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Venatrix

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Veröffentlicht am 21.04.2024

Hat mich enttäuscht

Das Fenster zur Welt
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Der Klappentext und der Beginn klingen sehr vielversprechend:

Der junge Soldat Ulysses und die sechzigjährige Kunsthistorikerin Evelyn begegnen einander 1944 in einem Toskanischen Weinkeller. Die Britische ...

Der Klappentext und der Beginn klingen sehr vielversprechend:

Der junge Soldat Ulysses und die sechzigjährige Kunsthistorikerin Evelyn begegnen einander 1944 in einem Toskanischen Weinkeller. Die Britische Armee ist auf dem Weg, Europa aus den Klauen des Nazi-Regimes zu befreien. Daneben gilt es, Kunstschätze zu retten.

Doch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fällt es Ulysses schwer, sich in das East End Londons wieder einzufügen. Wenig später bricht er kurz entschlossen mit einigen Reisegefährten in das Wagnis, ein neues Leben in Florenz zu führen auf.

Meine Meinung.

Leider bin ich mit diesem Buch nicht wirklich warm geworden. Ich habe hier etwas anderes erwartet, nämlich die Rettung der Kunstschätze, die aus den Museen und Kirchen von den NS-Truppen geraubt worden sind. Bekommen habe ich ein weichgezeichnetes Bild der Wirklichkeit, in dem die Beschreibung der wunderbaren Landschaft, den Genuss und die ergreifende Schönheit von Kunst, sehr viel Raum einnimmt, jedoch am echten Leben vorbeigeht.

Das Leben der Protagonisten läuft zunächst, trotz der Bedrohung durch das Kriegsgeschehen fein erzählt, ab. Je weiter der Roman fortschreitet, desto unstrukturierter wirkt die Darstellung des eBooks auf mich. Vor allem gegen Ende des Romans, werden kaum Absätze, geschweige denn Kapitel angeboten. Die 1970er-Jahre rauschen wie im Zeitraffer auf nur wenige Zeilen beschränkt dahin.

Die Charaktere wirken seltsam leblos, sind in ihre eigene Gefühlswelt verstrickt. Ulysses bleibt mir ein ziemliches Rätsel. Obwohl er allen Grund hätte, auf Peg sauer zu sein, macht er keinen reinen Tisch. Er wirkt weder fremd in seiner neuen Heimat Florenz noch besonders aufgeregt, als das Hochwasser von 1966 seine ganze Arbeitsgrundlage zerstört wird. Die Figur war für mich bis zum Ende nicht greifbar und ein wenig blass.

Die Übersetzung aus dem Englischen ist an einigen Stellen nicht wirklich gelungen: "eingedoste Sardinen" oder "ein ganzes Meer an Freundschaften".

Ganz eigenartig finde ich, dass die Einwanderer in Italien mit offenen Armen aufgenommen werden, kaum kulturelle Missverständnisse auftauchen und Sprachbarrieren kaum vorkommen. Das ist wohl die Sicht der etwas abgehobenen Engländer. Die verarmte Bevölkerung der Toskana kommt kaum zu Wort.

Fazit:

Für mich persönlich leider keine Offenbarung, sondern eine stellenweise langweilige Erzählung. Hier kann ich nur 2 Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 14.04.2024

Ein Urlaubskrimi

Oliva del Garda
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„Die Häufung von Todesfällen in Rosinas Umgebung ist nicht zu übersehen. Für die Statistik wären ihre Fälle ein gefundenes Fressen; wo immer sie auftaucht, ist das Verbrechen nicht weit. Wir kennen uns ...

