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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.08.2019

Eine literarische Abrechnung mit den Kleingeistern

Hippocampus
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Helene Schulze ist tot. Helene Wer? Helene Schulze, jene in Vergessenheit geratene feministische Autorin, die mit ihren Werken viele Menschen vor den Kopf gestoßen hat und ihre Karriere zu Gunsten der ...

Helene Schulze ist tot. Helene Wer? Helene Schulze, jene in Vergessenheit geratene feministische Autorin, die mit ihren Werken viele Menschen vor den Kopf gestoßen hat und ihre Karriere zu Gunsten der Familie geopfert hat. Nun, posthum wird sie als Kandidatin für den Deutschen Buchpreis gehandelt. Dafür soll ihre Freundin Elvira Katzenschlager den Nachlass sortieren und ein Interview geben. Doch das gerät zu einer Farce, in der es weder um das Werk selbst noch um die verstorbene Künstlerin, sondern um das Absatz fördernde Marketing geht. Ob der Leichenfledderei wütend, bricht Elvira das Interview ab und besinnt sich auf ihre Vergangenheit, als feministische Provokateurin.

Gemeinsam mit dem viel jüngeren Kameramann Adrian begibt sie sich im Campingbus auf eine Reise durch Helenes Leben. Schritt für Schritt will Elvira die Biografie Helenes an markanten Punkten zurecht und ins Licht rücken. Was anfangs originell wirkt, artet langsam in kriminelle Sachbeschädigung aus. So werden zu Beginn der „Mission“ Statuen von Helden und Heiligen verkleidet. Wenige Wochen später werden Preisverleihungen durch Elviras Auftritt gestört. Alles fein säuberlich durch Fotos bzw. Videoaufnahmen dokumentiert. Obwohl Elvira eine Signatur hinterlässt, nämlich die Zeichnung eines „Hippocampus“, des Seepferdchens, jener Tierart, bei der die Männchen die Brutpflege übernehmen, sehen weder Polizei noch Medien, die Zusammenhänge.

Meine Meinung:

Dieser Roman ist nicht einfach zu lesen. Man muss sich zur Gänze auf die sprachlich anspruchsvolle Geschichte einlassen.

Schonungslos zeigt die Autorin die bigotte Welt u.a. in der Literaturbranche auf. Sie weist eindringlich darauf hin, dass feministisches Engagement nach wie vor dringend notwendig ist.

So sind nach einer Ende 2015 präsentierten Erhebung für einen Genderatlas zufolge nur 356 von 4269 nach Personen benannten Wiener Verkehrsflächen nach Frauen benannt (Stand 2015). In Neubaugebieten, wie in der Seestadt Aspern werden nun ganze Viertel nach Frauen benannt.
Oder: Das Thema „Frauenpolitik“ war der Regierung Kurz/Strache gerade einmal zwei Seiten, des ohnehin dünnen Regierungsprogrammes wert. Vieles, was heute lebenden Frauen und Mädchen als selbstverständlich erscheint, musste in den 1970er Jahren mühsam und hart erkämpft werden. Doch einiges davon ist in Gefahr, wieder zu Gunsten eines (erz)konservativen Weltbildes, in der Versenkung zu verschwinden.

Nach wie vor herrschen leider Bigotterie und Sexismus vor, gegen die Klemm ihre Protagonisten quasi Sturm laufen lässt.

Gertraud Klemm legt mit diesem Roman den Finger dorthin, wo es weh tut. Sie zeigt auf, wie schief die Optik bezüglich Wahrnehmung und Sichtbarkeit von Frauen tatsächlich ist. Als Beispiel dient ihr die Literaturszene.


Fazit:

Kein einfacher, aber notwendiger Roman, bei dem Gertraud Klemm ihren Finger dorthin legt, wo es weht tut. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 09.08.2019

Macht Lust auf Astronomie

Flirten mit den Sternen
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Mit diesem, seinem neuesten Buch lädt Autor und Physiker Werner Gruber alle jene Menschen ein, einmal gegen den Himmel zu schauen und zu staunen, die sich üblicherweise nicht für Astronomie begeistern ...

Mit diesem, seinem neuesten Buch lädt Autor und Physiker Werner Gruber alle jene Menschen ein, einmal gegen den Himmel zu schauen und zu staunen, die sich üblicherweise nicht für Astronomie begeistern können.

