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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.05.2021

Very British

Mord in Sussex
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Das südenglische Sussex ist derzeit wegen des abtrünnigen Paares aus der königlichen Familie ein Begriff. Wenig wissen, dass hier in den Chalklands Kalk abgebaut und als „gebrannter Kalk“ auf zahlreichen ...

Das südenglische Sussex ist derzeit wegen des abtrünnigen Paares aus der königlichen Familie ein Begriff. Wenig wissen, dass hier in den Chalklands Kalk abgebaut und als „gebrannter Kalk“ auf zahlreichen Baustellen verwendet wird. Ein solcher Kalkbrennofen spielt in diesem Krimi aus dem Jahr 1936 eine große Rolle.

Worum geht’s also?

John Rother, ein Unternehmer in eben diesem Kalkbrenner-Business, verschwindet plötzlich. Man findet nur sein Auto: verlassen und mit Blutspuren. Ist John einem Verbrechen zum Opfer gefallen? Wo ist dann die Leiche? Hat sein Bruder William etwas mit dem Verschwinden zu tun? Die beiden Geschwister sind sich ja seit Jahren nicht allzu zugeneigt? Und welche Rolle spielt Williams Frau?

Als dann auf einer Baustelle menschliche Knochenreste gefunden werden, ist klar, John ist ermordet worden und die zerstückelte Leiche im Kalkbrennofen verbrannt worden. Superintendent Meredith wird mit der Ermittlung beauftragt und lässt die Knochen zu einem beinahe vollständigen Skelett zusammenbauen. (Der fehlende Teil wird noch eine Rolle spielen.)
Ein weiteres Rätsel gibt dann der Tod des verdächtigen Bruders auf. Unfall, Selbstmord oder doch Mord?

Superintendent Meredith hat alle Hände voll zu tun, den zahlreichen Hinweisen nachzugehen.

Meine Meinung:

Der Verlag Klett-Cotta legt seit einigen Jahren klassische Krimis aus dem vorigen Jahrhundert neu auf und bewahrt sie damit vor der Vergessenheit.
Ganz im Stil von Agatha Christie wird hier penibel ermittelt ohne Nerven aufreibende Verfolgungsjagden zu Wasser oder zu Land. Die Ermittlungen ohne DNA-Abgleich und anderen forensischen Gutachten muten seltsam antiquiert an, verleihen diesem Krimi aber einen gewissen Charme.

Der fehlende Skelettteil hat mich auf eine Idee gebracht, die sich dann als richtig erwiesen hat. Superintendent Meredith lässt sich durch die vielen kleinen Hinweise, die ihn manchmal in Sackgassen führen, nicht entmutigen. An einigen Stellen blitzt der herrliche britische Humor auf, der die Leser Schmunzeln lässt.

Witzig finde ich auch, wie sich SI Meredith mit dem Kriminalgeschichtenautor berät.

Fazit:

Ein gelungener Krimi, der ohne Hektik auskommt und zu Unrecht beinahe vergessen worden ist. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 23.05.2021

"Recht, nicht Rache"

Zorn der Lämmer
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Dieses penibel recherchierte Buch beruht auf Tatsachen. Es erzählt die Geschichte von Abba, Vitka, Ruzka und Leipke, vier jungen Juden, die im Getto von Wilna einen ähnlichen Aufstand anzetteln wie ihre ...

Dieses penibel recherchierte Buch beruht auf Tatsachen. Es erzählt die Geschichte von Abba, Vitka, Ruzka und Leipke, vier jungen Juden, die im Getto von Wilna einen ähnlichen Aufstand anzetteln wie ihre Leidensgenossen in Warschau. Dieser Aufstand ist ihre letzte Hoffnung.

„Die Deutschen sind organisiert, sie denken systematisch. Womit wir es hier zu tun haben, liebe Freunde, ist eine Maschinerie, und diese Maschinerie dient nur einen Zweck: das Judentum in Gänze zu vernichten.“

Doch wie wir wissen, vergebens. Rund 6 Millionen Juden werden von den Nazis ermordet.

Das Buch ist in mehrere Teile gegliedert und beschreibt im letzten Teil, der 2001 in Israel spielt, die späteren Lebenswege der vier.