„Die Häufung von Todesfällen in Rosinas Umgebung ist nicht zu übersehen. Für die Statistik wären ihre Fälle ein gefundenes Fressen; wo immer sie auftaucht, ist das Verbrechen nicht weit. Wir kennen uns zwar seit unserer Schulzeit in Salzburg, trotzdem ist mir ihre magnetische Wirkung auf Kriminalfälle bisher nie aufgefallen. Seit wir allerdings beide am Gardasee leben, lässt ich das nicht mehr ignorieren. Mord und Totschlag, Diebstahl, Raub: Die Kriminalistik umschwirrt meine beste Freundin wie eine Schmeißfliege, stets darauf bedacht, nicht erwischt zu werden.“

Ausgerechnet kurz vor der Trauungszeremonie ihrer Schwester Bianca stürzt sich Ornella Ronchetti vom Felsen der Burg Arco. Die Familie ist felsenfest von einem Selbstmord überzeugt. Rosina Gamper, die seit Jahren die Deckenfreskos auf dem Landgut der Ronchettis restauriert, hegt erhebliche Zweifel. Doch gegen das Gutachten des Polizeiarztes Dottore Elia Fontanelli, das Ornella psychische Probleme bescheinigt, hat sie wenig Argumente.

Die (fiktive) Familie Ronchetti ist keine unbekannte in Italien. Die Familie gehört zu den größten Olivenöl-Produzenten in Norditalien. Sie liefert ihre Produkte sogar in den Buckingham-Palast. Eugenio Ronchetti ist der Patriarch der Familie, die er wie das erfolgreiche Unternehmen mit eiserner Hand führt.

Rosina Gamper beginnt also zu recherchieren, denn der angebliche Selbstmord Ornellas ist nicht der einzige mysteriöse Todesfall in der Familie. Als dann noch Marta, eine Bekannte von Ornella verschwindet, ist Rosina nicht mehr zu halten und stößt auf dunkle Flecken in Eugenios Vergangenheit.

Zu ihrem Leidwesen muss sie diesmal auf ihren charmanten wie attraktiven Ex-Kardinal, Mario Ivic verzichten, der scheint erstens beleidigt und ist zweitens in eigener Sache unterwegs.

Meine Meinung:

Auch in ihrem zweiten Gardasee-Krimi behält Katharina Eigner ihren Erzählstil bei. Dazu gehören die langen Kapitelüberschriften inklusive einer Kurzzusammenfassung der Geschehnisse, die vielleicht nicht jedermanns Sache sind. Sie können auch überlesen werden. Die Geschichte selbst wird von Cara, Rosinas tolpatschiger Freundin in der Ich-Form erzählt. Cara, eine nicht allzu erfolgreiche Taschendesignerin, lässt sich die Ereignisse rund um Rosinas Recherchen, soweit sie nicht direkt dabei ist, bei einem Glas Limoncello erzählten und notiert diese. Diese Mischung aus selbst Erlebtem und Nacherzähltem gibt dem Buch eine ganz eigene Atmosphäre.

Daneben erfahren wir Leser einiges zum Olivenanbau und Ernte. Wahrscheinlich macht sich kaum jemand von uns Gedanken, wie die vielen Tonnen Oliven geerntet werden. Möglicherweise haben wir die romantisierenden Vorstellung, dass unter jedem Baum feinmaschige Netze ausgebreitet werden und die Bäume solange geschüttelt werden, bis die köstlichen Früchte von den Bäumen fallen. Dass das mitnichten so passiert, sondern dass Erntemaschinen eingesetzt werden, wird hier vermittelt. Diese Erntemethode ist auch der Tod vieler Singvögel, denn es wird des Nächtens geerntet und das Licht der Scheinwerfer blendet die Vögel, die anstatt wegzufliegen, sich starr in den Bäumen zusammenkauern. Ein Grund mehr beim Kauf von Olivenöl auf Nachhaltigkeit zu achten.

Geschickt platziert Katharina Eigner die Hochwasserkatastrophe in Florenz von 1966 bei der Hunderte von freiwilligen Helfer die Kunstschätze der Stadt zu bergen geholfen haben. Dass hierbei das eine oder andere verschwunden ist, ist Stoff für einen eigenen Krimi.

Dieser Krimi kann auch ohne seinen Vorgänger gelesen, denn die Autorin lässt die wichtigsten Ereignisse aus Band eins geschickt einfließen. Allerdings brächte man sich um das Vergnügen, einen Italien-Krimi zu lesen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Wohlfühlkrimi, der kurzweilige Unterhaltung garantiert und in vor der traumhaften Kulisse des Gardasees spielt, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.04.2024

Eine unbedingte Leseempfehlung!

