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Veröffentlicht am 18.02.2024

Sprachlich hervorragend, inhaltlich nicht ganz überzeugend

Krummes Holz
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„Krummes Holz“ hatte es mir schon auf den ersten Seiten wegen der gelungenen Sprache angetan. Julja Linhof erzählt so bildhaft, daß ich das Gefühl hatte, selbst in dieser hitzeflirrenden Landschaft zu ...

„Krummes Holz“ hatte es mir schon auf den ersten Seiten wegen der gelungenen Sprache angetan. Julja Linhof erzählt so bildhaft, daß ich das Gefühl hatte, selbst in dieser hitzeflirrenden Landschaft zu stehen und den heruntergekommenen Hof mit Jirka zu entdecken. Es werden wenige Worte gebraucht, um die jeweilige Szenerie entstehen zu lassen. Auch gibt es von Anfang an viele Andeutungen auf dunkle Ereignisse und Familienkonflikte, was mich auf die Geschichten neugierig gemacht hat.
Lange erfahren wir allerdings sehr wenig. Die Handlungen und Motivationen der Charaktere bleiben größtenteils im Dunkeln. Der Vater Georg ist verschwunden, Jirka taucht nach Jahren unangemeldet auf und nichts davon wird wirklich angesprochen. Wir beobachten Jirka auf seinen einsamen und stummen Gängen durch das Haus und über das Grundstück und ich fand die Spärlichkeit der Informationen zunehmend schwierig, da mir das Geschehen nicht vorstellbar wurde und auch die Charaktere so recht blass blieben.
Das Erzähltempo ist sehr langsam, eigentlich fast nicht vorhanden. Das funktioniert allerdings lange erstaunlich gut, was für mich zum großen Teil an dem ausgezeichneten Umgang mit Sprache lag. Ich las diesen farbigen Stil sehr gerne. Auch das fast fluide Spiel mit den Zeitebenen ist hervorragend gemacht. Jirka entdeckt diesen Hof seiner Kindheit nach mehrjähriger Abwesenheit neu und dadurch werden allerlei Erinnerungen in ihm wach. Der Wechsel von der erzählten Gegenwart zu den Erinnerungen ist unmittelbar, wird kaum angekündigt oder verdeutlicht und die Zeiten wechseln häufig. Das wirkt beim Lesen fast mühelos, wie von selbst geschehend, was zeigt, wie sorgfältig diese Passagen ausgearbeitet und geschrieben wurden. Es sind letztlich auch eher diese Erinnerungen, die für Erzählfluss sorgen, denn in Jirkas Gegenwart passiert lange Zeit so gut wie nichts. Das Gesamtbild füllt sich so ein wenig.
Ab etwa der Hälfte begann das Buch mich allerdings zu verlieren. Die statische Trostlosigkeit ist ausgezeichnet geschildert, wurde aber zunehmend repetitiv. Ich hatte das Gefühl, auf der Stelle zu treten und mein Interesse an der Geschichte nahm ab, das Ewiggleiche begann mich zu langweilen. Auch die zusätzlichen Charaktere, die für kurze Zeit hineingeworfen werden, brachten für mich eher Irritation, da insgesamt einfach viele Details berichtet werden, die letztlich kaum eine Rolle spielten. Dann kam auch noch eine Outinggeschichte mit allerlei entsprechenden Details hinzu, was thematisch überhaupt nicht mein Fall ist, so daß mir das letzte Drittel des Buches insgesamt nicht mehr gefiel. Die Auflösung des Verbleibs des Vaters war dann durchaus interessant, bzw. wäre es gewesen, wenn sie nicht so untergegangen wäre. Zu diesem Zeitpunkt hatte mich das Buch einfach schon verloren.
Sprachlich ist „Krummes Holz“ durchweg erfreulich, die Autorin hat einen ungewöhnlichen und gekonnten Stil und kann meisterhaft Atmosphäre hervorrufen. Die Handlung hatte Potential, das für meinen Geschmack aber nicht komplett genutzt wurde, vieles blieb zudem offen, und das fast Statische des Erzähltempos ist für ein ganzes Buch m.E. nicht geeignet. Insofern überzeugte „Krummes Holz“ mich nur teilweise.