In seiner gewohnt launigen Art erklärt er, was Rote Riesen, Schwarze Löcher, Weiße oder Rote Zwerge oder Blaue Riesen sind. Man muss nicht zwingend die Hertzsprung-Russell-Tabelle intus haben. Keine Angst, Gruber erklärt anschaulich. Es gelingt ihm, schwierige Themen einfach darzustellen, ohne die Nichtphysiker zu überfordern. Seine eigene Neugier, sein eigenes Staunen über das Universum und die Leidenschaft, mit der er darüber spricht, springt auf den Leser über.

Auf 208 Seiten und in acht Kapiteln stellt er das Universum in seiner ganzen kosmischen Herrlichkeit vor. Astronomen werden vielleicht nichts Neues erfahren, aber für die ist das Buch ja nicht vordringlich geschrieben. Die kennen ja den Unterschied zwischen Sternwarte und Planetarium.

Ich habe das Glück gehabt, Werner Gruber bei einer Fachtagung als Festredner kennenzulernen. Selbst die versagende Technik konnte ihn nicht aus der Ruhe bringen. Beim anschließenden oberösterreichischen Knödelbuffet durfte ich mit ihm über „Gott und die Welt“ diskutieren.

„Flirten mit den Sternen“ - das ist das vorsichtige Herantasten, ob eine Liebesbeziehung mit der Astronomie Bestand haben könnte.

In diesem Sinne, seien alle jene, die gerne in die Sterne schauen wollen, mit einem „Clear Sky“ herzlich willkommen geheißen.

Veröffentlicht am 05.08.2019

Wen die Vergangenheit einholt ...

Whisky für den Mörder
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„Whisky für den Mörder ist der zweite Band rund um die interationale Fotojournalistin Abigail Logan.
Abi kehrt nach einem anstrengenden Auftrag wieder in die Highlands zurück, um sich ein wenig zu entspannen ...

„Whisky für den Mörder ist der zweite Band rund um die interationale Fotojournalistin Abigail Logan.
Abi kehrt nach einem anstrengenden Auftrag wieder in die Highlands zurück, um sich ein wenig zu entspannen und in der geerbten Whiskybrennerei nach dem Rechten zu sehen. Nicht, dass das wirklich von Nöten wäre, denn Geschäftspartner Grant führt die Brennerei perfekt. Mit der Ruhe ist es bald vorbei! Einerseits findet Abis Hund Liam auf einer Baustelle im Dorf mehrere menschliche Knochen und andererseits muss sie Grant davon überzeugen, dass er einer Gruppe Japaner die Destille zeigen soll, um den Absatz ein wenig anzukurbeln. Zusätzlich Unruhe bringt Rory, der Frontsänger der „Rebels“, jener Rockband für die Abigal in ihrer Jugend geschwärmt hat.
Es scheint, als hätte es jemand auf die Bandmitglieder abgesehen, denn einer ist tot, einer liegt im Koma und Rory hat Angst der nächste zu sein.
Immerhin, mit dem Knochenfund auf der Baustelle muss sich Abi nicht weiter beschäftigen. Hier sind die Archäologen gefordert - das Skelett ist rund 200 Jahre alt.
Die Recherchen für Rory halten sie ohnehin auf Trab. Ach ja, und neue Haustiere hat sie sich auch noch zugelegt: Schafe, die sie vor dem Abdecker gerettet hat und denen sie klingende Namen verpasst hat.
Meine Meinung:

Der Schreibstil ist wieder flüssig und leicht. Der Krimi lässt sich ohne Kenntnis des ersten Bandes lesen. Trotzdem rate ich „Whisky mit Mord“ zu lesen, da die eine oder andere Anspielung dorthin verweist.

Die Charaktere sind recht gut beschrieben.

Gut gefallen hat mir der Sidestep in die Geschichte und die Informationen zu einem Schmugglerring aus dem 19 Jahrhundert. Das gibt der Story ein wenig Pep und passt gut zu dem Knochenfund am Anfang des Buches. Außerdem binden diese Informationen die Dorfbewohner gut in die Geschichte ein.

Abi benützt wieder ihre Informationsquellen wie Patrick oder Hunter. Der redselige (und daher ungewöhnliche) Schotte versorgt Abi wieder mit allerlei Klatsch und Tratsch.
Das Verhältnis zur Polizei im Allgemeinen und zu Ermittler Michaelson im Besonderen, entspannt sich ein wenig.

Abis Gabe, Personen, die sie zum ersten Mal sieht, mit drei Eigenschaftswörtern, die ihr spontan in den Sinn kommen, zu charakterisieren, gerät diesmal beinahe ins Hintertreffen. Das ist schade!

