Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.03.2021

Eine Hommage an einen großen Künstler

Ein Lied in allen Dingen – Joseph Schmidt
0

Stefan Sprang hat mit diesem Buch einem beinahe Vergessenen ein Denkmal gesetzt: Joseph Schmidt, Beruf: Tenor.

Joseph Schmidt hat ein typisches jüdisches Schicksal erlitten. Geboren am 04.03.1904 in Dawideny, ...

Stefan Sprang hat mit diesem Buch einem beinahe Vergessenen ein Denkmal gesetzt: Joseph Schmidt, Beruf: Tenor.

Joseph Schmidt hat ein typisches jüdisches Schicksal erlitten. Geboren am 04.03.1904 in Dawideny, in der Bukowina, die damals Teil der Donaumonarchie war. Der Sohn jüdischer Eltern lässt sich in Berlin zum lyrischen Tenor ausbilden. Aufgrund seiner geringen Körpergröße (er ist nur 1,54m groß), bleibt ihm die große Opernkarriere verwehrt. Allerdings profitiert er vom boomenden Rundfunk und nimmt mehrere Platten auf. Joseph Schmidt hat weltweit Erfolg und zahlreiche Liebschaften.

Wie viele andere Juden unterschätzt er die Gefahr durch den NS-Staates. Anstatt Europa den Rücken zu kehren und in Amerika zu blieben, reist er wieder nach Deutschland. Dann beginnt seine Flucht über Österreich, Belgien nach Frankreich und von dort illegal in die Schweiz, wo er 1942 in einem Internierungslager stirbt.

Meine Meinung:

Die Lebensgeschichte ist gut und atmosphärisch erzählt. Manchmal lässt der Autor seinen tragischen Helden in seinen Erinnerungen ein wenig durch Zeit und Raum springen.

Sehr eindrucksvoll, fast schon poetisch, obwohl die Wirklichkeit im Schtetl alles andere als rosig ist, schildert Stefan Sprang das Leben der jüdischen Bevölkerung in Dawideny. Sehr interessant ist die enge Bindung Joseph Schmidts
zu seiner Mutter „Mamitschka“, um die er sich bis zuletzt sorgt.

Seine größten Erfolge sind bis heute unvergessen: "Ein Lied geht um die Welt", "Heut´ ist der schönste Tag in meinem Leben" oder "Ein Stern fällt vom Himmel".

Fazit:

Eine Hommage an einen fast vergessenen Künstler, der wie so viele Juden, ein Opfer des NS-Regimes wurde. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 15.03.2021

Hat mir gut gefallen

Idole sind weiblich
0

Autorin und Journalistin Christine Dobretsberger hat 18 erfolgreiche Frauen aus Österreich interviewt und sie nach ihren weiblichen Vorbildern befragt. Diese achtzehn Frauen sind:

Helga Rabl-Stadler
Brigitte ...

Autorin und Journalistin Christine Dobretsberger hat 18 erfolgreiche Frauen aus Österreich interviewt und sie nach ihren weiblichen Vorbildern befragt. Diese achtzehn Frauen sind:

Helga Rabl-Stadler
Brigitte Bierlein
Emmy Werner
Elisabeth Gürtler-Mauthner
Uschi Pöttler-Fellner
Renate Holm
Erika Pluhar
Gerda Rogers
Petra Kronberger
Andrea Jonasson
Christina Schwarz
Lisl Wagner-Bacher
Maria Rauch-Kallat
Helene Klaar
Lou Lorenz-Dittlbacher
Heide Schmidt
Dagmar Schratter
Helga Kromp-Kolb

Viele dieser engagierten und innovativen Frauen Österreichs nennen ihre Mutter oder Großmutter als Vorbild, weil die in der schwierigen Zeit während des Zweiten Weltkrieges bzw. in der Zeit danach, die Familie zusammen gehalten haben.