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Veröffentlicht am 01.01.2024

Spannend, atmosphärisch, aber etwas konstruiert

Waiseninsel
7

Waiseninsel beginnt mit einem ungemein spannenden und gruseligen Prolog der gleich neugierig macht. Was die Spannung betrifft, hält die Geschichte das, was der Prolog verspricht; langatmig wird es nie, ...

Waiseninsel beginnt mit einem ungemein spannenden und gruseligen Prolog der gleich neugierig macht. Was die Spannung betrifft, hält die Geschichte das, was der Prolog verspricht; langatmig wird es nie, nur auf den Privatkram der Ermittler und Jessicas Rückblicke hätte ich gerne verzichtet. Das ist aber etwas, das man bei Serien in Kauf nehmen muß. Störender fand ich, daß der Autor die Halluzinationen der Protagonistin Jessica benutzt, um es sich bequemer zu machen. Jessica hat Schizophrenie und dazu noch allerlei Vorbelastungen, die ich zu geballt fand und welche die Handlung gerade am Anfang häufig unterbrachen. Vorbelastete Ermittler sind ein überbenutztes Stilmittel des Genres, auch sonst greift der Autor immer wieder zu überbenutzten Versatzstücken. Abgesehen davon, daß ich es unglaubwürdig finde, daß Jessica im Polizeidienst arbeiten kann, erhält sie durch ihre Halluzinationen immer praktische Eingebungen, da hat der Autor es sich leicht gemacht. Auch manche zuerst gruselige oder spannende Momente entpuppen sich dann als Halluzination – so wird Spannung auf Kosten der Plausibilität erzeugt und ich fühle mich als Leser verulkt. Allerdings kann der Autor auch ohne derlei Hilfsmittel Spannung schaffen und eine gute Geschichte erzählen.

Die Atmosphäre ist das ganze Buch hindurch hervorragend geschildert. Der Großteil der Handlung findet auf einer Insel statt, auf welcher auch die Morde geschahen, und Seeck weiß diese Elemente zu nutzen. Der abgelegene Gasthof mit teils seltsamen Leuten, die ansonsten menschenleere Insel, ein verlassenes Kinderheim, eine gruselige Legende – all dies wird gekonnt verwebt, immer herrscht leichte Beklemmung und jeder scheint ein Geheimnis zu haben. Der historische Hintergrund ist ebenfalls ausgezeichnet ausgesucht und geschildert – hier sind wir im Jahr 1946 in einem Kinderheim, mit einer Gruppe Kinder, die zuerst vor dem Krieg evakuiert wurden und anschließend in einem tragischen Unfall ihre Eltern verloren. Hier rührt die Geschichte der kleinen Maija, die so eindringlich und gefühlvoll erzählt wird, daß es einem beim Lesen das Herz bricht. Man leidet mit ihr und die Erzählweise hat etwas ungemein Sensibles – auch hier zeigt sich wieder das Gespür des Autors für Atmosphäre.

Der Fall selbst ist dann verwickelt und geht in vielerlei Hinsicht in die Tiefe. Die Ermittlungen bringen zahlreiche neue Rätsel und der Autor versteht es, falsche Fährten zu legen. In einem Fall geschah mir das etwas zu plump, aber es gelang jedes Mal, mich zu überraschen, und man merkt, daß hier sorgfältig überlegt und konzipiert wurde. Die Auflösung fand ich leider nicht gänzlich plausibel und sie zeigt auch rückblickend, daß die Geschichte insgesamt zu konstruiert ist. Einen Großteil dieser Auflösung erfahren wir übrigens durch das albernste Stilmittel, auf das fast jeder Krimiautor zurückgreift, obwohl es überbenutzt und komplett unrealistisch ist: im unvermeidlichen Showdown berichtet der Täter seinem künftigen Opfer und/oder anwesenden Ermittlern erst einmal ausführlich von all seinen Taten, Motiven und Vorgehensweisen. Es ärgert mich, daß den Lesern diese lächerliche Szene immer noch in fast jedem Roman dieses Genres vorgesetzt wird, das schwächt eine Autorenleistung ganz erheblich. Seeck beweist in dem Buch zwar, daß er kreative Wege gehen kann, macht es sich aber eben auch oft zu einfach.

