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Venatrix

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Fesselnde Zeitreise ins Wien von 1966

Leopoldstadt
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Die Autorin entführt ihre Leser in das Wien von 1966. Es ist eine Zeit des Umbruchs. Das Ende des Zweiten Weltkrieges ist gerade einmal etwas mehr als 20 Jahre her, das Ende der Besatzungszeit erst 11 ...

Die Autorin entführt ihre Leser in das Wien von 1966. Es ist eine Zeit des Umbruchs. Das Ende des Zweiten Weltkrieges ist gerade einmal etwas mehr als 20 Jahre her, das Ende der Besatzungszeit erst 11 Jahre. Die Folgen sind nach wie vor deutlich spürbar.

Dieses Mal bekommen es Chefinspektor Wilhelm Fodor und sein Team mit einem komplexen Mordfall zu tun: Während die Stadt und ihre Bewohner unter der Hitze leiden, wird ein Schwarzafrikaner mit amerikanischen Militärstiefeln tot aufgefunden. Der Name ist recht bald bekannt, doch scheint niemand den Mann zu vermissen und US-Botschaft gibt vor, ihn nicht zu kennen.

Bei seinen Ermittlungen sticht Wilhelm Fodor in ein Wespennest und in der Folge gibt es weitere Tote. Je tiefer Fodor in den Fall eintaucht, desto mehr Gespenster der Vergangenheit treten zutage. Doch auch die aktuellen Ereignisse wie die „Südtiroler Bumser“ werfen ihre Schatten auf die österreichische Hauptstadt.

Meine Meinung:

Sabina Naber hat in diesem 2. Fall für Chefinspektor Wilhelm Fodor die Atmosphäre des Jahres 1966 perfekt eingefangen. Es wird überall geraucht, im Dienst Schnaps getrunken und Verdächtige handgreiflich zu Aussagen genötigt. Jüngere Leser werden sich möglicherweise an der authentischen Sprache stoßen. So dürfen die Protagonisten heute verpönte Worte wie „Neger“ in den Mund nehmen und nationalsozialistisches Gedankengut von sich geben, für das sie heute wegen Wiederbetätigung vor dem Gericht stehen würden. Tempora mutantur!

Als Wienerin, die in der Leopoldstadt aufgewachsen ist, habe ich mich gleich zurechtgefunden, auch wenn das eine oder andere Lokal erfunden oder verfremdet ist. Das Hotel Valerie erinnert sehr stark an das Hotel Stefanie. Auf seinen Ermittlungen kommt Wilhelm Fodor in die „feinen“ Ecken der Villengegenden in Hietzing und Döbling. Doch der Hauptteil des Krimis spielt in der heruntergekommenen Gegend rund um den Karmelitermarkt. Das kann man sich heute gar nicht mehr so richtig vorstellen, denn das Viertel wurde gentrifiziert und ist nach wie vor aufstrebend, jung, urban und inzwischen leider sauteuer.

Die Charaktere sind durchwegs authentisch. Sie haben alle ihre Ecken und Kanten. Der eine oder andere hat nach wie vor braunes Gedankengut im Schädel, was aber bei der Altersstruktur der Ermittler nicht wirklich verwundert. Sind doch die Menschen dieser Jahrgänge in ihrer Jugend indoktriniert worden. Man kann ihnen allenfalls vorwerfen, aus der Geschichte nichts gelernt zu haben.

Geschickt flicht Sabina Naber historisches und zeitgeschichtliches Wissen ein. Hier hat die Autorin penibel recherchiert. Für deutsche Leser ist der Wiener Dialekt, den die Figuren sprechen (dürfen) durchaus eine Herausforderung.


Fazit:

Die literarische Zeitreise in meine Kindheit und der verzwickte Kriminalfall haben mich bis zur letzten Seite gefesselt. Daher gibt es wohlverdiente 5 Sterne.

Veröffentlicht am 06.06.2021

Ein guter Überblick

Die 101 wichtigsten Fragen - Judentum
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Dieses 155 starke Sachbuch aus der Reihe „Die 101 wichtigsten Fragen“ aus dem Beck’schen Verlag beantwortet zahlreiche Fragen zum Judentum. Es vermittelt in den folgenden Kapiteln Grundlegendes des jüdischen ...

Dieses 155 starke Sachbuch aus der Reihe „Die 101 wichtigsten Fragen“ aus dem Beck’schen Verlag beantwortet zahlreiche Fragen zum Judentum. Es vermittelt in den folgenden Kapiteln Grundlegendes des jüdischen Glaubens.

