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Veröffentlicht am 26.01.2019

Girlie-Gärtnern

Balkon Basics
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Das Titelbild zeigt es ja schon ein wenig - man will möglichst verspielt und locker rüberkommen. Vielleicht bin ich nicht die richtige Zielgruppe, denn mir ging dies nach einer Weile ziemlich auf die Nerven.

Aber ...

Das Titelbild zeigt es ja schon ein wenig - man will möglichst verspielt und locker rüberkommen. Vielleicht bin ich nicht die richtige Zielgruppe, denn mir ging dies nach einer Weile ziemlich auf die Nerven.

Aber der Reihe nach. Das Buch ist schön und hochwertig gestaltet, sehr ansprechend, und es macht Spaß, durchzublättern. Die Fotos sind gut gewählt und ebenfalls angenehm anzusehen, auch ist durch viel Farbe das ganze Buch gut aufgelockert. Ebenfalls gut und informativ: die "Best of"-Übersichten, in denen bestimmte Pflanzengruppen übersichtlich mit Kurzportraits, Pflanz- und Blütezeiten und guten Informationen aufgelistet sind. Übersichtlich und gut gestaltet, wenn auch leider etwas sehr selektiv. Keine Info zu Lavendel, zum Beispiel, und der ist nun wirklich eine beliebte Balkonpflanze.

Und das ist leider auch mein Problem mit dem gesamten Buch - zu manchen Themen fehlen Informationen oder sind nur ein paar oberflächliche Informationen zu finden. Ein Thema, zu dem ich mich ausführlich informieren wollte, war das richtige Zurückschneiden von Pflanzen. Einen kurzen Absatz gab es dazu, während das Setzen von Blumenzwiebeln mit einer Schritt-für-Schritt-Fotoserie gezeigt wird (was auch Schritt für Schritt gezeigt wird ist, wie man die natürliche Form eines Bäumchens in eine unnatürliche runde Kugel verwandelt). Überhaupt wird leider sehr viel Platz auf Dinge verwandt, die für die meisten Balkongärtner nicht so relevant sind: wie man seine Gießkanne mit lustigen Bildchen bemalt, wie man Eier färbt und putzige kleine Bastelarbeiten macht, daß man anstelle von Töpfen auch leere Konservendosen nehmen kann, wie man glamourösen (!) Zucker herstellen kann und Töpfe mit quietschbunten Mosaiksteinchen verziert. Das hat mit Gärtnern nur sehr bedingt etwas zu tun und mag vielleicht für eine kleine Zielgruppe witzig sein, für die meisten aber nur Platzverschwendung in einem immerhin nicht ganz günstigen Buch.

Zu diesem Girlie-Bild paßt dann leider auch der an vielen Stellen gewollt-lockere Schreibstil; alles ist easy (oder sogar super-easy), sexy und Power. Außerdem liest man Stilblüten wie "Chips oder Schoko, Baggersee oder Festival, Brad Pitt oder Hugh Jackman: Das Leben ist voller schwieriger Entscheidungen." Nun bin ich ganz froh, wenn ein Sachbuch nicht staubtrocken daherkommt, aber in diesem Buch wurde es (für meinen Geschmack) doch ein wenig übertrieben mit dem "schaut mal, wie easy und relaxed wir sind" (passend auch zu den Fotos der ausschließlich jungen Frauen).

Wenn der Text sich auf Informationen beschränkt, dann liest er sich gut und flüssig, und es sind auch gute Hinweise und Erklärungen dabei. Schön auch die Tips, wie man viele überteuerte Gartenwerkzeuge/Gerätschaften uä günstig selbermachen kann oder welche günstigen Alternativen es gibt. Ebenfalls interessant das Kapitel über Blumenerde, wie sie zusammengesetzt ist und welche Angaben hier relevant sind. Es steckt also defintiv Wissen in dem Buch und dieses wird auch überwiegend gut vermittelt, wenn mir leider nun manche Dinge (s.o.) fehlten. Man kann anhand des Buches die Grundbegriffe des Balkongärtnerns erfahren und hat auch eine gute Hilfe bei der Auswahl von Pflanzen. Ich persönlich hätte weitere relevante Informationen den putzigen kleinen Ideen vorgezogen, die leider mehr Raum einnehmen, als mir lieb ist. Das ist aber - wie der gesamte Stil des Buches - Geschmackssache. Ich werde mich jedenfalls nach einem etwas umfassenderen Gartenbuch umsehen.

