Eine unbedingte Leseempfehlung
Ich bleibe hierDieser Roman behandelt gleich mehrere schwierige Kapitel in der neueren Geschichte Südtirols: Die Verdrängung der deutschen Sprache durch die Faschisten Mussolinis, die Option nach Nazi-Deutschland auszuwandern ...
Dieser Roman behandelt gleich mehrere schwierige Kapitel in der neueren Geschichte Südtirols: Die Verdrängung der deutschen Sprache durch die Faschisten Mussolinis, die Option nach Nazi-Deutschland auszuwandern sowie die Zwangsräumung mehrerer Orte zu Gunsten des riesigen Stausees, dem Reschensee. Vielen von uns Lesern ist das beeindruckende Foto des aus dem Reschensee ragenden Kirchtums von Alt-Graun ein Begriff.
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht der jungen Trina, die in der Zeit nach dem Großen Krieg, wie man den Ersten Weltkrieg damals nannte, Lehrerin in der kleinen Südtiroler Gemeinde Graun wird. Doch mit der Machtergreifung von Mussolini und seinen Faschisten, wird die deutsche Sprache verboten, die deutschen Namen und Bezeichnungen durch italienische ersetzt. Als immer mehr regimetreue Italiener aus allen Teilen Italiens im deutschsprachigen Südtirol angesiedelt werden, unterrichtet Trina in den sogenannten Katakombenschulen heimlich deutsch. Doch als ihre Freundin erwischt und deportiert wird, hält sie sich bedeckt.
Trina ist inzwischen mit Erich verheiratet, und Mutter eines Sohnes und einer Tochter Marcia.
Dann kommt das verlockend Angebot Nazi-Deutschlands, alle „Deutschen heim ins Reich zu holen“. Diese Option teilt das Dorf Graun in zwei Welten: die Dableiber und die Optanten, die in Deutschland das versprochene „Land, in dem Milch und Honig fließt, sehen.
Erich und Trina bleiben und werden wenig später zu Flüchtlingen, da Erich desertiert ist. Der Sohn ist ein begeisterter Anhänger Hitlers und Marcia, verschwindet ohne ein Wort des Abschieds mit ihrer Tante und dem Onkel nach Innsbruck.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kehren einige der Optanten enttäuscht zurück. Nichts ist mehr so, wie zuvor. Die einzige Konstante ist die Bedrohung Grauns durch den Bau den Reschenstaudamms, der seit Jahrzehnten wie das Damolkesschwert über dem Tal schwebt.
Trina und einige ander Dorfbewohner leisten sowohl passiven als auch aktiven Widerstand gegen das Bauvorhaben. Doch alles vergebens. Der Staudamm wird im Namen des Fortschritts gebaut und die Orte Graun sowie Reschen den Fluten preisgegeben. Mahnendes Denkmal bleibt der Kirchturm von Graun, der aus dem Wasser ragt.
Meine Meinung:
Das Buch ist in drei große Kapitel geteilt.
„Die Jahre“
„Auf der Flucht“
„Das Wasser“
Durch die schnörkellose Sprache in der Autor Marco Balzano seine Trina erzählen lässt, ist der Leser mitten drinnen im Geschehen und kann die leidvolle Geschichte der Vinschgauer miterleben, die mehrmals alles verloren haben. Die Sprache, die Identität, ihr Einkommen und letzten Endes ihre Häuser und die Heimat. Manchmal hat mich schon die schiere Wut auf die Politik und Politiker gepackt, wie Menschen verachtend und rücksichtslos ihre Interessen durchgesetzt werden.
Inzwischen ist ja ein Miteinander eingekehrt. Es gibt deutsche und italienische Schulen, beide Sprachen sind als Amtssprachen zugelassen. Das ist ein großes Verdienst von Landeshauptmann Silvius Magnago (1914-2010), der nahezu 30 Jahre diesen Posten bekleidet hat und als Vater der Südtirol-Autonomie bezeichnet werden darf.
Fazit:
Ein berührendes und beeindruckendes Buch, das unbedingt gelesen werden sollte. Gerne gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.