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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.05.2019

Ein sehr persönlicher Einblick

Als der Wagen nicht kam
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Dieses Buch ist die Autobiografie von Paulus van Husen, behutsam redigiert und von seinem Großneffen Manfred Lütz herausgegeben.

Paulus van Husen ist sein ganzes Leben Beamter. Auch in den Zeiten, in ...

Dieses Buch ist die Autobiografie von Paulus van Husen, behutsam redigiert und von seinem Großneffen Manfred Lütz herausgegeben.

Paulus van Husen ist sein ganzes Leben Beamter. Auch in den Zeiten, in denen er keine offizielle Anstellung beim jeweiligen Staat hat, ist er „ein Diener des Staates“. Er schafft es, wie einige wenige Andere, nicht der NSDAP beizutreten und trotzdem einen Job im Regime zu erhalten. Hier sei gesagt, dass er als Richter des Reichsverwaltungsgericht und später im OKW (Oberkommando der Wehrmacht) gearbeitet hat. Seine juristischen Kenntnisse sind gefragt, deshalb kommt er mehr oder weniger unbehelligt durch. Er schließt sich dem „Kreisauer Kreis“ und damit dem Widerstand gegen Adolf Hitler an. Nur mit Mühe und viel Glück überlebt er die Folgen des missglückten Attentates vom 20. Juli 1944.
Nach dem Krieg wird er Mitbegründer der CDU und gestaltet die Verfassung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen mit.

Meine Meinung:

Dieses anhand der Tagebücher seines Großonkels verfasste Buch hat mir sehr gut gefallen. Es schildert aus erster Hand, wenn auch natürlich sehr subjektiv, die Lage Deutschlands vom Ersten Weltkrieg über die Weimarer Republik bis hin zur Nazi-Herrschaft.

Eine kleine Kritik muss ich anbringen: Paulus van Husen erwähnt den Genozid an den Juden nur ganz nebenbei und tut so, wie viele Deutsche: Er hätte davon lange nichts gewusst. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ein Mann in seiner Position soll keine oder erst sehr spät Kenntnis von den Vernichtungslagern erhalten haben? Das fällt mir schwer zu glauben. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass van Husen dies nicht zu Papier bringen konnte/wollte oder Manfred Lütz hat diese Tagebucheinträge entfernt. Immerhin, hat Paulus van Husen, der ja auch für seine Familie zu sorgen hatte, sich dem Widerstand verschrieben.

Der Schreibstil wird nicht allen Lesern gefallen, ist er doch eher trocken, Beamtendeutsch eben. Ich finde ihn gerade deshalb sehr eingängig, weil trotz aller Subjektivität (Autobiografie!), sehr sachlich.
Sehr interessant sind die Vorbereitungen zum Attentat auf Hitler beschrieben. Hier findet sich auch der Konnex zum Titel, der in zwei Richtungen gedeutet werden kann. Erstens, hätte bei Gelingen Paulus van Husen in der neuen Regierung eine maßgebliche Rolle spielen sollen, das versprochene Auto hat ihn aber nicht abgeholt. Andererseits musste er Angst haben, als Mitverschwörer enttarnt zu werden, und von der Gestapo abgeholt zu werden. In den beiden Fällen kam der Wagen nicht.

Fazit:

Ein sehr persönlicher Einblick in die Welt eines Juristen, der Monarchie, deren Zerfall, den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Nazi-Diktatur, den Zweiten Weltkrieg und die Wiederauferstehung Deutschlands erlebt und teilweise auch mitgestaltet hat. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 19.05.2019

Macht Lust auf eine Genuss-Reise

Weingeschichten aus Friaul
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Autor Johannes Gans macht gemeinsam mit der Fotografin Eva Wrazdil den Lesern Lust, eines der vierzig beschriebenen Weingüter zu besuchen.

Der Autor hat bewusst Weingüter ausgesucht, die lieber Klasse ...

Autor Johannes Gans macht gemeinsam mit der Fotografin Eva Wrazdil den Lesern Lust, eines der vierzig beschriebenen Weingüter zu besuchen.

