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Veröffentlicht am 22.01.2023

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Northern Spy – Die Jagd
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Tessa ist Redakteurin der BBC im nordirischen Belfast und alleinerziehende Mutter des kleinen Finn. An das Leben in einer Stadt, in der die Menschen ständig mit Attentaten und Anschlägen rechnen müssen, ...

Tessa ist Redakteurin der BBC im nordirischen Belfast und alleinerziehende Mutter des kleinen Finn. An das Leben in einer Stadt, in der die Menschen ständig mit Attentaten und Anschlägen rechnen müssen, hat sie sich gewöhnt und auch die tägliche Berichterstattung als Journalistin ist für sie alltäglich. Bis eines Tages ein bekanntes Gesicht auf dem Bildschirm der Redaktion erscheint: Ihre Schwester Marian soll am Überfall auf eine Tankstelle beteiligt sein. Viel schlimmer noch, sie scheint Mitglied der IRA zu sein. Tessa weiß nicht mehr was sie glauben soll und gerät immer tiefer in den Strudel aus politischen Entscheidungen, Misstrauen und konkurrierender Mächte.

„Northern Spy – Die Jagd“ von Flynn Berry wurde mit dem Edgar Award prämiert und von der „Washington Post“ als einer der besten Thriller des Jahres bezeichnet. Für meinen Geschmack weckt dies etwas falsche Erwartungen, da ich das Buch nicht als klassischen Thriller eingestuft hätte. Natürlich hat es seine spannenden Momente, für diese Bezeichnung fehlt es mir aber an permanenter Hochspannung und aufregender Elemente. „Northern Spy“ hingegen ist eine interessante und unterhaltsame Erzählung, aber der Spannungsbogen hielt sich meines Dafürhaltens in Grenzen.

Das Cover zeigt ein Haus auf einem grünen Hügel vor dem Meer. Es wirkt idyllisch, doch der verschwimmende Titel impliziert bereits, dass diese Idylle trügt. Es wird auf den ersten Blick deutlich, dass Irland der Schauplatz des Geschehens ist.

Inhaltlich ist das Buch in drei Teile unterteilt, die einzelnen Kapitel sind meist eher kurz. Der Schreibstil ist einfach gehalten, so dass es sich schnell und flüssig lesen lässt. Es wird aus Tessas Perspektive in der "Ich"-Form erzählt, so dass ihre Gedanken, Sorgen, Emotionen und Beweggründe intensiv geschildert werden. Dennoch konnte ich manche Handlungen und Entscheidungen der Protagonistin nicht wirklich nachvollziehen, so dass ich nur eingeschränkt Zugang zu ihr gefunden habe. Große Teile des Buches widmen sich ihrem Alltag als Mutter und der Beziehung zu ihrem Sohn Finn. Für meinen Geschmack hat dieser Teil sehr viel Raum eingenommen und war teilweise etwas zu ausführlich und detailliert, was zudem den spannenden Teil der Geschichte ausgebremst hat. Dieser hat meiner Meinung nach in Tessas Zwiespalt zwischen ihren Idealen, dem Wunsch etwas zu verändern und dem Schutz ihres Sohnes gelegen. Ihre Zerrissenheit, dass sie nie weiß was real ist, wer auf welcher Seite steht und wem sie wirklich vertrauen kann wurde gut geschildert. Die im Klappentext geschilderte Entscheidung zwischen ihrer Schwester und ihrem Sohn hab ich allerdings so nicht wahrgenommen. Auch das Ende konnte mich nicht überzeugen, da es sich die Autorin hier etwas zu einfach gemacht hat: Ich empfand es als schnell abgehandelt und weich gespült.

Was mir insgesamt gut gefallen hat war die realitätsnahe Darstellung des Nordirland-Konflikts und dessen Auswirkungen auf den Alltag der Menschen vor Ort. Auch wenn ich nicht komplett durchgeblickt habe fand ich die vermittelten Informationen sehr interessant und Lehrreich. Etwas mehr Hintergrundgeschichte oder ein entsprechender Anhang wäre wünschenswert gewesen.

