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Veröffentlicht am 12.02.2022

Sehr inspirierend und kreativitätsfördernd

Das große Buch der Collagen
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Maria Rivans ist eine zeitgenössische britische Künstlerin, die für ihre Collagenkunst bekannt ist. In „Das große Buch der Collagen“ teilt sie ihr Wissen, ihre Erfahrung, Tipps und Tricks mit den Lesern ...

Maria Rivans ist eine zeitgenössische britische Künstlerin, die für ihre Collagenkunst bekannt ist. In „Das große Buch der Collagen“ teilt sie ihr Wissen, ihre Erfahrung, Tipps und Tricks mit den Lesern und gibt uns Einblick in ihre Arbeit.

Im Vorwort erläutert die Künstlerin ihre eigene Annäherung an das Thema Collagen und ihre Arbeitsweise. Dann folgt ein hübsch illustrierter theoretischer Teil, der sich mit dem Thema der Inspiration befasst. Maria Rivans zeigt hierzu zahlreiche Beispiele ihrer Collagen und verschiedene Stilrichtungen. Leider kann ich mich mit den meisten nicht besonders gut identifizieren, da sie für meinen Geschmack oftmals zu Vintage sind, aber das ist ja das Schöne an Kunst: Jeder empfindet etwas Anderes als Schön. Gerne hätte ich noch mehr über die theoretischen Hintergründe der Collage als Kunstform erfahren, aber bereits hier wird durch die Kürze der Einleitung deutlich, dass der Fokus des Buches auf dem Praktischen liegen soll.

Nach eben dieser Praxis richtet sich dann der folgende Teil aus, indem die Autorin dem Leser wichtige Hinweise für die für eine Collage benötigten Werkzeuge sowie mögliche Materialien für Collagen mit jeweiligen Erläuterungen und Begründungen gibt. Diesen Teil fand ich sehr übersichtlich und hilfreich für meine eigene spätere Arbeit, der Einstieg in die Kreativitätstechnik wird dadurch erleichtert. Es folgt eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie Collagen aufgebaut und erstellt werden können.

Einige eigene Werke der Künstlerin inklusive Hintergrundgeschichte folgen, bis der Hauptteil des Buches startet: Das sogenannte „Album der einzigartigen Dinge“ – was für ein schöner und absolut passender Name. Und hier war ich wurde meine Inspiration und Kreativität fast schon überreizt: Über 1.500 Vorlagen werden uns zur Verfügung gestellt und es ist wirklich für jeden etwas dabei: Menschen, Tiere, Blumen, Diamanten, Bäume, Gebäude, Gegenstände, ganzzeitige Portraits und am Ende sogar große Hintergrundbilder – WOW, einfach nur WOW was hier zur Verfügung gestellt wird! Natürlich werde ich nicht alles Angebotene anwenden, v.a. auch da manche Vorschläge für mich nicht unbedingt nachvollziehbar sind (in welchem Zusammenhang werde ich mal ein Skelett oder eine eklige Spinne brauchen?), aber es geht ja um die Vielfalt des Angebotes, die definitiv gegeben ist.

Insgesamt lässt „Das große Buch der Collagen“ das Herz jedes Bastelfreundes höher schlagen, durch die Vielzahl an tollen Angeboten zum selbst ausschneiden und zusammenstellen bietet es wahnsinnig viel Anregung für Kreativität und macht sehr viel Lust, sich sofort auf Schere und Kleber zu stürzen.

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Veröffentlicht am 30.01.2022

Süße Story, seltsames Ende

#London Whisper – Als Zofe ist man selten online
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Zoe traut ihren Augen kaum – gerade eben ist die Nachwuchs-Influencerin noch auf einer Mitternachts-Party in ihrem Londoner Internat gewesen und hat in einen seltsamen, vom Mondschein beschienenen Spiegel ...

