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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.01.2022

Ein komplexer Krimi

Zürcher Glut
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Botschafter Stephan Keller soll während des Weltwirtschaftstreffen in Davos einen Preis, für ein von ihm unterstütztes Projekt erhalten. Zuvor gibt er in seinem Zürcher Patrizierhaus einen Empfang. Ausgerechnet ...

Botschafter Stephan Keller soll während des Weltwirtschaftstreffen in Davos einen Preis, für ein von ihm unterstütztes Projekt erhalten. Zuvor gibt er in seinem Zürcher Patrizierhaus einen Empfang. Ausgerechnet jetzt bricht ein Brand aus und die illustren Gäste müssen evakuiert werden. Schnell stellt sich heraus, dass der Brand an zwei verschiedenen Stellen ausgebrochen ist, also gelegt worden ist. Sonderermittler Werner Meier und die Polizei beginnen zu recherchieren und müssen erkennen, das sich die Gäste des Botschafters hinter ihrer diplomatischen Immunität verstecken. Niemand hat etwas gesehen oder gehört. Kundert, der Schornsteinfeger, der das Viertel wie seine Westentasche kennt, zählt zu den Hauptverdächtigen. Doch der bauernschlaue Mann ist der Polizei immer einen Schritt voraus.

Neben diesem Schauplatz in Zürich gibt es einen nicht minder komplexen und fesselnden: Zita Schneyder, Meiers Ehefrau, ist wegen ihrer Genderstudien in London und soll in einer Hauruck-Aktion Pola und ihren vierjährigen Sohn nach Zürich mitnehmen, denn eine anfangs nicht näher erkennbare, Gefahr bedroht das Leben der beiden.

Meine Meinung:

Dieser Krimi, der an der Schwelle zu Thriller kratzt, ist der 7. aus der Reihe Schneyder & Meier. Für mich war es der Erste dieser Serie, die uns in die tiefwinterliche Schweiz verschlägt.

Die beiden Haupthandlungen, nämlich der Feuerteufel in Zürich und die Flucht von Pola und Henri aus London, scheinen zu Beginn so gar keinen Zusammenhang zu haben. Doch langsam, subtil und fesselnd werden die Berührungspunkte der Handlungsstränge aufgedeckt.

Wir begegnen skurrilen Typen wie dem Ruedi Kundert, einem Faktotum, das aus der Zeit gefallen scheint und um jeden Preis Anerkennung finden möchten und der snobistische Botschaftsschickeria, die sich hinter ihrer Immunität verschanzt. Daneben werfen wir noch einen Blick auf sogenannte „Schlupfhouses“, die in Bedrängnis geratenen Frauen, Unterschlupf gewähren. Hier sieht es für mich so aus, als ob nur bestimmte Frauen aufgenommen werden, nämlich jene mit akademischer Bildung, denen ihr Anteil an ihren wissenschaftlichen Arbeiten vorenthalten werden. Das ist ebenso Gewalt an Frauen, wie Handgreiflichkeiten aller Art.

Der Schreibstil ist, wie von der Autorin, die ich aus einer anderen Reihe kenne, fesselnd, jedoch durch zahlreiche Schweizer Ausdrücke nicht für jedermann gleich leicht lesbar. Ich mag das Schwyzer Dütsch. Einzig über „DAS“ Tram bin ich immer wieder gestolpert.

Mit den Charakteren habe ich mir ein wenig schwergetan, was aber möglicherweise an meine Unkenntnis der Vorgänger geschuldet ist. Zwar werden immer wieder Informationen zu den früheren Büchern eingeflochten, die aber natürlich nicht immer erklären können, warum Werner Meier so reagiert, wie er eben tut.
Besonders Pola ist mir unangenehm aufgefallen, weil sie die Hörbeeinträchtigung ihres vierjährigen Sohnes Henri negiert. Henri ist ein Lichtblick, der altklug aus der Wäsche schaut. Dass er als Spurenleger missbraucht wird und Colafläschchen, wie einst Hänsel und Gretel verteilt, macht zu einer kleinen, aber wichtigen Hauptfigur.