So hatte „Waiseninsel“ für mich durch Jessicas diverse persönliche Probleme, die konstruierte Geschichte, die teilweise fehlende Plausibilität und die überbenutzten Krimiklischees mehrere Mankos, allerdings bot das Buch auch prächtige und gekonnte atmosphärische Schilderungen, interessante Einblicke in das finnische Leben und eine überaus gelungene historische Komponente, die sowohl thematisch spannend als auch ausgezeichnet geschildert war. Ich konnte in die Geschichte eintauchen, spannende und leicht gruselige Szenen genießen und wurde überwiegend ausgezeichnet unterhalten.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
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  • Spannung
Veröffentlicht am 31.12.2023

Origineller, aber oft überemotionaler und egozentrischer Blick auf Berlin

Gezeiten der Stadt
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Die Idee, eine Geschichte Berlins zu schreiben, die von der offiziellen Geschichtsschreibung ein Stück weggeht und sich auf ungewöhnlichen Pfaden durch die Stadt bewegt, ist hervorragend und es gelingt ...

Die Idee, eine Geschichte Berlins zu schreiben, die von der offiziellen Geschichtsschreibung ein Stück weggeht und sich auf ungewöhnlichen Pfaden durch die Stadt bewegt, ist hervorragend und es gelingt Kirsty Bell durchaus, sich der Stadt auf eine eigene und originelle Art zu nähern. Man kann hier manch neuen Blick auf Berlin erlangen.
Eine Geschichte Berlins im zeitlich umfassenden Sinne ist es nicht, Bell behandelt die Zeit etwa zwischen spätem Biedermeier und der Gegenwart. Hier sind der Untertitel und der Klappentext irreführend und das fand ich enttäuschend, denn so wurde vieles nicht thematisiert, was die Stadt ausmacht und was oft zu wenig Beachtung findet. Nur ein Drittel des Buches ist der Zeit vor der Nazidiktatur gewidmet – schade, denn das ist eine sehr einseitige Gewichtung, die inhaltlich wiederkäut, was man schon sehr oft gelesen hat. Insgesamt muß ich sagen, daß ich aus dem Buch wenig Neues erfahren habe.
Die Vorgehensweise hat mir trotzdem in mancherlei Hinsicht gut gefallen. Vor den einzelnen Zeitabschnitten finden wir jeweils einen Stadtplan oder Auszug eines Stadtplans jener Epoche, das ist eine ausgezeichnete Visualisierung und unterstreicht den Inhalt gelungen. Auch die Verwebung mit Gemälden und Büchern fand ich erfreulich. So nutzt Bell z.B. Fontanes Werke, um uns das kaiserliche Berlin näherzubringen, unterlegt Romanauszüge mit Hintergrundfakten und schafft so ein farbiges Bild.
Absolut unangenehm fand ich dagegen ihre Neigung, sich und ihre eigene Geschichte ständig in den Vordergrund zu drängen. Das Buch beginnt schon mit einer ausführlichen Schilderung ihrer Ehekrise und Wohnungsprobleme. Das ist denkbar uninteressant, aber als Einführung für ihre Gründe, sich mit ihrem Haus und von dort aus der Geschichte der Berliner Umgebung zu befassen, noch nachvollziehbar. Allerdings bleibt es nicht dabei. Bell redet über weite Strecken des Buches nicht über Berlin, sondern über sich. Kein Kapitel kommt ohne – meistens anstrengend larmoyante – Bemerkungen über ihre Familiensituation aus und es ging mir zunehmend auf die Nerven, ständig