Gesichtsregungen lügen nicht
MimikIn diesem Psychothriller geht es u.a. darum, um mit Hilfe der Mimik von einzelnen Personen deren Verhalten zu bewerten (z.B. ob Aussagen gelogen oder wahr sind). Was kann man aus den Gesichtsregungen einer ...
In diesem Psychothriller geht es u.a. darum, um mit Hilfe der Mimik von einzelnen Personen deren Verhalten zu bewerten (z.B. ob Aussagen gelogen oder wahr sind). Was kann man aus den Gesichtsregungen einer Person herauslesen? Dafür hat sich Sebastian Fitzek fachliche Beratung von Dirk Eilert geholt, dem führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum. Im Anschluss an das Buch erfährt man mehr über die Arbeit von Dirk Eilert.
Für mein Empfinden ist die Mimik (das Erkennen und die Deutung von Gesichtszügen) nicht die Kernthematik in diesem Buch. Hier geht es vordergründig um etwas anderes. Nämlich darum, um bei einem bestimmten Personenkreis schon frühzeitig herauszufinden, ob diese Personen verhaltensauffällig sind. Krude Verschwörungstheorien und Handlungen prägen diesen Psychothriller.
Die Protagonistin heißt Hannah Herbst. Sie berät als Mimikresonanz-Expertin die Berliner Kriminalpolizei und arbeitet dort eng mit Kommissar Fadil Matar zusammen. Kommt die Polizei bei ihren Ermittlungen nicht voran, beobachtet sie bei Verhören genau die Mimik der Verdächtigen. Dies wird uns anhand von einigen Beispielen im Verlauf des Buches auch erläutert (Bsp.: Das Einpressen des linken Mundwinkels bedeutet Missachtung und emotionale Distanzierung).
Bereits auf den ersten Seiten brennt der Autor ein wahres Feuerwerk an Handlungen ab. Da ist im Prolog die Rede von einer Frau, die zusammen mit ihrem Kind auf einem Gleisbett liegt und sich das Leben nehmen will. Ein paar Seiten später hat sich ein Geiselnehmer Zutritt zu einer Kita verschafft und zwei Kleinkinder als Geiseln genommen.
Folgende Fragen stellen sich mir dabei: Gibt es Zusammenhänge zwischen den geschilderten Ereignissen? Handelt es sich bei einem Modus Operandi oder mehreren vielleicht um Deep Fakes? Schon hier setzt Sebastian Fitzek die Messlatte ziemlich hoch. Kann er diesen Spannungsbogen halten oder sogar noch steigern?
Hannah Herbst erwacht im Gefängniskrankenhaus nach einer OP. Sie wurde schwer verletzt. Da sie an einer hormonell bedingten Körperfunktionsstörung leidet, verliert sie nach operationsbedingten Narkosen ihr Gedächtnis.
Sie befindet sich in der Vollzugsanstalt, da die Polizei sie schwer belastet hat. Sie soll ihren Mann Richard und die Stieftochter Kyra im gemeinsamen Haus erstochen haben. Der zwölfjährige gemeinsame Sohn Paul ist verschwunden. Was ist mit ihm geschehen? Woher hat Hannah diese Stichverletzung?
Es kommt noch schlimmer. Es gibt ein Geständnisvideo von ihr, das Fadil Matar aufgenommen hat. Hier gibt sie zu, ihren Mann Richard und die Stieftochter Kyra umgebracht zu haben. Doch entspricht das der Wahrheit oder spielt ihr der Verlust ihres Kurzzeitgedächtnisses einen Streich?
Nachdem der Spannungsverlauf nach dem furiosen Beginn anschließend mehr mit einer waagerechten Linie zu vergleichen ist, wird die Spannung zum Ende hin doch noch einmal gesteigert. Zwischendrin geschehen Dinge, die eins ums andere Mal für Verwirrung sorgen. So viel sei verraten. Der Plot-Twist zum Ende hin bringt eine unfassbare Wahrheit ans Licht, mit der man nicht rechnen konnte.
Fazit:
Nachdem ich erst kürzlich »Die Einladung« vom gleichen Autor gelesen habe und mich dieses Buch nicht überzeugt hat, konnte bei diesem Psychothriller auch keine Begeisterung bei mir aufkommen.
Die Handlungen und Zusammenhänge finde ich bei Fitzek schwer nachvollziehbar.
Die Struktur ist verworren und nicht leicht lesbar.
Aber vielleicht ist es gerade das, was ihn von anderen Autoren abhebt. Bei Psychothrillern von z.B. Arno Strobel oder Linus Geschke finde ich mich jedenfalls besser aufgehoben.
Immerhin ist das Thema Mikroexpression (flüchtige Gesichtsausdrücke, die Sekundenbruchteile dauern) interessant und wird durch das fundierte Wissen von Dirk Eilert in den Plot eingebracht und auch anhand von einigen Beispielen erläutert.
Mehr als zwei Sterne sind aus meiner Sicht allerdings nicht angebracht.