Veröffentlicht am 26.01.2019

Abwechslungsreiche Entdeckungsreise durch Frankfurt

Ein Frankfurtbuch.
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Susanne Asal hat für ihre "101 überraschende Geschichten" aus Frankfurt eine abwechslungsreiche Mischung an Informationen über Frankfurt zusammengestellt. Da war auch für mich als seit über 18 Jahren ...

Susanne Asal hat für ihre "101 überraschende Geschichten" aus Frankfurt eine abwechslungsreiche Mischung an Informationen über Frankfurt zusammengestellt. Da war auch für mich als seit über 18 Jahren in der Gegend Wohnende viel Neues und teilweise tatsächlich Überraschendes dabei. Die Auswahl ist überwiegend gut gelungen. Ein wenig Geschichte, ein wenig Berühmtheiten, ein wenig Lokalkolorit, Kunst, Politik und Szene. Dies wechselt sich auch angenehm ab, so kann man in vier aufeinanderfolgenden Geschichten sich über Goethe freuen, etwas zur Gentrifizierung erfahren, mit Hölderlin und seiner Muse leiden und die Augen am Frankfurter Nationalgericht Grie Soss weiden.

Die einzelnen Kapitel sind zwischen einer 3/4 und 3 Seiten lang, bei manchen hätten ein paar Zeilen mehr nicht geschadet (über das Internationale Theater gibt es wirklich nur so wenig zu sagen?). Es gab Stellen, an denen der Text recht abrupt aufhörte, einmal habe ich tatsächlich zurückgeblättert, um sicherzustellen, daß ich nicht eine Seite zu viel überschlagen habe. Das Kapitel über Heinrich Hoffmann ist so ein Beispiel. Im Kapitel über Senckenberg wird dann erwähnt, daß Johann Christian Senckenberg eines "denkwürdigen" Todes starb, aber mehr als daß ihn dieser "ausgerechnet bei der Besichtigung der Baustelle des von ihm gestifteten Bürgerhospital" ereilte, erfahren wir nicht. (Für die Interessierten: er stürzte von einem Baugerüst). Warum man diese Information nicht in einem Halbsatz einfügen konnte, wenn man da Denkwürdige des Todes schon erwähnt, erschließt sich mir nicht.
Während also an manchen Stellen Informationen oder Details fehlen, gibt es mehrere Wiederholungen. Daß reiche Bürgerfamilien ihre Landschaftsparks hatten, erfahren wir dreimal, die Stiftungen der Rothschilds werden zweimal erwähnt, die Gründe für den Namen des Römers ebenfalls zweimal, etc. Daß die Autorin die hohen Wohnungspreise in Frankfurt nicht schätzt, erfahren wir bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Es ist zwar absolut nachvollziehbar, aber der Leser hat es auch nach dem zweiten Mal schon verstanden und rollt nach dem fünften Mal eher genervt die Augen. Auch hätte ich es generell angenehmer gefunden, wenn die Autorin ihre persönliche Meinung nicht so häufig eingeflochten hätte. Objektivität finde ich wesentlich professioneller und als Leser möchte ich etwas über Frankfurt erfahren und nicht die Meinung der Autorin auf's Auge gedrückt bekommen.
Nun machen aber diese Punkte einen nicht so großen Teil aus, daß sie das Lesevergnügen erheblich beeinträchtigen. Überwiegend erfährt man hier wirklich Informatives und man merkt, Susanne Asal kennt ihr Frankfurt und führt uns auch mal unbekanntere Wege entlang. Diese Entdeckungsreise macht durchaus Spaß.