Zoe traut ihren Augen kaum – gerade eben ist die Nachwuchs-Influencerin noch auf einer Mitternachts-Party in ihrem Londoner Internat gewesen und hat in einen seltsamen, vom Mondschein beschienenen Spiegel geblickt, da wacht sie plötzlich im selben Gebäude, aber in einer ganz anderen Epoche auf! Offenbar ist Zoe durch die Zeit gereist, denn sie befindet sich im London der Regency-Zeit, genauer gesagt im Jahre 1816, und hat soeben eine Elite-Schule für Zofen abgeschlossen. Bevor Zoe sich richtig orientieren kann tritt sie bereits ihre erste Stelle als Zofe der ängstlichen Miss Lucie an, welche sich am liebsten vor der ganzen Welt verkriechen würde. Durch ihre quirlige Art und Tricks aus der Zukunft gelingt es Zoe, Miss Lucie dennoch für die anstehende Ballsaison vorzubereiten. Als ihre Begleitung trifft sie auf Lucies erstem Ball auf einen außergewöhnlichen jungen Lord: Hayden Falcon-Smith scheint ebenso wenig ins viktorianische Zeitalter zu passen wie Zoe selbst. Kein Wunder, auch er entpuppt sich als Zeitreisender. Wird es den beiden gelingen, ins 21. Jahrhundert zurück zu kehren, bevor die Zeitreise ihren Tribut fordert?

An #London Whisper fällt zunächst das Cover positiv auf. Es ist durch seine bunten Farben und vielen ineinander gehenden Motive sehr lebhaft und birgt bereits einige Ansatzpunkte: Es wird deutlich, dass die Geschichte in London spielt, dass ein junges Mädchen als Protagonistin fungiert und dass moderne Medien wie das Smartphone eine Rolle spielen werden. Den Untertitel finde ich genial, "Als Zofe ist man selten online" hat mich zum Lachen gebracht und gleichzeitig verwirrt, da der Satz sehr paradox ist. Ein überzeugender erster Eindruck, der viel Lust auf das Buch macht. Die schön als graphisches Stilelement eingebauten, kursiv mit Blumenmuster abgedruckten „WhisperWhisper-Briefe“ fand ich ebenso eine gute Idee, wobei ich persönlich ihren Inhalt eher oberflächlich und enttäuschend fand und selbst für die damalige Zeit nicht nachvollziehen konnte, warum alle Damen sie als so revolutionär empfinden.

Auch der Anfang der Geschichte hat mich zunächst sehr verwirrt, er ist zu diesem Zeitpunkt absolut nicht verständlich. Am Ende stellt sich dann heraus, dass es sich dabei um das letzte Kapitel handelt, das an den Anfang gesetzt wurde. Ein Kunstkniff, der mich mehr gestört als beeindruckt hat, denn somit endet das Buch komplett offen mit wahnsinnig vielen Fragezeichen. Kaum hat mich die Autorin neugierig auf den weiteren Verlauf der Story gemacht, bricht diese genau dann urplötzlich wie aus dem Nichts ab, als es endlich actionreich wird. Für mich ein total seltsames, befremdliches wenn nicht sogar unglückliches Ende, ich blieb konsterniert und sehr unbefriedigt zurück. So offensichtlich, dass es einen 2. Band geben wird, enden wenige Bücher.

Insgesamt gab es im Buch sehr viele nicht weiter eingeleitete Zeitsprünge und so haben mir an einigen Stelle viele wichtige Hintergründe und Details gefehlt, z.B. wie es Zoe die ersten Tage im alten London ging, was sie vermisst, was sie an Unterschieden wahrnimmt… sie ist einfach dort gelandet und im nächsten Kapitel war sie voll im Alltag als Zofe integriert – da gab es doch sicherlich sehr viel Missverständnisse, Verzweiflung und Unsicherheiten dazwischen. Schade, die Geschichte an sich ist sehr kreativ, aber es wurde alles irgendwie nur oberflächlich behandelt und angeteasert. Aniela Leys Schreibstil konnte mich somit leider nicht überzeugen, auch wenn die altertümliche Sprache – insbesondere in den Dialogen mit Prickelton – gut getroffen wurde. Ich hätte mir sehr viel mehr Details und Erklärungen gewünscht anstatt nur an der Oberfläche zu kratzen.

