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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.05.2021

Eine gelungene Fortsetzung

Zara und Zoë - Die Tochter des Paten
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Auch im dritten Teil der Reihe rund um die höchst unterschiedlichen Zwillingsschwestern Zara und Zoë geht es rasant zu.

Zara, quasi die „Gute“, Polizistin bei Europol, und Zoë, die in die kriminellen ...

Auch im dritten Teil der Reihe rund um die höchst unterschiedlichen Zwillingsschwestern Zara und Zoë geht es rasant zu.

Zara, quasi die „Gute“, Polizistin bei Europol, und Zoë, die in die kriminellen Fußstapfen des gemeinsamen Vaters Fred getreten ist, reden seit dem Tod von Fred kein Wort mehr miteinander. Denn Zara ist am Tod des Vaters schuld, zumindest in Zoës Augen.

Doch nun muss Zoë über ihren eigenen Schatten springen und Zara um Hilfe bitte: Chiara, die Tochter des mächtigen südfranzösischen Mafiabosses Benito Balotelli ist entführt worden. Eine Befreiung kann nur mit Zaras Hilfe erfolgen.

Meine Meinung:

Wie schon die beiden Vorgänger ist auch dieser Fall reich an Action. Autor Alexander Oetker versteht es vortrefflich, seine Leser quer durch Frankreich zu hetzen. Sei es mit Zoë auf dem Motorrad oder mit Zara im Helikopter.
Neben zahlreichen Schusswechseln dürfe die Leser die mediterrane Landschaft der Provence erleben. Hin und wieder gibt es auch eine (sehr) kurze Verschnaufpause im „Chez Fred“, jenem Lokal, dass die Mutter von Zara und Zoë führt.

Nach einem blutigen Showdown kommen sich die Schwestern wieder näher. Die Frage ist nur, wie lange?

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, die durch die kurzen Kapitel keine Langeweile aufkommen lässt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 02.05.2021

Reichlich skurril

Der Stempelmörder
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In einem Österreich der fernen Zukunft werden Zuwanderer nach ihrer Herkunft getrennt und in diverse Programme gesteckt, um aus ihnen „gute Österreicher“ zu machen. Da gibt es „Piefke 5“, „Tschuschen 6“ ...

In einem Österreich der fernen Zukunft werden Zuwanderer nach ihrer Herkunft getrennt und in diverse Programme gesteckt, um aus ihnen „gute Österreicher“ zu machen. Da gibt es „Piefke 5“, „Tschuschen 6“ und „Türken hab 8“. Allen ist gemeinsam, dass sie strengen Regeln unterworfen sind, die aber von der Exekutive situationselastisch gehandhabt werden.

Hauptfiguren sind Juri, ein echter Deutscher, und Georg, der eigentlich ein Kärntner ist, aber dennoch das „Piefke 5“-Programm durchlaufen muss. Die näheren Hintergründe werden nur angedeutet. Die beiden wohnen im wieder eröffneten Männerwohnheim in der Meldemannstraße in der Brigittenau, dem 20. Bezirk Wiens.

Wir Leser begleiten Juri und Georg eine Woche lang bei ihren Verrichtungen im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens und stolpern mit ihnen von einer Leiche zur anderen. Die Polizei scheint sich auf die beiden als Täter eingeschossen zu haben.

Meine Meinung:

Was als schwarzhumorig angekündigt wurde, trifft nicht immer meinen Geschmack. Vieles ist überzeichnet dargestellt, über ein paar Dinge, wie den Esel „Hazee“ musste ich allerdings herzlich lachen.

Der Schreibstil ist für viele Leser gewöhnungsbedürftig. Schnelle Schauplatzwechsel führen uns in verschiedene Winkel von Wien, die der übliche Wien-Tourist nicht zu sehen bekommt: Den Sammelplatz der Müllabfuhr, die in Wirklichkeit (Magistratsabteilung) MA48 heißt. Die Mistfeste mit Brat- und/oder Burenwurst und Hüpfburg gibt es wirklich. Und an der Alten Donau kann man sowohl im Arbeiterstranband als auch im Bundesbad Alte Donau baden. Das eine oder andere Techtelmechtel passiert dort auch. Ob sich ein hochrangiger Polizist und eine Ministerin wie beschrieben, vergnügt haben, wer weiß das schon.

