Gut recherchiert, im Romanteil ein wenig knapp geschildert
Annette von Droste-Hülshoff. Dichterin zwischen den FeuernDiese Romanbiographie über Annette von Droste-Hülshoff ist liebevoll und ansprechend gestaltet, auch die aussagekräftigen, originellen Kapitelüberschriften haben mir gut gefallen. Es wird beim Lesen schnell ...
Diese Romanbiographie über Annette von Droste-Hülshoff ist liebevoll und ansprechend gestaltet, auch die aussagekräftigen, originellen Kapitelüberschriften haben mir gut gefallen. Es wird beim Lesen schnell offensichtlich, daß sich diese Sorgfalt ebenfalls auf die Recherche erstreckt hat. Man erfährt im Buch zahlreiche detaillierte Fakten über Hülshoffs Leben und Umfeld.
Im - ausgezeichneten - Nachwort erwähnt die Autorin, sie hätte sich bei Verfassen der Romanbiographie um Zurückhaltung bemüht. Meiner Meinung nach hätte der Romanteil etwas weniger Zurückhaltung vertragen. Das Leben Hülshoffs wird in Vignetten erzählt, oft mit mehrjährigen Zeitsprüngen und teils recht abrupten Szenenwechseln/Kapitelenden. Diese Vignettenform hat zumindest mir nicht uneingeschränkt zugesagt, wobei aber auch eine große Rolle spielt, daß viele relevante Details nicht oder nur knapp erwähnt werden.
So wird mit einem Satz ein junger Mann erwähnt, ist zwei Seiten späten schon der Liebste Annette von Droste-Hülshoffs, ohne daß der Leser ihn auch nur ansatzweise kennenlernen kann. Der Beginn einer Freundschaft wird detailliert beschrieben, dann verschwindet diese Freundin jahrelang ohne Erwähnung, taucht indirekt wieder auf, als ihr Sohn in Annettes Leben tritt, kurz danach erfahren wir (auch indirekt) vom Tod der Freundin durch einen Satz des Sohnes. Annettes Reaktion bleibt unerwähnt. Ebenso beim Tod ihres Vaters, welcher sie laut Nachwort emotional sehr belastete. Im Romanteil ist dieser Tod eine knappe Bemerkung, verbunden mit den dadurch verbundenen praktischen Fragen. Emotionale Reaktionen finden keinerlei Erwähnung. Von der Entzweiung mit einer Freundin erfahren wir ebenfalls nur knapp im Nachhinein, während kurz zuvor noch eine etwas banale Begegnung der beiden geschildert wird. Diese für mich distanzierte Gewichtung fand sich oft im Buch. Es gibt ausführlich geschilderte - sich thematisch teils wiederholende - Unterhaltungen, die manchmal ein wenig nichtssagend wirken, während monumentale, emotionale Lebensmomente im Vorbeigehen und Nachhinein erwähnt werden. So blieben Hülshoff und ihr Umfeld mir oft fremd und bei mancher Nebenbemerkung dachte ich mir, welch interessante Szene das abgegeben hätte. Es finden sich aber auch schön und bildhaft geschilderte Szenen, lobenswert ist zudem die Verwendung von Originaltexten (Briefe, Gedichte). Die unüberschaubare Verwandtschaft führt gerade am Anfang häufig zu Verwirrung (nicht nur beim Leser, auch bei Annette und ihrer Schwester selbst!), so daß die gelegentlichen Einschübe „die Großmutter“, „die Tante“, „der Onkel“, etc. hilfreich und willkommen waren.
Ein Personenverzeichnis im hinteren Teil half hier ebenfalls weiter, überhaupt ist der Anhang erfreulich. Hier findet sich das schon erwähnte Nachwort (welches häufig Fragen klären mußte, die im Romanteil nicht ausreichend dargelegt wurden), ein Bildteil, ein Glossar, eine Ortsliste und weitere hilfreiche Informationen. Hier bleiben keine Wünsche offen.
Auch wenn mich der Romanteil nicht gänzlich überzeugte und es ohne den Anhang keine vier Sterne geworden wären, habe ich aus dem Buch viel über Annette von Droste-Hülfshoffs Leben erfahren, in einigen Szenen sehr mitgefühlt und mich an der Sorgfalt von Gestaltung und Anhang erfreut.