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Veröffentlicht am 15.05.2024

Kameruner Seele

Issa
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Issa ist eine junge Frau die unerwartet schwanger wird. Soll sie das Kind behalten und den Vater des Kindes heiraten? Unsicher, wie sie ihr Leben weiter gestalten kann, wird sie von ihrer resoluten Mutter ...

Issa ist eine junge Frau die unerwartet schwanger wird. Soll sie das Kind behalten und den Vater des Kindes heiraten? Unsicher, wie sie ihr Leben weiter gestalten kann, wird sie von ihrer resoluten Mutter zu einer Reise in ihr Geburtsland Kamerun gedrängt. Dort empfangen sie ihre Großmutter und Urgroßmutter und beschließen, dass sie erst alle Rituale zu einer erwachsenen Frau absolvieren muss, um überhaupt eine Entscheidung zu treffen. Während dieser Zeit wird die Beziehung zu dem Kindsvater immer schwieriger und Issa merkt selbst, dass ihr der Mann nicht guttut. Doch ist sie stark genug um ihr Kind allein durchs Leben zu begleiten. Sie selbst erlebte als einziges dunkelhäutiges Kind die Ablehnung und die Vorurteile in der deutschen Schule, nachdem ihre Mutter sich in Kamerun in Jürgen verliebte und ihm nach Deutschland folgte. Die Rituale sind für eine junge, in Deutschland sozialisierte Frau schwer nachvollziehbar und doch gerät sie immer mehr in ihren Sog. Parallel zur Geschichte um Issa im Jahr 2006 wird uns die Geschichte ihrer Vorfahren seit Beginn des 20. Jahrhunderts nahegebracht. Eine für uns fremde Welt mit politischen Unruhen und wechselndem Kolonialismus wird aus Sicht der Frauen der Familie und ihrem Leben und Überleben im Patriarchat spannend, humorvoll, erschütternd und voller Liebe für das Land und der Bevölkerung erzählt. Ein wertvoller Roman um die Kameruner Seele zu verstehen.

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Veröffentlicht am 15.05.2024

geflüchtete Kinder

Der Wind kennt meinen Namen
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Der Roman schildert den Weg von geflüchteten Kindern angefangen im Jahr 1938 in Wien. Der angesehene Arzt Dr Rudolf Adler wird in der Progromnacht zusammengeschlagen und in ein Konzentrationslager abtransportiert. ...

Der Roman schildert den Weg von geflüchteten Kindern angefangen im Jahr 1938 in Wien. Der angesehene Arzt Dr Rudolf Adler wird in der Progromnacht zusammengeschlagen und in ein Konzentrationslager abtransportiert. Seine Frau Rachel hofft auf eine Rückkehr ihres Manneswährend sie bei einem befreundeten Apotheker versteckt wird. Um das Leben ihres sechsjährigen Sohnes Samuel zu retten wird er mit einem jüdischen Kindertransport nach England geschickt. Außer seiner Geige, er ist bereits als Kind sehr begabt, und einem Kriegsorden aus dem ersten Weltkrieg der ihm Trost und Mut spenden soll, nimmt er nichts mit in eine Welt unter Fremden. Die Zeit im Kinderheim ist hart für ihn, erst als er zu liebevollen Pflegeeltern kommt, wird sein Leben leichter. Er bleibt verschlossen, nur seine Musik, inzwischen spielt er in einem klassischen Orchester, gibt ihm Halt.
Das zweite berührende Kinderschicksal betrifft die siebenjährige Anita, größtenteils blind, die mit ihrer Mutter aus El Salvador in die USA im Jahr 2019 geflüchtet ist. Gleich nach der Grenze wurde sie von ihrer Mutter getrennt und in ein Heim untergebracht. Vom Verbleib ihrer Mutter hat sie nichts erfahren. Die schwere Zeit im Heim hat sie mit ihrer Fantasiewelt erträglich gestaltet, etwas Hoffnung erhielt sie durch die Sozialarbeiterin Selena Duran, die sich intensiv mit dem Fall und dem Mädchen beschäftigte.
Beide Geschichten finden am Ende des Buches zusammen, beiden eint die frühe Trennung und den Verlust ihrer Eltern und das Zurechtfinden in einer völlig anderen Umgebung. Während in Wien die Brutalität des Nationalsozialismus und die Judenverfolgung im Mittelpunkt stehen, sind es an der mexikanisch-us amerikanischen Grenze die Unmenschlichkeit der amerikanischen Grenzbeamten, die die Weisungen aus dem weißen Haus zu Zeiten Donald Trumps umsetzen. Der Roman ist hochaktuell und berührt sehr stark. Der Schreibstil von Isabel Allende ist sehr gut und emotional.

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Veröffentlicht am 22.04.2024

Amerasier

Wo die Asche blüht
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Den Begriff Amerasier kannte ich bisher nicht, um so wichtiger ist dieses Buch, das von ihnen erzählt. Als Ende der 1960er Jahre in Vietnam der Süden gegen den kommunistischen Norden kämpfte kamen immer ...