Einleitung
Bibel und jüdische Literatur
Glaube und Gott
Gesetz und Ethik
Symbole und Zeichen
Gebet und Gottesdienst
Schabbat und Festkultur
Lebenszyklus und Geschlecht
Einheit und Vielfalt
Israel und die Diaspora
Zum Schluss

Autor Andreas Brämer ist ein deutscher Historiker, der an mehreren Universitäten, u.a. in Jerusalem Judaistik studiert hat. Er weiß also, worüber er schreibt.

In seinem Buch zeigt er die Vielfalt des jüdischen Lebens auf: Von streng orthodoxen Juden bis hin zu säkularen Juden.

Fazit:

Das Buch vermittelt grundlegende Einblicke in den jüdischen Glauben. Gerne gebe ich diesem interessanten Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 06.06.2021

Mystisch und fesselnd

Teufelsblut
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Der Münchner Krimiautor Ben Ingram steht nach der Scheidung von seiner Frau ein wenig neben sich und beschließt daher, auch um seinen aktuellen Krimi fertigzuschreiben, nach Wildmoos, einem noblen Skiort ...

Der Münchner Krimiautor Ben Ingram steht nach der Scheidung von seiner Frau ein wenig neben sich und beschließt daher, auch um seinen aktuellen Krimi fertigzuschreiben, nach Wildmoos, einem noblen Skiort zu fahren, wo ihm seine Tante Agnes einen alten Bauernhof vererbt hat.

Schon kurz vor seiner Ankunft hat der Lawinentod von Tess, der Ehefrau seines Cousins Chris, die Gerüchteküche im Dorf angeheizt.
Die Adventzeit mit ihrem Salzburger Brauchtum hat eben begonnen und so laufen Perchten durch den Ort. Bald muss er erkennen, dass nicht alles nur alpenländische Folklore ist, denn in dem alten Bauernhaus scheint es zu spuken. Sachen verschwinden, das Badewasser färbt sich plötzlich blutrot und die die alte Josefa, Tante Agnes‘ beste Freundin, kommt häufig ungebeten vorbei.

Tess‘ Mutter bittet Ben, Nachforschungen anzustellen, ob ihre Tochter wirklich einem Lawinenunglück zum Opfer gefallen ist, oder ob der schöne Chris, der ein rechter Schwerenöter ist, vielleicht doch zumindest fahrlässig gehandelt hat oder eventuell hier nachgeholfen hat.

Mit seiner Fragerei rührt er an einigen Tabus und greät deshalb in tödliche Gefahr.

Meine Meinung:

Die Idee hat mir sehr gut gefallen. Ein Krimiautor soll ermitteln, enthüllt gefährliche Geheimnisse der Vergangenheit und ... (nein, das verrate ich jetzt nicht!).

Die Stimmung in dem mondänen, aber fiktiven Wintersportort ist sehr gut beschrieben. Die Wandlung vom Urlaubsort seiner Kindheit zum Touristenhotspot hat nicht nur Gutes gebracht. Viele Dinge aus der Vergangenheit werden verschwiegen. Manche wissen etwas und schweigen weiter. Dieses Schweigen entzweit und verbindet gleichzeitig. Mitgemacht - Mitgefangen - Mitgehangen oder doch nicht?
Tante Agnes spielt in Bens Familiengeschichte keine große Rolle: es wurde wenig bis nicht über sie gesprochen. Unerklärlich für >Chris und andere Dorfbewohner ist es, warum Ben den Bauernhof überhaupt geerbt. Der Grund wird dann in einem heftigen Showdown enthüllt, der mich ein wenig überrascht hat. Mir ist schon klar gewesen, dass das alte Gehöft, das zwischen modernen Hotels einen Bruch darstellt, eine Rolle spielen würde, aber welche, ist dann doch überzeugend dargestellt. Die durch Ben entdeckten Familiengeheimnisse sind ziemlich heftig, aber durchaus nicht selten, dass auch zur Selbsthilfe gegriffen wurde, ist durchaus möglich.

Ein bisschen haben die Ausschnitte aus Bens aktuellem Krimi gestört. An manchen Stellen sind sie zu ausführlich geraten.

Die Charaktere sind gut gelungen und geschickt in die teilweise surreale Welt des Wintersportortes integriert.

Fazit:

Ein fesselnder Krimi mit einem ernsten Kern, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 06.06.2021

An manchen Stellen unglaubwürdig

Schweigendes Les Baux
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Als Capitaine Roger Blanc zu dem ehemaligen Steinbruch Les Baux gerufen wird, in dem die Leiche eines Mannes liegt, weiß er noch nicht, welch komplexer Kriminalfall sich hier entspinnt. Der Tote, Patrick ...

