Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.09.2018

Einblick in das Leben von Karl May

Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste
0

„Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste“ ist Phillip Schwenkes erster Roman. Er beleuchtet das Leben von Karl May, der Generationen von Lesern als Schöpfer der Figuren Kara Ben Nemsi, Hadschi Halef Omar ...

„Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste“ ist Phillip Schwenkes erster Roman. Er beleuchtet das Leben von Karl May, der Generationen von Lesern als Schöpfer der Figuren Kara Ben Nemsi, Hadschi Halef Omar sowie Winnetou und Old Shatterhand bekannt ist.

Weniger geläufig ist, dass Karl May alle diese Reisen und Erlebnisse erfunden hat, obwohl er immer wieder behauptet, selbst Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand zu sein. Denn Karl May ist über seine Heimat Sachsen bis 1899 nicht hinausgekommen.

Erst ab 1899, in seinem 57. Lebensjahr, unternimmt Karl May seine erste Auslandsreise. Sie führt ihn in den Orient und wird zur Enttäuschung seines Lebens. Nichts ist so, wie in seiner Fantasie erdacht. Es geht ihm das Geld aus. Zusätzlich sieht er sich einer Verleumdungskampagne ausgesetzt, denn auf der Schiffspassage stellen Mitreisende unangenehme Fragen. Man fühlt ihm, der behauptet 800 (oder nach anderen Angaben 1.200) Sprachen zu sprechen, auf den Zahn. Nicht einmal die einfachsten Floskeln auf Portugiesisch beherrscht er. Der Argwohn der Leute ist geweckt. Eine Hiobsbotschaft folgt der anderen: Seine Werke werden nicht mehr so gerne gekauft, Zeitungsberichte zweifeln die Geschichten überhaupt an, man zeiht ihn des unmoralischen Lebenswandels usw..

Und was macht Karl May? Er flüchtet in seine Traumwelt und manchmal hat es den Anschein, dass er zwischen Fakt und Fiktion nicht mehr so recht unterscheiden kann.

Meine Meinung:

Selbst als jugendliche Leserin bin ich nie auf den Gedanken gekommen, dass Karl May alle seine Abenteuer wirklich und wahrhaftig selbst erlebt haben könnte. Da zu sind es zu viele Bände. Reisen in der Fantasie sind total ok, oder glaubt jemand, dass Harry Potter tatsächlich existiert?

Was Karl May ein wenig unsympathisch macht ist, dass er das (damalige) Publikum für dumm verkaufen will, in dem er sich selbst als den strahlenden Helden präsentiert. Das nehmen ihm viele der honorigen Bürger Deutschlands auch übel. Es kommt zu den genannten Zweifeln an seiner Person. Karl May führt einen Doktor-Titel für den es keine Grundlage gibt. Mehrere Gerichtsverfahren wegen Hochstapelei sind die Folge und die Haftstrafen der frühen Jahre werden wieder ins Treffen geführt.

Interessant ist der Blick auf den Privatmann Karl, der in einer unglücklichen Ehe mit Emma gefangen zu sein scheint. 1903 werden sich die beiden scheiden lassen und Karl May Klara Plöhn, die Witwe seines Freundes heiraten.

Gut gefällt mir Philipp Schwenkes Schreibstil, der der Ausdrucksweise der Jahrhundertwende gut angepasst ist.

Der letzte Satz des Buches ist vorzüglich getroffen:
„Und wenn wir auf Karls Reise eines gelernt haben, dann doch dieses: wie wenig es lohnt, sich eine herrlich geratene Überzeugung später durch Tatsachen verderben zu lassen.“

Dem ist wohl wenig hinzuzufügen.

Fazit:

Ein gut gelungenes Porträt eines Mannes, der wie kein Zweiter Generationen von Lesern Abenteuer im Kopf erleben ließ.

Veröffentlicht am 21.09.2018

Fesselnd bis zur letzten Seite

Der Kommissar von St. Pauli (Alfred-Weber-Krimi 3)
0

Kommissar Alfred Weber von der Politischen Polizei findet sich im März 1931 in einem Netz von Intrigen wieder. Sein Privatleben wird in diversen Schmähschriften öffentlich gemacht. Was wirft man ihm vor? ...

Kommissar Alfred Weber von der Politischen Polizei findet sich im März 1931 in einem Netz von Intrigen wieder. Sein Privatleben wird in diversen Schmähschriften öffentlich gemacht. Was wirft man ihm vor? Dass er geschieden ist und mit Johanna, einer Arbeiterin, liiert ist? Wer ist dafür verantwortlich? Kollege Pohl, der dem rechten Spektrum zuzurechnen ist und einen jüdischen Vorgesetzten niederschießt? Die Gangster von St. Pauli, denen Weber mehrfach auf die Zehen getreten ist? Und was hat die Serie mysteriöser Todesfälle auf der Hamburger Hochbahn damit zu tun? Wer desavouiert die Polizei? Kommunisten oder Nazis?
Denn trotz des Verbotes marschieren die Leute der SA und liefern sich mit Kommunisten und Sozialisten Straßenschlachten.
Alfred Weber weiß nicht mehr, wem er trauen kann. Auch sein direkter Vorgesetzter scheint vom neuen politischen Wind infiziert zu sein. Wer deckt Pohl, der immer wieder entwischen kann?