Fazit:

Wer einen komplexen Krimi lesen will, ist hier richtig. Ich empfehle (auch mir) die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 25.01.2022

Kein Atlas im herkömmlichen Sinn

Atlas der Zukunft
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Landkarten üben eine seltsame Faszination auf viele Menschen aus. Ob Anfänger oder hauptberuflicher Kartograf - man kann Landkarten stundenlang betrachten und sich nicht daran sattsehen. Karten begegnen ...

Landkarten üben eine seltsame Faszination auf viele Menschen aus. Ob Anfänger oder hauptberuflicher Kartograf - man kann Landkarten stundenlang betrachten und sich nicht daran sattsehen. Karten begegnen uns im Alltag überall, sei es als kostbares handkoloriertes Einzelstück, oder als gedrucktes Massenprodukt oder als Grafik im Navigationssystem im Auto. Doch sie können noch viel mehr als nur die Topografie von Orten darstellen.

Mit diesem Buch zeigen die Autoren Ian Goldin und Robert Muggah welche Möglichkeiten sich durch die Verschneidung von Satellitenbildern mit Daten aller Art den Lesern bieten. Sie stellen „vorher-nachher-Bilder“ gegenüber und zeigen damit die Veränderungen, die von Menschen geschaffen, unseren Planeten veränder(te)n. Nicht immer zum Besten der Erde und seiner Bewohner.

Oder wussten Sie schon, dass die USA mehr Erdgas, das sie durch das umstrittene Fracking gewinnen, ungenutzt in die Atmosphäre blasen, als für die Beheizung von 4,25 Millionen Häusern genützt werden könnten? Diese Leuchtfackeln sind auf S. 84 sichtbar.

In 100 Karten, die nach 13 Themen geordnet sind, wird für die Leser u.a. der Raubbau an der Natur, und der damit verbundene Klimawandel, die Ungleichheit, Unzufriedenheit, Bevölkerungsentwicklung und Migration, Urbanisierung, sowie die Verslumung und Kriminalität dargestellt. Dabei fällt auf, dass manches sehr subjektiv betrachtet und vielleicht (bewusst?) verfälscht wird. Denn wie kann es sein, dass ausgerechnet die USA als weiße Fläche dargestellt wird, wenn es aus den Seiten 254 ff. um das Thema „Gewalt außerhalb von Kriegshandlungen“ geht? Keine Schulmassaker, keine Polizeigewalt, keine Unfälle mit Waffen in Privathaushalten? Es scheint als hätten die Autoren dies ausgeblendet und irrational handelnde Menschen außerhalb der USA angesiedelt.

Auch so manche andere Äußerung ist mit Vorsicht zu betrachten. So soll es um 1500 im damaligen Österreich, das bekanntlich ein wenig größer war als unsere heutige Republik, den Autoren nach, nur zwei Druckerpressen gegeben haben (S.433). Dem widerspricht allerdings die Wiener Stadtgeschichte, die bereits zwischen 1482 und 1485 die Namen von zwei Druckereien mit Druckerpressen nennt.

Das Buch ist kein Kartenwerk im Sinne der Kartografie, sondern eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Menschheit. Die Texte sind interessant, die Fragestellungen oft unbequem und kontrovers. Die Abbildungen dagegen sind häufig unscharf oder durch ungeschickte Farbwahl schlecht zu entziffern.
Daneben stört auch der Falz, der so manche grafische Information bestimmter Regionen einfach schluckt.

Fazit:

Für echte Karten-Liebhaber und Kartografen ist das Buch vermutlich eine Enttäuschung. Wer gerne aufschlussreiche Analysen grafisch aufbereitet haben möchte, kann an diesem Buch seine Freude finden. 4 Sterne.

Veröffentlicht am 23.01.2022

Ärgerliche Langeweile

Fröhliches Morden überall
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Margareta und Thomas fahren gemeinsam mit ihren Müttern in den Weihnachtsurlaub. Dazu hat man ein gemütliches Ferienhaus gemietet. Doch mit der Idylle ist es bereits bei der Ankunft vorbei, weil Thomas, ...