Der Krimi ist recht skurril und gleitet ins Abstruse ab. Als Wienerin muss ich unseren Bundespräsidenten zitieren, der anlässlich des Ibiza-Videos gesagt hat „Nein, wir sind nicht so! So sind wir nicht!“. Aber wie sind wir dann? Neigen wir nicht alle dazu, Menschen in Schubladen zu stecken?

Fazit:

Wer skurrile Krimis mit ebensolchen Protagonisten mag, ist hier richtig. Mir persönlich ist er ein wenig zu überzogen. Daher gibt es nur 3 Sterne

Veröffentlicht am 02.05.2021

Er wird mir fehlen, der Hugo Portisch

So sah ich Mein Leben. Life is a story - story.one
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Als der österreichische Journalist Hugo Portisch am 1. April im 94. Lebensjahr verstorben ist, habe ich, so wie viele andere Menschen große Trauer empfunden.
Mit diesem kleinen Buch, das er Hannes Steiner ...

Als der österreichische Journalist Hugo Portisch am 1. April im 94. Lebensjahr verstorben ist, habe ich, so wie viele andere Menschen große Trauer empfunden.
Mit diesem kleinen Buch, das er Hannes Steiner diktiert hat und von Martin Haidinger in den jeweils passenden historischen Kontext gesetzt wurde, lässt er sein Leben nochmals Revue passieren.
Für Hugo Portisch, der 1927 in Brünn (heute Bratislava) geboren wurde, war die Freiheit immer das höchste Gut.
Seine Reportagen aus aller Welt sei es aus Paris, Washington, London oder Peking - wir haben sie mit Gänsehautfeeling gehört - Immer am Puls des Weltgeschehens. Unvergessen ist auch seine Reportage aus Prag zu Beginn des Prager Frühlings 1968.
Sein oberster Prinzip im Journalismus war: Check - Recheck - Doublecheck.
Etwas, was ich im heutigen Journalismus vermisse. Heute werden Nachrichten oft Sensationsgier wegen ungeprüft unter die Leute gebracht.
Er wird mir fehlen, der Hugo Portisch!

Veröffentlicht am 02.05.2021

Wenn aus Kränkung Rache wird

Rache
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Österreichs wohl bekanntester Gerichtspsychiater hat sich eines Themas angenommen, das noch nicht so gut erforscht ist - der Rache.

Prof. Reinhard Haller schöpft aus seinem reichen Erfahrungsschatz. In ...

Österreichs wohl bekanntester Gerichtspsychiater hat sich eines Themas angenommen, das noch nicht so gut erforscht ist - der Rache.

Prof. Reinhard Haller schöpft aus seinem reichen Erfahrungsschatz. In 13 Kapitel geht er dem Mythos Rache nach. Ist Rache wirklich süß? Oder dient sie nur der Befriedigung diverser Eitelkeiten?

Wer kennt das Gefühl nicht, einem Autofahrer, der einen den Parkplatz weggeschnappt hat, heimlich die Reifen aufzuschlitzen oder zumindest die Luft herauszulassen? Oder dem Kollegen eins auszuwischen? Eben! Doch ob und wie es zur Eskalation und Ausführung der Rachegedanken kommt, können wir hier nachlesen.

Und was passiert, wenn die Rache ausgelebt wurde? Fühlt sich der Rächer besser? Wahrscheinlich nur kurz, denn nachhaltig ist das Gefühl nicht.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, seine Rachefantasien fallen zu lassen und eine Versöhnung oder ein Verzeihen einzuleiten?

Anhand von Beispielen aus der Literatur sowie der Kriminalgeschichte bringt uns Reinhard Haller das Wesen der Rache und ihre Mechanismen näher.

Oft setzt Rache eine Spirale der Gewalt in Gang, in denen der Täter selbst zum Opfer wird.

Meine Meinung:

Wenn ich heute in den Nachrichten lese, dass in den 4 Monaten des heurigen Jahres in Österreich bereits 9 Frauen aus Rache, weil sie ihren Partner verlassen haben, ermordet wurden, muss man dem Thema Rache mehr wissenschaftliche Aufmerksamkeit widmen.

Reinhard Haller zeigt auch Lösungsvorschläge auf, um aus der Falle der Rache herauszukommen. Das setzt aber reflektierte Menschen voraus, was die meisten, die Rache nehmen, ja nicht sind.

Das Buch ist trotz des ernsten Themas gut zu lesen, da es gut strukturiert ist..