Insgesamt war „Northern Spy – Die Jagd“ für mich ein unterhaltsames, wenn auch nicht hochspannendes Buch. Obwohl es ein wichtiges Thema behandelt konnte es mich leider nicht wirklich emotional erreichen, was ich sehr schade fand.

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Veröffentlicht am 15.01.2023

Tolles Buch, enttäuschender Schluss

Verschwiegen
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Nach einigen Jahren in der Landeshauptstadt Reykjavik kehrt Polizistin Elma zurück in ihre ländliche Heimatstadt Akranes. Hier kennt jeder jeden und auf den ersten Blick scheint hier eine heile Welt zu ...

Nach einigen Jahren in der Landeshauptstadt Reykjavik kehrt Polizistin Elma zurück in ihre ländliche Heimatstadt Akranes. Hier kennt jeder jeden und auf den ersten Blick scheint hier eine heile Welt zu herrschen. Doch dann passiert, was hier eigentlich nie passiert: Es geschieht ein Mord. Elma und ihre neuen Kollegen werden zum alten Leuchtturm gerufen, eine unbekannte Frau treibt tot im Wasser. Elma beginnt nachzuforschen und deckt die Identität der Toten auf. Eine Suche nach dem Mordmotiv und Schuldigen beginnt, der die Polizisten von Akranes tief in die Vergangenheit führt und Geheimnisse der verschwiegenen Gemeinschaft des Örtchens ans Licht holt.

„Verschwiegen“ ist das Roman-Debüt der isländischen Autorin Eva Björg Ægisdóttir, welcher direkt auf den Bestseller-Listen landete und mit dem Blackbird-Award ausgezeichnet wurde. Der Titel des Buches passt sehr gut zum Inhalt der Geschichte und auch die auf dem Cover abgebildeten Leuchttürme spielen dort eine zentrale Rolle. Mir gefällt das Schwarz-Weiß des Titelbildes vor der blutroten Schrift sehr gut, es lässt sofort auf einen Kriminalroman schließen. Ebenfalls toll an der Aufmachung fand ich die Karten von Island in den inneren Buchdeckeln. So konnte ich die Geschehnisse auch gleich räumlich verorten und mir ein Bild der Geographie machen.

Der Schreibstil der Autorin lässt sich gut verfolgen, die Geschichte hat es nach und nach geschafft mich mit ihrer düsteren Atmosphäre und dem durchdachten Plot zu fesseln. Leider war der Anfang für mich etwas beschwerlich, da sehr schnell sehr viele Personen ohne scheinbaren Zusammenhang zueinander aufgetaucht sind und ich auch Schwierigkeiten mit den unbekannten isländischen Namen hatte. Dies war zu Beginn sehr verwirrend, hat sich aber mit Fortlauf der Geschichte geändert. Spannend fand ich die zwischengeschobenen Rückblicke in die Vergangenheit, die mit der Geschichte immer mehr an Brisanz gewinnen. Authentisch beschrieben fand ich auch die Landschaften vor Ort, die sehr mühselige und kleinteilige Polizeiarbeit und das soziale Gefüge der Gesellschaft einer Kleinstadt mit all seinen Vor- und Nachteilen. Für mich hätte es an manchen Stellen etwas schneller voran gehen können, die Polizei tappte doch recht lange im Dunkeln. Gegen Ende nimmt die Story hingegen an Fahrt auf, die losen Fäden führen zusammen und die Ereignisse sowie Erkenntnisse überschlagen sich. Leider war ich mit dem Ende überhaupt nicht konform, es hat sich für mich einfach nicht wie das Ende angefühlt. Es kam sehr überraschend und wurde schnell abgehandelt. Zahlreiche Andeutungen lassen vermuten, dass der Schuldige es doch nicht gewesen sein könnte und andere Personen auch noch mit involviert sind, aber davonkommen. Ich fand das Ende unglaubwürdig und unbefriedigend, was mir im Nachhinein ein wenig das ansonsten spannende Buch ruiniert hat.

Insgesamt finde ich „Verschwiegen“ einen spannenden Nordic Noir voller authentischer Charaktere und Lokalkolorit, das offene (oder nicht offene?) Ende hat mich leider aber sehr gestört.