Den Begriff Amerasier kannte ich bisher nicht, um so wichtiger ist dieses Buch, das von ihnen erzählt. Als Ende der 1960er Jahre in Vietnam der Süden gegen den kommunistischen Norden kämpfte kamen immer mehr amerikanische Soldaten ins Land. Von ihren Verletzungen an Leib und Seele und den vielen Toten hat man gelesen, auch von der Operation Agent Orange, bei der mit Pflanzengiften die Natur und Existenzen vernichtet wurden. Von den Traumata der vietnamesischen Kämpfer erfuhr man so gut wie nichts. Wer verwundet zurück kam konnte seine Familie nicht mehr ernähren, wie auch in dieser fiktiven Geschichte die von den Schwestern Trang, die sich später Kim nannte und Quynh handelt. Um ihren Eltern zu helfen gehen sie nach Saigon um dort in einer Bar zu arbeiten. Schnell landen sie in der Prostitution, denn die GIs suchen die exotische Abwechslung. Kim lernt den Hubschrauberpiloten Dan kennen und verliebt sich in ihn. Er ist anders als die anderen, er wird sie nach Amerika mitnehmen, gerade jetzt, da sie schwanger ist.
Die beiden anderen Handlungsebenen betreffen das Jahr 2016. Dan hat immer noch Albträume und auch Kim taucht immer wieder vor ihm auf. Er will sie und das Kind findet. Phong, geboren in 1972 sucht nach seinem schwarzamerikanischem Vater und stößt immer wieder auf Hindernisse. Er will für sich und seine Kinder rin Leben ohne Hass und Vorurteile, die er alleine durch sein andersartiges Aussehen erleidet.
Die Personen sind fiktiv, die Charaktere und die Handlung haben jedoch einen wahren Kern. Um überhaupt über die Problematik dieser Menschen etwas zu erfahren ist dieser Roman lesenswert, darüber hinaus ist er einfühlsam und spannend und so ganz nebenbei erfährt man einiges über die Kultur und Lebensweise der Vietnamesen.

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Veröffentlicht am 22.04.2024

emotional und spannend

Und Großvater atmete mit den Wellen
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Nach dem Tod beider Elternteile fahren die norwegischen Brüder Konrad und Sverre Bjerke gemeinsam auf einem Handelsschiff um die Welt. Im Jahr 1943 sind sie im indischen Ozean unterwegs, wie sie hofften ...

Nach dem Tod beider Elternteile fahren die norwegischen Brüder Konrad und Sverre Bjerke gemeinsam auf einem Handelsschiff um die Welt. Im Jahr 1943 sind sie im indischen Ozean unterwegs, wie sie hofften weit weg vom Kriegsgeschehen in Europa, bis ein Tornado der Japaner das Schiff traf. Der ältere Sverre wurde gefangen genommen, Konrad rettete sich in ein kleines Boot auf dem er dehydriert und mit Verbrennungen auf Java landete. Dort im Hospital wurde er von der ebenfalls aus Norwegen stammenden Krankenschwester Sigrid seelisch wie körperlich geheilt. Sie verlieben sich ineinander bis auch sie von den Japaner getrennt und inhaftiert werden. Aus der Sicht der drei Hauptprotagonisten wird die Gefangenschaft in den japanischen Lagern, die mangelnde Ernährung, der Dreck, die Krankheiten, die Seuchen und auch die Grausamkeiten der Besatzer Javas geschildert. Die Ohnmacht gegenüber den Mächtigen aber auch der Zusammenhalt und die Hilfe der Lagerinsassen wird von Trude Teide sehr eindrücklich, schonungslos und mitfühlend beschrieben. Auch die Rolle Javas, die zuerst die Europäer und anschließend die Japaner als Unterdrücker erlebten, nimmt einen Platz ein. Emotional und spannend hoffen und bangen wir mit Konrad, Sverre und Sigrid und vielen anderen Gefangenen mit.

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Veröffentlicht am 29.03.2024

geistiges Eigentum

Yellowface
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Juniper Song Hayward und Athena Liu lernen sich auf der Uni kennen. Beide träumen von einer Karriere als Schriftstellerinnen. Als die chinesischstämmige Liu noch als Studentin einen Bestseller herausbringt ...

Juniper Song Hayward und Athena Liu lernen sich auf der Uni kennen. Beide träumen von einer Karriere als Schriftstellerinnen. Als die chinesischstämmige Liu noch als Studentin einen Bestseller herausbringt kommt bei der weißen Amerikanerin Juniper Neid auf. Athena sonnt sich im Ruhm, eilt von Erfolg zu Erfolg, bewohnt ein schickes Apartment. Als Athena Juniper zu sich nach Hause einlädt geschieht ein Unglück. Vor Junipers Augen stirbt Athena und sie kann ihr nicht helfen. Da Athena ihr Manuskript nicht mehr veröffentlichen kann sieht Juniper das Entwenden, Aufbereiten des Inhalts und Herausgabe als ihr eigenes Werk auch nicht als Diebstahl an, auch wenn schon früh Zweifel an der Urheberschaft aufkommen. Der Roman über chinesische Arbeiter während des ersten Weltkrieges wird ein Bestseller, endlich hat sie es geschafft, sie ist berühmt. Bis der Chitstorm in den sozialen Medien über sie hineinbricht, ihr Hass entgegenschlägt. Wie kann eine Weiße über Chinesen schreiben, wie kann sie die Leser*innen über ihre wahre Herkunft täuschen indem sie ihren zweiten Vornamen Song als Nachnamen wählt.
Der Roman lässt uns in den Literaturbetrieb, ins Verlagswesen blicken mit allen Problemen und Ängsten, die dort herrschen und wem geistiges Eigentum gehört. Der Segen und Fluch der sozialen Medien und was es mit der Psyche der Menschen macht werden thematisiert. Die Protagonistin wird ambivalent dargestellt, man kann sie hassen und mit ihr leiden, mal ist sie Opfer, mal Täter. Die Autorin schafft es mit ihrem herausragenden Schreibstil die Spannung zu halten.

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