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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.01.2023

Ein fesselndes Sachbuch

Ndrangheta
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Die niederländische Journalistin Sanne de Boer hat ein beeindruckendes Sachbuch über die Ndrangheta, die wohl mächtigste Mafia der Welt geschrieben. Während die diversen Mafia-Clans durch lautes Getöse ...

Die niederländische Journalistin Sanne de Boer hat ein beeindruckendes Sachbuch über die Ndrangheta, die wohl mächtigste Mafia der Welt geschrieben. Während die diversen Mafia-Clans durch lautes Getöse - sprich Bandenkriege - auf sich aufmerksam mach(t)en, ist es der Ndrangheta gelungen unter dem Radar der Polizei ihr weit verzweigtes Netzwerk aufzubauen.

Meine Meinung:

Das Buch fasziniert und erschreckt zugleich. Der Autorin ist es sehr gut gelungen, das verzweigte Netzwerk den Leser darzustellen, das von Kalabrien aus agiert.

Die einzelnen Kapitel sind gut strukturiert. Sanne de Boers Schreibtsil ist sachlich und anschaulich. Die Leser erfahren viel über die juristische Praxis in Italien sowie über Aussteiger, Opfer sowie juristische Mängel bei der Verfolgung der Mafia in Deutschland.

Interessant sind die Informationen aus den Niederlanden. Mit diesen Informationen sind die Berichte über eine Gefährdung der niederländischen Thronfolgerin, die vor Kurzem durch die Medien gegeistert sind, verständlicher.

Das Cover passt vorzüglich zu diesem Sachbuch: wie ein Krake breitet die Organisation ihre Tentakel aus. Kaum hackt man einen Arm ab, wächst schon wieder ein neuer nach.

Fazit:

Ein aufschlussreiches Sachbuch, das fesselnd über die vermutlich größte Verbrecherorganisation Europas berichtet. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.01.2023

Ein gelungener hist. Roman

Smaragdgrüne Hoffnung
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Esmie McBride ist vor Kurzem von ihrem Einsatz als Krankenschwester des Ersten Weltkriegs vom Balkan nach Schottland zurückgekommen. Anders als Lydia, die als Kommandantenfahrerin einen General „spazieren“ ...

Esmie McBride ist vor Kurzem von ihrem Einsatz als Krankenschwester des Ersten Weltkriegs vom Balkan nach Schottland zurückgekommen. Anders als Lydia, die als Kommandantenfahrerin einen General „spazieren“ geführt hat, hat Esmie das Sterben der jungen Soldaten am Rande der Front hautnah miterlebt und ist entsprechen ernsthaft, während Lydia die Vergnügungen such. Auf dem Landsitz von Lydias Eltern lernen die beiden Frauen zwei höchst unterschiedliche Männer kennen: Kriegsveteran Captain Tom Lomax und seinen Freund, den Arzt Harold Guthrie. Beide sind vom Krieg gezeichnet und hüten mehr als ein Geheimnis.

Esmie verliebt sich Hals über Kopf in den charismatischen Captain. Doch Lydia setzt sich in den Kopf den Kriegshelden Lomax zu heiraten, und gewinnt. Lomax hat große Pläne in Indien. Er hat in Rawalpindi ein Hotel gekauft und will dieses zu einer Art Grand Hotel ausbauen.

Esmie, die als Krankenschwester weiterarbeiten will, geht mit Guthrie ebenfalls nach Indien, allerdings in ein Missionskrankenhaus an der Grenze zu Afghanistan.

Das Leben der beiden Frauen könnte unterschiedlicher nicht sein: die eine ist unzufrieden und sehnt sich nach imperialen Glanz, die andere kämpft ihren eigenen Kampf um die Zuneigung ihres Mannes und wird in die Auseinandersetzungen der verfeindeten Clans hineingezogen.

Das Leben der beiden Frauen nimmt eine dramatische Wendung, als sich Lydia entschließt, ihrem Liebhaber ins Hinterland nachzureisen. Damit löst Lydia eine fatale Kettenreaktion aus. Danach wird nichts mehr so sein wie zuvor.

Meine Meinung:

Im Klappentext ist mir gleich ein gravierender Fehler aufgefallen: es wird Pakistan als Schauplatz angegeben. Der Roman spielt 1920/21. Pakistan wird erst 1947(!) als Staat gegründet. Pakistan geht aus dem muslimischen Teil von British-Indien hervor und liegt - quasi als Puffer - zwischen Afghanistan und Indien. Dieser Fauxpas geht allerdings auf Kosten des Verlages. Denn im Nachwort hat die Autorin die historischen Zusammenhänge, wenn auch nur kurz gestreift, jedoch richtig dargestellt.