Meine Meinung:

Dies ist der dritte Krimi rund um den Hamburger Kommissar Alfred Weber. Er reiht sich nahtlos in die Serie der Kriminalromane der Zwischenkriegszeit wie Volker Kutschers „Gedeon Rath“ in Berlin oder Andreas P. Pittlers „David Bronstein“ in Wien ein. Allerdings führt Robert Brack nicht die feine, subtile Feder, sondern zeigt die grobe Seite der Medaille. Die langsam aber stete Unterwanderung von Militär, Polizei und Gericht lasst mich schaudern. Alfred Weber sind die Kommunisten zu radikal. Daher will er mit ihnen so wenig wie möglich zu tun haben. Das ist genau das Dilemma, warum den Nationalsozialisten so wenig Widerstand geleistet wurde. Die Angst vor ähnlichen Zuständen wie in der Sowjetunion.

Fazit:

Ein Krimi, der mit dem Wissen von heute noch beängstigender wirkt. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.09.2018

Herrlich schräg - beste Krimiunterhaltung

Der letzte Sterz
0

Welch ein Sakrileg! Der Erzherzog Johann ist im weststeirischen Stainz vom Sockel gestürzt worden. Also, natürlich nicht er persönlich, sondern seine Statue. An deren Stelle ist eine recht eigenwillige ...

Welch ein Sakrileg! Der Erzherzog Johann ist im weststeirischen Stainz vom Sockel gestürzt worden. Also, natürlich nicht er persönlich, sondern seine Statue. An deren Stelle ist eine recht eigenwillige Skulptur errichtet worden. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich das „Kunstwerk“ als einbetonierte Leiche.

Im Zuge eines Amtshilfeverfahrens müssen die Wiener Kriminalbeamten Hawelka und Schierhuber in das winterliche Stainz reisen, um den Fall zu lösen. Doch weder ist die örtliche Bevölkerung noch die steirische Polizei erbaut darüber, dass „Fremde“ die Idylle stören. Entsprechend frostig sind nicht nur die Außentemperaturen sondern auch die Gesprächsbasis. Man lässt sich ungern in die lokalpolitischen Karten schauen und trachtet danach, die eigenen Interessen vor den neugierigen Fragen der Wiener Polizisten zu schützen.
Bald ist klar, dass der Ermordete nicht unbedingt ein besonders beliebter Zeitgenosse war. Motive ihn umzubringen, gäbe es mehrere.

Wird es den externen Ermittlern gelingen, das vorweihnachtliche Rätsel zu knacken?

Meine Meinung:

Vorliegender Krimi ist der vierte mit dem bestens zusammengeschweißten Ermittlerteam Hawelka und Schierhuber.
Wie wir es von Autor Günther Pfeifer gewöhnt sind, zeichnen sich seine Figuren durch Ecken, Kanten und recht eigenwilliges verhalten aus. Vor allem Hawelka und Schierhuber, beide mit Vornamen Josef, beide aus dem Waldviertel stammend und seit Jahren als Spätberufene bei der Wiener Kriminalpolizei, laufen hier im weststeirischen Schilcherland zur Höchstform auf. Tja, den roséfarbenen Wein aus der Blauen Wildbachertraube muss man mögen. Auf den ersten Schluck ist er gewöhnungsbedürftig und es bedarf eines langsamen Herantastens. Das unkontrollierte Hineinschütten des edlen Rebensaftes verursacht höllische Kopfschmerzen, wie unsere wackeren Ermittler am eigenen Leib, äh, Kopf erleben müssen.

Der Schreibstil ist wie immer flüssig und humorvoll. Die steirischen Dialekteinlagen sind für Außenstehende nicht einfach zu lesen. Hawelka und Schierhuber halten die steirische Mundart anfangs ja für eine Fremdsprache.

Hin und wieder mit Klischees gespielt, wie das Beispiel von Gautschs thailändischer Ehefrau zeigt.

Gut gefällt mir auch das Wortspiel mit der Bezeichnung „Sterz“. Zum einem ist das der Familienname des steirischen Politikers und zum anderen ein autochthones Gericht der Gegend, das das Mordopfer in seinem Magen hatte.

Manche Szenen sind wieder herrlich schräg. Ich habe mich bestens unterhalten!

Fazit:

Wieder ein gelungener Krimi aus der Feder von Günther Pfeifer, der mich gut unterhalten hat. Gerne gebe ich dafür 5 Sterne

Veröffentlicht am 18.09.2018

Gut zu lesender Urlaubskrimi

In Schönheit sterben
0

Dies ist der zweite Kriminalfall in den Robert Lichtenwald, der Münchner Anwalt in der Toskana verwickelt wird. Die temperamentvolle Journalistin Giada Bianchi ersucht ihn, ein paar unauffällige Recherchen ...

