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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.04.2020

Eine unbedingte Leseempfehlung

Die Welt der Stoffe
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Kassia St. Clair widmet sich in diesem Buch einem der ältesten Gewerbe der Menschheit: Dem Herstellen von Stoffen.
Sie spannt den Bogen von der urzeitlichen Bevölkerung in deren Höhlen bis hin zum Hightech-Gewebes ...

Kassia St. Clair widmet sich in diesem Buch einem der ältesten Gewerbe der Menschheit: Dem Herstellen von Stoffen.
Sie spannt den Bogen von der urzeitlichen Bevölkerung in deren Höhlen bis hin zum Hightech-Gewebes von heute, das seinem Träger beinahe schon das Denken abnimmt.

In folgenden 13 Kapiteln geht die Autorin den Pflanzenfasern, den Tieren, die Fäden spinnen und den Menschen, die diese verarbeiten nach:

01 Fasern in der Höhle
02 Leichentücher
03 Geschenke und Pferde
04 Städte durch Seide erbaut
05 Drachenschiffe
06 Lösegeld für einen König
07 Diamanten und Halskrausen
08 Solomons Jacken
09 Extreme Schichten
10 Fabrikarbeiter
11 Under Pressure
12 Schneller, besser, weiter
13 Das goldene Cape

Dabei verwebt sie mit schönen Worten und penibler Recherche Geschichten und G’schichteln zu einem eindrucksvollen Sachbuch. Obwohl ich schon einiges über das Spinnen oder das Weben weiß, bin ich fasziniert über die Erkenntnisse, die die Autorin hier zusammengetragen hat. Denn, Hand aufs Herz, wer weiß schon, dass die Wikinger ihre Drachenschiffe zum Teil mit Segeln aus Schafwolle bestückt haben? Eben!

Neben archäologischen Funden, Lyrik aus dem antiken China, mittelalterlichen Aufzeichnungen etc. kommen auch Tagebuchaufzeichnungen von Robert Falcon Scott, Mount Everest-Bezwingern oder einer französischen Zwangsarbeiterin, die für ihre Zugehörigkeit zur Resistance in einer der zahlreichen deutschen Fabriken schuften musste, die Chemie-Fasern herstellten.

Die Geschichte der Stoffe ist auch die Geschichte der Frauen, die oft unter denkbar schlechten Bedingungen die Rohstoffe verarbeitet haben oder - siehe Bangladesh - dies auch heute noch tun.

Fazit:

Ein faszinierender Einblick in die Welt des Webens und Wirkens, das ich unbedingt empfehle. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.04.2020

Ein satirischer EInblick in die Kärntner Seel

Ins Astloch gemurmelt
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Was macht ein gebürtiger Steirer in Kärnten?
Er beobachtet die Menschen in seiner Wahlheimat und macht sich manchmal mit feinsinnigen Humor über sie lustig. Die Außensicht, auch wenn nach 18 Jahren Kärnten-Aufenthalt ...

Was macht ein gebürtiger Steirer in Kärnten?
Er beobachtet die Menschen in seiner Wahlheimat und macht sich manchmal mit feinsinnigen Humor über sie lustig. Die Außensicht, auch wenn nach 18 Jahren Kärnten-Aufenthalt schon ein wenig abgenutzt, lässt den Autor sich nach wie vor über so manche Eigenheiten staunen.

Dabei macht er weder vor liebgewonnen Gewohnheiten noch vor Politikern Halt. Einfach genial!

Seine klugen und satirischen Gedanken aht er in sechs Kategorien zusammengefasst, die da sind:

Von Heimat und dem, was davon übrig ist
Von Kunst, Kultur und so Sachen
Von Politik, Gesellschaft und anderen lästigen Dingen
Von Bildung, Religion und anderen Glaubensfragen
Von Menschen und anderen Tieren
Zu guter Letzt

Die Texte werden durch gelungene Zeichnungen von Heinz Ortner unterstützt.

Fazit:

Dieses kleine Buch, das im Klagenfurter Wieser-Verlag erschienen ist, hat mich mit seinen pointierten Texten bestens unterhalten. Gern gebe ich hier 5 Sterne - auch als Geschenk eine gute Wahl.

Veröffentlicht am 30.04.2020

Eintauchen in das Wien von 1876

Donaumelodien - Praterblut
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Bastian Zach entführt uns für seinen Krimi in die Metropole der Donaumonarchie um 1876. Allerdings nicht zu reich und schön, sondern eher zu jenen Bewohner Wiens, die nicht auf der Butterseite des Lebens ...

Bastian Zach entführt uns für seinen Krimi in die Metropole der Donaumonarchie um 1876. Allerdings nicht zu reich und schön, sondern eher zu jenen Bewohner Wiens, die nicht auf der Butterseite des Lebens angekommen sind. Die meisten von ihnen halten sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser oder arbeiten in den zahlreichen Ziegelwerken im Süden der Stadt. Und so mancher verdingt sich als Illusionist wie Hieronymus Holstein, der als „Geisterfotograf“ seinen Lebensunterhalt verdient.