Der Autor hat bewusst Weingüter ausgesucht, die lieber Klasse statt Masse produzieren, lieber weniger Umsatz, dafür ausgezeichnete Qualität.

Johannes Gans stellt kleine, aber feine Weingüter zwischen San Daniele und Triest vor. Ihnen ist gemeinsam, dass sie das Keltern der Trauben als Passion verstehen und ihr ganzes Herzblut hineinstecken. Für einige von ihnen ist lange Tradition Winzer zu sein wie „Conte d’Attimis-Maniago“ in Buttrio seit 1585, für andere ein Neuanfang. Auffällig häufig finden sich hier Winzerinnen.

Jedes Weingut wird extra vorgestellt. Häufig kommen die Eigentümer mit aufs Bild. Immer wieder werden regionale Besonderheiten hervorgehoben und die exklusiven Weine beim Namen genannt. Die wunderschönen Fotos von Eva Wrazdil wecken die Sehnsucht, sich ins Auto zu setzen und nach Cividale, nach Gorizia oder nach Triest zu fahren und im Abendlicht ein Glas des köstlichen Weines zu genießen. Es dürfen auch getrost mehr Gläser sein, denn die meisten Weingüter bieten eine Übernachtungsmöglichkeit an.

Ich werde mich vorsichtig an die köstlichen Rotweine herantasten, bietet doch die feine Vinothek „Sussitz“ in Wien, einige der genannten Weine um Verkauf an. Natürlich kann ein dislozierter Genuss mit einem Besuch eines Weingutes nicht mithalten, trägt doch das Ambiente zur Leidenschaft bei.


Fazit:

Gerne gebe ich diesem Genuss-Reiseführer eine Empfehlung und 5 Sterne. Mandi!

Veröffentlicht am 19.05.2019

Fesselnde Fortsetzung

Der blutrote Teppich
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Mit Spannung habe ich die Fortsetzung von „Der Mann der nicht mitspielt“ erwartet und bin nicht enttäuscht worden.

Worum geht’s?

Hardy Engel, in dessen Leben einiges mit der Vorsilbe Ex beginnt (also ...

Mit Spannung habe ich die Fortsetzung von „Der Mann der nicht mitspielt“ erwartet und bin nicht enttäuscht worden.

Worum geht’s?

Hardy Engel, in dessen Leben einiges mit der Vorsilbe Ex beginnt (also Ex-Deutscher, Ex-Soldat, Ex-Polizist und auch Ex-Schauspieler), wird in den mysteriösen Todesfall von Regisseur William Desmond Taylor verwickelt. Immerhin hätte Hardy in Taylors Auftrag eine junge Frau beschatten sollen. Wie es in Hollywood der 1920er Jahre üblich ist, herrschen die Filmmogule über ein Heer von Schauspielern und Drehbuchautoren. Um den Schein zu wahren, werden unliebsame Personen zumindest mundtot gemacht, wenn nicht gar so richtig getötet. „Scheinmoral“ ist häufig der zweite Vorname der einen oder anderen Filmgröße.
Diesmal erhält Hardy charmante Unterstützung durch Polly Brandeis und ihren Mops Enrico. Auch Polly ist nicht das, was sie vorgibt zu sein. Natürlich dürfen auch die netten und fiesen Figuren aus dem ersten Teil nicht fehlen. So begegnen wir wieder Hardys Freund und Barkeeper Buck und den Polizisten Catanza und Gordon, für die sich der Autor ein besonderes Schicksal ausgedacht hat.
Außerdem kreuzen bekannte Leinwandgrößen unseren Weg. Welches Geheimnis verbergen Charlie Chaplin und sein Bruder? Für wen sind die Drogen? Und welches Spiel wird hier gespielt? Manchmal wähnt sich Hardy Engel im falschen Film.

