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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.06.2019

feinsinnig

Kaffee und Zigaretten
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Ferdinand von Schirach schreibt über seine Kindheit und sein Leben, die Jahre im Internat, die ihn prägten, Menschen, die er dort kennengelernt hat. Einige traf er Jahre später wieder, die Ausbildungen ...

Ferdinand von Schirach schreibt über seine Kindheit und sein Leben, die Jahre im Internat, die ihn prägten, Menschen, die er dort kennengelernt hat. Einige traf er Jahre später wieder, die Ausbildungen und die Elternhäuser sorgten dafür, dass sie wichtige Positionen einnehmen konnten. Von Schirach wurde Anwalt und erlebte vieles zwischen Recht und Gerechtigkeit, von Menschen, die wissentlich sträflich gehandelt haben und solchen, die nicht anders konnten. Auch davon wird in einzelnen Episoden erzählt. Seine Lebensgeschichte ist nicht chronologisch aufgebaut, immer wieder gibt es Abschweifungen, neue Erlebnisse werden mit Rückblenden nachvollziehbar und ergeben eine logische Entwicklung.


Die Allgemeinkenntnis, seine umfangreiche Bildung, die sich auch in dem Schreibstil ausdrückt, ergeben ein in kurzen Absätzen gehaltenes, leicht lesbares Buch mit sehr vielen nachdenklich machenden Aspekten.

Veröffentlicht am 31.05.2019

alte Knochen

Unbarmherzig (Ein Gina-Angelucci-Krimi 2)
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Ohne die Vorgängerkrimis um das Ermittlerehepaar Gina Angelucci und Toni Dühnfort zu kennen war ich sofort mit den beiden vertraut. Nach der Geburt von Chiara sind zwei Jahre Elternzeit vergangen und Gina ...

Ohne die Vorgängerkrimis um das Ermittlerehepaar Gina Angelucci und Toni Dühnfort zu kennen war ich sofort mit den beiden vertraut. Nach der Geburt von Chiara sind zwei Jahre Elternzeit vergangen und Gina beginnt wieder ihre Arbeit bei der Polizei im Bereich Cold Case - kalte Fälle -, ungeklärte, länger zurückliegende Todesfälle. Toni übernimmt nun die Betreuung ihrer behinderten Tochter und lebt sich gut in seine Rolle hinein. Als in einem kleinen bayerischen Ort zufällig menschliche Knochenteile gefunden werden wird Gina aktiv. Auch gegen den Widerstand ihres Chefs will sie die Namen der seit mindestens 70 Jahren Toten, ein junger Mann aus der Gegend und eine junge Frau aus dem Baltikum und warum beide erschossen wurden auf den Grund gehen. Ihre Hartnäckigkeit ist berüchtigt und mit unkonventionellen Methoden kommt sie voran. Ein Familienzwist seit vielen Jahrzehnten spielt ebenso eine Rolle wie die NS-Vergangenheit der Dorfbewohner.
Spannend und politisch wie menschlich sehr interessant wird dieser Kriminalroman in verschiedenen Handlungs- und Zeitebenen erzählt. Die abwechslungsreiche Stimme von Vera Teltz macht das Hören zu einem Vergnügen.

Veröffentlicht am 31.05.2019

falsches Spiel?

Die stille Tochter
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Die Schwimmmannschaft der DDR hält sich im Jahre 1973 in Oslo auf. Unter ihnen ist auch die junge Christel Heinze, die seit Jahren davon träumt, die DDR zu verlassen. Sie sieht ihre Chance zur Flucht und ...

Die Schwimmmannschaft der DDR hält sich im Jahre 1973 in Oslo auf. Unter ihnen ist auch die junge Christel Heinze, die seit Jahren davon träumt, die DDR zu verlassen. Sie sieht ihre Chance zur Flucht und nutzt sie. Sie sucht Zuflucht in der Botschaft der BRD, sie lernt Norwegisch und bleibt dort. Ihr platonischer Freund Arvid Storholt unterstützt sie im alltäglichen Leben und sie lernt Boris kennen und lieben, doch dieser ist verheiratet und Vater und sie merkt schnell, dass er sich nie für sie entscheiden wird. Durch ihre Vergangenheit wird der KGB auf sie aufmerksam, er erpresst sie mit ihrer weiterhin in Ostberlin lebenden Eltern und der jüngeren Schwester. Sie fügt sich und gerät in die Fänge zwischen Spionage und Gegenspionage. 1982 wird Christel als vermisst gemeldet, 2016 wird eine Frauenleiche gefunden, die vermutlich Christel ist. Tommy Bergmann ist mit den Ermittlungen beauftragt und ist auch für den norwegischen Geheimdienst auf der Suche nach den Hintergründen und dem ominösen "Bär", der im Hintergrund die Fäden zieht. Wer hat sie ermordet, wer spielte ein falsches Spiel?
Detlef Bierstedt liest den Thriller gekonnt ein, die vielen Namen und Decknamen, die verschiedenen Zeit- und Handlungsebenen erschwerten mir den Beginn der Geschichte. Mit zunehmenden Dauer kam ich besser in die verworrene Erzählung hinein, Unaufmerksamkeiten darf man sich beim Zuhören nicht erlauben, dann geht einem der Faden verloren.