Der Schreibstil ist unprätentiös, lebendig und gut lesbar, einige Formulierungen fand ich etwas ungeschickt, aber dann finden sich auch so schöne Sätze wie dieser: "Das Senckenberg Museum schlägt eine ganz wunderbare Brücke, über die ungezählte Schulkinder gehen können ... und es wird nie langweilig."
Die alberne Angewohnheit, zu cool für das Wort "Fluggesellschaften" zu sein, fand ich leider hier auch - es sind hier "Airlines", und im Kapitel über die Staufer fallen laut Autorin in der Innenstadt zwei "landmarks" auf. In einem Blogartikel in Ordnung, in einem Buch für meinen Geschmack, wie gesagt, albern.

Gut gefallen haben mir die unterhaltsam erzählten Hintergründe zu vielen Themen. Es wurde auf wenig Platz viel untergebracht und eben auch oft tiefergehend, als man es woanders liest.

Ein kleines Manko ist die Ausstattung des Buches. Der pappartige Einband ist nach einmaligem Lesen (und dies durchweg zu Hause, das Buch wurde nicht in einer Tasche herumgeschleppt) an mehreren Stellen schon angestoßen und sieht ein wenig mitgenommen aus. Die inneren Seitenränder sind knapp bemessen und man muß das Buch schon recht unsanft weit aufklappen, um alles lesen zu können. Die Schrift ist klein, was mir nichts ausgemacht hat, aber für viele zu klein zum angenehmen Lesen sein dürfte. Es gibt einige Abbildungen, aber nicht viele. Verglichen mit dem vom gleichen Verlag herausgegebenen besser ausgestatteten und preislich günstigeren "99x Rhein-Main-Gebiet" wird die Ausstattung hier dem Preis von 14,99 € nicht ganz gerecht.

In Ganzen also ein durchaus empfehlenswertes Buch mit kleinen Mängeln, aber erfreulicher Vielfalt und guten Informationen, die sicher auch für Frankfurter selbst noch interessant sind.

Veröffentlicht am 24.01.2019

Ein mitreißendes Lesevergnügen

Heimaterde
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Ich habe dieses Buch meinem in Galizien geborenen und aufgewachsenen Großvater zum 95. Geburtstag geschenk und auch gleich ein Exemplar für mich gekauft. Ich habe es fast in einem Rutsch durchgelesen und ...

Ich habe dieses Buch meinem in Galizien geborenen und aufgewachsenen Großvater zum 95. Geburtstag geschenk und auch gleich ein Exemplar für mich gekauft. Ich habe es fast in einem Rutsch durchgelesen und meinem (sehr kritischen!) Großvater ging es genauso, er meinte, er hätte mit dem Lesen gar nicht aufhören wollen, so akkurat und lebhaft wurde alles geschildert. Er hat sich förmlich in seine Jugend zurückversetzt gefühlt.

Das Buch beginnt vor der Auswanderung der Familie nach Galizien und zeigt die damalige Situation der Auswanderer, ihre Wünsche, Sorgen und die durchgemachten Strapazen auf der Reise, ganz hervorragend auf. Der historische Hintergrund ist sehr gut recherchiert und durch die Charaktere zum Leben erweckt.

Die Jugenderinnerungen des Hauptperson im frühen 20. Jahrhundert sind angenehm zu lesen und auch hier fand ich Vieles wieder, was ich von meinem Großvater gehört und in anderen Lebenserinnerungen aus Galizien gelesen habe. Die galizische Welt vor dem zweite Weltkrieg ist gelungen eingefangen.

Die Erzählung über die Aussiedlung, Kriegs- und Nachkriegszeit hat mich emotional sehr berührt, einfach weil ich weiß, daß es meinen Vorfahren auch so ergangen ist. Hier ist ebenfalls der historische Hintergrund gut recherchiert. In einer Rezension zum Buch werden diese Berichte als langweilig eingestuft - das kann ich persönlich in keiner Weise nachempfinden. Ich habe beim Lesen mitgefühlt, mitgefiebert und hatte an manchen der traurigen Stellen einen Kloß im Hals.