über ihre persönlichen Befindlichkeiten lesen zu müssen, die mit dem Thema nichts zu tun haben. Auf eine seltsam egozentrische Art bezieht sie letztlich alles auf sich – wenn sie über den Umgang mit Scham in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg schreibt, fügt sie einen langen Abschnitt über die Scham ein, die sie angesichts ihrer gescheiterten Ehe fühlt. Als sie herausfindet, daß jemand, der vor vielen Jahrzehnten in ihrem jetzigen Haus lebte, 1932 in die Nazipartei eingetreten ist und ein propagandistisches Kartenspiel herstellte, reagiert sie so dramatisch und entsetzt, als ob es sich um einen engen Verwandten handele, der ein Versprechen an sie gebrochen hätte.
Überhaupt ist Bells Besessenheit von der Familie, welche das Haus, in dem sie heute wohnt, baute und lange bewohnte, verstörend. An sich ist der Gedanke, die Geschichte ihres Hauses zu erforschen und die Geschichte der dortigen Bewohner mit der Berlins zu verbinden – durch Einzelschicksale das Geschehen persönlicher zu machen – ausgezeichnet. Auch ist die Geschichte des Hauses durchaus interessant. Aber Bell steigert sich sehr dort hinein, baut eine innerliche Beziehung zu diesen Menschen auf, schreibt Seiten über Seiten mit überdramatisierten Fragen und Vermutungen über diese voll und führt am Ende des Buches sogar das bedenkliche und zweifelhafte Verfahren einer Familienaufstellung mit den Charakteren dieser seit langem verstorbenen früheren Bewohner des Hauses durch, was zu einem der befremdlichsten Abschnitte des Buches führt. Auch sonst tropft reichlich Esoterik von den Seiten. Da wird dann ein banaler Wasserschaden zu den Tränen einer Wohnung, die nicht möchte, daß Bell dort wohnt. Angebliche Heilsteine werden auslegt und die Leser allerlei esoterischen Ansichten ausgesetzt. Was das mit der Geschichte Berlins zu tun hat, bleibt ein Rätsel, aber auch die geschichtlichen Betrachtungen erfolgen leider häufig mit derlei esoterischem Unterton.
Wenn es denn mal um die Geschichte Berlins geht, sind die Ansichten durchaus interessant, auch sprachlich kann das Buch überzeugen. Ich freute mich nicht nur über Fontane, sondern auch, daß weniger bekannte Berliner wie Gabriele Tergit zu Wort kommen. Allgemein floss viel Wissen und hingebungsvolle Recherche ins das Buch. Auf die zahlreichen philosophischen Exkurse und ziellos mäandernden Gedanken hätte ich gut verzichten können, aber es ist durchaus eine Geschichtsbetrachtung, die neue Aspekte eröffnet. Die obskuren esoterischen Ausführungen und die Penetranz, mit der die Autorin ständig um sich kreist, und bei der ich mich immer wieder fragte, warum sie glaubt, das könnte die Leser, die ein Buch über die Geschichte Berlins gekauft haben, interessieren, hat mir das Buch allerdings sehr verleidet.

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Veröffentlicht am 27.12.2023

Informativ und außerdem herrlich geschrieben

Wild Brandenburg
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„Wild Brandenburg“ führt die Leser zu 50 sehenswerten Orten in der Natur Brandenburgs und liefert Ideen für Wanderungen und Ausflüge. Es ist kein Wanderführer im klassischen Sinne, denn hier finden sich ...