Ruzka, die kurz nach Kriegsende nach Palästina emigriert, wird von ihren Mitstreitern Verrat vorgeworfen: Doch muss sie erkennen, dass deutsche Juden in Israel nicht wirklich willkommen waren.

Nicht nur gegen Araber müssen sich die Einwanderer behaupten, sondern auch gegen die bereits hier lebenden Glaubensbrüder (und Schwestern). Diese blicken scheel auf die deutschen Juden und diffamieren sie zum Teil. Sie finden es unverständlich, dass sie sich von den Nazis terrorisieren ließen, anstatt zu kämpfen sich wie „Lämmer zur Schlachtbank führen haben lassen“. Die Israelis wollen die Geschichten der KZ-Überlebenden nicht hören. Oft halten sie die Erzählungen für übertrieben … (siehe „Willkommen im Gelobten Land?“ von Jörg Armbruster)

Abba Kovners Plan, Millionen Deutsche mit Arsen in der Wasserversorgung zu töten, schlägt glücklicherweise fehl. Der Wunsch nach Vergeltung ist zwar verständlich, aber mit dieser Aktion hätte die Mär vom „Juden als Brunnenvergifter“ wieder neue Nahrung bekommen.

Ich persönlich halte es lieber mit Simon Wiesenthal, der einmal, auf die Frage, warum er immer noch Nazis verfolge, Folgendes gesagt hat: „Recht nicht Rache für alle Toten, für alle Opfer dieser Täter“.

Fazit:

Ein sehr wichtiges Buch, auch wenn es harte Kost ist und ob der geschilderten Gräuel manchmal kaum zu ertragen ist. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 23.05.2021

Very British

Der Donnerstagsmordclub (Die Mordclub-Serie 1)
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"Sie mögen nicht mehr die Jüngsten sein, aber an Scharfsinn und Witz leiden sie nun wahrlich keinen Mangel. Da staunt selbst die Polizei."

Elizabeth, Ron, Ibrahim und Joyce haben einiges gemeinsam: Sie ...

"Sie mögen nicht mehr die Jüngsten sein, aber an Scharfsinn und Witz leiden sie nun wahrlich keinen Mangel. Da staunt selbst die Polizei."

Elizabeth, Ron, Ibrahim und Joyce haben einiges gemeinsam: Sie leben in einer gediegenen Seniorenresidenz, übten fesselnde Berufe aus (Geheimdienstler, Gewerkschaftler, Psychiater und Krankenschwester) und frönen einem schrägen Hobby. Die lösen alte, unaufgeklärte Mordfälle, deren Akten Penny, eine frühere Mitbewohnerin, in die Seniorenresidenz mitgebracht hat. Weil sie sich immer an Donnerstagen treffen, nennen sie sich „Donnerstagsmordclub“.

Als eines Tages der Bauunternehmer Tony mit dem Eigentümer und Immobilienspekulanten Ian vor den Augen zahlreicher Senioren einen heftigen Streit hat und wenig später tot ist, lässt das Quartett die staubigen Akte Akte sein und ermittelt im frischen Mordfall. Sind Tony und Ian sich wegen der Erweiterung der Seniorenresidenz, der auch ein alter Friedhof geopfert werden sollte, in die Quere gekommen? Ist die Lösung des Mordes wirklich so einfach? Das Auftauchen weiterer Leichen stellt die Hobby-Ermittler genauso vor Rätsel wie Chris und Donna, die Profis der Polizei.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist typisch englisch. Feiner Humor, keine närrische Verfolgungsjagd oder ein Gemetzel, sondern bedächtige Ermittlungsarbeit, die Kraft der Laienermittler, die Leser häufig schmunzeln lässt.

Daneben beschäftigt sich Richard Osman mit den Ängsten, Sorgen und Nöten der Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt, die häufig an Einsamkeit leiden und wissen, dass ihr irdisches Dasein über kurz oder lang ein Ende haben wird. Dagegen hilft Abwechslung, selbst, wenn es Morde sind.

Die Charaktere sind detailreich und liebevoll gestaltet. Die Handlung wird aus mehreren Perspektiven erzählt.