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Veröffentlicht am 08.01.2023

Konnte mich trotz oder aufgrund seiner Ungewöhnlichkeit nicht packen

Milchmann
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Eine namenlose Erzählerin, genannt Mittelschwester, zieht ungewollt die Aufmerksamkeit eines einflussreichen älteren Mannes, genannt Milchmann, auf sich. Milchmann beginnt sie zu stalken und abzufangen, ...

Eine namenlose Erzählerin, genannt Mittelschwester, zieht ungewollt die Aufmerksamkeit eines einflussreichen älteren Mannes, genannt Milchmann, auf sich. Milchmann beginnt sie zu stalken und abzufangen, was auch den Menschen im Umfeld nicht verborgen bleibt. Schnell entspinnt das Gerücht, die junge Frau hätte eine Affäre. Aus ihrer Unauffälligkeit vertrieben findet sie sich in der unangenehmen Situation wieder, an den Rand der sozialen Gesellschaft gedrängt worden zu sein, ohne Möglichkeit dem zu entfliehen.

„Milchmann“ von Anna Burns hat 2018 den Booker Prize for Fiction als bester Roman gewonnen und dementsprechend hoch waren meine Erwartungen. Leider konnten diese nicht erfüllt werden, da ich das Buch primär als langweilig und anstrengend empfunden habe. Ich hatte große Probleme mit dem gewöhnungsbedürftigen Schreibstil der Autorin: Die junge Frau erzählt kühl, nüchtern, eintönig und voller Monotonie. Sie verwendet lange Schachtelsätze und schweift häufig ab. Das Lesen erfordert höchste Konzentration und trotzdem wusste ich am Ende eines der langen Kapitel häufig nicht, um was genau es eigentlich ging. Die Gedankenwelt der Erzählerin empfand ich als sehr verwirrend. So konnte sich bei mir kein wirklicher Lesefluss einstellen.
Des Weiteren hat es mich gestört, dass die komplette Geschichte so abstrakt geblieben ist: Es werden weder Orte noch Namen genannt, nur Bezeichnungen. Natürlich ist dies ein absichtlicher Kunstgriff der Autorin um zu verdeutlichen, dass die Geschehnisse jedem und überall zu jeder Zeit passieren könnten, ich persönlich habe aber keinen Zugang zu Figuren mit Namen „Mittelschwester“, „Schwager 1-3“ oder „Vielleicht-Freund“ aufbauen können.

Ähnlich zäh wie der Schreibstil habe ich das Leben der Protagonistin empfunden, da es wenig Handlung gab. Das Buch lebt eher von der bedrückenden Stimmung und bedrohlichen Atmosphäre sowie den strikten gesellschaftlichen Konventionen, denen sich insbesondere Frauen zu unterwerfen haben. Die angesprochenen Themen fand ich an sich gut und wichtig, sie lassen sich auf Gesellschaften verschiedener Krisenherde projizieren und liefern somit eine Milieustudie, die an Aktualität nichts einzubüßen hat. Wann und wo genau „Milchmann“ spielt bleibt offen, erst durch Hintergrundrecherche klärt sich auf, dass wir uns im Nordirlandkonflikt der 70er Jahre befinden. In Teilen konnte ich mir das schon zusammenreimen, hätte mir aber an irgendeiner Stelle Aufklärung gewünscht.

Insgesamt war mir alles in „Milchmann“ zu abstrakt und wenn ich ehrlich bin musste mich regelrecht dazu durchringen, das Buch bis zum Ende zu lesen. Das empfand ich als eine echte Herausforderung. Ich kann in dem Buch durchaus Tiefgründigkeit, Vielschichtigkeit und künstlerische Poesie erkennen, aber für mich persönlich war wirklich keinerlei Lesegenuss dabei. Das Buch polarisiert. Ich kann es also nur LeserInnen empfehlen, die schwere, anspruchsvolle Literatur mögen.

