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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.03.2019

existentiell

An den Ufern der Seine
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Dieses Sachbuch über das Paris der Jahre zwischen 1940 und 1950 ist mehr wie ein Roman geschrieben. Wir erfahren, wie das Leben der Künstler, Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Fotografen, Filmemacher während ...

Dieses Sachbuch über das Paris der Jahre zwischen 1940 und 1950 ist mehr wie ein Roman geschrieben. Wir erfahren, wie das Leben der Künstler, Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Fotografen, Filmemacher während und nach dem 2. Weltkrieg verlief. Paris war während des Krieges ein Schmelztiegel von Künstlern aller Nationen, die Sicherheit unter ihresgleichen suchten. Kommunisten und Juden versteckten sich dort und waren weiterhin künstlerisch aktiv. Besonders wird über das Leben der Schriftsteller berichtet, die Gruppe, die sich um Jean Paul Sartre und Simone de Beauvoir scharrte. Mit ihren Debatten befruchteten sie sich gegenseitig, intellektuell und politisch, was dazu führte, dass sich die meisten von ihnen nach Ende des Krieges zuerst zum Kommunismus bekannte und danach einen eigenen Weg suchte. Letztendlich waren dieses bereits Vorboten für ein geeintes und friedliches Europa. Einen großen Raum nehmen auch die sexuellen Freiheiten, der ständige Partnerwechsel innerhalb der Gruppe, abwechselnd männliche und weibliche Geschlechtspartner zu haben in diesem besonderen Pariser Umfeld ein. Kinder störten diese Freiheit und Abtreibungen waren an der Tagesordnung.
Die herausragenden Werke der Künstler in dieser Pariser Ära wären wohl ohne die erkämpften Freiheiten nicht entstanden. Das klassische Familienbild geriet mit ihnen ins Wanken und war Wegweiser für nachfolgende Generationen.
Dieses Sachbuch ist leicht lesbar und interessant. Ich hätte mir zu den Künstlern mehr Hintergrundinformationen in einem separaten Teil gewünscht, nicht alle waren mir bekannt.

Veröffentlicht am 20.02.2019

bindungsunfähig

Die zehn Lieben des Nishino
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Aus der Sicht von zehn sehr verschiedenen Frauen lernen wir das Leben und Lieben von Yukihiko Nishino kennen. Nishino liebte alle Frauen und alle liebten ihn, doch eine wirkliche Nähe kam nie zustande. ...

Aus der Sicht von zehn sehr verschiedenen Frauen lernen wir das Leben und Lieben von Yukihiko Nishino kennen. Nishino liebte alle Frauen und alle liebten ihn, doch eine wirkliche Nähe kam nie zustande. Diese zehn Frauen sind auch nur eine Auswahl seiner Liebschaften, die er unabhängig vom Alter, von der Stellung in der Gesellschaft und auch nicht vom Familienstand abhängig machte. Er traf sich mit deutlich jüngeren und deutlich älteren Frauen und bei allen hat er etwas besonderes ausgelöst. Häufig hatte er mehrere Geliebte nebeneinander und selbst das nahm ihm kaum eine übel. Er verstand die Bedürfnisse der Frauen und hatte selbst Angst, sich dauerhaft zu binden. An einem Tag wollte er sie heiraten, am nächsten sich von ihnen trennen. Die endgültige Trennung geschah fast immer schleichend und von den Frauen ausgehend.
Sehr einfühlsam wird über das Leben und die Liebe geschrieben, über Bindungsängste, Gefühle und erotischen Abenteuern. Die Episoden sind nicht chronologisch, manchmal überlappen sich Geschichten. Der Sprachstil ist außergewöhnlich gut und dennoch leicht lesbar.

Veröffentlicht am 20.02.2019

ermüdend

Die Leben danach
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Gibt es ein Leben nach dem Tod? Diese Frage stellt sich Jim Byrd nachdem er knapp dem Tode entkommen ist. Ausgerechnet er, ein ruhiger Durchschnittstyp, Kreditberater in einer Bank, hat einen Herzstillstand. ...

Gibt es ein Leben nach dem Tod? Diese Frage stellt sich Jim Byrd nachdem er knapp dem Tode entkommen ist. Ausgerechnet er, ein ruhiger Durchschnittstyp, Kreditberater in einer Bank, hat einen Herzstillstand. Er erhält ein Implantat, eine Art Herzschrittmacher und kann seitdem sein Herz über eine App ständig überwachen. Seine Kontrollsucht endet erst als er Annie wieder trifft. Seine Highschoolliebe ist inzwischen Witwe und hat eine Tochter. Sie verlieben sich erneut und heiraten. Beide wurden sie mit dem Tod persönlich konfrontiert und forschen weiter nach Geistern, nach ihren Toten, nach einem Leben nach dem Tod und möchten mit ihnen in Kontakt treten. Sie kommen in ein Restaurant, in dem es auf der Wendeltreppe spuken soll. Es gibt eine Tonaufnahme, in dem ein Geist von einem brennenden Hund spricht.
Das Thema an sich ist interessant, wären dort nur nicht die ständigen Wiederholungen im Text, die teils hanebüchenen Geisterbeschwörungen, die plötzlichen Szenenwechsel. Das Lesen des gesamten Buches war ermüdend, philosophische Erkenntnisse habe ich keine gewonnen. Für mich war alles sehr abstrus und, wie die kirchlichen Aktionen, sehr amerikanisch.

Veröffentlicht am 20.02.2019

der junge Mann und das Meer

Die Mauer
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Ganz Großbritannien ist von einer hohen Mauer umgeben, teils zum Schutz gegen Hochwasser zum größten Teil als Schutz vor den Anderen, Menschen, die versuchen, unbefugt in das Land zu gelangen. Jeder junge ...

Ganz Großbritannien ist von einer hohen Mauer umgeben, teils zum Schutz gegen Hochwasser zum größten Teil als Schutz vor den Anderen, Menschen, die versuchen, unbefugt in das Land zu gelangen. Jeder junge Mensch hat einen zweijährigen Dienst auf der Mauer zu absolvieren. Joseph Kavanaghs erster Tag wird sehr eindringlich beschrieben, die immerwährende Kälte, die Langeweile aber auch die permanente Aufmerksamkeit dem Meer gegenüber. Denn wenn es ein Anderer über die Mauer schafft wird der Verteidiger auf dem Meer ausgesetzt. Verantwortlich für die Mauer ist die Elterngeneration der jetzigen Verteidiger, sie haben dem Klimawandel nicht entgegen gesetzt und sich den Flüchtigen gegenüber verschanzt was nun zur Folge hat, dass der Bevölkerung Kinder fehlen. Um der Mauer zu entkommen hilft es, sich zu paaren. Die junge Hifa und er werden ein Paar, doch bevor sie die entsprechenden Privilegien bekommen kommt es zu einer Attacke auf die Mauer. Ihr Leben ändert sich abrupt.
Klimawandel, Flüchtlingsströme, der Brexit und die Mauer in den Köpfen der Menschen werden hier sehr eindringlich geschildert. Auch, wenn auf den ersten Seiten der futuristischen Geschichte nur das Leben auf der Mauer geschildert wird, spürt man die Kälte und Verlassenheit. Sehr eindrucksvoll.