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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.08.2020

Eine Hommage an eine zu Unrecht fast Vergessenen

Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt
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„Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“, das ist nicht nur der Titel des Romans von Dagmar Fohl. So lautet auch die Inschrift auf dem Grabstein von Aristides de Susa Mendes. Wer ist dieser ...

„Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“, das ist nicht nur der Titel des Romans von Dagmar Fohl. So lautet auch die Inschrift auf dem Grabstein von Aristides de Susa Mendes. Wer ist dieser Mann, der oft als „Oskar Schindler von Portugal“bezeichnet wird? Mit diesem biografischen Roman hat ihm Dagmar Fohl ein Denkmal gesetzt.

Aristides de Susa Mendes stammt aus einer reichen Adelsfamilie Portugals und hat mit seiner Gemahlin 14 Kindern. Er ist Konsul unter Diktator António de Oliveira Salazar. Nach mehreren Stationen u. a. in den Niederlanden verschlägt ihn und seine Familie nach Bordeaux, Frankreich.

Nazi-Deutschland vertreibt rigoros Judden aus dem Land und bald will kein Land der Welt den Flüchtlingen auch nur die Durchreise geschweige denn die Einreise und einen Aufenthalt gewähren. Nur das diktatorische Portugal verhält sich neutral. Salazar ergreift für niemanden Partei, außer für sich selbst. Und so gerät Mendes, der Tag und Nacht Visa für ca. 30.000 Flüchtlinge, darunter 10.000 Juden, ausstellt, in Bannstrahl des Diktators. Denn er hat sich dessen ausdrücklichen Befehlen, „keine Visa für Juden“ widersetzt. Alles, was Salazar fordert, ist Disziplin, Befehlsverweigerung kann er nicht dulden. Salazar hält die Menschen in Portugal künstlich dumm. Sie sollen mit dem Fado, der Religion und Fußball ruhig gestellt werden. Es gibt kaum Schulen.

Weder die zahlreichen Eingaben, die der erschreckend naive Mendes an Salazar schreibt, erweichen den Diktator. Aristides de Susa Mendes verliert alles: Seine Anstellung, seinen guten Ruf, seine Gesundheit, die Immobilien und das Vermögen sowieso. Beinahe zehn Jahre kämpft er für seine Rehabilitierung, vergebens. Während Aristide nach wie an die Weitsicht des Diktators glaubt, weiß Aristides Bruder, dass Salazar die Familie Mendes vernichten will. Denn sie steht für alles, was er selbst nicht hatte: eine große Familie, Reichtum und Adel.

„In Salazars Kopf ist kein Platz für Barmherzigkeit. Mendes ist ein naiver Trottel, denkt er. Er hat nicht die winzigste Chance.“

Aristides de Susa Mendes stirbt am 3. April 1954, völlig verarmt in Lissabon. Salazar wird ihn um 16 Jahre überleben.

Aristides de Susa Mendes wird postum von Kanada und den USA geehrt. In der Gedenkstätte „Allee der Gerechten“ (Yad Vashem) in Jerusalem wird 1966 ein Baum für ihn gepflanzt und mit seinem Namen versehen.

In seinem Heimatland Portugal wird es noch bis 1988 dauern, bis Aristides de Susa Mendes offiziell rehabilitiert wird. 1995 erklärt Regierungschef Mario Soares Sousa Mendes zu „Portugals größtem Helden des 20. Jahrhunderts“

Fazit:

Ein, in der Ich-Form, fesselnd erzählter biografischer Roman, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 23.08.2020

Hat mich bestens unterhalten

Manche mögen's tot
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In diesem, nunmehr dritten Krimi, ermitteln Konny und Kriemhild wieder in eigener Sache. Kriemhild wird beim morgendlichen Pilzesammeln Augenzeugin, wie ein angesehener Bürger des Ortes, sich seiner Frau ...

In diesem, nunmehr dritten Krimi, ermitteln Konny und Kriemhild wieder in eigener Sache. Kriemhild wird beim morgendlichen Pilzesammeln Augenzeugin, wie ein angesehener Bürger des Ortes, sich seiner Frau entledigt. Leider bleibt si nicht unbeobachtet und erleidet einen Streifschuss.

Um den Täter, den es zu überführen gilt, in Sicherheit zu wiegen, beschließen K & K, den Tod von Konny bekannt zu geben. Dazu muss natürlich ein Sarg her (selbstredend aus Mahagoni), der in der Frühstückspension der Schwestern aufgestellt wird. Das sorgt naturgemäß für diverse skurrile Situationen, da die Pension gut gebucht ist. Sogar ein Parapsychologe kreuzt auf, der die seltsamen Geräusche untersuchen soll. Wie der geneigte Leser sicher errät, gibt es keine übernatürlichen Erscheinungen.


