Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.07.2022

Ein dramatisches Ende einer Trilogier

Diabolischer Engel
0

Mit diesem Krimi beschließt Autorin Petra K. Gungl ihre Trilogie rund um Agnes Feder.

Juristin Agnes Feder nimmt über Pfingsten an einem Meditationsseminar in Reichenau an der Rax teil. Die Teilnehmenden ...

Mit diesem Krimi beschließt Autorin Petra K. Gungl ihre Trilogie rund um Agnes Feder.

Juristin Agnes Feder nimmt über Pfingsten an einem Meditationsseminar in Reichenau an der Rax teil. Die Teilnehmenden sind höchst unterschiedlich und kleinere Sticheleien sind an der Tagesordnung. Die werden nicht weniger, als sich eine zweite Meditationsgruppe eintrifft und sich die beiden Gruppen konkurrieren. Als Carla, die Leiterin ihrer Gruppe plötzlich vor aller Augen stirbt, tritt Agnes‘ Gabe, Verbrechen zu spüren, wieder in den Vordergrund. Diese Gabe, das Auftauchen ihres früheren Freundes Siebert und die Tatsache, dass ein Unwetter Reichenau von der Umwelt abgeschnitten hat, bringt Agnes, die ihre Medikamente zur Unterdrückung der Visionen vergessen hat, zusehends aus dem Gleichgewicht.

Wenig später verschwindet Ursula, jene Teilnehmerin, die den Verdacht geäußert hat, Carla wäre vergiftet worden. Nun sitzen die Seminarteilnehmer gemeinsam mit dem Mörder im Hotel fest. Nur, wer ist der Täter?

Diese Frage stellt sich auch Ramona, eine Polizeijuristin, die eigentlich mit Freundinnen in diesem Hotel feiern wollte. In Ermangelung von Internet und Kollegen übernimmt Ramona die Ermittlungen, dabei sind sich Agnes und Ramona gar nicht grün, denn die beiden kennen sich vom Studium.

Die gemeinsame Suche nach dem Täter eskaliert und Agnes sowie Siebert befinden sich in akuter Lebensgefahr.

Meine Meinung:

Autorin Petra K. Gungl versteht es, Mystery-Elemente und Detektivarbeit gut zu verbinden.
Wie in den beiden Vorgängern „Diabolische List“ und „Diabolisches Spiel“ wird Agnes von Visionen geplagt, die ihr Sequenzen von Verbrechen aus der Vergangenheit anzeigen. Diesmal ist es die Gesellschaft rund um Nathaniel von Rothschild, in der gemordet wird. In welcher Beziehung stehen die Toten der Vergangenheit mit jenen in der Gegenwart?

Durch die Abgeschiedenheit nach dem Murenabgang sind ja alle, inklusive Mörder an einem Ort. Ach, ich mag diese "Agatha-Christie-Situationen": Jeder verdächtigt jeden.

Lange Zeit war ich unschlüssig, wer der Täter/die Täterin sein konnte. Ein leiser Verdacht, der sich herauskristallisiert hat, hat sich dann verdichtet. Nein, ich verrate jetzt nichts!

Die Stimmung der Seminarteilnehmer ist gut beschrieben. Es gibt ja immer welche, die nur die eigene Meinung gelten lassen. Gerade bei Meditationsgruppen ist das Interesse breit gefächert: vom Hardcore-Guru bis hin zum Zweifler.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem dramatischen Abschluss dieser Trilogie 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.06.2022

Fesselnd und komplex - Ein Kunstkrimi

Das neunte Gemälde
0

Kunsthistoriker Lennard Lomberg erhält im April 2016 auf dem Flughafen Bonn einen rätselhaften Anruf: Er soll die Rückgabe eines kubistischen Gemäldes organisieren, dass sich zu Unrecht jahrzehntelang ...

Kunsthistoriker Lennard Lomberg erhält im April 2016 auf dem Flughafen Bonn einen rätselhaften Anruf: Er soll die Rückgabe eines kubistischen Gemäldes organisieren, dass sich zu Unrecht jahrzehntelang in einer renommierten Stiftung befunden haben soll. Noch bevor ein Treffen mit dem Mann, der sich Dupret nennt, zustande kommt, wird dieser tot in einem Bonner Hotel aufgefunden. Vom zu überprüfenden Gemälde fehlt jede Spur.