„Wild Brandenburg“ führt die Leser zu 50 sehenswerten Orten in der Natur Brandenburgs und liefert Ideen für Wanderungen und Ausflüge. Es ist kein Wanderführer im klassischen Sinne, denn hier finden sich keine Routenbeschreibungen oder Karten und im Vorwort wird erklärt, daß ein wenig Vorbereitung anhand von Karten u.ä. sinnvoll ist – zu diesem Zweck gibt es auf der letzten Seite einige Links und Tips. Nachdem ich sonst nur klassische Wanderführer kannte, hat mir dieses Konzept gut gefallen. Jeder Eintrag besteht wie immer bei dieser Serie aus vier Seiten. Die wesentlichen Vorzüge jedes Ortes werden auf einer Seite zusammengefaßt, zwei Seiten sind Bildern gewidmet, die letzte Seite praktischen Hinweisen und einem weiteren Bild. Waren mir bei einem anderen Buch der Serie diese Einträge zu kurz, paßt die komprimierte Art zu diesem Thema gut, da hier weniger Detailbeschreibungen und Hintergrundinformationen erforderlich sind, sondern es mehr darum geht, die Stimmung und Art der Natur zu schildern.
Über jedem Eintrag findet sich bereits eine Kategorisierung wie z.B. „Talgrund, Seen und Wald“ oder „Bachtal“, auch die Fotos geben einem bereits einen guten Eindruck. Diese sind überwiegend gelungen und stimmungsvoll. Allerdings sind auch mehrere Fotos dabei, bei denen die Lichtverhältnisse nicht günstig waren, so daß sie in blassen, stumpfen Farben daherkommen. Das fand ich bei einem Buch, das zum Großteil auf Illustrationen setzt, enttäuschend und kenne es aus einem anderen Buch der Serie besser. Hier hätte man bei besseren Lichtverhältnissen fotografieren oder die Farben der Fotodatei anschließend behutsam ein wenig auffrischen sollen.
Dafür kann der Text durchweg überzeugen. Nicht nur das, mich hat er begeistert. Gregor Münch beschreibt die 50 Orte poetisch und äußerst stimmungsvoll. Ich habe noch nie einen sprachlich so ansprechenden Reise-/Wanderführer gelesen. Die Texte waren eine wahre Freude! Die Stimmung wird eingefangen und es gibt eine gute Mischung aus praktischen Hinweisen (z.B. zur Begehbarkeit der Wege) und Detailinformationen. Es hat Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen und oft habe ich das Beschriebene durch die Worte vor mir gesehen und wollte gleich dorthin.
Die Ziele finde ich gut gewählt, sie sind von der Natur und Lage her vielfältig, es sind sowohl bekannte Orte wie auch versteckte Perlen enthalten. Vor jedem Eintrag findet sich eine kleine Übersichtskarte Brandenburgs, auf welcher der jeweilige Ort mit einem Punkt markiert ist, so daß man gleich weiß, in welcher Gegend er sich befindet. Hinten im Buch findet man auf einer größeren Karte alle Punkte mit ihren Kapitelnummern, ebenfalls nützlich. Leider gehen die Nummern wild durcheinander, so daß man auf der Karte z.B. die 2 neben der 28 findet, die 1 in einer völlig anderen Gegend neben der 39. Es wäre angenehmer, wenn die Kapitel auch geographisch zusammenstehen würden, so daß man bei der Reiseplanung gleich die Orte einer Gegend zusammen hat und nicht herumsuchen muß.
Die jeweils letzte Seite mit den praktischen Informationen enthält neben Anreise- und Parkinfos auch Tips für Sehenswertes in der Umgebung, das hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich habe mir aus diesem Buch für den nächsten Urlaub schon mehrere Ideen geholt.
Insgesamt also trotz kleiner Schwächen ein tolles Buch, das sowohl nützlich wie auch eine Lesefreude ist.

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Veröffentlicht am 26.12.2023

Bemüht und langweilig

Der Cocktailmörderclub
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Auf dieses Buch hatte ich mich sehr gefreut, ich mag gemütliche Krimis mit nostalgischer Atmosphäre und natürlich ist es eine interessante Facette, wenn einige der größten Krimischriftsteller der 1930er ...