Was mir aber gut gefallen hat sind die Figuren. Ich fand es total süß, wie sich Zoe ihr Wissen aus dem 21. Jahrhundert zunutze macht und versucht, die Unterdrückung von Frauen zu ändern. Ihre quirlige, unkonventionelle und emphatische Art wurde passend dargestellt, es war schön zu sehen wie sie sich um Miss Lucie bemüht, diese auftaut und sich das Verhältnis der beiden entwickelt. Hayden bleibt leider etwas blass, aber sowieso ist Hund Prickelton mein heimlicher Held – einfach köstlich, seine Gedanken lesen zu können. Warum Zoe sich mit diesem verständigen kann wird mir zwar noch nicht ersichtlich, aber ich habe mich sehr über den arroganten Schoßhund amüsiert.

Insgesamt habe ich mir eine phantastische, witzige, romantisch-verspielte Geschichte gewünscht, da ich die Idee hinter der Story sehr kreativ fand. Leider wurde dieses große Potenzial in meinen Augen nicht vollständig ausgeschöpft, ich hätte mir viel mehr Details und einen runderen Abschluss mit nicht ganz so vielen offenen Punkten gewünscht. Dennoch hatte ich eine unterhaltsame Lesezeit mit Zoe, Lucie und Prickelton als sympathische Figuren.

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Veröffentlicht am 16.01.2022

Grandioser, vielschichtiger Justiz-Thriller

Thirteen
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Ein grauenhafter Mordfall erschüttert New York: Der aufstrebende Schauspieler Bobby Solomon soll seine junge Frau und seinen Chefbodyguard brutal hingerichtet haben. Dieser beteuert hartnäckig, nichts ...

Ein grauenhafter Mordfall erschüttert New York: Der aufstrebende Schauspieler Bobby Solomon soll seine junge Frau und seinen Chefbodyguard brutal hingerichtet haben. Dieser beteuert hartnäckig, nichts mit dem Mord zu tun zu haben, obwohl sämtliche Indizien gegen ihn sprechen. Von seinem eigenen Anwalt in Stich gelassen nimmt sich Eddie Flynn dem vertrackten Fall an. Eigentlich gehören Fälle mit prominenten Angeklagten so gar nicht zu Eddies üblicher Arbeit, aber eines haben all seine Klienten gemeinsam: Eddie ist der festen Überzeugung, dass diese zu Unrecht angeklagt sind – und dieses Gefühl hat er auch bei Bobby Solomon. Der Fall scheint aussichtslos, doch Eddie und sein Team ermitteln in alle Richtungen – und stoßen auf eine Fährte, die zu unglaublich ist, um wahr zu sein: Bobbys Schuldspruch scheint von einer dritten Person eiskalt kalkuliert zu sein. Und diese Person schickt nicht zum ersten Mal jemand unschuldiges für seine Taten ins Gefängnis…

„Thirteen“ ist Steve Cavanaghs neuester Thriller rund um den „Anwalt der Armen“ Eddie Flynn. Wer wie ich bisher noch nichts über ihn gelesen hat kommt dennoch gut in die Geschichte hinein, Eddies Privatleben taucht an der ein oder anderen Stelle zwar auf, nimmt aber keinen zentralen Fokus ein. Des Weiteren wird alles vorher geschehene Relevante kurz erläutert. Das Cover zu „Thrirteen“ gefällt mir sehr gut, es ist minimalistisch gehalten, erregt durch die roten Details wie den Jury-Stuhl und die clever in den Titel eingearbeitete Zahl „13“ Aufmerksamkeit. Auch der Untertitel/ Aufreißer am oberen Rand lässt direkt die Spannung nach oben schießen. Den Titel finde ich gut gewählt, mir hat gefallen, dass seine Bedeutung erst relativ spät im Buch ersichtlich wird.

Für mich persönlich war das Buch eines meiner absoluten Thriller-Highlights! Steve Cavanaghs Schreibstil ist einfach grandios, er beschreibt authentisch, nachvollziehbar und absolut mitreißend – eine sehr hohe Spannung war permanent gegeben und sogar meist trockene Szenen wie Zeugenbefragungen im Gerichtssaal waren interessant und kurzweilig zu lesen. Im Buch wechseln sich die Erzählperspektiven des Anwalts Eddie Flynn und des wirklich schuldigen Serienmörders ab, so dass der Leser Einblick in beide Leben, Denk- und Handlungsweisen erhält. Dem Autor ist es sehr gut gelungen, die Introspektive eines Mörders darzustellen, ich habe mich gegruselt und war fasziniert gleichermaßen.

