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Veröffentlicht am 25.01.2021

Das Leben nehmen, wie es ist

Die Erfindung des Dosenöffners
1

Timur Aslan ist frustriert. Er sitzt in einer Kleinstadt fest, in der er schon sein ganzes Leben verbracht hat. Seinem Traum ein großer Star-Journalist zu werden ist er auch noch keinen Schritt näher gekommen. ...

Timur Aslan ist frustriert. Er sitzt in einer Kleinstadt fest, in der er schon sein ganzes Leben verbracht hat. Seinem Traum ein großer Star-Journalist zu werden ist er auch noch keinen Schritt näher gekommen. Stattdessen muss er unbedeutende Artikel über Hühnerzüchter und Kegelclubs schreiben, die maximal 70 Wörter umfassen dürfen. Doch selbst die sind für Timur manchmal schwer zu finden. Seine alten Freunde dagegen leben ein aufregendes Leben, was sie täglich mehrmals auf Instagram posten. Von Neid erdrückt hofft Timur nun auf ein Volontariat, das ihn in seiner Karriere nach oben bringt. Auf der Suche nach einem passenden Bewerberartikel stößt er auf Anette, eine alte Frau im örtlichen Altersheim. Denn er hat erfahren: Sie hat ein Geheimnis.

Der Roman ist wirklich sehr gut geschrieben, flüssig und mit Witz und damit leicht zu lesen. Timurs Gefühle werden sehr klar transportiert und die Sprachfärbung wird immer wieder den einzelnen Charakteren angepasst. Beides macht die Geschichte authentisch und damit sehr lebendig.
Das verwendete Schweizerdeutsch fand ich stellenweise allerdings etwas holprig, nicht weil ich es nicht verstehe, sondern gerade weil mir die Sprache relativ geläufig ist. Es bessert sich aber nach ein paar Dialogen und vermittelt trotz allem einen guten Eindruck der Szene.
Von der Handlung kann man gegen Ende des Buches möglicherweise etwas ernüchtert sein, aber dann sollte man sich die eigentliche Botschaft, die auch Timur am eigenen Leib erfährt, ins Gedächtnis rufen.
Wir lesen hier über das Leben einer alten Dame, die viel in ihrem Leben erlebt hat, aber doch auch mit viel typischen Sorgen, wie Trennung oder fehlender Gleichberechtigung, zu kämpfen hatte. Sie hat, genau wie Timur, immer nach dem großen Etwas gesucht, das das Leben besonders macht. Jedoch hat sie schließlich erkannt, dass das Leben eben nicht eine Aneinanderreihung von Sensationen ist und auch nicht sein muss.
Wenn man mal ehrlich ist, ist das doch eine sehr beruhigende Botschaft.

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Veröffentlicht am 08.12.2020

Ein Buch hat mehr als tausend Worte

Der Buchspazierer
0

Carl Kollhoff ist eigentlich schon Rentner, aber sein Beruf ist seine Leidenschaft und auch sein großes Talent. Ein Talent, was auch seine Kunden zu schätzen gelernt haben. Und so läuft Carl jeden Abend ...

Carl Kollhoff ist eigentlich schon Rentner, aber sein Beruf ist seine Leidenschaft und auch sein großes Talent. Ein Talent, was auch seine Kunden zu schätzen gelernt haben. Und so läuft Carl jeden Abend seine Runde und überbringt ganz besondere Buchbestellungen für besondere Menschen. Menschen, die alle auf ihre eigene Art, nicht an einem normalen Leben teilnehmen wollen oder können. Carl spürt, welche Bücher diese Kunden brauchen. Zumindest glaubte er das immer. Bis er ein kleines Mädchen trifft, das sein Leben und auch das seiner Kunden gehörig auf den Kopf stellt.

„Der Buchspazierer“ ist eine kurze, aber nicht weniger gefühlvolle Geschichte über die Leidenschaft für Bücher und welche Macht sie haben kann.
Auch wenn ein Buchliebhaber auf den ersten Blick ein sehr zurückgezogenes Leben führt, so kann das richtige Buch ihn dennoch unterhalten, neue Einblicke in die Welt geben und schlussendlich sogar Menschen zusammen bringen.
Bei Carl öffnet es die Augen für seine Kunden und ihre wahren Bedürfnisse, wenn auch nicht ganz ohne die Hilfe des kleinen Mädchens und ihrer so unbedarften Art, das Leben zu betrachten.
Doch nicht nur Carl´s Kunden profitieren von dieser kindlich naiven Betrachtungsweise. Auch Carl selbst bekommt die Möglichkeit, seinem Leben noch ein weiteres Kapitel hinzuzufügen.