Zwei kleine Dinge, die mir nicht so gut gefielen: von der Auswanderung springt die Geschichte gleich zum 20. Jahrhundert. Mich hätte das Familienschicksal auch in der Zwischenzeit sehr interessiert, selbst wenn es nur in kleineren Episoden gewesen wären. So fand ich den Sprung etwas abrupt und fand es auch schade, daß dieser Teil völlig ausgelassen wurde.
Die Geschehnisse der Nachkriegszeit in Polen fand ich manchmal ein wenig verwirrend, auch bzgl. der jeweils vergangenen Zeit und der mir manchmal fehlenden Hintergrundinformationen.

Die sind aber nur kleinere Abstricht, die das Lesevergnügen nicht merklich beeinträchtigt haben. So kann ich sagen - sowohl mein Großvater, der auf eigene Erinnerungen zurückgreifen kann, wie auch ich haben dieses Buch sehr genossen!

Veröffentlicht am 24.01.2019

Sehr schön geschriebene Geschichte einer Jugend in einer tragischen Familie

Sommer in Super 8
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Schon am Titelbild sieht man, daß Anne Müller ihre Leser in die späten 60er bis 70er Jahre führt, und dies tut sie ganz hervorragend und lebendig. Wir begleiten Clara durch ihre Kindheit und Jugend in ...

Schon am Titelbild sieht man, daß Anne Müller ihre Leser in die späten 60er bis 70er Jahre führt, und dies tut sie ganz hervorragend und lebendig. Wir begleiten Clara durch ihre Kindheit und Jugend in einem norddeutschen Dorf; lernen nach und nach die dunklen Seiten hinter der auf den ersten Blick so perfekten Landarztfamilie kennen.

Der Schreibstil ist angenehm, man ist sofort mitten in der Geschichte, nimmt gleich teil am Leben der Familie König, welches aus Claras Sicht erzählt wird. Man merkt schon im ersten Kapitel, daß Clara ein tiefgründiges Kind mit teils traurigen Gedanken ist. Ebenso schnell wird deutlich, daß hinter der respektablen Front der Familie - mit attraktiven, eleganten Eltern, der alten Villa, den Ausflügen - nicht alles so perfekt ist, wie es scheint. Sowohl das Wesen Claras und ihrer Familie wie auch die Risse in der Fassade werden uns auf sehr gekonnte Weise vermittelt, durch kleine Bemerkungen, Beobachtungen, Nebensätze. Hier werden keine Fakten plump serviert, das Gesamtbild entfaltet sich nach und nach, die Hinweise sind gut eingesetzt und man möchte gleich weiter lesen und alles erfahren.

Vordergründig berichtet Clara harmlose kleine Episoden, in denen man die 70er Jahre richtig vor sich sieht, die leuchtenden Farben, Riesensonnenbrillen, die Super 8-Filme. Auch das Zeitgeschehen wird immer wieder eingeflochten, so die Angst vor den Russen, die Mondlandung, der Terroranschlag bei den olympischen Spielen. Es werden viele solche interessanten Details erwähnt und dadurch ersteht dieses Jahrzehnt auf den Seiten des Buches auf.

Während sich in Claras Grundschulzeit die Abgründe der Familie noch gut vertuschen lassen und von einem solch kleinen Kind auch eher nur in Nuancen wahrgenommen werden (können), ändert sich sowohl für Clara wie auch für den Leser einiges, als Clara zum Teenager geworden ist. Die Familienprobleme werden deutlicher, zugleich aber rückt die Familie leider in der Erzählung in den Hintergrund. Wir lesen detailreich über die typischen Teenagererfahrungen - Schminken, Tanzstunde, erster Kuß, Discobesuch, Konfirmation. Dies ist immer noch gut (manchmal etwas zu ausführlich) erzählt (abgesehen von einigen kleinen Wiederholungen), aber für meinen Geschmack verlor sich die Geschichte zu sehr in diesen Dingen und ließ die für mich viel interessantere Familiendynamik zurückstehen.

Während man im ganzen Buch Claras Vater vielseitig erlebt und kennenlernt, bleibt ihre Mutter fast die ganze Zeit über blaß. Im ersten Teil hat sie noch Persönlichkeit und man möchte mehr über sie erfahren, dieser Wunsch wird nicht erfüllt, im Gegenteil. Die Beziehung zwischen Claras Eltern ist sehr interessant, ist auch das, was zur Besonderheit dieses Buches beiträgt, sie hätte neben den Teenageralltagserfahrungen meiner Meinung nach viel mehr Raum verdient.