Meine Meinung:

Christof Weigand ist eine tolle Fortsetzung gelungen. Allerdings bietet Hollywood ja jede Menge Stoff für Krimis. Hier ist einige nut Talmi und nicht alles ist Gold was glänzt. Korrupte Polizisten, drogensüchtige Stars und Starlets, die über Leichen gehen, um ein Rolle in einem Film zu ergattern. Ja, das ist der Stoff aus dem tolle Krimis gemacht werden. Doch die besten Zutaten nützen nichts, wenn der Koch, also in dem Fall der Autor, nicht die richtige Mischung aus Spannung, Psychogramm und Hintergrundinformation sowie sperrigen Charakteren verarbeitet - doch hier passt das wirklich perfekt. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Die Handlung ist ja in den 1920er Jahren angesiedelt, an der Schwelle zum Tonfilm, daher darf eine Portion Slapstick auch nicht fehlen.

Herrlich die Szene, in der Polly die Höschensammlung durchwühlt, und neidisch auf die zarten Seide blickt.

Der Weg zur Auflösung ist steinig und mit der einen oder anderen Leiche gepflastert. Hardy muss einige Umwege und Sackgassen in Kauf nehmen, bis es ihm gelingt, den wahren Täter ausfindig zu machen. Wir Leser zittern mit unserem wackeren Helden mit. Sei es im Flugzeug oder sei es bei den zahlreichen Verfolgungsjagden - Hollywood eben.

Echt klasse ist auch wieder das Cover.

Fazit:

Christof Weigand ist ein fesselnde Fortsetzung gelungen, die die Seiten nur so dahin fliegen lässt. Gerne gebe ich begesiterte 5 Stern und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 13.05.2019

Isabell Bonnets persönlichster Fall

Madame le Commissaire und der tote Liebhaber
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In diesem 6. Fall für Sonderermittlerin Isabelle Bonnet wird es ziemlich persönlich. Thierry, der Bürgermeister von Fragolin, ist ermordet worden. Pikant daran ist, dass Isabelle erst vor kurzem die Beziehung ...

In diesem 6. Fall für Sonderermittlerin Isabelle Bonnet wird es ziemlich persönlich. Thierry, der Bürgermeister von Fragolin, ist ermordet worden. Pikant daran ist, dass Isabelle erst vor kurzem die Beziehung mit ihm beendet hat. Trotz einer eventuellen Befangenheit wird sie von der grauen Eminenz im fernen Paris Balancourt mit den Ermittlungen beauftragt.

Bei der Rekonstruktion der letzten Stunde vor seinem Tod, stößt Isabelle auf ein komplexes Geflecht aus Halbwahrheiten und Wunschträumen.

Erschwert werden die Untersuchungen durch die Tatsache, dass der Ermordete ein Freund schöner Frauen war und daher gehörnte Ehemänner durchaus einen Grund gehabt hätten, Rache zu nehmen.

Doch ist die Lösung so einfach?


Meine Meinung:

Diesen 6. Fall für Madame le Commissaire habe ich recht gerne gelesen. Die vertrauten Charaktere sind ja durchwegs sympathisch. Sous-Brigadier und Assistent Appollinaire kann wieder mit seinen ungewöhnlichen Ideen und Ansätzen punkten. Es scheint, als ob er die eine oder andere Verhaltensweise eines Aspergers hat.

Es ist ein bisschen schade, dass die Figur des Bürgermeisters die Krimi-Reihe verlassen muss. Aber, wer weiß, was dem Autor noch einfällt, um die Serie weiterhin spannend zu erhalten. Immerhin tritt mit dem Künstler ein neuer Charakter die Szene in Fragolin, aus dessen Anwesenheit sich bestimmt einiges entwickeln lässt.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung der Reihe rund um Sonderermittlerin Isabelle Bonnet, der ich gerne wieder 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 13.05.2019

Ein ansprechender Krimi mit einer außergewöhnlichen Ermittlerin

Der stille Koog
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KHK Marlene Louven weilt bei ihrer Schwester Johanne in Büsum zur Rekonvaleszenz. Marlene hat aufgrund einer schweren Erkrankung ihr Gehör verloren. Zwar kann sie mit Hilfe von Cochlea-Implantaten, die ...

