Der Titel verspricht mehr, als das Buch liefert
Goethe in MünsterWenn man hört, daß Goethe 1792 vier Tage in Münster war, fragt man sich schon, ob es da so viel zu berichten gibt, daß man ein ganzes Buch darüber schreiben kann. Und genau das ist leider auch das Problem: ...
Wenn man hört, daß Goethe 1792 vier Tage in Münster war, fragt man sich schon, ob es da so viel zu berichten gibt, daß man ein ganzes Buch darüber schreiben kann. Und genau das ist leider auch das Problem: es gibt eigentlich so gut wie nichts zu berichten und so nimmt der Besuch Goethes in diesem Buch ganze 7 Seiten ein, von denen einiges Mutmaßungen sind, Auflistungen von Goethes Ausgaben und Allgemeininformationen. Besonders interessant liest sich dieser Besuch ehrlich gesagt nicht.
Der größte Teil des Buches besteht aus den Biographien des von Goethe besuchten Münsteraner Kreises um die Fürstin Gallitzin, obwohl die meisten dieser Leute beim Besuch gar nicht mehr erwähnt werden. Darunter sind interessante Lebensläufe, wie z.B. derjenige der Fürstin; viele dieser – leider auch recht trocken geschriebenen – Lebenswege sind aber denkbar unspektakulär und lesen sich nicht sonderlich interessant.
Dann folgen allerhand Themen, die mit Goethes Besuch in Münster eher marginal zu tun haben, so Informationen zum Krieg mit Frankreich 1792, bei dem Goethe den Weimarer Herzog Carl August nach Frankreich begleiten mußte (der Zwischenstopp in Münster fand auf dem Rückweg nach Weimar statt), Goethes Haltung zur Religion und seinem Rückweg aus Frankreich. Dies ist eher knapp gehalten – wer mit Goethes Biographie vertraut ist, wird nichts Neues erfahren, für Goethe-“Neulinge“ könnte es informativ sein. Letztlich machte aber das Buch auf mich den Eindruck, daß man ein wenig krampfhaft alles gesucht hat, was man irgendwie in Bezug zu dieser Stippvisite in Münster bringen könnte, um ein Buch voll zu bekommen. Symptomatisch seien hier die Sätze über Goethes Spuren in Münster erwähnt, die besagen, daß man viel Fantasie bräuchte, um hier auf seinen Spuren zu wandeln, da letztlich von den damaligen Orten kaum einer mehr übrig sei. Es ist nicht wirklich was da, aber man strickt einiges darum.
Insofern fand ich das Buch enttäuschend, aber es war durchaus interessant, über diesen Münsteraner Kreis zu erfahren, einige der ungewöhnlicheren Lebensgeschichten zu lesen und von Goethes – über den Besuch hinausreichenden – Beziehungen zu diesem Kreis zu erfahren. Auch einige lesenswerte Hintergrundinformationen gibt es. Das Buch hat einen hochwertigen Einband und mehrere Abbildungen, arbeitet mit zahlreichen Zitaten und bietet ein umfangreiches Literaturverzeichnis. Aber dem Titel „Goethe in Münster“ wird es nicht wirklich gerecht.