Der letzte Teil des Buches ist sowohl berührend, wie auch ein wenig verstörend, letzteres auch wegen der für mich nicht ganz nachvollziehenden Reaktionen (oder teils fehlenden Reaktionen) der Familie.

"Sommer in Super 8" ist ein Buch, das von Anfang an berührt, Emotionen weckt, in einem angenehmen Stil geschrieben ist und auch nach dem Lesen noch nachwirkt.

Veröffentlicht am 24.01.2019

Sprachgewaltiges Portrait von Gesellschaft und Freundschaft

Die Glut
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Der ungarische Titel dieses Buches, A gyertyák csonkig égnek, bedeutet übersetzt "Die Kerzen brennen bis zum Ende". Dies ist eigentlich der bessere Titel für dieses Buch, denn der Großteil der Handlung ...

Der ungarische Titel dieses Buches, A gyertyák csonkig égnek, bedeutet übersetzt "Die Kerzen brennen bis zum Ende". Dies ist eigentlich der bessere Titel für dieses Buch, denn der Großteil der Handlung (mehr ein Gespräch als Handlung) findet in einer Nacht statt, in der die Kerzen allmählich herunterbrennen.

Das Buch beschreibt eine Rückschau. Eine Rückschau auf eine untergegangene Zeit, die k.u.k. Monarchie, die Welt der Adligen, der Offiziere, der Ehre, des Verschweigens. Aber auch eine Rückschau auf eine Freundschaft und einen Betrug. All dies geschieht vor dem Ersten Weltkrieg und wird im Jahre 1942 in einer kammerspielähnlichen Situation betrachtet.

Der 75jährige ungarische General Henrik lebt alleine und zurückgezogen in seinem Schloß, erhält dann die Nachricht über den Besuch eines Freundes, den er seit über 40 Jahren nicht mehr gesehen hat. Man merkt, er hat seit über 40 Jahren auf diesen Besuch gewartet. Es gibt etwas zu klären, etwas Unangenehmes. Nach und nach blickt Henrik zurück auf die gemeinsame Jugend mit seinem guten Freund Konrád. In einer wunderbaren Sprache entfaltet sich vor uns die k.u.k.-Welt, die Ehe zwischen Henriks sehr verschiedenen Eltern, die Freundschaft zwischen dem privilegierten Henrik und dem aus verarmtem Adel stammenden Konrád. Beide jungen Männer werden Offiziere, Konrád paßt aus verschiedenen Gründen nicht in diese Welt und nach und nach merken wir auch, daß diese so gut erscheinende Freundschaft zwischen Henrik und Konrád viel komplizierter, tiefgründiger und teils ablehnender ist, als man denkt.

Allmählich, als werden Blätter von einer Blüte gepflückt, wird aufgedeckt, was damals alles geschah, was Konrád dazu veranlaßte, fast fluchtartig ins Ausland zu gehen, was Henrik zu seiner Zurückgezogenheit veranlaßte. Als Konrád zu seinem Besuch ankommt, verbringen die beiden jetzt alten Männer die Nacht mit den brennenden Kerzen damit, zu reden. Oder vielmehr, Henrik redet. Es ist ein langer Monolog, oft sehr weitschweifig, manchmal wiederholend. Die Sprache bleibt wundervoll, elegant, berührend.

Am Morgen sind die Kerzen heruntergebrannt, ist alles gesagt. Es bleibt einiges ungeklärt zwischen den beiden Männern, und doch ist es genau dadurch auch geklärt. Ein interessanter vielschichtiger Blick auf die verschiedenen Facetten von Freundschaft, Rache, Verzeihen, Sehnsucht. Sándor Márai konnte in seiner wundervollen Sprache eine untergegangene Welt auferstehen lassen, das Gefühl des Sterbens dieser Welt fast schmerzlich verdeutlichen. Ein wahres Lesevergnügen.