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Veröffentlicht am 07.01.2023

Vilmas skurrile Welt

Vilma zählt die Liebe rückwärts
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Klavierlehrerin Vilma lebt zurückgezogen und hat nur Angst vor den kleinen Micromorts des Alltags. Aus den Fugen gerät ihr Leben, als plötzlich ein Pfarrer und ein Pathologe bei ihr klingeln und ihr die ...

Klavierlehrerin Vilma lebt zurückgezogen und hat nur Angst vor den kleinen Micromorts des Alltags. Aus den Fugen gerät ihr Leben, als plötzlich ein Pfarrer und ein Pathologe bei ihr klingeln und ihr die Nachricht vom Tod ihres Vaters überbringen. Vilma ist verwirrt, hat sie doch ihren Vater nie kennengelernt. Doch er hat ihr Briefe hinterlassen, die nach und nach Vilmas Vergangenheit aufklären und sie dazu ermuntern, auch die Gegenwart zu verändern.

Bereits der Titel „Vilma zählt die Liebe rückwärts“ klingt lustig und schräg zugleich. Passend dazu ist das Cover in ansprechenden Farben, es wirkt sympathisch und macht aufgrund der vielen abgebildeten Einzelbilder neugierig. Vom Inhalt verrät es nicht viel und erst beim Lesen klärt sich die Bedeutung einzelner Bestandteile, z.B. des Klaviers und der Briefe, nach und nach auf. Allerdings hätte ich es mit der Vorweihnachtszeit, in der die Geschichte spielt, rein äußerlich nicht assoziiert. Ich mag auch das Lesebändchen, wobei ich eine andere Farbe als gelb gewählt hätte, da diese nicht zur Farbgebung des restlichen Covers passt.
Die Autorin Gudrun Skretting hat einen sehr besonderen Schreibstil, der insbesondere durch den schwarzen Humor besticht. Ansonsten schreibt sie sowohl locker, als auch mit trockenem Witz. Dies passt gut zur ebenfalls etwas sonderbaren, aber erfrischenden Geschichte, die alles andere als alltäglich ist.
Dies liegt vor allem an der sehr speziellen Denk- und Handlungsweise von Protagonistin Vilma, die mich abwechselnd schmunzeln und augenrollen ließ. Sie macht im Laufe des Buches eine große Entwicklung durch und es ist schön zu sehen, wie sich die skurrile, verschlossene Person immer weiter öffnet. Ich habe etwas gebraucht, um mit ihrer Art warm zu werden, aber obwohl sie verschroben ist habe ich sie dann doch ins Herz geschlossen und über vieles musste ich wirklich lachen. Aber auch die Nebencharaktere wie Amdi und Robert sind toll und individuell gezeichnet. Insgesamt gibt es aber sehr viele überzeichnete, skurrile Figuren im Buch. Insbesondere die bewusst überspitzte Darstellung von klischeehaften Verhaltensweisen macht die Geschichte unterhaltsam, ist aber nicht sehr realitätsgetreu.

Die Handlung an sich beginnt überraschend, verliert dann aber etwas an Fahrt. Gerade der Mittelteil hat sich für meinen Geschmack etwas gezogen. Gut gefallen haben mir die Briefe des Vaters, die ich sehr berührend fand. Es machte mich sehr traurig, dass Vilma diesen Mann nie kennengelernt hat und auch die Liebesgeschichte der Eltern insgesamt war emotional. Leider hat sich der Fokus im Laufe des Buches dann auch sehr auf diese gelegt und die Gegenwart, Vilmas Einsamkeit und ihr Liebesleben, etwas in den Hintergrund gedrängt. Insgesamt war das Buch auch durch sehr viele scheinbare „Zufälle“ geprägt, welche die Story vorangetrieben haben und in großen Teilen war es sehr vorhersehbar. Das offene Ende war schön und passend und hat mich trotz einiger nicht gelöster Fragen zufrieden hinterlassen.

Insgesamt ist es der Autorin gut gelungen, das Buch trotz der eigentlich traurigen Geschichte und gelegentlich düsteren Untertönen nicht ins Deprimierende abrutschen zu lassen. Durch die Skurrilität und Kreativität der Geschichte und der Figuren war er in erster Linie unterhaltsam, ohne an Tiefe der Gedanken zu verlieren. Insgesamt ein schöner, leichter Roman für zwischendurch.