Einigen dieser bemerkenswerten Frauen wie Dagmar Schratter, Helga Kromp-Kolb, Brigitte Bierlein, Maria Rauch-Kallat, Heide Schmidt, Erika Pluhar oder Helene Klaar bin ich auf diversen Veranstaltungen schon begegnet. Jede für sich ist eine starke Persönlichkeit und ich wünsche, dass es mehr davon gäbe.

Die 18 Porträts sind einfühlsam und einprägsam gestaltet. Daneben gibt es noch eine Auflistung zahlreicher Ehrungen, einen kurzen Blick auf die Lebensstationen und - was mit besonders gefällt - sechs Fragen, die jeder Frau gestellt werden:

Ich werde schwach bei ...
Ich tanke Kraft ...
Ich habe Angst ....
Ich werde ärgerlich bei ...
Ich glaube fest daran, dass
Ich würde mir wünschen, dass...



Fazit:

Gerne gebe ich diesen achtzehn Kurzporträts 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.03.2021

Provokant

Female Choice
0

„FEMALE CHOICE ist ein Fachterminus aus der Biologie, der die Fortpflanzungsstrategie der allermeisten Lebewesen beschreibt.“

Nach einer längeren Einleitung stellt uns die Biologin in fünf großen Kapiteln, ...

„FEMALE CHOICE ist ein Fachterminus aus der Biologie, der die Fortpflanzungsstrategie der allermeisten Lebewesen beschreibt.“

Nach einer längeren Einleitung stellt uns die Biologin in fünf großen Kapiteln, die noch weiter unterteilt sind, ihre gewagten Thesen vor.

Meike Stoverock hat ein aufwühlendes Buch geschrieben. Es ist radikal und provoziert Männer wie Frauen. Damit geht sie augenzwinkernd („Ich ahne Ihr Augenrollen“ S. 13) und vorausschauend um und entkräftet Gegenargumente, die beim Lesen aufsteigen können.

Manches wirkt extrem und man muss nicht mit allem einverstanden sein, was sie schreibt. Die Empörung über ihr Bild von Männern und Frauen wird ebenso groß sein, wie über ihre Ablehnung der Ehe und das Nachdenken über alternative Beziehungsmodelle. Die Kritik an den diversen Religionen kann man gut nachvollziehen, da die Macht in den Glaubensfragen seit Jahrhunderten in den Händen der Männer liegt.

Doch genau in der Provokation liegt der Reiz, ihr Buch zu lesen. Es lässt sich trefflich über das Verhältnis von Männern und Frauen nachdenken und auch streiten. Damit wäre eine Strategie für das Zusammenleben wieder offen: miteinander reden, um die unterschiedlichen Sichtweisen anzugleichen.

Ein Gedanke macht besonders nachdenklich: Die Beobachtung, dass die sogenannten Incels, jene unfreiwillig zölibatär lebenden Männer, die keine (Ehe)Partnerinnen finden, in Zukunft gefährlich werden könnten. Angesichts der jahrelang propagierten Ein-Kind-Ehe in China, wo Millionen von weiblichen Föten abgetrieben worden sind, weil nur Knaben den Status der Eltern heben, und ein daher ein eklatanter Männerüberschuss = Frauenmangel herrscht, könnte es hier zu einer Änderung der Gesellschaft kommen. Eine Frau lebt mit mehreren Männern zusammen?

Eine Alternative wäre ein Krieg um die „Ressource“ Frau - auch keine schöne Vision, aber auch schon mindestens einmal dagewesen („Der Raub der Sabinerinnen“).

Fazit:

Man muss weder die Autorin noch das Buch mögen. Der eine oder andere absichtlich provokant ausgesprochene Gedanke lohnt allerdings ein Nachdenken. Für mich halten sich verstörende und interessante Statements die Waage. Restlos überzeugt hat mich das Buch nicht, daher bekommt es 3 Sterne.