Dieser Roman hat mich von der ersten Seite an überzeugt und ließ sich so leicht und flüssig lesen, dass ich das Buch in wenigen Stunden ausgelesen hatte. Er thematisiert große Werte wie Freundschaft, Akzeptanz und eine große Portion Menschlichkeit, die im Buch, wie im echten Leben, leider nicht immer jeder bereit ist, zu geben.

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Veröffentlicht am 28.09.2020

Wie man nicht zum Schneemann wird.

So sehen Siegerinnen aus
5

Wer kennt sie nicht. Die Situationen im Beruf oder auch im Alltag, wo Frau gerne mal souveräner aufgetreten wäre und eine passende Antwort parat gehabt hätte. Auf die blöde Anspielung der Kollegin, den ...

Wer kennt sie nicht. Die Situationen im Beruf oder auch im Alltag, wo Frau gerne mal souveräner aufgetreten wäre und eine passende Antwort parat gehabt hätte. Auf die blöde Anspielung der Kollegin, den ungerechtfertigten Vorwurf des Chefs oder den bissigen Kommentar der Schwiegermutter. Doch wie so oft fällt einem erst hinterher die passende Antwort ein oder man findet erst die Kraft, überhaupt zu reagieren, wenn das erste ungläubige Staunen über eine solche Unverschämtheit vorüber ist.

Der Ratgeber von Katrin Klewitz kann dabei helfen, diese vermeintliche Handlungsunfähigkeit zu überwinden. Als Trainerin für Kampftechniken in Film und Theater ist ihr bekannt, wie wichtig dafür als allererstes die richtige Körperhaltung aber auch die Position zueinander ist. Beides war eine spannende Erkenntnis für mich, und etwas, auf das ich in Zukunft auf jeden Fall besser achten werde. Denn auch solche Kleinigkeiten können, wie bereits im ersten Kapitel sehr eindrücklich dargestellt wird, schon viel bewirken.
Ergänzend zu ihren Erklärungen, stellt die Autorin uns entsprechende Übungen vor, welche auch gut geeignet sind, um sie leicht in den Alltag integrieren zu können.
Da wir zum Glück nicht alle gleich sind, und jeder seine eigenen Probleme und Hemmungen im Umgang mit anderen Menschen hat, aber bei jedem auch andere Stärken schlummern, bedient sich Frau Klewitz anschließend den unterschiedlichen Kampfarchetypen.
Mir fiel es an manchen Stellen nicht immer leicht, zwischen den verschiedenen Archetyp einen deutlichen Unterschied zu finden, aber das hat mich nur wenig gestört, denn mir hat die Idee an sich sehr gut gefallen. Bestimmt findet sich jede Frau in mindestens einem Archetyp wieder und entdeckt dabei ihre ganz persönlichen Unterschiede.
Um die Handlungsweisen der einzelnen Typen besser zu verstehen, gibt es immer ein situatives Beispiel. Dabei findet die Autorin immer klare Worte und nimmt selten ein Blatt vor den Mund.
Mir persönlich hat das sehr gut gefallen und auch wenn ich im Alltag (noch) keine so große Klappe habe – und das meine ich durchweg positiv – dann fand ich es trotzdem amüsant und es hat mir das lesen sehr kurzweilig gestaltet. Zudem gibt es für jedes persönliche „Dreistigkeitslevel“ einen Ansatz, sodass für alle etwas dabei ist und es immer noch eine Chance gibt, sich zu steigern (wenn nötig).

Einen Punkt im Buch gab es, der mit etwas unangenehm aufgefallen ist. Die Autorin erwähnt hier, dass es durchaus sinnvoll sein kann, wenn einen der Gedanke an eine bevorstehende Aufgabe oder einen Konflikt auch nachts nicht loslässt, den Versuch einzuschlafen aufzugeben und bewusst diese Situation durchzuspielen. So kann man sich quasi einen Plan zu Recht legen und fühlt sich am nächsten Tag sicherer und vielleicht besser vorbereitet.
Bezogen auf das Thema des Buches ist dieser Tipp nachvollziehbar, jedoch sollte man diesen, meiner Meinung nach, mit Vorsicht genießen und sich bei seiner Gedankenreise nur mit den gegebenen Tatsachen auseinandersetzen und nicht ins Grübeln verfallen. Das hat dann leider den gegenteiligen Effekt. Kurz gesagt: Nachdenken hat ein Ziel, Grübeln nicht.