Veröffentlicht am 28.05.2019

Gefühle ausdrücken

Liebe ist die beste Therapie
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Sandy hat sie als Ehetherapeutin selbständig gemacht. Charlotte und Steve sind ein besonderer Fall. Die Beiden leben bereits getrennt, die beiden Kinder bei der Mutter, die mit allem überfordert ist.Sie ...

Sandy hat sie als Ehetherapeutin selbständig gemacht. Charlotte und Steve sind ein besonderer Fall. Die Beiden leben bereits getrennt, die beiden Kinder bei der Mutter, die mit allem überfordert ist.Sie ist erfolgreich in ihrem Beruf und sie hätte sich in der Vergangenheit mehr Unterstützung von Steve gewünscht. Steve selbst hat sich in eine Kanzlei eingekauft und stand selbst unter Stress. Mehrere Seitensprünge seinerseits führten zur Trennung. Nun sitzen sie auf den Stühlen bei Sandy und versuchen ein gutes Verhältnis - schon alleine der Kinder wegen - zu erreichen. Die Ehe scheint nicht mehr zu retten.


Der gesamte Roman spielt im Behandlungszimmer ab, er besteht aus den Dialogen der drei Protagonisten und die Gedankengänge Sandys, die dass, was die Beiden sagen für den Leser in dass, was sie wirklich meinen, übersetzt. Die Gefühlswelt ist nachvollziehbar, im Zusammenleben von Mann und Frau gibt es immer wieder Missverständnisse, was der Andere meint, aber nicht sagt. Die Dialoge haben eine besondere Qualität.

Veröffentlicht am 21.05.2019

alte Zöpfe

Der Zopf meiner Großmutter
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Der kleine Max ist nach Ansicht seiner Großmutter Margo ein krankes und geistig zurück gebliebenes Kind um dass man sich, seit dem Tod ihrer Tochter Maya, ständig kümmern muss. Um ihm eine bessere Zukunft ...

Der kleine Max ist nach Ansicht seiner Großmutter Margo ein krankes und geistig zurück gebliebenes Kind um dass man sich, seit dem Tod ihrer Tochter Maya, ständig kümmern muss. Um ihm eine bessere Zukunft zu bieten - und sich selbst auch - nimmt sie die Gelegenheit wahr und geht von Russland als jüdische Flüchtlinge nach Deutschland. Mit ihrem asiatisch-russischen Mann Tschingis zieht sie in eine kleine Wohnung ins Flüchtlingsheim gleich neben der jungen Nina und deren Tochter Vera. Vera ist in Max Alter, die beiden werden zeitgleich eingeschult. Vera bekommt von Margo den Auftrag sich um Max zu kümmern doch schon bald stellt sich heraus, dass Max keinerlei schulische Probleme hat und dass ihm auch Erdbeereis und Schokolade und der Dreck der Straße nicht umbringen werden. Er ist ein ganz normales, gesundes Kind. Tschingis, der in Margos Auftrag der allein stehenden Nina helfen soll, verliebt sich schnell in diese freundliche Frau, die so ganz anders ist als die grobe und keifende Margo. Das Kind aus dieser Beziehung sieht genauso aus wie damals Maya und sogleich greift Großmutter Margo helfend und bestimmend ein.
Wir erleben die Schulzeit und Jugend Max' und sein neues Leben in Deutschland. Die kulturellen Unterschiede werden kaum angesprochen, mehr das paranoische Wesen und die Härte der Großmutter, die in alten Werten verankert sind. Es wird Zeit, die alten Zöpfe abzuschneiden.