Inhaltlich besonders gelungen fand ich auch Eddies Beweisführung während des Gerichtsprozesses, mir hat gut gefallen, wie er Zeugen vorgeführt, scheinbar wasserdichte Beweise entkräftet und neue Aspekte beigetragen hat. Seine Gedankengänge dazu waren interessant und kreativ, haben mich erstaunt zurück gelassen und an der ein oder anderen Stelle schmunzeln lassen. Der Plot an sich war von Steve Cavanagh perfekt bis ins kleinste Detail durchkonstruiert – Chapeau für diese geniale Leistung! Sowohl aus Sicht der Verteidigung, als auch der Anklage und des perfide agierenden Killers war das Geschehen absolut plausibel dargestellt. Es gab einige überraschende Wendungen und dem Autor ist es an einigen Stellen gelungen, mich an der Nase herum zu führen. Was für ein Fall! Natürlich könnte man kritisieren, dass das Buch an manchen Stellen etwas brutal war und mit Klischees gespielt hat, des Weiteren mag ich es nicht, wenn die Polizei als korrupt und böse dargestellt wird. In „Thirteen“ hat das jedoch alles zum Inhalt gepasst und war so wohldosiert, dass es mich nicht gestört hat. Eddie Flynn als Protagonist war zudem ein Charakter mit Ecken und Kanten und mir sehr sympathisch.

Insgesamt fand ich „Thirteen“ absolut herausragend! Der dem Buch zugrunde liegende Kriminalfall ist sooo gut und clever bis ins Detail durchdacht und hat mich immer wieder in Erstaunen versetzt. Hochspannend bis zum Schluss mit vielen unvorhergesehenen Wendungen und AHA-Effekten. Ein wahnsinnig tolles Buch, dass ich jedem Thriller-Fan nicht nur empfehlen, sondern absolut ans Herz legen kann!

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Veröffentlicht am 07.01.2022

Erfolgreicher Auftakt einer neuen Urban-Fantasy-Reihe

Hard Liquor – Der Geschmack der Nacht
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Tycho lebt in New York, studiert Geschichte und jobbt abends in einer Bar. Doch Tycho ist keine gewöhnliche junge Frau: Trinkt sie Alkohol erwachen ungeahnte Kräfte in der zierlichen Person und sie sorgt ...

Tycho lebt in New York, studiert Geschichte und jobbt abends in einer Bar. Doch Tycho ist keine gewöhnliche junge Frau: Trinkt sie Alkohol erwachen ungeahnte Kräfte in der zierlichen Person und sie sorgt eigenmächtig für Gerechtigkeit auf den Straßen, indem sie – in ihren Augen – Schuldige eines Verbrechens verprügelt. Doch Tychos Geheimnis bleibt nicht lange unentdeckt: Die attraktive Grayson sucht Kontakt zu ihr und stellt unangenehme Fragen und auch Logan, ihr bester Freund seit Kindheitstagen wirkt neugierig. Ohne es zu ahnen schwebt Tycho in großer Gefahr, vor der sie selbst ihre übermenschlichen Kräfte nicht schützen: Sie gerät ins Visier einer Sekte, die Tychos Macht für sich nutzen möchten – und auch vor einer Entführung nicht zurück schrecken.

„Hard Liquor – Der Geschmack der Nacht“ ist der Auftaktband zu Marie Graßhoffs neuer Urban-Fantasy-Serie. Das Cover gefällt mir optisch gut, lässt allerdings auf ein hochwertiges Hardcover schließen, dass es aber leider nicht ist. Schade, ein gebundenes Exemplar mit Prägung hätte mir besser gefallen. Super fand ich indes den tollen, anschaulichen Schreibstil der Autorin, der mich absolut mitreißen konnte. Es gibt einen passenden Mix aus Erzählungen, (teils ernsten, teils ironisch-witzigen) Dialogen, Einblicke in Tychos Gedankenwelt und einer Radio-Show. Dazwischen auch Rückblenden in die Vergangenheit der Protagonistin, die passend zum Verständnis der Hintergründe beitragen. Bildlich und nachvollziehbar waren für mich insbesondere die Kampf- und Actionszenen beschrieben, die ich voller Spannung gelesen habe. Insgesamt ist das Buch sehr atmosphärisch geschrieben, wobei insbesondere das Dunkle, Düstere und Mysteriöse überwiegt – an einigen Stellen habe ich mich regelrecht gegruselt und geekelt. Als Gegenpol passen die eher lustig-plattitüdenhaften Radio-Dialoge sehr gut, sie lockern die Gesamtstimmung auf. Schön auch, dass jedes Kapitel eine eigene, sehr individuelle Überschrift trägt. Große Kritik muss ich leider am Klappentext üben: Dieser nimmt schon derart viel vom Inhalt vorweg, dass er den Lesespaß nachhaltig trübt! Viele Fakten, die sich erst gegen Ende des Buches ergeben, werden hier schon vorweg genommen, so dass das Überraschungsmoment ausbleibt – wirklich unglücklich