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Veröffentlicht am 07.01.2023

Gegen die Tradition – eine junge Frau geht ihren Weg

Der letzte Tanz der Debütantin
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Seit Generationen gehört die Familie von Lily Nicholls zur gesellschaftlichen Oberschicht Londons. Obwohl Lily und ihre Mutter seit dem Tod des Vaters finanziell auf die Gunst der reichen Großmutter angewiesen ...

Seit Generationen gehört die Familie von Lily Nicholls zur gesellschaftlichen Oberschicht Londons. Obwohl Lily und ihre Mutter seit dem Tod des Vaters finanziell auf die Gunst der reichen Großmutter angewiesen sind wird von ihr erwartet, dass sie wie alle Frauen der gehobenen Gesellschaft als Debütantin vor die Queen tritt und während ihrer Ballsaison einen passenden Ehemann findet. 1958 ist die letzte Chance hier, danach soll die Tradition des Debütierens abgeschafft werden. Eher wiederwillig verlässt Lily deshalb die Schule und trifft auf eine völlig neue Welt aus Oberflächlichkeit, Intrigen und Missgunst – aber auch modernen Ansichten und selbstbewussten neuen Freudinnen. und stößt dabei auf das größte Geheimnis ihres Lebens, dass alles, was sie zu sein glaubte, in einem neuen Licht dastehen lässt. Wird Lily ihren eigenen Weg finden?

„Der letzte Tanz der Debütantin“ von Julia Kelly entführt die LeserInnen in eine Welt voller Glitzer und Glamour, die aber bereits zwischen Tradition und Moderne schwankt und in der vor allem junge Frauen damit kämpfen, ihren eigenen Weg zu finden. Bereits nach kurzer Zeit finde ich mich im London der 60er Jahre wieder, auch wenn es mir angesichts der überkommenen Traditionen der Einführung in die feine Gesellschaft durch das debütieren vorkommt, als spiele die Geschichte ein Jahrhundert früher. Ich war deshalb sofort neugierig und habe angefangen zu recherchieren über diese mir bisher vollkommen unbekannte Welt.

Hilfreich hierbei waren dabei die nachfolgenden Anmerkungen der Autorin zum Hintergrund des Buches, welche ich sehr interessant fand.
Der Einstieg in die Geschichte erfolgt durch den angenehmen, unaufgeregten Schreibstil der Autorin sehr schnell, die Beschreibungen der Gesellschaft, Personen und Umgebung ist sehr anschaulich. Bald spürt man aber den Spagat zwischen Lilys traditioneller, „heiler“ Welt und den Veränderungen, die mit der modernen Gesellschaft und Entwicklung einhergehen. Besonders eindrücklich sind die Ballszenen beschrieben, welche teilweise aber fast zu detailgetreu beschrieben sind, so dass sich der mittlere Teil des Buches etwas dahinzieht, während sich am Ende die Ereignisse überschlagen.

Lily als Protagonistin mochte ich sofort, ihre Entwicklung vom braven Mädchen zur selbstbestimmten jungen Frau wurde gut dargestellt. Für meinen Geschmack war dieser schnelle Wandel angesichts ihrer Erziehung und Vorgeschichte zwar etwas unrealistisch, aber absolut passend zur Geschichte. Der Zwiespalt in dem sie sich befindet wird spürbar, die Emotionen werden gut transportiert. Aber auch andere Personen werden treffend dargestellt und wurden authentisch, wenn auch etwas klischeehaft ausgearbeitet.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gefallen, ich habe ein neues, Kapitel der englischen Geschichte kennengelernt, welches ich sehr interessant und faszinierend fand. Lilys Entwicklung vom traditionell erzogenen Mädchen zur eigenständig handelnden Frau hat dem Buch den Tiefgang gegeben, der in der oberflächlichen Welt der Debütantinnen einen tollen Kontrast gebildet hat. Der Wandel der damaligen Gesellschaft wurde unterhaltsam und anhand passender Figuren dargestellt und hat somit ein rundes Bild der 1960er Jahre ergeben.

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