Dies ist der zweite Kriminalfall in den Robert Lichtenwald, der Münchner Anwalt in der Toskana verwickelt wird. Die temperamentvolle Journalistin Giada Bianchi ersucht ihn, ein paar unauffällige Recherchen zum Tod des reichen römischen Kunstsammlers Annebale Colasanti anzustellen, sehr zum Missfallen von Maggiore Donatella Lagana von der Abteilung zur Aufklärung von Kunstdiebstählen. Die Polizei ist einer internationalen Bande von Grabräubern auf der Spur und kann Laienermittler wie Bianchi und Lichtenwald so gar nicht brauchen.
Ist der Tod des Kunstsammlers ein Kollateralschaden? Und wie passt das plötzliche Verschwinden der bildschönen Rubina Mori vor vielen Jahren dazu?

Meine Meinung:

Ein toller Urlaubskrimi, der einen die bezaubernde Landschaft der Toskana und die staubige Schwüle der Hauptstadt Rom näherbringt.

Der Schreibstil ist locker und flüssig. Dazu passen die kulinarischen Genüsse und eingestreute italienische Redewendungen.

Die Charaktere entwickeln sich ein bisschen weiter. Robert hängt nach wie vor an seiner Ehefrau Stefanie, die ihn verlassen hat. Die taucht prompt zum ungünstigsten Zeitpunkt in der Toskana auf. Wieder nichts mit einem trauten Abend für Robert und Giada! In denke in einem dritten Band wird sich die Sache beschleunigen, denn Stefanie will die Scheidung.

Mein früher Verdacht hat sich bestätigt. Doch mir macht das nichts aus, wenn ich den Täter schon bald entlarve. Ich finde es immer interessant, ob die Ermittler einen ähnlichen Ansatz wie ich haben.

Fazit:

Ein gut zu lesender Urlaubskrimi, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 18.09.2018

opulent und fesselnd erzählt

Land im Sturm
0

Der für seine fesselnden historischen Romane bekannte Autor Ulf Schiewe beschenkt seine Leser wieder mit einem opulenten knapp 1.000 Seiten umfassenden Werk.
In fünf Epochen wird an Hand miteinander ...

Der für seine fesselnden historischen Romane bekannte Autor Ulf Schiewe beschenkt seine Leser wieder mit einem opulenten knapp 1.000 Seiten umfassenden Werk.
In fünf Epochen wird an Hand miteinander verknüpfter Familiengeschichten das Werden Deutschlands erzählt.
Die fünf Zeitabschnitte sind:

• Die Ungarn
• Die Wenden
• Der große Krieg
• Napoleon und Preußen
• Revolution

Der zeitliche Bogen spannt sich von 995 n. Chr. bis zur Revolution 1848. Wir erhalten Einblick in die verschiedenen Stände, lernen die Willkür der Adeligen kennen und begeben uns häufig auf Kriegsschauplätze.

Gleich zu Beginn gerät ein ungarischer Säbel in die Familie des Schmiedes Arnulf, der Generation für Generation weitergegeben wird.

Wir lernen auch Familienmitglieder, ob adelig oder nicht, kennen, die es mit der Wahrheit und dem Einhalten des 8. Gebotes (Du sollst nicht stehlen) nicht ganz so eng sehen. So basiert der Reichtum der Familie Fischer von 1848 auf einem Diebstahl von früher.
Auch das Vermögen derer von Billung hat mit dem Entwenden einer Regimentskasse zu tun.

Meine Meinung:

In seinem unnachahmlichen, bildhaften Schreibstil können die Leser den Schlachtenlärm und das Schreien der Verwundeten hören. Der Geruch von Lagerfeuern, abgefackelten Gebäuden und letztlich der Lokomotiven ziehen sich durch die Geschichte. Der ungarische Säbel zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte Deutschlands, die ja durchwegs eine Aneinanderreihung von Kriegen ist. Ganz subtil wird hier historisches Wissen vermittelt. Der Leser, der in der dramatischen Geschichte gefesselt ist, merkt das im Allgemeinen fast gar nicht.

Die Charaktere der einzelnen Protagonisten sind liebevoll gestaltet. Sie alle haben ihre Ecken und Kanten, manchmal echte Macken. Wir erleben diese Figuren in einem bestens recherchierten historischen Kontext, der einen besonderen Einblick in die jeweilige Lebensart gibt. Vom kleinen Schmied auf einer Burg bis hin zum Großindustriellen reicht die Spannweite.

Sehr gut gefällt mir, dass die Frauengestalten teilweise ziemlich aufmüpfig sind. Sie lassen sich wenig bieten – weder vom Ehemann noch von der Herrschaft. Einige nehmen ihr Leben selbst in die Hand und pfeifen auf Konventionen. Hier ist besonders Gisela Fischer zu erwähnen, die obwohl Tochter des reichen Fabrikanten 1848 mithilft, Barrikaden zu bauen.

Fazit:

Ein opulenter historischer Roman, der die Leser von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. Gerne gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.