Meine Meinung:

Ich habe mich wieder köstlich amüsiert, wie die beiden Schwestern gemeinsam mit dem üblichen „Personal“ auf Mörderjagd gehen. Wieder mit an Bord sind der Nacktkater Amenhotep, der lautstark fluchende Papagei Chuck Norris sowie der Gärtner Herr Hirsch mit seiner Frau Gemahlin, der Kriminalhauptkommissarin.

Fazit:

Wer skurrile und humorvolle Krimis mag, kommt hier voll auf seine Kosten!

Veröffentlicht am 23.08.2020

Von Yvonne zu Benjamin - ein langer Weg

Endlich Ben
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Benjamin Melzer ist als Yvonne geboren und weiß von klein auf, mit „Mädchenkram“ nichts anzufangen. Yvonne gilt als Wildfang. In der Pubertät wird dann klar, dass Yvonne im falschen Körper steckt.

In ...

Benjamin Melzer ist als Yvonne geboren und weiß von klein auf, mit „Mädchenkram“ nichts anzufangen. Yvonne gilt als Wildfang. In der Pubertät wird dann klar, dass Yvonne im falschen Körper steckt.

In diesem Buch beschreibt Ben den langen Weg zur Geschlechtsumwandlung. Von seinen Gefühlen, den Reaktionen seiner Familie und seiner Freunde sowie von den vielen Operationen, die ihn letztlich auch äußerlich zu Ben werden ließen.

Dabei verschweigt er nicht, wie steinig und schmerzhaft dieser Weg war.

Für mich ist „Endlich Ben“ das zweite Buch über eine Transgenderperson. Das erste Buch „Ich pfeif auf alles“ von Jeanette Schmid (1924-2005) schildert das Leben des Rudolf Schmid, der lieber Mädchenkleider trägt. Mit viel Glück überlebt er die Nazi-Zeit als Soldat der Wehrmacht und unterzieht sich 1964 der Geschlechtsumwandlung und ändert seinen Namen zu „Jeanette“. Jeanette feiert internationale Erfolge als Kunstpfeiferin. Ich durfte sie als Jugendliche kennenlernen.

https://www.lovelybooks.de/autor/Jeanette-Schmid/Ich-pfeif-auf-alles-Das-Leben-der-Kunstpfeiferin-Baronesse-Lips-von-Lipstrill-1550761201-w/

Benjamin Melzers Biografie ist ein Buch, das allen jenen Mut macht, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, auch den letzten Schritt zu wagen.

Während in Jeanette Schmids Biografie noch die Sensation der Geschlechtsumwandlung als „Kuriosität“, die ins Nachtleben gehört, mitschwingt, scheint die heutige Gesellschaft Transgender akzeptiert zu haben.

Für Betroffene und deren Angehörige zeigt Benjamin Melzer die Schritte auf, die nötig sind, deren Weg zu erleichtern.

Fazit:

„Endlich Ben“ erklärt anschaulich, worum es geht und macht Mut. Dafür gebe ich sehr gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 22.08.2020

Eine Bestandsaufnahme

Die Herrschaft der Rotzlöffel
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Das Autoren-Duo Susanne Schnieder und Carsten Tergast zeigen schonungslos die aktuelle Situation in Kindergärten, Schulen und Familien auf.

Wie konnte es passieren, dass die Rotzlöffel die Herrschaft ...

Das Autoren-Duo Susanne Schnieder und Carsten Tergast zeigen schonungslos die aktuelle Situation in Kindergärten, Schulen und Familien auf.

Wie konnte es passieren, dass die Rotzlöffel die Herrschaft übernahmen? Oder, ist dieser plakative Titel falsch? Oder haben sich vielmehr zahlreiche Eltern aus der Verantwortung gestohlen und lassen ihre Kinder vom „externen Personal“ betreuen?

Anhand zahlreicher Beispiele wird aufgezeigt, was der Gesetzgeber so alles von Kindergartenpädagoginnen verlangt und wie wenig ihm diese Arbeit wert ist. Von fehlendem Unterstützungspersonal, mangelnder Infrastruktur, verzogenen Kindern und maßlos fordernden Eltern ist hier die Rede.

Über das eine oder andere Beispiel müsste man fast lachen, wenn es nicht so abstrus wäre. Wochenlange Eingewöhnungszeiten für Kinder oder eher für die Eltern? Ein Vater, der trotzdem in den Kindergarten zum Eingewöhnen kommt, obwohl der dazugehörende Fortpflanz in häuslicher Pflege weilt? Wer tickt da nicht richtig?