Wo die Asche blüht
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Der Vietnam-Krieg ist bislang kein großes Thema in (hist.) Romanen. Wir wissen auch viel zu wenig darüber und das was bekannt ist, ist häufig die Sicht der USA.

Die vietnamesische Autorin Nguyễn Phan ...

Der Vietnam-Krieg ist bislang kein großes Thema in (hist.) Romanen. Wir wissen auch viel zu wenig darüber und das was bekannt ist, ist häufig die Sicht der USA.

Die vietnamesische Autorin Nguyễn Phan Quế Mai nimmt sich in diesem Roman eine Personengruppe an, die ausgegrenzt und verachtet wird: Den als „Amerasier“ verunglimpften Kindern der amerikanischen Soldaten. Diese Kinder entstammen häufig Vergewaltigungen oder ungewollten Schwangerschaften der jungen Frauen, die in Bars ihren Körper verkauften, um ihre Familien ernähren zu können. Nur wenige dieser Kinder sind Ergebnisse echter Liebe und noch weniger Väter holen ihre Geliebte und das Kind in die USA. Die meisten GI verschwinden auf Nimmerwiedersehen. Doch es gibt vereinzelt Männer, die nach Jahren ihre vietnamesischen Kinder suchen wollen. Sei es aus echtem Interesse, aus schlechtem Gewissen heraus oder, weil sie an einer PTBS leiden und der Therapeut eine Rückkehr in das Land empfiehlt, das so viele der Soldaten verletzt an Körper und Seele ausgespuckt hat.

Doch zurück zur Geschichte.

Man schreibt das Jahr 2016:

Wir lernen zunächst Phong und seine Familie kennen. Phong ist ein "Kind des Feindes", der Sohn eines schwarzen GI und einer vietnamesischen Mutter, der unbedingt mit seiner eigenen Familie in die USA auswandern will. Doch die vietnamesischen Behörden legen ihm unüberwindbare Hindernisse in den Weg. Zusätzlich sitzt er einem Betrüger auf, der ihn um seine gesamten Ersparnisse erleichtert. Erschwerend kommt hinzu, dass Phong in einem Waisenhaus aufgewachsen ist, und nur jene Geschichte seiner Herkunft kennt, die ihm eine Nonne erzählt hat.

Der nächste Handlungsstrang beschäftigt sich mit Dan, einem ehemalige GI und Vietnamveteran, der an einer PTBS leidet, und mit seiner Frau Linda das Land besucht. Er hat ein Liebesverhältnis mit Kim, einer jungen Bardame unterhalten und sie trotz Schwangerschaft verlassen hat. Seit langem quälen ihn nicht nur die Albträume seiner Hubschraubereinsätze sondern auch Reue, seiner Linda nichts von Kim und dem Kind erzählt zu haben und gleichzeitig nicht zu wissen, was aus den beiden geworden ist.

Der dritte Handlungsstrang, der im Jahre 1969 spielt bezieht sich auf die Schwestern Trang und Quynh, die vor dem Krieg mit ihren Eltern, einfachen Bauern, auf dem Land Leben und sich ein tugendhaftes Leben voller Wissen gewünscht haben. Doch der Krieg beraubt die Schwestern aller ihrer Hoffnungen, denn die Eltern verlieren Hab und Gut und müssen Schulden machen, um zu überleben. Der einzige Ausweg ist, die Mädchen müssen nach Saigon gehen, um dort zu arbeiten. Während sich die jüngere Quynh scheinbar mühelos in den Alltag der Prostitution einfügt, ekelt sich Trang und verliebt sich in einen der GIs.

Als dann Linda von Kim erfährt, ist sie zunächst wütend, lernt aber durch einen Fremdenführer Phong kennen. Zunächst skeptisch, hören Linda und Dan Phongs Geschichte. Dan kann nicht sein Vater sein, denn Dan ist ein Weißer. Als sich dann auf einen Zeitungsaufruf eine Frau meldet, die Details aus Phongs Geschichte aus dem Waisenhaus kennt, scheint hier Licht ins Dunkel zu kommen. Doch stimmt das alles?