Fazit:

Ein Einblick in die Abgründe der Menschen, gekonnt aufbereitet von Prof. Reinhard Haller. Gerne gebe ich dem Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 02.05.2021

Komplexer Krimi

Die Nachtigall singt nicht mehr
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Der zweite Krimi rund um Karl Wieners, Magda Blohm und Ludwig Gruber spielt im München des Jahres 1955. Noch sind nicht alle Wunden des Krieges verheilt, als sich im Ost der Bundesrepublik Gerüchte über ...

Der zweite Krimi rund um Karl Wieners, Magda Blohm und Ludwig Gruber spielt im München des Jahres 1955. Noch sind nicht alle Wunden des Krieges verheilt, als sich im Ost der Bundesrepublik Gerüchte über Unterwanderung durch spionierende Emigranten die Runde machen. Journalist Karl Wieners will gemeinsam mit seiner Nichte Magda darüber eine Reportage machen.

Gleichzeitig wird der ehemalige Polizist und Privatdetektiv Ludwig Gruber von von Rudi, einem Jungen engagiert, seinen richtigen Vater zu suchen. Er glaubt, dass sein älterer Bruder von dem Heimkehrer getötet wurde, der sich als sein Vater ausgibt, es aber nicht ist.

„Ich will meinen Papa, meinen echten Papa! Können Sie ihn finden?“ (S. 125)

Während Karl und Magda sich auf die Spuren von Tomáš Čierny, eines möglichen Spions, heften, zeiht Walter Blohm, Magdas geschäftstüchtiger Ehemann, seine eigenen Fäden. Blohm gerät ebenfalls unter Verdacht, mit dem Kommunisten zu liebäugeln, war er doch gemeinsam mit einigen von ihnen im KZ.

Noch bevor die einzelnen Puzzleteile richtig sortiert werden können, explodiert auf einem Münchener Postamt eine Paketbombe und tötet Čierny.

Meine Meinung:

Dieser zweite Teil der Karl-Wieners-Trilogie ist kein gewöhnlicher Krimi mit „Tat-Täter-Aufklärung“, sondern eher eine Milieustudie der damaligen Zeit. Deutlich ist die Angst der Menschen vor dem Kommunismus spürbar. Zahlreiche Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei verunsichern die Deutschen. Ist jeder ein Spion? Noch gibt es keinen Geheimdienst, aber die „Organisation Gehlen“ ist auf dem besten Weg, einer zu werden.

Die Handlungsstränge rund um die die Personen, Karl, Ludwig und Magda, verdichten sich immer mehr, und alles deutet auf Walter Blohm hin, der einige (Geschäfts)Geheimnisse mit nahezu jedem Mittel zu verteidigen weiß. Gleichzeitig scheint auch er, von seiner Vergangenheit eingeholt zu werden.

„Je weniger du weißt, desto besser für dich. … Wenn ich falle, sollst du nicht mit mir fallen. … Ihr dürft niemals Teil von dem sein, was mich angreifbar macht.“ (S. 57)

Gut integriert sind die verschiedenen Schicksale der Menschen. Ludwig, dessen Frau im Krieg gestorben ist, trauert nach wie vor um Anna. Er ist alleinerziehender Vater zweier Söhne und kann sich, aufgrund des eklatanten Männermangels, vor kaum vor unverheirateten Frauen retten.

Karls Familie ist ebenfalls im Krieg umgekommen. Seine innige Beziehung zu Nichte Magda erweist sich als ziemlich ungesund.

Ein gutes Beispiel, wie Menschen durch den Krieg aus der Bahn geworfen werden, ist Rudi. Rudis Vater ist ein Spätheimkehrer, an den er sich kaum erinnern kann. Deshalb hat er sich ein eigenes Bild seines Vaters erschaffen, dem der wirkliche Mann nicht entspricht. Rudis toter Bruder war Teil einer Jugendbande, die in den Hungerjahren die Familie ernährt hat. Nach seiner Rückkehr beansprucht der Vater die Rolle des Familienoberhauptes, was natürlich für Konflikt sorgt.

Eine schillernde Figur ist auch Agota, die Assistentin von Tomáš Čierny, die Blohm seiner Frau als Freundin andient. Agota hat auch so ihre Geheimnisse. Einem bin ich ziemlich gleich auf die Spur gekommen.

Fazit:

Ein komplexer Krimi der Nachkriegszeit, der an Spionagethriller erinnert. Gerne gebe ich hier 4 Sterne. Bin schon gespannt, wie die Trilogie enden wird.