Abgesehen davon kann ich aber sagen, dass mir dieser Ratgeber sehr gut gefallen hat. Er ist sehr vielseitig und damit unterhaltsam und abwechslungsreich geschrieben. Ich hatte nicht das Gefühl einen typischen Ratgeber zu lesen, sondern eher Tipps von einem Coach zu bekommen, der auf mich und meine Persönlichkeit eingeht und mir auf eine ungezwungene Art seine Erfahrungen vermittelt aber auch Mut macht, zu scheitern. Wenn auch ganz bewusst.
Sicherlich werde ich zukünftig nicht mehr so leicht zum Schneemann.

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Veröffentlicht am 18.09.2020

Ein spannender Kriminalfall aus dem Norden Londons

Mord in Highgate
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Anthony Horowitz ist gerade am Set seiner Serie Foyle´s War. Der Zeitplan und das Budget sind eng und sein Regisseur wird zunehmend ungeduldig. Und als wäre das nicht schon stressig genug, platzt der Privatermittler ...

Anthony Horowitz ist gerade am Set seiner Serie Foyle´s War. Der Zeitplan und das Budget sind eng und sein Regisseur wird zunehmend ungeduldig. Und als wäre das nicht schon stressig genug, platzt der Privatermittler Daniel Hawthorne wie selbstverständlich in die alles entscheidende Aufnahme. Er eröffnet Horowitz, dass es einen Mord gegeben habe. Richard Pryce, ein Anwalt für Scheidungsrecht, ist mit einer teuren Flasche Wein erschlagen und erdolcht worden. Dieser Fall verspricht ein weiterer Erfolg in der Karriere von Hawthorne zu werden und dass darf sein heimlicher Biograph Horowitz natürlich nicht verpassen, Serie hin oder her. Eine erste Verdächtige ist schnell gefunden. Aikira Anno, die jetzt Ex-Frau eines ehemaligen Mandanten, hatte Pryce nur wenige Tage zuvor bedroht. Doch es wäre kein interessanter Fall für Hawthorne, wenn die Lösung so einfach ist. Zusammen mit Horowitz macht er sich an die Ermittlungsarbeit und gemeinsam stoßen sie auf ein Geflecht von Lügen und ein Geheimnis, was jahrelang im Verborgenen blieb.

Auch der zweite Roman der Daniel Hawthorne Reihe ist wieder ein fesselnder Krimi, der unglaublich gut recherchiert und durchdacht ist. Das verleiht der Geschichte eine Tiefe und Varianz die man nur selten in einem Buch findet.
Die Charaktere sind so authentisch, dass man direkt eine Verbindung zu ihnen aufbaut. Doch sicher kann man sich seiner Gefühle für die einzelnen Personen nie sein, denn Anthony Horowitz schafft es, ein sehr wandelbares Bild der beteiligen Charaktere zu komponieren und dies auch in Schriftform zu fassen. Empfindet man an einer Stelle unglaubliche Abneigung, wird man nur wenige Kapitel später ins Wanken gebracht und quasi vom Autor gezwungen, die Person auch von einer anderen Seite zu betrachten.
Das Gleiche gilt in ganz ähnlicher Weise für den Fall selbst. Was am Anfang so einfach aussieht, verzweigt sich im Laufe des Romans immer weiter in einzelne Stränge, neue Informationen werden aufgedeckt, an die man nicht einmal zu denken wagte. Die Geschichte verästelt sich sogar so weit, dass gegen Ende mehrere Schlussfolgerungen logisch erscheinen und dem Leser auch präsentiert werden. Verwirrung pur, aber im rein positiven Sinne.
Mich hat es fasziniert, wie der Autor mit den Vorurteilen und dem Drang der Menschen spielt, erst einmal das zu glauben, was ihnen mit nur genügend Überzeugung gespickt, erzählt wird. Möglicherweise fühlt sich sogar der eine oder andere Leser dabei ertappt, wenn Hawthorne ihn schlussendlich eines Besseren belehrt.
Das Ende des Romans erinnert leider, abgesehen von der Lösung natürlich, etwas zu sehr an den Ausgang im letzten Buch, was mich, angesichts des sonst so sprachlich und inhaltlich überzeugenden Krimis, dann doch etwas gestört hat. Ebenfalls bleibt ein Vorfall in der Geschichte unaufgeklärt und ich hoffe sehr, dass dies im dritten Teil der Geschichte, welcher ja schon angedeutet wurde, wieder aufgegriffen wird.