Schlimmer, so glaubt Hieronymus Holstein, kann es nicht mehr kommen, als er mit einem mächtigen Brummschädel neben einer weiblichen, über zugerichteten Leiche aufwacht. Er kann aus dem Etablissement entkommen, dennoch kommt es schlimmer: Denn es gibt zwei weitere tote Frauen. Auch diese Morde werden alle dem selben Täter zugeschrieben, von dem es einen Steckbrief gibt, der Holstein schon ein wenig ähnelt.

Weit gefährlicher als die Polizei, sind die beiden, eigentlich miteinander verfeindeten, Praterunternehmer Tschermak und Kupka. Denn zwei der toten Frauen sind ihre Töchter.

Holstein erhält eine Woche Frist, den wahren Täter zu finden. Nicht viel Zeit für die Ermittlungen, wenn man beinahe auf sich alleine gestellt ist, und von der Polizei gesucht wird. Doch glücklicherweise steht der „bucklige Franz“ zur Seite.

Die Suche nach einer Frau, die seine Unschuld beweisen könnte, führt Holstein in eine andere, eine großbürgerliche Welt. Dass auch dort nicht alles Gold ist, was glänzt, findet der sympathische Fotograf recht schnell heraus.

Erst als Hieronymus die Frage, was denn die drei ermordeten Frauen verbindet, lüftet sich der Schleier ein wenig. Jetzt gilt es „nur“ noch, den Mörder zu überführen.


Meine Meinung:

Bastian Zach hat mit diesem historischen Krimi die Welt von 1876 wieder auferstehen lassen. Es ist das Wien drei Jahre nach der Weltausstellung, die nicht allen den erhofften Geldsegen gebracht hat. So mancher Spekulant ist nicht so reich geworden, wie erhofft.

Mit Hieronymus Holstein, dem „Buckligen Franz“ und der resoluten Anezka Svoboda hat der Autor liebenswerte Charaktere geschaffen.
Jede dieser Figuren hat ein Schicksalpäckchen zu tragen, wobei Franz, durch sein körperliches Gebrechen wohl am meisten zu leiden hat. Natürlich ist auch Hieronymus‘ Liebeskummer nicht zu unterschätzen und der Cliffhanger am Ende, des überraschenden Finales, lässt auf einen zweiten Band hoffen.

Interessant ist über die Polizeiarbeit der damaligen Zeit zu lesen. Da wurden Verdächtige schon mittels Ohrfeigen, Knopfnüssen und sonstiger Gewalt zu Geständnissen genötigt. Dass die, in diversen Klubs und Geheimbünden untereinander vernetzte Gesellschaft, glaubt es sich richten zu können, ist auch nichts Neues.

Gut gelungen sind die Streifzüge durch das alte Wien. Die Ringstraße und ihre Prachtbauten sind noch nicht überall fertiggestellt.

Wir begegnen einer echte Wiener Koryphäe: dem Arzt Carl von Rokitanksy, der hier als Pathologen auftritt. Weiters erhalten wir Einlass in das Palais Rasumofsky im dritten Bezirk, um an einer Festlichkeit teilzunehmen und am Schottenring Nr. 11, dort wo heute das Hotel Plaza steht, erhob sich damals die Polizeidirektion. Alles sehr gut recherchiert. Ein klitze-kleiner Fehler ist Autor dennoch unterlaufen: Die beschriebene Augartenbrücke heißt erst seit 1929 so. Zur Zeit, in der der „Mädel-Hacker“, wie der Mörder von den Zeitungen genannt wird, sein Unwesen getrieben hat, heißt die Brücke „Maria Theresien-Brücke“, ist sie doch die Verlängerung der gleichnamigen Straße.

Das Cover passt auch perfekt zu Titel und Zeit. Man sieht das Riesenrad mit all seinen Wagons. Nach dem Brand im Zweiten Weltkriegs hat man ja aus Kostengründen nur jeden zweiten Wagon wiederhergestellt.

Fazit:

Ein gelungener Krimi aus dem Wien um 1876, in der Zeit, in der nicht alles aus Gold war, was glänzte. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 30.04.2020

Tulpen - grandios in Szene gesetzt

Tulpen
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So grandios die verschiedenen Tulpen fotografiert wurden, so enttäuschend ist der Text.
Das Buch bietet gerade einmal ein etwas längeres Vorwort, das allerdings von niemand geringerem als Sir Elton John ...

So grandios die verschiedenen Tulpen fotografiert wurden, so enttäuschend ist der Text.
Das Buch bietet gerade einmal ein etwas längeres Vorwort, das allerdings von niemand geringerem als Sir Elton John stammt, sonst sind lediglich ein paar (17!) Gedankensplitter verstreut. Das Vorwort ist immerhin zweisprachig (deutsch/englisch), die meist nur vierzeiligen Gedanken nur auf englisch.

