mir auch die Worte. Bei anderen Punkten bin ich mir nicht so sicher. So prangert die Autorin an, dass immer mehr Wohnraum verloren geht, da dieser als Airbnb genutzt wird, dass immer mehr kleine Läden aufgeben mussten und stattdessen dort jetzt Souvenirläden oder Eisdielen zu finden sind. Die Sache mit den fehlenden Tante-Emma-Läden kann ich zwar schon verstehen, zumal man in Venedig ja nicht mal schnell ins Auto springen kann und zum nächsten Laden fahren kann, aber dennoch ist das ein Phänomen, das (leider)unserer Zeit geschuldet ist. Auch wenn ich da nostalgisch in meine Kindheit blicke, muss man da wohl – auch in Venedig- realistisch sein. Und auch bei der Argumentation Reskis, dass aufgrund der vielen Airbnbs Wohnraum in Venedig fehlt, bin ich nicht völlig von ihrer Argumentation überzeugt. Es sind halt doch viele ehemalige Venezianer, die aufs Festland ziehen und ihre Immobilien auf Venedig vermieten. Für viele ist es tatsächlich bequemer, auf dem Festland zu leben und zu arbeiten. Und wer sollte es verdenken, wenn sie sich ein so lukratives Nebeneinkommen entgehen ließen.

Ich habe aber auch nicht den Eindruck, dass Petra Reskis Intention ist, komplett von einem Besuch in Venedig abzuraten. Es sind nämlich wirklich viele Menschen in dieser Stadt vom Tourismus abhängig. Vielmehr verstehe ich es als ein Plädoyer für verantwortungsvollen Tourismus.

Insgesamt ist es ein wirklich empfehlenswertes, informatives und gleichzeitig sehr unterhaltsam geschriebenes Buch, vor allem wenn die Autorin Episoden aus ihrem Privatleben mit dem Venezianer an ihrer Seite einfließen lässt. Besonders amüsiert hat mich, weshalb die beiden für ihre Hochzeit dem Ruhrgebiet Vorzug gegeben haben.

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Veröffentlicht am 11.06.2021

Wunderschön!

Bergland
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Als ich vor mehreren Jahren zum ersten Mal den Mehrteiler "Verkaufte Heimat" von Karin Brandauer gesehen habe, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie wenig wir von Südtirols schwieriger Geschichte wissen. ...

Als ich vor mehreren Jahren zum ersten Mal den Mehrteiler "Verkaufte Heimat" von Karin Brandauer gesehen habe, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie wenig wir von Südtirols schwieriger Geschichte wissen. In Literatur und Film ist die Region, in der wir so gerne unseren Urlaub verbringen, meines Wissens nicht besonders präsent. Umso mehr habe ich mich gefreut, als ich Bergland von Jarka Kubsowa entdeckt habe, einen Roman, der das Leben dreier Generationen auf einem hoch in den Alpen gelegenen Bergbauernhof in den Mittelpunkt stellt.
Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt, sondern Kubsowa verwebt geschickt das Leben der drei Protagonisten Rosa, Sepp und Franziska. Das ist nie verwirrend, denn Kubsowa erzählt jede der drei Geschichten in einer ganz eigenen Sprache. Besonders beeindruckt hat mich die Darstellung des Lebens von Rosa, die den Bauernhof in den 20er- und 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts bewirtschaftet. Eigentlich war es nie geplant, dass sie den Hof einmal übernimmt, doch sie ist zäh und geht nicht wie ihre Schwestern in die Stadt, um dort ein leichteres Leben zu haben. Und als ihre Brüder nicht mehr aus dem Krieg zurückkommen, hat sie die Arbeit am Bauernhof schon längst übernommen.
Das Verhältnis zu ihrem Sohn Sepp bleibt zeit ihres Lebens immer schwer. In einer Welt, in der man jeden Tag hart darum kämpfen muss, durchzukommen, bleibt nicht viel Zeit für Liebe. Gegen den Willen von Rosa versucht Sepp in den 70er-Jahren, wie damals nicht unüblich, auf intensive Milchwirtschaft umzustellen. Doch auch wenn er es vor seiner Mutter nicht zugeben will, fällt ihm der kalte Umgang mit den Tieren leicht, die nur noch so behandelt werden, wie es wirtschaftlich rentabel ist.
Im dritten Erzählstrang versucht Sepps Schwiegertochter den Bergbauernhof mit der Vermietung von Ferienwohnungen über Wasser zu halten. Das ist an sich schon nicht leicht mit drei Kindern und der täglich anfallenden Arbeit auf dem Bauernhof. Und mit einem Schwiegervater, der ihre Bemühungen torpediert, den Gästen eine heile „Urlaub auf dem Bauernhof“-Atmosphäre zu bieten, wird es auch nicht einfacher.
Eine wunderschöne, oft traurige und zum Ende hin doch versöhnliche Geschichte. Stellenweise sehr poetisch geschrieben, dann auch wieder ironisch. Das Buch hat mich sehr berührt und mir Einblicke in eine Welt gegeben, auf die ich bisher nur den Blick von außen hatte. Für mich eine ganz klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 10.06.2021

Die starke Frau an seiner Seite

Lady Churchill
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Spätestens seit Hillary Clinton und Michelle Obama wissen wir, dass die Frau an der Seite des Präsidenten mehr ist als nur hübsches Beiwerk bei Staatsempfängen. Doch wer hätte gedacht, dass es auch schon ...