Margareta und Thomas fahren gemeinsam mit ihren Müttern in den Weihnachtsurlaub. Dazu hat man ein gemütliches Ferienhaus gemietet. Doch mit der Idylle ist es bereits bei der Ankunft vorbei, weil Thomas, seines Zeichens Kriminalkommissar zahlreiche Verhaltensregelen aufstellt, die an einen Aufenthalt in einer Jugendherberg erinnern. Natürlich rebellieren die Damen, allen voran seine eigene Mutter Eleonore. Als dann Eleonore am Silvesterabend ermordet wird, entwickelt sich der Urlaub in einen veritablen Albtraum.

Es scheint, als wäre die Frau mit der Altbäuerin Brigitte verwechselt worden, die ihren Sohn finanziell an der kurzen Leine hält.

Doch was führt Fritz, den ergrauten Hahn eines illustren Damenquartetts aus Leonores Heimatort an den Tatort? War da doch mehr zwischen der Toten und Fritz?

Meine Meinung:

Die Idee zu diesem Krimi hat mir gut gefallen, die Umsetzung hingegen war einfach nur schlecht.

Thomas entpuppt sich als unfähiges Muttersöhnchen, das in Selbstmitleid verfällt und als lebensunfähiger Macho. Wie macht der bitte seinen Job bei der Kripo? Dem Vernehmen nach ist das bereits der 8. Krimi rund um dieses Duo. Ich gebe zu, dies hier ist mein erstes Buch der Autorin.
Margarete ist private Ermittlerin und kommt auch nicht wirklich in Schwung. Die aus Dortmund herbeigerufene Kriminalpolizisten Rolf Grundmüller und Tanja Altmaier scheinen eher damit beschäftigt zu sein, sich gegeneinander anzufeinden und den Dorfpolizisten Ralf Gradomski zu mobben, als Eleonores Tod aufklären zu wollen.

Gemeinsam haben alle Personen, dass ihnen kalt ist (eh klar, es ist Winter) und das mehrfache Hineinstopfen von Torten im Café des Ortes. Ach ja, lautstark unterhalten sich die Polizisten im Wirtshaus bzw. Im Café über Ermittlungserbenisse, mögliche Mordmotive und Verdächtige. Blöderweise sind mindest zwei potenzielle Täter anwesend.

Die Charaktere weisen jede Menge Charakterschwächen auf. Sie sind lieb- und farblos gezeichnet, entsprechen dafür zahlreichen Klischees.
Die einzige Person, die mir gefallen hat, ist Brigitte Voss-Grobe, die der ermordeten Eleonore zum Verwechseln ähnlich sieht und die im Dorf mehr Feinde als Freunde hat.

Der Schreibstil ist einfach und zahlreiche Wiederholungen nerven ziemlich (frieren, Torten essen etc.). Wir Leser können uns merken, dass es zu Weihnachten und Silvester schneit und kalt ist. Die Dialoge lassen ebenso zu wünschen übrig, wie die Handlung an sich.
Insgesamt wirkt der Krimi ziemlich lieblos hingeschrieben. Diese Reihe werde ich nicht weiterverfolgen.

Fazit:

Die Idee hat mir gefallen, dafür lasse ich den 2. Stern blinken, sonst ist dieser Krimi weder fröhlich noch spannend, sondern einfach ärgerlich langweilig.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.01.2022

Ein anspruchsvoller Krimi

Das giftige Glück
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Gudrun Lerchbaum ist eine Meisterin des dystopischen Krimis. Wie schon in „Lügenland“ beschwört sie auch hier in „Das giftige Glück“ eine verstörende Welt herauf. Einige Begebenheiten fühlen sich gar nicht ...

Gudrun Lerchbaum ist eine Meisterin des dystopischen Krimis. Wie schon in „Lügenland“ beschwört sie auch hier in „Das giftige Glück“ eine verstörende Welt herauf. Einige Begebenheiten fühlen sich gar nicht so fremd an.

Worum geht’s also?

In einem Wien der nicht allzu fernen Zukunft sorgt ein Pilz dafür, dass der echte Bärlauch (botanischer Name Allium Ursinum), wenn er gegessen wird, ebenso zum Tode führt wie seine tödlichen Zwillinge Maiglöckchen und Herbstzeitlose. Die preisgünstige Art, seinem Leben ein Ende zu bereiten, lässt Menschen, die des Lebens überdrüssig sind, in Wiens Wälder ausschwärmen und die giftige Pflanze pflücken. Allerdings ruft der vergiftete Bärlauch auch potenzielle Mörder auf den Plan ...