Dennoch ist Lombergs Neugier geweckt und er beginnt zu recherchieren. Dabei gerät er in den Fokus der Polizeirätin Sina Röhm, die mit einigen interessanten Details aus Lombergs Familiengeschichte aufwarten kann. Lomberg muss erkennen, dass sein verstorbener Vater, der Generalbundesanwalt, nicht so war, wie er von allen gesehen wurde.

Je tiefer er in die Geschichte des Vaters eintaucht, desto klarer ist, dass dieses Bild eine explosive kunsthistorische Sensation darstellt und Lennard Lomberg nicht der einzige ist, der diesem Gemälde nachjagt.

Meine Meinung:

Andreas Storm ist mit diesem auf gleich drei Zeitebenen, nämlich 1943, 1966 und 2016, spielendem Krimi eine fesselnde Geschichte rund um Raubkunst gelungen.
Die Idee hatte der Autor, wie er in einem Interview sagt, als er im Jahr 2016 über einen Artikel über die Vernichtung von „entarteter Kunst“ durch die Nazis gestolpert ist. Bei der Bilderverbrennung am Jeu de Paume im Paris des Jahres 1943 soll statt wertvoller Bilder wie jene von Picasso & Co. nur minderwertiger Plunder verbrannt worden sein. Darüber streiten Kunsthistoriker seit Jahrzehnten.

Neben Details über die offiziellen Raubzüge der Nazis erfahren wir über persönliche Bereicherung daran beteiligter Offiziere und wie sie ihnen gelang, beinahe unbehelligt nach dem Krieg wieder einflussreiche Positionen einzunehmen. Skrupellose Machtmenschen also, die ihre Seilschaften bis zu ihrem Tod (und manchmal auch darüber hinaus) pflegen.

Geschickt sind die technischen Möglichkeiten, Übermalungen und/oder Fälschungen aufzudecken, in die Story eingebunden. So lernt der Leser etwas Neues, ohne zu merken, das er etwas lernt. So mag ich das! Unterschwellige Wissensvermittlung!

Mir hat dieser Krimi, der in die Kunst eintaucht sehr gut gefallen. Provenienzforschung ist Detektivarbeit und so manches Kunstwerk, das sich heute noch in Familienbesitz befindet, könnte auf unrechtmäßige Art dorthin gekommen sein. Will man das eigentlich wissen?

Der Schreibstil ist fesselnd und ich konnte gar nicht aufhören zu lesen. Ich wollte unbedingt wissen, wie das Buch endet. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall für Kunsthistoriker Lennard Lomberg.

Fazit:

Ein fesselnder, komplexer Krimi, dem ich gerne eine Leseempfehlung und 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 29.06.2022

Kindheitserinnerungen

Bretonisches Lied
0

Der Literaturnobelpreisträger von 2008 Jean-Marie Gustave Le Clézio bringt in zwei Essays, nämlich „Bretonisches Lied“ und „Das Kind und der Krieg“ seine Kindheitserlebnisse zu Papier. Geboren am 13. April ...

Der Literaturnobelpreisträger von 2008 Jean-Marie Gustave Le Clézio bringt in zwei Essays, nämlich „Bretonisches Lied“ und „Das Kind und der Krieg“ seine Kindheitserlebnisse zu Papier. Geboren am 13. April 1940 erlebt er als Kind, ohne recht zu verstehen, was um ihn herum passiert, den Zweiten Weltkrieg. Aufgrund von bürokratischen Schikanen erhält die Familie, die aus Mauritius wieder nach Frankreich zurückgekehrt ist, statt der französischen die britische Staatsbürgerschaft. Deshalb werden sie scheel angesehen und müssen als „Nicht-Ansässige“ Paris verlassen und landen in der Bretagne. Dieser rauen Landschaft ist der erste Teil seiner Erinnerungen gewidmet. Dabei beschreibt er in kunstvollen Worten die sozialen Spannungen und das karge Leben der Bretonen.