Meine Meinung:

Das Thema Kinder von Besatzungssoldaten ist in der ganzen Welt ein gerne unter den Teppich gekehrtes Thema. Vor allem dann, wenn schon am Aussehen der Kinder der ausländische, feindliche Vater sichtbar ist.

Nguyễn Phan Quế Mai nimmt sich dem Schicksal von Tausenden Kriegskindern an. Sie schildert, wie sie nach wie vor gedemütigt und benachteiligt werden. Sie fühlen sich als Fremde in ihrem Land. Die meisten träumen davon, in die USA auswandern zu können, dorthin, wo ein Schwarzer Präsident werden konnte, ohne zu wissen, das Rassismus nach wie vor weit verbreitet ist.

Die Autorin beschreibt in eindringlichen und trotzdem einfühlsamen Worten das Los der vietnamesischen Frauen und deren Kinder. Viele Frauen mussten ihre Babys - wie hier im Buch geschildert - in Waisenhäusern abgeben, wo man sie entweder aufgezogen oder an Adoptiveltern weitervermittelt hat. Später werden die Frauen dann mit Vietnamesen verheiratet und bekommen weitere Kinder. Ob sie ihr erstgeborenes Kind vergessen haben oder still leiden, ist nicht bekannt. Auch die Anzahl der amerikanisch-vietnamesischen Kinder ist nicht offiziell bekannt. Den Schätzungen nach wurden zwischen 1962 und 1975 rund 30.000 Kinder geboren, die einen amerikanischen Vater haben. Gesichert ist das natürlich nicht.

Es gibt einige Organisationen in den USA, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Kinder und ihre Väter bzw.bei adoptierten Kindern die Mütter und Väter ausfindig zu machen und wenn gewünscht bzw. möglich zusammenzubringen. Dies ist durch die Gen-Tests möglich. Die Datenbank von Ancestry hat hier einige Erfolge aufzuweisen. Davon erfahren wir in diesem Buch einerseits durch Phong, der so einen DNA-Test durchführen lässt und andererseits von Linda, die sich damit beschäftigt. Es wird auch die „Operation Babylift“ von 1975 erwähnt, die rund 3.000 amerasische Kinder ausgeflogen hat.

Dieser Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht, wenn auch die Charaktere fiktiv sind, hat mich sehr berührt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem außergewöhnlichen Buch, mit dem Nguyễn Phan Quế Mai den „amerasischen“ Kindern, die gleich doppelt Opfer des Vietnam-Krieges sind, eine Stimme verleiht und ihnen damit ein Denkmal setzt, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.04.2024

Eine gelungene Fortsetzung

Südlich von Porto wartet die Schuld
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Die deutsch-portugiesische Polizistin Ria Almeida hat sich entschlossen, die Zelte in Deutschland endgültig abzubrechen und nach Torreira, einem kleinen Fischerdorf, aus dem ihre Familie stammt, zu ziehen. ...

Die deutsch-portugiesische Polizistin Ria Almeida hat sich entschlossen, die Zelte in Deutschland endgültig abzubrechen und nach Torreira, einem kleinen Fischerdorf, aus dem ihre Familie stammt, zu ziehen. Natürlich mit allen Problemen, die die Verwandtschaft so mit sich bringt.

Zunächst (im ersten Fall „Südlich von Porto lauert der Tod“) arbeitet sie als Schreibkraft bei der Polizei. Nun ist sie, sehr zum Missfallen von Comissário Joaquim Baptista, wieder in die Ermittlungen eingebunden als man Roque Loureiro, einen Richter, erstochen im Naturschutzgebiet findet. Da der Richter an einem komplexen Prozess gegen den Drogenboss Thijs van der Steen arbeitet, beißt sich Baptista an dem Drogenhändler als Täter fest. Da er ihn schon lange jagt, lässt er kaum eine andere Theorie zu.