Mich hat auch dieses Buch wieder mit seiner Detailtreue und seiner Tiefe überzeugen können. Ich konnte das Buch nur selten aus der Hand legen, da mich der Aufbau der Geschichte immer wieder dazu gebracht hat, wissen zu wollen, ob ich richtig liege mit meinen eigenen Vermutungen und was die tatsächlichen Zusammenhänge sind. Ein sehr spannender und so wunderbar komplizierter Krimi, wie ihn vielleicht nur das reale Leben schreibt.

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Veröffentlicht am 12.08.2020

Kirche schützt vor Morden nicht

Agatha Raisin und der tote Kaplan
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Agatha Raisin hat endgültig genug von Männern. Ihr Ex-Mann James ist irgendwo untergetaucht und der neue Nachbar John Armitage möchte sowieso nur das Eine. Dementsprechend kalt lässt sie auch die Ankunft ...

Agatha Raisin hat endgültig genug von Männern. Ihr Ex-Mann James ist irgendwo untergetaucht und der neue Nachbar John Armitage möchte sowieso nur das Eine. Dementsprechend kalt lässt sie auch die Ankunft des gut aussehenden Dorfkaplans Tristan Delon, der die restliche Damenwelt aus Carsley bereits von sich überzeugt hat. Besonders scheint er es auf die älteren und vor allem reichen Frauen aus dem Dorf abgesehen zu haben, weshalb es auch nicht lange dauert, bis er Agatha zu einem Abendessen einlädt. Als er am nächsten Morgen tot aufgefunden wird, gerät Agatha, als letzte Besucherin des Kaplans, mitten in die Mordermittlungen hinein. Schon bald muss sie feststellen, dass der viel gelobte Kaplan gar nicht so perfekt war, wie alle am Anfang gedacht haben. Die Nachforschungen führen Agatha und ihren Nachbarn John bis nach London. Tief hinein in ein Netz aus Lügen und Erpressung.

Der Anfang des Buches hält sich nicht lange mit Beschreibungen und Erklärungen auf, sondern führt den Leser direkt an das Problem heran. Den neuen Kaplan und den Aufruhr, der in dem sonst so beschaulichen Dorf dadurch verursacht wird. So lässt auch der Mord nicht lange auf sich warten und die Geschichte nimmt schnell Fahrt auf. Agatha nimmt entgegen aller guten Vorsätze die Ermittlungen wieder selbst in die Hand. Ist sie doch höchst selbst ins Visier der Polizei geraten und diese Ungerechtigkeit muss schleunigst widerlegt werden, in dem der richtige Täter gefasst wird. Hilfe bekommt sie dabei erneut von ihrem Nachbarn John. Einem bekannten Krimiautor, der ihr nicht selten, durch seinen Bekanntheitsgrad, Tür und Tor bei den Zeugen und möglichen Verdächtigen öffnet.
Gut gefallen haben mir dabei die unterschiedlichen Schauplätze und vielfältigen Charaktere, die im Verlauf der Ermittlungen auftauchen. Es gestaltet den Roman sehr abwechslungsreich und amüsant und regt zudem zum Mitdenken an. Wer von den vielen Personen könnte der Täter sein und wie hängt alles zusammen? Mit der tatsächlichen Auflösung des Falles konnte ich, selbst wenn ich mich dabei wiederhole, auch dieses Mal überrascht werden und das macht mir bei dieser Reihe immer besonders viel Freude. Die dazugehörige Rahmenhandlung bettet Agathas und Johns kriminalistischen Spürsinn außerdem sehr gut in die Geschichte ein und rundet das Lesevergnügen ab.

Wie gewohnt konnte die Autorin somit auch bei diesem Kriminalfall mit Schreibstil, Charakterdarstellung und Plot überzeugen und mir, und hoffentlich auch anderen Lesern, damit einen unterhaltsamen Leseabend bereiten.

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