Die Charaktere sind gut herausgearbeitet. Der eine oder andere gewinnt in Sachen Sympathie keinen Blumentopf: vor allem die verwöhnte Lydia zeichnet sich durch Arroganz einer Angehörigen der Kolonialmacht aus. Sie ist eine Egomanin, die nur das eigene Vergnügen im Kopf hat, seien es schöne Kleider, Tennis oder die Bewunderung durch andere Männer als ihren Ehemann. Dabei schreckt sie vor wenig zurück und verdreht die Tatsachen so, dass sie ihr in den Kram passen. Ein richtiges Herzerl also.

Der Schreibstil ist bildhaft und man kann sich das Leben in British-Indien ganz gut vorstellen. Natürlich überwiegt die europäische Sicht der Dinge, auch wenn durch Esmie auch ein wenig die Geschichte der Bevölkerung zur Sprache kommt, die unter den Besatzern und den Stammesfehden leiden.

Einige Begebenheiten haben sich so oder so ähnlich in Wirklichkeit abgespielt. Ein Glossar über die wichtigsten verwendeten Begriffe ergänzt diesen Roman.

Fazit:

Wer einen Roman mit exotischer Kulisse lesen will, ist hier richtig. Gerne gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 11.01.2023

Ein gelungener hist. Roman

Der letzte Tanz der Debütantin
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Als bekannt wird, dass im Jahr 1958 das letzte Mal die Debütantinnen am Hof der britischen Königin vorgestellt werden sollen, bricht hektische Betriebsamkeit bei den Familien der Upper Class aus. Das letzte ...

Als bekannt wird, dass im Jahr 1958 das letzte Mal die Debütantinnen am Hof der britischen Königin vorgestellt werden sollen, bricht hektische Betriebsamkeit bei den Familien der Upper Class aus. Das letzte Mal „müssen“ die Töchter in prachtvolle Roben gesteckt werden, um in der „Saison“ einen möglichst vermögenden Ehemann zu ergattern.

So muss sich auch Lilian „Lily“ Nicholls, dem Wunsch ihrer Mutter und Grandma fügen, obwohl sie viel lieber an der Schule ihren Abschluss gemacht hätte, um dann studieren zu können. Blöderweise sind sie und ihre verwitwete Mutter auf die Zuwendung ihrer Grandma angewiesen, so nach dem Motto: Wer zahlt, schafft an.

Als Lily einem Familiengeheimnis auf die Spur kommt und bei einer der zahlreichen Partys ein Ballbegleiter stirbt, wird aus dem zurückhaltenden jungen Mädchen eine willensstarke junge Frau.

Meine Meinung:

Der Einblick in die Upper Class Englands hat einen Einblick in längst vergangen geglaubte Zeiten gewährt. Die Ehre der Queen vorgestellt zu werden, um einen vermögenden Ehemann zu angeln, hat mich einerseits ziemlich belustigt, andererseits mit auch wütend gemacht. Belustigt, weil ich mir die schnatternden Mädchen gut vorstellen kann und die Mütter vermutlich noch aufgeregter sind. Wütend, weil die Mädchen wie am Viehmarkt verschachert werden.

Gut gelungen sind die mehr als peinlichen Standesdünkel des Adels, die auf Geschäftsleute, die ihr Vermögen erarbeitet haben, herabsehen, während vom adeligen Glanz wenig bis nichts übrig geblieben ist. Mehr Schein als Sein.

Der Autorin ist es sehr gut gelungen, Lilys Entwicklung von einem ruhigen, zurückhaltenden Mädchen zu einer willensstarken Frau darzustellen und die Figur dem Leser näher zu bringen.

In der Mitte des Romans ist der Reiz der Ballsaison sowohl für Lily als auch die Leser ein wenig verflogen. Routiniert absolviert die Debütantin ihre Bälle und Partys. Für die Leser wiederholt sich das Geschnattere um Nebensächlichkeiten wie Kleider, wer mit wem, oder auch nicht. Damit flaut die Spannung ab, die dann im letzten Drittel doch wieder ansteigt.

Fazit:

Wer gerne einen Blick durch das Schlüsselloch in die doch nicht so perfekte Welt der Upper Class machen möchte, ist hier richtig. Gerne gebe ich diesem Roman 4 Sterne.

Veröffentlicht am 08.01.2023

Ein gelungenes Debüt von 1957

Der rote Seidenschal
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Dieses Buch ist das Debüt der bekannten Autorin Federica de Cesco, das sie im Alter von 15 Jahren geschrieben hat und erstmals 1957 veröffentlicht wurde.

Das Buch kann zu den Klassikern der Jugendliteratur ...

Dieses Buch ist das Debüt der bekannten Autorin Federica de Cesco, das sie im Alter von 15 Jahren geschrieben hat und erstmals 1957 veröffentlicht wurde.

Das Buch kann zu den Klassikern der Jugendliteratur gezählt werden.