Der Einstieg ins Buch gelingt problemlos, bereits die ersten Sätze klingen fast episch und machen neugierig auf Tycho und die Story an sich. Bereits zu Beginn wird deutlich, wie außergewöhnlich die Protagonistin ist und wie viele Geheimnisse Tychos Welt zu bieten hat. Wir lernen sie, ihre Umwelt, Gedanken und Probleme gut kennen, bevor die Haupthandlung beginnt. Langsam und nachvollziehbar baut sich danach die eigentliche Geschichte auf, es stellen sich immer mehr Fragen und irgendwann wusste ich gar nicht mehr, wem noch zu trauen ist und wer was verbirgt. Die Spannung steigt permanent an und entlädt sich in einem actionreichen Showdown mit vielen, teils brutalen, Kampfszenen. Für mich hatte die Story zwischendurch einen kurzen Durchhänger, an dem dichter hätte erzählt werden können, am Ende hingegen ging alles Schlag auf Schlag, so dass ich vor lauter Enthüllungen und Ereignissen fast nicht mehr mitgekommen bin. Gut gefallen haben mir die unvorhergesehenen Entwicklungen und Überraschungen der Geschichte, weniger gut die doch recht vielen offen gebliebenen Fragen. So hab ich das Buch dann leider etwas unbefriedigend geschlossen, ich hätte gerne an einigen Stellen noch Antworten und Details erfahren – das hätte auch der Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit gut getan. Das war echt schade und hat mich gestört, auch wenn ich das Buch ansonsten sehr unterhaltsam fand.

Die Idee hinter der Geschichte fand ich sehr interessant und kreativ, einfach mal „etwas anderes“. Viele schwere Themen wie Alkoholmissbrauch, psychische Probleme, Sekten und ihr Einfluss auf Menschen, Selbstverletzung, Gewalttätigkeit oder Selbstjustiz wurden aufgegriffen und passend behandelt. Schön gelöst fand ich das finale Radiointerview und die Aussage, wie mit derartigen Problemen umzugehen ist – das hat dem Buch noch eine moralische Wendung und Betroffenen vielleicht sogar eine Art Hilfestellung gegeben.

Tycho ist hierfür die ideale Protagonistin. Mir gefällt es gut, dass sie so alles andere als perfekt ist, sondern mehr Ecken und Kanten, psychische Probleme und Angstzustände hat als aus anderen Büchern gewohnt. Sie ist für mich als individuelle, außergewöhnliche Persönlichkeit sehr nachvollziehbar beschrieben worden – harte Schale, verletzlicher Kern. Die ihr innewohnende Kraft fand ich interessant und faszinierend, die Idee mit dem Alkohol als Trigger und den entsprechenden Erbanlagen kreativ. Auch ihre charakterliche Entwicklung fand ich passend beschrieben, das Ende hat ihr gut eröffnet, wie sie mit ihren Problemen umgehen kann und es wurde deutlich, dass dies ein langwährender Prozess werden wird.