Veröffentlicht am 15.03.2021

Fesselnde Fortsetzung

Abels Auferstehung
0

"Man sieht nur, was man weiß." Dieser Aphorismus von Johann Wolfgang von Goethe begleitet uns und Paul Stainer durch das Buch.

Der zweite Fall beginnt mit folgendem Prolog:
„...Nichts konnte sein Fallen ...

"Man sieht nur, was man weiß." Dieser Aphorismus von Johann Wolfgang von Goethe begleitet uns und Paul Stainer durch das Buch.

Der zweite Fall beginnt mit folgendem Prolog:
„...Nichts konnte sein Fallen mehr aufhalten, und er würde unweigerlich dort unten ins schäumende Brodeln eintauchen und versinken. Diese Einsicht löschte die Flamme der Panik aus, und von einem Augenblick auf den anderen erfüllte ihn eine überirdische Ruhe...“

Den Inhaber dieser Gedanken fischt man wenig später tot aus dem Rhein. Die Leipziger Journalistin Marlene Wagner sucht nach ihrem vermissten Bruder. Als sie von diesem Toten erfährt, der ein Zigarettenetui aus Leipzig bei sich hat, eilt sie nach Basel. Der unbekannte Soldat ist nicht ihr Bruder. Dennoch nimmt sie sich vor, dessen Identität zu lüften und ihm ein Denkmal zu setzen. Dass es ausgerechnet das Zigarettenetui ist, das ihr eigenes Leben in Gefahr bringt, weiß sie noch nicht.

Währenddessen schlägt sich Paul Stainer - im wahrsten Sinne des Wortes - mit den schlagenden Studentenverbindungen von Leipzig herum. Denn der jüdische Maler Fritz Sternberg, der erst kürzlich an einer Mensur teilgenommen hat, ist in seinem Hotelzimmer ermordet aufgefunden worden. Es ist übrigens jene Mensur, über die Marlene in der linken Zeitung berichtet hat und deren Artikel im konservativen und nationalen Lager hohe Wellen schlägt.

Meine Meinung:

Der zweite Teil „Abels Auferstehung“ schließt zeitlich unmittelbar an „der rote Judas“ an. Paul Stainer, Kriminalbeamter und Kriegsheimkehrer, ist nach wie vor traumatisiert. Doch nicht nur seine Erlebnisse im Großen Krieg, wie der Erste Weltkrieg damals genannt wurde, sondern auch der Doppelmord an seiner Frau Edith und deren Geliebten, machen ihm zu schaffen. Denn Stainer weiß, dass er eigentlich an der Seite seiner Frau sterben hätte sollen.

Thomas Ziebula ist es wieder bestens gelungen die aufgeheizte Stimmung in Deutschland um 1920 dazustellen. Die Linken agitieren gegen die Konservativen und man übersieht dabei, dass es ein drittes Lager gibt, das händereibend und zündelnd auf seinen großen Auftritt wartet.

Noch immer sind nicht alle deutschen Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause gekommen. Und die, die es geschafft haben wie Paul Stainer sind an Körper und Seele verwundet. Manche machen einfach dort weiter, wo der Befehl der Generäle aufgehört hat:

„...Ich schreibe es nicht gern, doch das Töten fällt mir von Mal zu Mal leichter. Eine verstörende Erfahrung – doch habe ich sie nicht schon im Krieg gemacht?...“

Andere wie Paul Stainer entwickeln einen überlebenswichtigen Sarkasmus:
„...“Deine Frisur gefällt mir, Paul. Wer hat dir die Haare gefärbt?“ „Zwei Herren, die man mir gegen meinen Willen vorgestellt hat – der Krieg und der Tod.“

Die Männer müssen sich in der neuen Ordnung erst orientieren und fordern ihre alten Rechte wieder. Die Frauen, die zwischen 1914 und 1918 die eingerückten Männer in allen möglichen Belangen ersetzt haben, werden nun gekündigt und an den Herd zurückgedrängt. Ohne, dass sich auch nur irgendjemand über sie Gedanken machen würde. Wie die Kriegerwitwe Fine, die seit Jahren Straßenbahn fährt und die Arbeit zum Überleben für sich und ihre Kinder braucht.