Als Capitaine Roger Blanc zu dem ehemaligen Steinbruch Les Baux gerufen wird, in dem die Leiche eines Mannes liegt, weiß er noch nicht, welch komplexer Kriminalfall sich hier entspinnt. Der Tote, Patrick Ripert, war Privatdetektiv und von Charles Féraud, dem Eigentümer eines Mandelhofes engagiert worden, um das Verschwinden eines Bildes aus dessen umfangreicher Gemäldesammlung aufzuklären. Allerdings hat Ripert noch ganz andere Nachforschungen angestellt. Sind die ihm zum Verhängnis geworden?

Meine Meinung:

Der Fall ist komplex und reicht in die jüngere Vergangenheit zurück, in der ein Mann seine Frau und seine Kinder ermordet hat. Der Täter ist nie gefasst worden.
Im Umfeld der Familie Féraud tummeln sich noch andere angesehene Charakter, die allerdings Dreck am Stecken haben. Die Familie Féraud selbst spielt „heile Familie“, um darüber hinwegzutäuschen, dass hier einiges im Argen liegt.

Ein bisschen übertrieben finde ich den Handlungsstrang mit der Galeristin Valéria Chevillet, die nicht das zu sein scheint, was sie vorgibt und die Rolle, die Roger Blancs Vorgesetzter Nicolas Nkoulou spielt, ist auch mehr als fragwürdig.
Irgendwie ist alles ein wenig zu viel. Der Lehrer, der von seinen Schülern zum Krüppel geprügelt worden ist, der ermordete Detektiv, die desolate Familie, die seit Jahren einen Unfalllenker als Sohn ausgibt, zwei Kinder die nicht vom Ehemann stammen, ein Schönheitschirurg, die eigenartige Galeristin und zuletzt noch Nkoulou, der seinen Mitarbeitern gegenüber überkorrekt auftritt und spätestens im nächsten Fall seinen Sessel räumen muss.

Dass Roger Blanc und seine Truppe guter Ermittler sind, ist bekannt, dass sie allerdings in einem Aufwaschen gleich drei, eigentlich nicht zusammenhängende Verbrechen aufklären, ist mir einfach zu viel. Da wäre weniger, mehr gewesen.

Interessant finde ich die Erklärungen um die Mandelbäume, die hier in der Provence gedeihen. Ich gebe zu, dass ich mir noch wenig Gedanken darüber gemacht habe. Ich habe gleich das Säckchen Mandelkerne in meinem Vorratsschranke angesehen - sie kommen aus den USA.

Fazit:

Diesmal ein wenig zu dick aufgetragen und ein wenig unglaubwürdig, daher nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 06.06.2021

Guido Brunettis 30. Fall

Flüchtiges Begehren
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In seinem dreißigsten Fall kommt wieder ein bisschen mehr Spannung auf.

Vio und Dos, zwei venezianische junge Männer, die seit Jahren befreundet sind, obwohl sie aus unterschiedlichen Familien kommen, ...

In seinem dreißigsten Fall kommt wieder ein bisschen mehr Spannung auf.

Vio und Dos, zwei venezianische junge Männer, die seit Jahren befreundet sind, obwohl sie aus unterschiedlichen Familien kommen, unternehmen mit zwei amerikanischen Touristinnen eine Spritztour in der Laguna. Dabei kommt es zu einem schwerwiegenden Unfall, bei dem die beiden Frauen schwer verletzt werden. Aus Angst vor den Folgen legen sie die beiden Touristinnen vor Ospedale ab und suchen das Weite, werden aber relativ schnell ausfindig gemacht.

Brunetti soll die Hintergründe ermitteln und setzt dabei nicht nur auf Signorina Elettra sondern auf seine neapolitanische Kollegin Claudia Griffone. In einem nicht ganz konfliktfreien Zusammenspiel mit der Küstenwache, den Carabineri und den eigenen Leuten, gelingt es natürlich, den Fall aufzuklären, der eine ungeahnte Dimension annimmt.

Meine Meinung:

Dieser Krimi hat mir besser gefallen als so mancher Vorgänger. Vielleicht liegt es daran, dass mit Claudia Griffone ein frischer Wind in die Reihe kommt. Guido Brunettit und seine Familie kennen wir ja bis ins kleinste Detail. Wir haben mit ihnen auf PET-Flaschen verzichtet, antike griechische Autoren im Original gelesen und die beiden Kinder aufwachsen sehen.
Die Rolle von Signorina Elettra verblasst auch schön langsam und Vicequestore Patta wirkt pensionsreif.

Wie immer ist die Autorin eine aufmerksame Beobachterin, wenn sie die Veränderungen in der Lagunenstadt beschreibt.

Der von Brunetti so harmlos wirkende, in einem Zwiegespräch mit Paola hingeworfene Satz: „Ich würde gerne auf dem Land leben und ein Feld bestellen“ nährt das Gerücht, das dieser 30. Fall für Commissario Brunetti der Letzte sein könnte. Nun ja, Ende Mai 2022 werden wir es wissen.