Insgesamt fand ich „Hard Liquor – Der Geschmack der Nacht“ einen vielversprechenden Auftakt zu Marie Graßhoffs neuer Urban-Fantasy-Reihe. Auch wenn mir persönlich zu viele Fragen offen geblieben sind haben mich der mitreißende Schreibstil, die kreative Idee, der unverhoffte Tiefgang mit vielen ernsten Themen und liebenswerte, da unperfekte Protagonistin gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 01.01.2022

Urbayrische Dorftragödie

Das Dorf und der Tod
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In Oberbayern gibt es einen idyllischen Ort, der von seinen Bewohnern nur „Das goldene Dorf“ genannt wird. Doch nicht alles ist Gold was glänzt und so geschah in genau diesem Ort im Jahr 1995 ein grausamer ...

In Oberbayern gibt es einen idyllischen Ort, der von seinen Bewohnern nur „Das goldene Dorf“ genannt wird. Doch nicht alles ist Gold was glänzt und so geschah in genau diesem Ort im Jahr 1995 ein grausamer Dreifachmord. Der Täter beging Suizid, das Motiv wurde als „unbändiger Hass“ identifiziert. Doch die Hintergründe der Tragödie führen bis weit in die Vergangenheit zurück und lassen auf generationenübergreifendes Unglück und die Konsequenzen von Leben ohne Liebe schließen.

In „Das Dorf und der Tod“ verarbeitet Autorin Christiane Tramitz die realen Geschehnisse, die sich in ihrem Heimatort zugetragen haben. Geschichten, die auf wahren Begebenheiten beruhen, faszinieren mich und machen mich des Öfteren emotional sehr betroffen. Leider ist das in diesem Fall aber überhaupt nicht passiert, vielmehr musste ich mich regelrecht durch das Buch hindurchquälen und hätte es sicherlich abgebrochen, wenn ich es nicht gewonnen hätte. Meine hohen Erwartungen wurden leider überhaupt nicht erfüllt und ich fand das Buch sehr langweilig. Die Geschichte hat sich sehr gezogen und durch den langsamen Schreibstil und die urbayrischen, trivialen Dialoge im Dialekt hat es das nicht einfacher gemacht. Über weite Teile der Story konnte ich überhaupt nicht einordnen, wohin die Geschichte geht und eigentlich habe ich die ganze Zeit darauf gewartet, dass endlich etwas passiert, da über weite Teile nur die Idylle und das Leben auf dem Land zu verschiedenen Zeitpunkten der deutschen Geschichte – in Teilen sehr ausufernd – erzählt wurde. Auch haben mich die vielen, gefühlt gleichzeitig eingeführten Personen verwirrt und ich habe sie des Öfteren verwechselt.

Natürlich sind die Geschehnisse traurig und erschütternd, wenn man im Hinterkopf behält, dass es sich um reale Gegebenheiten handelt. Die Konsequenzen von Fehlverhalten, Zwangsheirat und einem Leben ohne Liebe über Generationen hinweg sind schlimm, waren aber leider zum damaligen Zeitpunkt im Ländlichen Gang und Gäbe – sie hätten so in jedem beliebigen Dorf auf dem Lande stattfinden können. Das Motiv, das letztendlich zur Tragödie geführt hat, konnte mich nicht überzeugen und war nicht nachvollziehbar, es hat mich einfach nur verwirrt und wenig betroffen zurückgelassen, da ich keinerlei Beziehung zum Mörder aufgebaut hatte. Der Showdown, auf den ich die ganze Zeit gewartet habe, ist schleichend und unspektakulär ganz am Ende passiert und wurde nur kurz beschrieben. Es ist natürlich dramatisch, dass dies in der Realität passiert ist, aber für mich bot die Geschichte nicht unbedingt Stoff für ein Buch.

Schade fand ich außerdem, dass bis zum Ende unklar geblieben ist, was Fiktion und was Wahrheit war. Welche Handlungsstränge sind allein der Fantasie der Autorin entsprungen, was lief wirklich so ab – und woher weiß die Autorin das? Mir hat am Ende ein aufklärendes Kapitel oder überhaupt Schlussworte der Autorin zu ihrem Bezug zum Buch, dem Hintergrund, ihrer Motivation ein Buch übe die Geschehnisse zu schreiben und vor allem zu ihrer Recherche gefehlt. So bleibt „Das Dorf und der Tod“ für mich leider ein urbayrischer Heimatroman, der ganz anders geschrieben war als ich erwartet und erhofft hatte und dementsprechend für mich nicht gehalten hat, was versprochen wurde.

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