KHK Marlene Louven weilt bei ihrer Schwester Johanne in Büsum zur Rekonvaleszenz. Marlene hat aufgrund einer schweren Erkrankung ihr Gehör verloren. Zwar kann sie mit Hilfe von Cochlea-Implantaten, die sie „CIs“ nennt wieder hören, doch klingen die Stimmen und Geräusche elektronisch verzerrt. Menschenscheu geworden, muss sie sich nach langen Wochen der Stille langsam wieder an die laute Umgebung gewöhnen.

Doch der Erholungsaufenthalt ist gleich einmal zu Ende als sie, gemeinsam mit Schwester und Nachbarin, den reichen Bauern Brodersen ermordet findet. Sofort melden sich die kriminaltechnischen Instinkte und Marlene handelt wie früher. Obwohl Marlene weder befugt noch zuständig ist, beginnt sie auf Johannes Drängen Erkundigungen einzuziehen. Schnell stellt sich heraus, dass Bahne, ihr Schwager, Geheimnisse vor Johanne und Marlene hat. Haben die mit dem Mord an Brodersen zu tun? Immerhin ist der Tote mit der Errichtung von Windkraftwerken reich geworden und Bahne, ein entschiedener Gegner der Windkraft, hat Brodersen als letzter lebend gesehen. Was verschweigt Bahne?

Meine Meinung:

Dieser Krimi lebt von dieser ungewöhnlichen Ermittlerin. Langsam muss Marlene ihre anderen Sinne schärfen, um das fehlende Gehör auszugleichen. Nicht immer gelingt dies. Frustrierend ist auch die Abhängigkeit von der Technik. Ständig muss sie darauf bedacht sein, die Akkus der Hörhilfen aufgeladen zu halten, bzw. den korrekten Sitz der Cis zu überprüfen. All dieses wird sehr feinfühlig und elegant in den Alltag von Marlene eingeflochten. Auch Marlenes Unsicherheit, ihre Zweifel und ihr Wille, wieder als KHK zu arbeiten, sind einfühlsam beschrieben.
Ebenso deutlich sind die Vorbehalte ihrer Umgebung zu spüren, die sich stellenweise als recht rücksichtslos erweisen. So spricht zum Beispiel Dr. Braak nicht in einem ruhigen Büro mit Marlene, sondern vor einer lauten Geräuschkulisse. So ist es ihr kaum möglich, das Gespräch so zu steuern, wie sie es als KHK gewohnt ist.
Ilka Dick gelingt es sehr gut, verschiedene aktuelle Themen anzusprechen. Neben dem Handicap von Marlene, werden auch Querelen in der Dorfgemeinschaft angesprochen, wie das überbordende Ausmaß in dem Windkraftanlagen errichtet werden. Windkraftanlagen sind allerdings nicht ausschließlich das Problem. Es ist eher die Bereicherung einiger weniger Personen, die an solchen Bauvorhaben verdienen. Der Spagat zwischen erneuerbarer Energie und Landschaftsbild ist sowohl in Deutschland als auch in Österreich oft schwer zu bewerkstelligen. Ehrlich gesagt, sind die Windräder nicht unbedingt ein optisches Highlight. Doch um aus fossiler Energie bzw. aus Atomstrom aussteigen zu können, wird man wohl die teilweise Verschandelung der Landschaft in Kauf nehmen müssen.
Ein wichtiges Thema, das so ganz nebenbei eingeflochten ist, ist die „perfekte Familie“. Die Geschichte der Familie Brodersen zeigt, dass nicht immer Gold ist, was glänzt.
Der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr gut. Ich habe zuvor schon ihr Krimi-Debüt „Endstation Nordsee“ gelesen und war begeistert. Auch hier werden die Leser durch geschickte Wendungen in die Irre geführt. Kaum glaubt man eine heiße Spur zu entdecken, so endet die in einer Sackgasse.
Ich kann mir gut vorstellen, weitere Krimis mit Marlene Louven zu lesen.

Fazit:

Ein ansprechender Krimi mit einer ungewöhnlichen Ermittlerin, mit der ich gerne weitere Kriminalfälle lösen möchte. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.