„Das Bauchgefühl ist eine Ahnung, mit der man eigentlich immer richtig liegt.“

Doch Ria geht anderen Spuren nach und siehe da, es gibt noch andere, die etwas zu verbergen haben. Dass ausgerechnet Owain Rhys, ein Mitglied der militanten Naturschützer den toten Richter gefunden hat, macht Ria misstrauisch, was dessen Aussage betrifft. Und was hat es mit dem Foto eines jungen Mädchens auf sich, das neben dem Richter gefunden worden ist? Welches Geheimnis verbirgt sich dahinter? Ein Skandal in dem der Loureiro verwickelt war?

Bald muss der knurrige Baptista erkennen, was er an Ria hat, zumal João Pinto, der Dorfpolizist, wegen der täglich zu erwartenden Geburt seines Kindes ein wenig neben der Spur ist.

Meine Meinung:

Dieser zweite Krimi um die deutsch-portugiesische Polizistin Ria Almeida ist für mich der erste. Nachdem ich die Reihe um Leander Lost von Gil Ribeiro alias Holger Karsten Schmidt sehr gerne lese, habe ich hier ähnliches erwartet.

Nun, Autorin Mariana da Silva, legt hier einen anderen Krimi vor. Familie wird nach wie vor ganz groß geschrieben. An manchen Stellen sind mir die Verwandten angefangen von dem angeheirateten Cousin João Pinto bis hin zu Rias Mutter viel zu übergriffig. Ria kann keinen Schritt ohne Einmischung der Familie machen.

Neben den ziemlich komplexen Ermittlungen, dürfen wir in das Leben einer portugiesischen Großfamilie Einblick nehmen, kulinarische Köstlichkeiten inklusive.

Ich kenne mich mit der Struktur bei der portugiesischen Polizei ja nicht aus, aber ich halte es für unwahrscheinlich, dass der Leiter einer Ein-Personen-Polizeidienststelle wie es João Pinto ist, einfach Personal einstellen kann. Aber vielleicht wird das im ersten Krimi erklärt. Den muss ich mir gleich besorgen. Man kann zwar diesen Krimi hier ohne Kenntnis des ersten Falls lesen, aber ich bin ja bekanntermaßen ein Serienjunkie.

Schmunzeln musste ich immer wieder, wenn sich Senora Almeida und Comissário Baptista per Sie angiften. Dass sie sich wenig später dann doch duzen, liegt nur an der engen Zusammenarbeit, oder?

„Die größte Schwierigkeit dabei, einen Fehler zuzugeben, ist der eigene Stolz.“ (= Admitir um erro)

Diese Kapitelüberschrift beschreibt Baptista perfekt. Übrigens Kapitelüberschriften: Hier wird jeweils ein portugiesischer Begriff hübsch umschrieben.

Das Team rund um Comissário Joaquim Baptista wie die Pathologin oder die Kriminaltechniker wirken ebenfalls wie eine große Familie, bei denen jedes Mitglied so seine eigenen Fehler und Schwächen hat.

Der Schreibstil ist flott und so lässt sich der Krimi leicht lesen. Humorvoll sind auch die Versuche von Rias Mutter, der portugiesischen Verwandtschaft die schwäbische Küche sowie die korrekte Aussprache von „Spätzle“ beizubringen.

„Heimat muss nicht unbedingt ein Ort sein. Es kann auch ein Gefühl sein, wenn man einen Teller frische Spätzle vor sich stehen hat.“

Das Cover mit den gelben Azulejos sticht sofort ins Auge.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi 4 Sterne.

Veröffentlicht am 09.04.2024

Ein dramatischer, penibel recherchierter und gekonnt erzählter zweiter Teil

Blankenese - Zwei Familien
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Im zweiten Teil der Familien-Saga rund um die Casparius und die Jacobson befinden wird uns in den Jahren 1939 bis 1949, also kurz vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Charlotte und Max Casparius ...