Spätestens seit Hillary Clinton und Michelle Obama wissen wir, dass die Frau an der Seite des Präsidenten mehr ist als nur hübsches Beiwerk bei Staatsempfängen. Doch wer hätte gedacht, dass es auch schon in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts solch starke Frauen gab? Frauen, die ihre im Rampenlicht stehenden Männer mehr als tatkräftig unterstützten. Clementine Churchill war eine von ihnen.
Nun muss ich gestehen, dass ich bisher noch nie etwas von Clementine Churchill gehört hatte. Ich hatte mir ehrlich gesagt nie Gedanken gemacht, ob und mit wem der große Winston Churchill verheiratet war. Gut, dass die Autorin Marie Benedict es sich zur Aufgabe gemacht hat, starke, wenig beachtete Frauen mehr ins Rampenlicht zu rücken.
Die Geschichte bis zum Ende des 2. Weltkriegs aus einer ganz neuen Perspektive, der der starken Frau an Churchills Seite, erzählt zu bekommen, fand ich sehr interessant. Zum Inhalt muss man nicht viel erzählen, die historischen Fakten sind bekannt. Marie Benedict verpackt sie jedoch in einen kurzweiligen Roman, bei dem meine etwas angestaubten Geschichtskenntnisse durchaus die eine oder andere Auffrischung bekamen. Und ich auch ein paar neue Erkenntnis hatte. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass meine Lieblingsschauspielerin Helena Bonham Carter Urenkelin des englischen Premierministers H.H. Asquith ist, den ich übrigens – darf man so etwas überhaupt zugeben – vor der Lektüre des Buches auch nicht kannte.
Besonders empfehlen möchte ich die Hörbuchversion des Romans. Der Vortrag und die angenehme Stimme der Sprecherin Sabine Arnhold machen das Zuhören zu einem wahren Genuss.

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Veröffentlicht am 26.05.2021

Do judge this book by its cover!

Der große Sommer
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Für gewöhnlich wähle ich ein Buch nicht wegen seines Covers aus, sondern gehöre eher zu denen, die die Nase rümpfen über Leute, die sich für ein Buch entscheiden, weil es farblich so herrlich ins „Rainbowshelfie“ ...

Für gewöhnlich wähle ich ein Buch nicht wegen seines Covers aus, sondern gehöre eher zu denen, die die Nase rümpfen über Leute, die sich für ein Buch entscheiden, weil es farblich so herrlich ins „Rainbowshelfie“ passt. Bei „Der große Sommer“ von Ewald Arenz war es dann aber doch als erstes das wunderschöne Bild auf dem Cover, das mir ins Auge sprang. Allerdings hätte das jetzt nicht gereicht, um mich zur Lektüre des Buches zu verführen. Der Klappentext jedoch umso mehr.
Der große Sommer des 16-jährigen Frieders spielt in den 80er-Jahren und stellt sich zunächst als alles andere als ein solcher dar. Frieder muss wegen Mathe und Latein in die Nachprüfung und kann deswegen nicht mit in den Familienurlaub, sondern muss stattdessen bei seinen Großeltern bleiben und die ganzen Ferien pauken. Während er sich freut, Zeit mit seiner zauberhaften Großmutter Nana zu verbringen, ist es ihm bei dem Gedanken daran, täglich auf seinen Großvater zu treffen, den sehr steifen Professor, den er erst seit wenigen Jahren duzen darf, nicht ganz wohl. Dass es dennoch ein großer Sommer wird, liegt an seiner Schwester Alma, seinem besten Freund Johann und natürlich an Beate, seiner ersten großen Liebe. Am Ende des Sommers wird Friedrich nicht nur Latein und Mathe etwas besser beherrschen und nach einigen Hindernissen Beate näher gekommen sein, sondern auch seine Nana besser kennen und seinen Großvater schätzen.
In diesem wunderschönen Coming-of-Age-Roman hat Ewald Arenz ganz wunderbar das Zeitgefühl der 80er-Jahre eingefangen, so dass ich mehr als einmal nostalgisch an diese Zeit zurückdachte. Einzig über die Namenswahl der Protagonisten müsste man mit Herrn Arenz vielleicht nochmals diskutieren. Die Friedrichs und Johanns hießen damals doch eher Stefan und Thomas. Aber das soll bei diesem großartigen Roman keinesfalls zu Punktabzug führen.

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