Der Autor hat penibel recherchiert und lässt dadurch diese Zeit lebendig erstehen. Sehr gut gelungen sind die Dialoge, die jeweils in der passenden Sprache, auch mit Dialektpassagen, erstellt sind. Der stetig steigende Antisemitismus macht auch vor den Polizisten nicht Halt.

Die Figuren sind lebendig und facettenreich dargestellt. Sie haben alle so ihre Ecken und Kanten. Siggi Junghans steht Stainer loyal zur Seite und darf sich in Fines Tochter Mona verlieben. Auch, die neuerdings wieder aufgetauchte Krankenakte Stainers, sorgt wieder für Bauchweh, denn eigentlich werden Kriegsneurotiker bei der Polizei nicht geduldet. Das und die verabscheuungswürdige Vorliebe des Dr. Kasimirs für kleine Mädchen bieten genug Stoff für einen dritten und vielleicht auch vierten Band.

Das Buch ist wie sein Vorgänger gediegen als Hardcover mit Lesebändchen erschienen. Als Vorsatzblatt ist ein Stadtplan von Leipzig abgedruckt.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, die den Vergleich mit ähnlichen Reihen wie die beiden Wiener Serien rund um Inspektor Emmerich (Alex Beer) oder Inspektor Bronstein (Andreas Pittler) oder die Berliner Reihe um Gereon Rath (Volker Kutscher) nicht zu scheuen braucht. Gerne gebe ich hier 5 Sterne (mehr geht ja leider nicht) und warte mit Ungeduld auf den näc

Veröffentlicht am 13.03.2021

Neustart für Maddalena Degrassi

Grado in Flammen
0

Vor eineinhalb Jahren stirbt Maddalena Degrassis Verlobter Franjo bei einer Schießerei als Unbeteiligter. Die Commissaria ist untröstlich und dienstunfähig. Erst der aufrüttelnde Besuch der Freundin eines ...

Vor eineinhalb Jahren stirbt Maddalena Degrassis Verlobter Franjo bei einer Schießerei als Unbeteiligter. Die Commissaria ist untröstlich und dienstunfähig. Erst der aufrüttelnde Besuch der Freundin eines Kollegen lässt sie langsam aus ihrem Kokon der Trauer auftauchen.

Da kommt dann die Serie von Bränden in Grado gerade recht, denn was zuvor nur Sachschäden verursacht hat, endet nun mit einem toten Österreicher. Comandante Scaramuzza, Degrassis Vorgesetzter und Ehemann ihrer Mutter, holt sie aus der selbst gewählten Einsamkeit zurück, um das Team zu unterstützen.

Meine Meinung:

Dieser 5. Band der Reihe rund um Commissaria Maddalena Degrassi ist weniger ein Krimi als ein Studie über ihre Trauer, ihr Seelenleben nach dem Tod von Franjo. Andrea Nagele, im Brotberuf Psychotherapeutin, kann hier ihr ganzes Wissen und ihre Erfahrung zum Thema Schuldgefühle und Trauerbewältigung ausspielen. Wir Leser können mit Maddalena mitleiden und erfahren, wie man aus diesem tiefen Tal der Trauer wieder herausfinden kann.
Die Charaktere sind wieder komplex angelegt. Über den Comandante Scaramuzza muss ich mich regelmäßig aufregen. Er ist verbal dermaßen übergriffig, dass ich ihn am liebsten von der Terrasse seines Penthouses stoßen möchte. Doch es scheint, als könnte sich Maddalena doch gegen ihn wehren.

Am Ende des Krimis sind ein paar Rezepte angegeben, die ich gerne nachkochen werde.

Fazit:

Mehr Psychogramm als Krimi, daher diesmal nur 4 Sterne.