Die Fotografien sind künstlerisch hochwertig und wirken manchmal wie ein Gemälde. Ich hätte gute Lust, das Buch zu zerschneiden und das ein oder andere Bild gerahmt an die Wand zu hängen. Doch dafür ist es zu schade und teuer.

„Fragile, pink tulips
bow in reverence,
to face the evening sun“


„Zarte rosa Tulpen
verneigen sich in Ehrfurcht
Richtung Abendsonne“

So werden pinkfarbene Tulpen, die in eine Richtng drapiert, fotografiert wurden, beschrieben (S.8).

Fazit:

Ein wahrer Augenschmaus für Tulpenliebhaber, aber bei sowenig Text, kann ich nicht mehr als 4 Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 26.04.2020

EIn opulenter hist. Roman

Die Gärten der Frauen
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Autor Peter Prange nimmt uns mit in das Osmanische Reich, das man am Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts den „Kranken Mann am Bosporus“ nennt. Das Reich ist, ähnlich wie die Donaumonarchie, ein Vielvölkerstaat, ...

Autor Peter Prange nimmt uns mit in das Osmanische Reich, das man am Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts den „Kranken Mann am Bosporus“ nennt. Das Reich ist, ähnlich wie die Donaumonarchie, ein Vielvölkerstaat, in dem seit langem brodelt.

Fat(i)ma und Eliza leben in einem kleinen Dorf und sind Freundinnen, obwohl die eine Muslima und die andere eine christliche Armenierin ist. Ihr heimliches Treffen rettet den Mädchen das Leben, als kurdische Reiter das Dorf niederbrennen und die Menschen ermorden.

Einige Jahre später finden sie sich im Harem des Sultans wieder. Fatima ist zu einer schönen jungen Frau herangereift, deren erklärtes Ziel ist, dem Sultan zu gefallen. Dafür setzt sie allerlei Listen ein. Eliza hat außer ihrem blonden Haar und einer außerordentlichen Stimme wenig Anziehendes zu bieten und fristet ein wenig beachtetes Leben als Arbeitssklavin im Serail. Das ändert sich, als sie durch einen Aufschrei ein Attentat auf den Sultan verhindert. Sie steigt zur Vorleserin auf, während Fatima dem Sultan einen Sohn schenkt. Womit beide nicht rechnen, sind die Intrigen der Sultansmutter und seiner anderen Konkubinen.
Die Situation eskaliert, als die Türkei an der Seite von Deutschland in den Ersten Weltkrieg eintritt und in Folge der Niederlage, der Sultan abgesetzt wird. Für die beiden Frauen ändert sich das Leben radikal ...

Meine Meinung:

Wie ich es von Peter Prange gewohnt bin, ist dieser historische Roman penibel recherchiert. Er nimmt sich verschiedener Themen an: Das durchaus privilegierte Leben im Palast des Sultans, auch wenn es mit der Einschränkung der persönlichen Freiheit einhergeht, den politischen Intrigen ebenda, dem Völkermord an den Armeniern, der bis heute nicht von allen als Genozid anerkannt wird und dem Bündnis mit Deutschland im Ersten Weltkrieg.

Sprachlich ist das Buch ein wahrer Genuss. Wir folgen dem Autor in ein Märchen von 1000 und einer Nacht mit allen Intrigen und Befindlichkeiten der dort isolierten Personen. Wir erleben zahlreiche Gräueltaten von der Kastration junger Knaben bis hin zur Rebellion gegen den Sultan. Das Leben im Harem sowie die Unterdrückung von Eunuchen und Frauen ist überzeugend dargestellt.

Das Buch ist fesselnd geschrieben, auch wenn so manche Idee oder Handlungsstrang ein bisschen offen bleibt. Die Szenen mit der Flötenmelodie, die Eliza in der Menagerie des Sultans immer wieder hört. Sie ist für mich ein wenig das Symbol für die Freiheit. Der Flötenspieler verschwindet als Eliza des Palastes verwiesen wird. Immer wieder gelingt es Eliza nur durch pure Zufälle drohenden Übergriffen zu entkommen. Dass sie der Deportation und der Ermordung entkommt, wird für mein Empfinden ein wenig zu stark ausgewalzt und wirkt unglaubwürdig.

Tja, die Rolle die Fatima gemeinsam mit ihrem Mann Taifun spielt, ist von Hass und Rache geleitet. Fatima denkt keine Sekunde nach, ob die Geschichten, die ihr über Eliza erzählt werden stimmen oder nicht. Sie schließt sich dem allgemeinen Vorurteil und dem Hass auf die armenische Volksgruppe an.

Die Charaktere sind Gestalten voller Widersprüche, Zerrissenheit, Begierden und Schwäche.

Gegen Ende des Buches zu habe ich den Eindruck, dass hier auf Betreiben des Verlages (?) gekürzt worden ist. Die Handlung scheint nicht mehr ganz konkludent zu sein.


Fazit:

Für diesen opulenten historischen Roman gebe ich gerne 4 Sterne.