Im zweiten Teil der Familien-Saga rund um die Casparius und die Jacobson befinden wird uns in den Jahren 1939 bis 1949, also kurz vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Charlotte und Max Casparius werden wie Kurt Jacobson auf Grund ihrer jüdischen Wurzeln mit einem der Kindertransporte nach England geschickt. Sonja Casparius weigert sich die Reederei und die Mutter zu verlassen, nachdem schon der Vater untergetaucht ist. Kurt muss seine Jugendliebe Fanni zurücklassen, die als Kinderkrankenschwester mit Otto Casparius in der Kinderklinik zusammenarbeitet.

Wie der Untertitel schon andeutet, sind im Laufe der Zeit weitere schwere Entscheidungen zu treffen. Um die Reederei für die Familie vor der Enteignung zu schützen, muss Sonja die Ehe mit einem hochrangien Nazi eingehen, obwohl ihr Herz für einen französischen Zwangsarbeiter schlägt.

Kurt und Max kommen zunächst bei einem schrulligen Adeligen unter, der sich als Freund der Nazis entpuppt. Nach dem Bombardement Londons, werden die Kurt und Max getrennt und Kurt landet mit falscher Identität bei der Royal Air Force und wird Pilot, immer in Sorge, dass sein Betrug auffliegt. Nicht nur der Befehl, an Luftangriffen gegen Hamburg teilzunehmen, belastet sein Gewissen.

Und das Gewissen ist es auch, das Otto Casparius veranlasst, den Dient in der Kinderklinik zu quittieren und eine eigene Praxis zu eröffnen, in die ihm Sonja folgt. Doch den unmenschlichen Gesetzen des NS-Regimes entkommt er auch dort nicht. Zum einem muss er der Partei beitreten, um überhaupt praktizieren zu können und zum anderen muss er augenscheinlich behinderte Kinder in die Sonderkrankenanstalten überweisen, was ihm nach Kriegsende beim Entnazifizierungsverfahren in größte Schwierigkeiten bringen wird. Dass er heimlich jüdische Familien behandelt hat, wird ihm nichts nützen, da es dafür keine Zeugen mehr gibt.

Meine Meinung:

Der zweite Teil der Familien-Saga zeigt deutlich die Entwicklung, die die einzelnen Familienmitglieder durchmachen. Sonja und Kurt sind davon am stärksten betroffen. Aus dem verwöhnten Töchterl wird eine einfallsreiche Unternehmerin, die sich auch gegen so manche Heimtücke der Nazis zu wehren weiß. Auch Kurt verwandelt sich zu einem festen Charakter. Seine lange unerwiderte Liebe zur älteren Fanni wirkt auf mich wie ein Anker in seinem Leben. Sein schlechtes Gewissen als Pilot der RAF Bombenangriffe gegen die deutsche Zivilbevölkerung geflogen zu sein, kompensiert er mit seinem unentwegten, nicht ungefährlichen Einsatz während der Blockade Berlins durch die russischen Armee.

Das Thema Entnazifizierung, bei dem es sich die Bonzen abermals richten konnten und nahezu straffrei und als „nicht“ oder nur „minder belastet“ fröhlich ihren unsauberen Machenschaften weiter folgen konnten, während andere, wie zum Beispiel Otto, teilweise mit Berufsverbot belegt worden sind, ist sehr gut in das Geschehen eingeflochten. Dass Otto sich dann von den westlichen Siegermächten abwendet und sich von der russischen Propganda einlullen lässt, und nach Ostberlin übersiedelt, bietet Stoff für eine dritten Teil. Noch weiß er nicht, dass er eine Diktatur gegen eine andere eintauscht - dabei will er nur ein guter Kinderarzt sein.

Sehr gut sind die Gewissenskonflikte der jungen Menschen dargestellt. Die historischen Hintergründe sind, wie schon in den anderen Büchern von Michaela Grünig, penibel recherchiert.

Geschickt und gekonnt sind die verschiedenen Handlungsstränge miteinander verknüpft. Die Familienmitglieder müssen mit Verlusten fertig werden, dürfen aber auf eine positive Zukunft hoffen. Und wir Leser auf einen dritten Band.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten und gekonnt erzähltem zweiten Teil der Familien-Saga rund um die Hamburger Familien Casparius und Jacobson 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

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