Im zweiten Teil „Das Kind und der Krieg“ berichtet er über seine Erinnerung an die Kriegsjahre. Wobei er einräumt, vieles davon durch häufige wiederholte Erzählungen verinnerlicht, aber vermutlich nicht selbst erlebt zu haben. So dürfen wir an seiner Kindheit teilhaben. Er erzählt ohne Chronologie von der Besatzung durch die Truppen Mussolinis, die anders als die Deutschen, von weniger Grausamkeit geprägt waren. Als britische Staatsangehörige sitzt die Familie Le Clézio, zumal der Vater in Afrika festsitzt, zwischen allen Stühlen. Von den Deutschen als Feinde klassifiziert und von den Franzosen auch nicht gewollt, sieht sich die Mutter Le Clézios gezwungen, mit den beiden Söhnen und den betagten Eltern mehrmals zu fliehen, bis ihnen in einem kleinen Dorf in den Bergen rund um Nizza selbstlos Zuflucht gewährt wird.

Meine Meinung:

Le Clézios Ausspruch „Kindheitserinnerungen sind langweilig und Kinder haben keinen Sinn für Chronologie“ möchte ich widersprechen. Mag sein, dass die Chronologie von Kindheitserinnerungen fehlt oder sich anders darstellt, aber langweilig sind sie nicht.

Die geschilderten Ereignisse und Eindrücke in beiden Essays haben erstaunliche Aktualität. Zum einen, der Wandel der dörflichen Strukturen in der Bretagne und zum anderen die traumatischen Erlebnisse eines Kindes im Krieg.

Die wunderbare bildhafte Sprache Le Clézios ist ein wahrer Lesegenuss, der durch die Übersetzung von Uli Wittmann sehr gut gelungen ist.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem schmalen Buch, das mit seiner wunderbaren Sprache besticht, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.06.2022

Eine gelungene Fortsetzung

Der Duft von Erde nach dem Regen
0

Man schreibt das Jahr 1936. Das faschistische Italien drangsaliert die Deutsch sprechenden Südtiroler schlimmer denn je. Der Apfelhof von Franziska und Wilhelm Leidinger floriert allen Unkenrufen zum Trotz. ...

Man schreibt das Jahr 1936. Das faschistische Italien drangsaliert die Deutsch sprechenden Südtiroler schlimmer denn je. Der Apfelhof von Franziska und Wilhelm Leidinger floriert allen Unkenrufen zum Trotz. Neben dem Obstanbau und der Schankwirtschaft vermietet Franziska Fremdenzimmer.

Dann erscheint Unheil von ganz anderer Seite: Ein junger Mann behauptet, Wilhelm sei sein Vater und beansprucht den Apfelhof.

Die Nürnberger Gesetze und die damit verbundene Hetze auf Juden schwappt auch auf Italien über, weshalb Goldschmiedin Leah beschließt, mit ihrer Familie nach Amerika auszuwandern, wo sich Andreas Ponte, Franziskas Bruder bereits eine neue Existenz aufgebaut hat.

Leopold, der andere Bruder und Tunichtgut, hingegen glaubt den Versprechungen von Adolf Hitler, den Südtirolern, die „heim ins Reich wollen“ einen Bauernhof in Deutschland zur Verfügung zu stellen. Die Südtiroler Familien stehen wieder einmal vor einer Spaltung: Optanten gegen Dableiber.

Dann bricht am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg aus ...

Meine Meinung:

Franziska und Wilhelm haben es durch harte Arbeit geschafft, aus dem ziemlich abgewirtschafteten Bauernhof, einen florierenden Betrieb zu machen. Man sollte meinen, sie könnten ihre Leitungen in Ruhe genießen. Doch die Weltpolitik will es anders. Das faschistische Italien übt mehr Druck denn je auf die scheinbar „reichen“ Südtiroler aus. Jeder Nachbar, jeder Gast könnte ein Spitzel und Denunziant sein, weswegen die Leidingers und ihre Freunde mehr als vorsichtig sein müssen.

Die Autorin gibt auch einen Einblick in die rechtliche Stellung der Frauen dieser Zeit: Sie haben kaum welche. Scheidung? Der Ehemann bestimmt alles. Ob die Tatsache, dass Rosel nach wie vor verheiratet ist, als sie dem Druck von Leopold nachgibt und ihn heiratet, auf den Kopf fallen wird? Wer die Autorin kennt, wird vermuten, dass diese scheinbare Nebensächlichkeit noch eine Rolle spielen wird.

Anna Thaler gelingt es, die beiden gegensätzlichen Strömungen also Optanten und Dableiber hautnah zu schildern. Sehr gut ist auch das Schicksal von Leah und ihrer Familie dargestellt.