Diesmal kommt der Whisky ein wenig zu kurz, dreht sich doch vieles eher um die Rockband und ihre alternden Mitglieder. Allerdings erhalten wir ein wenig Einblick in die wilden Zeiten von „Sex, Drugs and Rock’n‘Roll“.

Es gibt mehrere Verdächtige, zu denen auch Rory zählt. Einige anfangs viel sprechende Spuren führen in eine Sackgasse. Nach mehreren Wendungen wird der Täter in einem dramatische Showdown überführt und die Verbrechen schlüssig aufgeklärt.

Fazit:

Ein leicht zu lesender Krimi, der mit einem Glas Single Malt in Reichweite auch verregnete Urlaubstage schnell vorübergehen lässt. Diesmal kann ich nur 4 Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 05.08.2019

Hat mich so gar nicht überzeugt

Comisario Benitez und der Mord am Strand
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Dieser Krimi ist der zweite Fall für Comisario Pablo Benitez. Ort der Handlung ist der spanische Urlaubsort Marbella im August. Glühende Hitze lähmt das Leben. Doch leider hat das Verbrechen kein Einsehen ...

Dieser Krimi ist der zweite Fall für Comisario Pablo Benitez. Ort der Handlung ist der spanische Urlaubsort Marbella im August. Glühende Hitze lähmt das Leben. Doch leider hat das Verbrechen kein Einsehen mit den hitzegeplagten Spaniern. Die erste Leiche ist die Deutsche Bigi, die am Strand eine der begehrten Bars betreibt. Doch sie wird nicht die einzige Tote bleiben. Auch ihr eifersüchtiger Freund, der immer wieder gerne seine Nase in weißes Pulver steckt, findet einen gewaltsamen Tod. Immer wieder im Fokus der Ermittler steht Jaime, der Neffe von Comisario Benitez, denn Bigi ist (oder vielmehr war) seine Chefin.

Meine Meinung:

Hm, dieser Krimi lässt mich ein wenig zwiegespalten zurück. Eigentlich müsste der Comisario sofort von diesem Fall abgezogen werden, da seine Familie betroffen ist. Ach ja, die liebe Familie! Die geht mir gehörig auf die Nerven: Die kreischende Schwestern des Comisario, die natürlich an die Unschuld des „armen, aber verdächtigen Burlis“ glauben und den Comisario zu Gesetzesbrüchen anstiften wollen oder auch der Schwager, der dasselbe vorhat. Oder die ständig greinenden alten Eltern. Nein, mit so einer Familie ist der Ermittler echt gestraft. Da könnte man fast Mitleid bekommen. Aber nur fast! Denn wirklich sympathisch ist er mir nicht. Er meckert mehrfach an seiner neuen Kollegin Paula herum, die sich zweckmäßig mit Cargohosen und Sneakern kleidet. Die eine oder andere Bemerkung ist ziemlich machohaft.
Auch die, La Chefa genannte, Vorgesetzte entkommt den Sprüchen nicht. Man spricht recht respektlos von und über sie. Ein unmögliches Verhalten.

Comisario Benitez ist selbst ein nicht ganz einfacher Charakter. Er steht ziemlich unter der Fuchtel seiner schrecklichen Familie, ist daher Single (was mich nicht wirklich wundert). Er jammerst ständig, dass sein Gehalt nicht reicht, geht aber ständig in Gasthäuser essen, obwohl selber kochen billiger wäre. Aber, das ist wahrscheinlich unter der Würde eines spanischen Machos.
Es mag schon sein, dass die Arbeitsplatzsituation in Spanien so prekär ist, wie geschildert. Vom Jammern allein hat sich noch nichts verbessert.

Ganz gut hingegen sind die vielen Versuchungen, das Gesetz, gegen eine entsprechende „Spende“, zu beugen geschildert. Das scheint realistisch zu sein, da der Staat seine Beamten besonders schlecht bezahlt. Dazu passt, dass ausländische Investoren ihr (Schwarz)Geld in spanische Immobilien stecken und den Einheimischen buchstäblich das Wasser abgraben. Hier hätte ich mir noch ein wenig mehr Informationen erhofft. Was mir auch ein bisschen gefehlt hat, ist so das typische Lokalkolorit mit der Beschreibung der Umgebung sowie etwas über die schier unglaubliche ANzahl von Touristen, die Marbella jedes Jahr regelrecht belagert. Da hätte ich gerne mehr erfahren, als dass der Bagger die Orangenbäume ausreißt.