Auf dieses Buch hatte ich mich sehr gefreut, ich mag gemütliche Krimis mit nostalgischer Atmosphäre und natürlich ist es eine interessante Facette, wenn einige der größten Krimischriftsteller der 1930er als Charaktere mitwirken. Allerdings hat es mir von Anfang an nicht gefallen. Die Geschichte schleppt sich zäh dahin und hält sich bei unwesentlichen Details auf. Anfangs folgte fast jedem Satz ein erklärender Absatz, so daß die Geschichte gar nicht in Gang kam, auch ist es kein Zeichen von schriftstellerischem Können, wenn Informationen so schwerfällig eingefügt werden. Überhaupt war ich überrascht, in der Klappentextinformation zur Autorin zu lesen, daß diese erfahren und erfolgreich ist, denn dieses Buch weist Fehler auf, die ich bei Anfängerautoren verorten würde.

Einer davon ist die langatmige Einführung der Protagonisten. Bei der Anfangsveranstaltung werden diese in einer Abfolge langatmiger Beschreibungen nacheinander vorgestellt. Man liest seitenweise nichts als eine Beschreibung nach der anderen, wer was trug, trank, aß oder welchen Beruf derjenige hat, was er schreibt etc. etc. In einer derart trockenen Abfolge wie mit Steckbriefen vorgestellte Protagonisten kann man nicht richtig kennenlernen, die heruntergeleierten Beschreibungen hinterließen keinen Eindruck und so blieben mir auch die Charaktere im Buch weitgehend fremd. Es gibt wesentlich gekonntere Arten, Charaktere einzuführen - die hier gewählte ist eine der schlechtesten. Die Charaktere selbst sind ohnehin sehr klischeehaft und blass.

Die Autorin bemüht sich, einige komische Elemente hineinzubringen und man merkt dieses Bemühen. Man liest Bemerkungen, die witzig sein möchten, nicht Bemerkungen, die witzig sind. Und auch sonst wirkt alles sehr bemüht. Zeitkolorit sollte wohl u.a. durch Beschreibung der Kleidung der Haushälterin hineingebracht werden und so lesen wir ständig an unpassenden Stellen und ohne Bezug zur Handlung solche detaillierten Kleidungsbeschreibungen, die teils klingen wie aus einem Modebuch abgeschrieben. Informationen zum Tagesablauf werden ähnlich bemüht eingefügt - das Buch wirkt insgesamt einfach nicht natürlich, sondern man spürt das Schema, nach dem die Autorin vorgeht. Auch Schlossfolgerungen werden den Lesern nie selbst überlassen, alles wird noch einmal oder gleich mehrmals erklärt.

Die Handlung schleppt sich mühsam dahin und wird durch reichlich Unnötiges aufgepolstert. Auch hier merkt man immer wieder, die Autorin wollte ihr angelesenes Wissen über die Führung großer Haushalte in jener Zeit unterbringen, was ihr leider nicht so gelingt, daß es sich mit der Geschichte verwebt. Auch die kleinen Wortgefechte zwischen der Haushälterin, dem Butler und dem Chauffeur wirken aufgesetzt und sind zudem in ihrer wiederholenden Häufigkeit langweilig. Während also der Erzählfluß mühsam dahinholpert und vor lauter bemüht eingefügten Elementen nicht in Gang kommt, mangelt es auch an der Plausibilität. So gelingt es der Haushälterin, durch Staubwischen, das Einschenken von Tee u.ä. bei sämlichen Vernehmungen "zufällig" im Raum zu bleiben - ein ordnungsgemäß arbeitender Polizeibeamter würde dies nie zulassen.

Bei all dieser Bemühtheit, dem wenig überzeugenden Stil und der Zähigkeit merkte ich nach der Hälfte, daß mir die Auflösung des Falles, der anfangs noch etwas Interessantes hatte, mittlerweile völlig gleichgültig war. Ich habe mich noch weiter durchgeschleppt, aber dieses Buch blieb eine Enttäuschung. Die Idee war hervorragend, die Umsetzung mangelhaft.

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