Ich freue mich schon auf den dritten Band, in dem sich die Fronten rund um die Südtirol-Autonomie weiter verstärken wird. Dann wird es bei zahlreichen Bombenanschlägen Tote geben.

Fazit.

Eine gelungene Fortsetzung der Südtirol-Saga, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 25.06.2022

Ein tolles Sachbuch

Die dunkle Leidenschaft
0

Wie schon in seinem vorherigen Buch „Rache“ nimmt sich Österreichs wohl bekanntester Gerichtspsychiater wieder eines Themas an, das zwar von zahlreichen Philosophen, aber weniger von der Wissenschaft untersucht ...

Wie schon in seinem vorherigen Buch „Rache“ nimmt sich Österreichs wohl bekanntester Gerichtspsychiater wieder eines Themas an, das zwar von zahlreichen Philosophen, aber weniger von der Wissenschaft untersucht worden ist - dem Hass.

Prof. Reinhard Haller schöpft aus seinem reichen Erfahrungsschatz. In 15 Kapiteln geht er dem Mythos Hass nach. Ist Hass wirklich „die Leidenschaft, die Leiden schafft“? Oder steckt da anderes dahinter?

Die Meinungen der Philosophen, ob Hass eher als Trieb, Leidenschaft oder gar als Affekt anzusehen sei, gehen hier weit auseinander. Kant sieht im Hass eine Leidenschaft, die aus der tiefen Seele kommt, denn einen Affekt, der ja spontan, unbesonnen und übereilt eintritt.

Wollte man eine Definition für Hass aufstellen, so könnte diese lt. Prof. Haller in etwa so aussehen: „Hass ist die auf Zerstörung ausgerichtete Abneigung, die destruktivste Form der Verachtung. Er ist ein nicht leicht zu beschreibender Gefühlskomplex mit einer sozialen Interaktion, der sich gegen Menschen richtet.“ Hass ist, so Haller, knapp oberhalb der Triebe angesiedelt, da er in seiner „das Gemüt völlig ergreifenden Emotion, die intensive Verfolgung von Zielen“ beinhaltet.

Meistens kommt Hass nicht alleine daher. Zorn, Wut, Verachtung sowie Ekel sind Elemente des Hasses. Zusätzlich paart er sich auch gerne mit Paranoia und Machtbesessenheit. Wie könnte sonst ein einzelner Diktator die ganz Welt mit Krieg überziehen?

Der Autor geht auf den Hass seinen verschiedenen Dimensionen ein - sei es als Selbsthass oder dem Hass zwischen den Geschlechtern oder als Hass gegen die Gesellschaft im Allgemeinen.

Ein besonderes Kapitel ist jenes, mit dem Titel „Aus der Werkzeugkiste des Hassenden“, in dem die vier häufigsten Werkzeuge genannt werden: Schuldzuweisung, Beschämung, Gehirnwäsche und Entmenschlichung.

In den letzten beiden Kapiteln wird aufgezeigt, wie man aus der Spirale des Hasses herauskommen kann.

Meine Meinung:

Wenn man die täglichen Nachrichten liest, wird man mit alltäglichem Hass konfrontiert. Sei es, dass von massiven Sachbeschädigungen, Massakern, Femiziden und Kriegen die Rede ist.

Reinhard Haller zeigt Lösungsansätze auf, die leider nur recht schwer umzusetzen sind, da Hass so allgegenwärtig und bedrohlich daherkommt. Allerdings kann jeder Einzelne ein kleines bisschen dazu beitragen, dem Hass entgegenzutreten. denn sorgfältige Berichterstattung und kritisches Lesen von Nachrichten aus den sozialen Medien können die Mechanismen des Hasses enttarnen. Wenn erkannt wird, was den Hass befeuert, kann man gegensteuern. Wie? Durch Analyse der Ursachen, Aufklärung, Entschärfung der radikalen Sprache, Förderung von Empathie und Wertschätzung den anderen gegenüber.

Das Buch ist trotz des ernsten Themas gut zu lesen, was an seiner klaren Struktur liegt.

Fazit:

Ein Einblick in die Abgründe der Menschen, gekonnt aufbereitet von Prof. Reinhard Haller. Gerne gebe ich dem Buch 5 Sterne.