Auffallend sind auch zahlreiche Grammatik- und Satzzeichenfehler. Die trüben den Lesegenuss ebenso wie im Raum stehende unfertige Satzgebilde.

Fazit:

Dieser Krimi hat mich nicht wirklich überzeugt, daher gibt es nur 2 Sterne.

Veröffentlicht am 05.08.2019

Ein gelungenes Krimi-Debüt

Der Tote vom Elbhang
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KHK Svea Kopetzki, ist wegen der Liebe vom Ruhrpott nach Hamburg gezogen. Die Liebe zu Jo hat sich erübrigt, die zur Hansestadt ist geblieben.
In einem ihrer ersten Fälle muss sie sich mit einem seltsamen ...

KHK Svea Kopetzki, ist wegen der Liebe vom Ruhrpott nach Hamburg gezogen. Die Liebe zu Jo hat sich erübrigt, die zur Hansestadt ist geblieben.
In einem ihrer ersten Fälle muss sie sich mit einem seltsamen Knochenfund beschäftigen: Menschliche Knochen, fein gesäubert, ja fast abgeschabt in Felle gewickelt in Garten eines Abbruchhauses in Blankenese verbuddelt. Es gibt einige Ungereimtheiten, die den Eigentümer des Hauses unter Verdacht geraten lassen. Er ist mehr als pleite und das Haus wird zu einem aberwitzigen Preis zwangsversteigert. Ausgerechnet an einen Immobilienhai, der wegen seiner Machenschaften, Mieter aus Häusern hinaus zu ekeln, bekannt ist, erhält den Zuschlag. Hat er das Haus wegen der Knochen zu diesem weit überhöhten Preis gekauft? Oder steckt da noch etwas anderes dahinter?

Meine Meinung:

Das Thema Grundstücksspekulation ist in Hamburg, wie in beinahe jeder Großstadt, bestens bekannt. Daher lassen sich darum recht fesselnde Krimi weben. Die Leser bekommen ein Bild Hamburgs abseits von Hafen-City und Schicki Micki. Selbst in der besseren Gegend zwischen Rissen von Blankenese ist nicht alles so vornehm wie man glauben könnte. Da wohnt so mancher auf Grund fehlender günstiger Wohnung auf dem Campingplatz.

KHK Svea Kopetzki ist so etwas wie die Wanderin zwischen den Wleten: Sie stammt aus einfachen Verhältnissen in Dortmund und hat in die Hamburger High Society eingeheiratet, was allen Anschein nach nicht gut harmoniert hat. Blöderweise ist sie noch auf die Wohnung ihrer Ex-Schwiegermutter angewiesen und kennt die Probleme am Wohnungsmarkt nur allzu genau. Svea wirkt kompetent, hemdsärmelig und sympathisch. Ein wenig anders als Kollege Tamme, der ein Familienmensch ist und vor den Trümmern seiner Ehe steht. Er benimmt sich unbeholfen und nimmt, obwohl mit drei Töchtern überfordert, keine fremde Hilfe an.
Das dritte Mitglied der Ermittlertruppe ist die junge Franziska, „Franzi“ genannt, die einen Hang zu Psychologie hat und damit so manchem Kollegen mit ihren Ratschlägen auf die Nerven fällt.
Die Charaktere sind recht lebensnah beschrieben. So passt das hochtrabende Gehabe, das der Immobilienhai an den Tag legt, perfekt zu seinen unsauberen Geschäften.

Der Schreibstil gefällt mir und es ist klar, dass die Autorin schon einiges veröffentlicht hat, auch wenn dies hier ihr erster Krimi ist. Die Geschichte und die Aufklärung sind in sich schlüssig. Gut gelungen ist, dass die unterschiedlichen Abteilung bei der Polizei ohne die häufig beschriebenen Machtspielchen auskommen. So werden Akten und Ergebnisse zwischen „Mord“ und „Wirtschaftsverbrechen“ ausgetauscht.

Stichwort Austausch von Informationen: Hier habe ich eine kleine Kritik: Das eine oder andere Mal findet Tamme etwas heraus und wenig später weiß es Svea, ohne dass offensichtlich kommuniziert wurde. Möglicherweise tippen die Ermittler alles in ein spezielles Aktentagebuch ein, das von überall online abrufbar ist. Wenn dem so ist, wäre das eine Erwähnung wert. Schließlich arbeitet auch die Polizei mit modernen Kommunikationsmitteln.

Fazit:

Ein gut gelungenes Krimi-Debüt mit sympathischen Ermittlern, von dem ich hoffe, einen weiteren Fall lesen zu dürfen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.