Mitten in diesem Hype befinden sich die 13-jährige Jasse, die allein und orientierungslos bei ihrem Vater lebt und ihrer verschwundenen Mutter nachtrauert, Olga, die an MS leidet und Kiki, einer verurteilten Straftäterin, die Olga pflegt. Olga, des Leidens überdrüssig, bekniet Kiki, ihr das Kraut zu besorgen. Kiki hingegen sträubt sich, denn wenn Olga nicht mehr ist, hat sie weder Wohnung noch Einkommen. Was wird Kiki also tun? Noch bevor sie eine Entscheidung treffen kann, werden sie und Jasse in einen Mord verwickelt.

Meine Meinung:

Wie eben auch in „Lügenland“ sprengt die Autorin die strengen Genregrenzen und beschert ihren Lesern einen Krimi, der gleichzeitig ein Gesellschaftsroman ist. Er hält uns einen Spiegel vor Augen, wie wir mit dem Tod umgehen, vor. Vor allem im Lichte der aktuellen Diskussion um die „assistierte Sterbehilfe“ (Sterbeverfügungsgesetz) in Österreich ist dieser Roman lesenswert.

Die Figuren haben alle ihre Ecken und Kanten, manche sind stark, andere sind schwach wie Jasses Vater.

Aus der Hoffnungslosigkeit der drei Frauen entwickelt sich eine Freundschaft und eine Geschichte über den Sinn des Lebens, den die drei, jeweils auf unterschiedliche Weise für sich selbst wiederfinden.


Fazit:

Die Lektüre ist gleichzeitig anspruchsvoll wie unterhaltsam. Das liegt zum einem an den philosophischen Fragen und zum anderen an den Figuren, die durchaus mit Humor präsentiert werden. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 22.01.2022

Vom ungezügelten Umgang mit dem Smartphone

Likest du noch oder lebst du schon?
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Mit diesem ein wenig provokanten Titel führt und Autorin und Detox-Coach Christina Feirer vor Augen, dass wir durchschnittlich zweieinhalb Stunden täglich unser Smartphone nutzen. Klingt im ersten Augenblick ...

Mit diesem ein wenig provokanten Titel führt und Autorin und Detox-Coach Christina Feirer vor Augen, dass wir durchschnittlich zweieinhalb Stunden täglich unser Smartphone nutzen. Klingt im ersten Augenblick nicht viel, oder?

In fünf Kapitel zeigt die Autorin, welche Mechanismen hinter dem Verlangen, am Smartphone zu wischen stecken bzw. welche Ängste oft damit verbunden sind, wenn wir es nicht tun, weil wir das gute Stück daheim vergessen haben. Im letzten Kapitel erfahren wir, wie wir ein wenig achtsamer mit uns umgehen können. Damit gewinnen wir Lebenszeit.

Schöne neue Oberfläche
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Wie viel Menschlichkeit steckt in unserer digitalen Zukunft?
Der Weg in eine selbstbestimmte digitale Zukunft
Deine Zeit ist wertvoll

Mit Augenzwinkern beschreibt die Autorin, wie wir uns selbst von diesem lieb gewonnenen Helferlein abhängig machen. Doch sie zeigt auch Möglichkeiten auf, wie wir dem Smartphone jene Rolle zuweisen, die ihm gebührt: als technische Unterstützung im Alltag.

„Ein bewusster und selbstbestimmter Smartphone-Konsum soll sich nicht darin ausdrücken, dass du ab sofort dein Smartphone verteufelst oder gar aus deinem Leben verbannst. Nein, Nutze das Smartphone für all das, wo es dich unterstützt oder inspiriert.“

Dem ist wohl wenig hinzuzufügen.

Fazit:

Diesem gut strukturierten und humorvoll geschriebenen Ratgeber, der den Menschen und nicht das Smartphone in den Mittelpunkt stellt, gebe ich gerne 5 Sterne.