Kinder, die bislang nie ihre Grenzen erfahren haben und das erste Mal mit Struktur und dem Wort „NEIN“ in Berührung kommen, machen es den Pädagoginnen nicht leicht. Oftmals scheinen die Eltern die „Rotzlöffel“ zu sein und nicht die Kinder.

Die Autoren beschreiben die ernsten Zustände dennoch launig und das Buch lässt sich leicht lesen. Außerdem bieten sie Anregungen, wie man einen passenden Kindergarten findet, und zeigen auch Lösungsansätze, um aus diesem Dilemma herauszukommen.

Fazit:

Ein Buch, das die nach wie vor angespannte bis dramatische Situation in den Kindergärten beleuchtet. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.08.2020

Wem die Stunde schlägt

Todesläuten
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Mit diesem zweiten Fall für Chefinspektor Toni Wakolbinger und sein Team geht es nicht ganz so blutig zu wie in „Kaltblütige Abrechnung“, doch das tut der Spannung keinen Abbruch.

Worum geht’s diesmal?

Kurz ...

Mit diesem zweiten Fall für Chefinspektor Toni Wakolbinger und sein Team geht es nicht ganz so blutig zu wie in „Kaltblütige Abrechnung“, doch das tut der Spannung keinen Abbruch.

Worum geht’s diesmal?

Kurz vor der Eröffnung des Weihnachtsmarktes mit seinen Lichtinstallationen auf dem Grazer Schlossberg wird die über zugerichtete Leiche eines Mannes gefunden. Besonders seltsam: Das Gesicht des Toten ist augenscheinlich vom Klöppel der „Liesl“, wie die große Glocke hier genannt wird, zertrümmert worden. Daneben trifft das Team um Wakoblinger auf Reste einer Kunstinstallation und deren wütenden Schöpfer.

Es dauert eine geraume Zeit bis der Tote identifiziert ist: Thomas Neuburg, ein Betrüger, der vor 30 Jahren zahlreichen Menschen mit Immobilienspekulationen das Geld aus der Tasche gezogen hat und dann spurlos verschwunden ist. Nun, nachdem die Tat verjährt ist, scheint er nach Graz zurückgekehrt zu sein, um noch etwas zu erledigen.

Wakolbinger und sein Team müssen in mühevoller Kleinarbeit Dutzende von Befragungen durchführen. Immer wieder vernehmen sie eine eingeschworene Kartenrunde, zu der auch der Bruder des Mordopfers gehört. Je tiefer Toni und seine Kollegen graben, desto mehr wird das Alibi der vier Kartenspieler infrage gestellt. Und, als sich herausstellt, dass auch die Mitglieder der Kartenrunde im weitesten Sinn zu den Geschädigten von Thomas Neuburg zählen, wächst die Liste der Verdächtigen sprunghaft an.

Meine Meinung:

Der Autorin ist es wieder meisterhaft gelungen, auch die manchmal fad wirkende Polizeiarbeit, spannend darzustellen.

Toni Wakolbinger und seine psychologisch geschulte Mitarbeiterin Cindy Panzenböck ergänzen sich recht gut, was auch Toni sich selbst eingestehen muss. Die Wortgeplänkel zwischen den beiden mag ich gerne.

Niklas gibt diesmal den Trauerkloß, nachdem ihn Jackie, die Tochter des Grazer Stadtrates Egger, vor die Tür gesetzt hat. Und auch über Toni erfährt man ein kleines Detail aus seinem Privatleben: Andrea, die fesche Staatsanwältin hat in der Vergangenheit eine kleine Rolle gespielt.

Lotte Wöss‘ Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen. Sie nimmt ihre Leser auf einen Stadtrundgang durch Graz mit. So darf das beste Hotel am Platz, das „Erzherzog Johann“, genauso wenig fehlen, wie die Café-Konditorei „Sorger“ in der Sporgasse, für die manche gerne ihren Aufenthalt in der Stadt an der Mur verlängern. Für zusätzliches Lokalkolorit sorgt der eine oder andere Ausspruch im Dialekt.

Die Charaktere sind wieder sehr gut herausgearbeitet. Durch einige überraschende Erkenntnisse lässt die Auflösung ein wenig auf sich warten. Die Leser werden durch die eine oder andere Sackgasse in die Irre geführt.

Mir hat dieser zweite Fall für Toni Wakolbinger und Cindy Panzenböck sehr gut gefallen. Dass es eine Fortsetzung gibt, kann man daran erahnen, denn Cindy ist wild entschlossen, die Polizeischule zu absolvieren.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, die mich gut unterhalten hat und der ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.