Kurz zum Inhalt:

Die 17-jährige Ann, die nach dem Tod ihrer Eltern bei ihren Tante aufwächst, fährt mit ihr von Phoenix nach Tucson. Als eine Mitreisende beim Aussteigen in Mesilla ihren roten Seidenschal verliert, springt Ann aus dem Zug und will ihr den wiedergeben. Die Frau verschwindet jedoch in der Menge, Ann verirrt sich in der Stadt und der Zug fährt ohne das Mädchen weiter. Blöderweise fährt der nächste Zug erst in drei Wochen. Auf der Suche nach einer Bleibe, trifft sie auf Chee, einen jungen Mann, dessen Vater Amerikaner und seine Mutter eine Apachin ist. Auf dem Weg zu seiner Mutter lernt Ann das raue Leben in Arizona des 19. Jahrhunderts außerhalb von Städten kennen.

„...Wir sind hier in einer sehr unsicheren Gegend. In diesem Land ist jeder jedem verdächtig. Vorsichtig ist geboten bei jedem Wort, bei jeder Bewegung...“


Meine Meinung:

Die Dialoge der beiden Jugendlichen beeindrucken durch Tiefgründigkeit. Beiden ist klar, dass sie keine gemeinsame Zukunft haben.

Im Jahr 2022 ist diese rund 200 Seiten lange Geschichte neu aufgelegt worden. Einzelne Grammatik- und Syntaxfehler wurden behoben. Eine Anpassung an die häufig geforderte „political correctness“ erfolgte nicht. Dazu gibt die Autorin ein Statement ab.

Fazit:

Ein gelungenes Debüt, das zu Recht nach 65 Jahren wieder aufgelegt worden ist. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 08.01.2023

Ein penibel recherchierter hist. Roman

Jack Bannister - Herr der Karibik
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Vom Kapitän eines Handelsschiffs zum legendären Piraten

Der deutsche Autor Mac P. Lorne lässt in seinem penibel recherchierten und gekonnt erzählten historischen Roman die Zeit der Freibeuter im 17. Jahrhundert ...

Vom Kapitän eines Handelsschiffs zum legendären Piraten

Der deutsche Autor Mac P. Lorne lässt in seinem penibel recherchierten und gekonnt erzählten historischen Roman die Zeit der Freibeuter im 17. Jahrhundert wieder aufleben.

Joseph „Jack“ Bannister ist Erster Offizier auf einem englischen Handelsschiff, dessen Kapitän ein ängstlicher Mann ist und sich während der ganzen Reise in seiner Kajüte regelrecht verbarrikadiert. Auf der Heimreise von aus der Karibik wird das Schiff von Piraten angegriffen. Bannister schätzt die Lage richtig ein, übernimmt das Kommando und schlägt die Piraten. Das einzige Opfer ist der Kapitän, den er zuvor in der Kapitänskajüte eingesperrt hat, weil er das Schiffe den Freibeutern kampflos ausliefern wollte ...

Zurück in England erhält er von der Royal African Company (RAC) das Kommando über die „Golden Fleece“, einer gut bewaffneten Galleone. Bannister weiß nicht, dass dies nicht ausschließlich seiner Seemannskunst zu verdanken ist, sondern vielmehr der Affäre seiner Frau mit dem intriganten wie einflussreichen Nicholas Crispe, der seinen Widersacher gerne weit weg haben will.

Als Bannister 1684 früher als geplant nach Hause kommt und Zeuge des Ehebruchs seiner Frau mit einem Mitglied der königlichen Familie wird, sagt er der RAC und dem Haus Stuart den Kampf an.

Er stiehlt die „Golden Fleece“, segelt in die Karibik und bringt ein englisches Schiff nach dem anderen auf, um sowohl dem Königshaus als auch der Royal African Company möglichst hohe Verluste zu bescheren.

Meine Meinung:

Dieser historische Roman ist penibel recherchiert, obwohl es über Jack Bannister wenig gesichertes Material gibt. Erst ab 1684 ist sein Leben gut dokumentiert. Gekonnt füllt der Autor die Lücken in der Biografie mit historischen Fakten. Neben großem nautischen Fachwissen besticht der Roman durch lebendige Erzählweise. Wir Leser dürfen die Strapazen einer Seereise von England über Westafrika in die Neue Welt hautnah miterleben. Dabei wird auch der unmenschliche Sklavenhandel für die karibischen Zuckerrohrplantagen nicht ausgespart.

Auch die Willkür und Macht sowie die Vergnügungssucht der herrschenden Klasse und ihrer Handlanger auf Kosten anderer ist Thema.

In einem Nachwort erzählt der Autor noch allerlei Wissenswertes über den historischen Jack Bannister und sein Schiff, dessen Wrack 2009 entdeckt worden ist. Für alle jene, die mit den nautischen Begriffen nicht so vertraut sind gibt es ein Glossar und Skizzen eines Seglers sowie am Beginn des Romans eine Landkarte mit deren Hilfe die Fahrten Jack Bannisters nachvollziehbar sind.

Fazit:

Eine fesselnde Reise in die Zeit der Piraten des 17. Jahrhunderts bei der ich mich keine Minute gelangweilt habe. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.