Fazit:

Ein ruhiger Krimi, der very british daherkommt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 23.05.2021

Eine facettenreiche Geschichte

Das Mädchen im Nordwind
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Die Hamburger Tischlerin Sofie nimmt, um Abstand von ihrer gescheiterten Beziehung zu bekommen, einen Job in Island an. Dort soll sie ein Haus renovieren. Dabei entdeckt sie nicht nur einen wertvollen ...

Die Hamburger Tischlerin Sofie nimmt, um Abstand von ihrer gescheiterten Beziehung zu bekommen, einen Job in Island an. Dort soll sie ein Haus renovieren. Dabei entdeckt sie nicht nur einen wertvollen Schreibtisch, in dem ein Tagebuch versteckt ist, sondern lernt auch Björgvin, den schweigsamen Neffen der Hauseigentümerin kennen.

In einem zweiten Handlungsstrang, der im Tagebuch von Louise steckt, entführt uns die Autorin in das Deutschland ab 1936, in dem Juden drangsaliert, verfolgt und ermordet werden.

Die Verbindung zwischen Sofie in der Gegenwart und Louise in der Vergangenheit ist der nicht abgesendete Brief an Hannes, der zu Björgvins Verwandtschaft zählt.

Meine Meinung:

Bislang kannte ich die Autorin nicht, doch nach der Lektüre dieses Buches werde ich sie mir näher ansehen.

Karin Baldvinsson versteht es, die beiden Geschichten gut miteinander zu verquicken. Der historische Teil hat mir einen Hauch besser gefallen als der aktuelle, aber das stört nicht weiter. Beklemmend ist zu lesen, dass Louises Mutter die unheilvollen Zeichen der Zeit erkannt hat, aber ihren Mann nicht überzeugen konnte, das Warenhaus zu verkaufen und Deutschland zu verlassen, als sie noch die Möglichkeit hatten. So ergeht es ihnen wie vielen andern Juden - sie werden in Theresienstadt ermordet. Überlebt haben nur Louise und ihr Bruder Heinrich, die gerade noch rechtzeitig das Land verlassen konnten.

Ein wenig unwahrscheinlich klingt es, als einzige Handwerkerin ein ganzes Haus innerhalb von drei Monaten zu renovieren. Wer schon einmal ein Türblatt abgebeizt hat, wird wissen, dass das eine schweißtreibende Arbeit ist und jede Menge Zusatzarbeit braucht, bis man das Türblatt wieder lackieren kann. Auch als begabte Tischlerin benötigt man doch immer wieder eine helfende Hand. Sei es beim Aushängen von Türen oder Ab- und Aufbau von Möbeln. Aber, das ist natürlich meckern auf hohem Niveau und ist meiner Eigenschaft als Mutter eines Tischlers geschuldet.

Gut gefallen hat mir die Beschreibung von Land und Leuten. Tja, so ein charismatischer Isländer hat schon seinen Reiz, damals wie heute.

Fazit:

Eine facettenreiche Geschichte, die in zwei Zeitebenen spielt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 23.05.2021

Hat mich leider nicht überzeugt

Schäm dich!
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Hm, mit diesem Buch habe ich mich nicht so recht anfreunden können. Manche Thesen und Behauptungen scheinen berechtigt zu sein, andere wieder nicht. Als Österreicherin kenne ich die deutschen Verhältnisse ...

Hm, mit diesem Buch habe ich mich nicht so recht anfreunden können. Manche Thesen und Behauptungen scheinen berechtigt zu sein, andere wieder nicht. Als Österreicherin kenne ich die deutschen Verhältnisse zu wenig, um beurteilen zu können, ob sich alles so zuträgt, wie es dargestellt wird.

Stellenweise zieht sie fest über den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk her. Dabei scheint dieser, im Gegensatz zu den privaten TV-Stationen, ein wenig sachlicher zu berichten.

Manchmal bedient sie sich genau jener Kampfrethorik, gegen die sie zu Felde zieht.

Fazit:

Ich habe mir ein wenig mehr erwartet und kann daher nur drei Sterne vergeben.