Ein Mann, der hält, was er verspricht
Alles, was du mir versprichstAmelie ist verzweifelt – in einer überhasteten Aktion hat sie sich ihren fünfjährigen Bruder Ben geschnappt und ist auf und davon. Ihr Ziel: Weg, einfach nur weg aus München. Ihre Bekannte Linda fällt ...
Amelie ist verzweifelt – in einer überhasteten Aktion hat sie sich ihren fünfjährigen Bruder Ben geschnappt und ist auf und davon. Ihr Ziel: Weg, einfach nur weg aus München. Ihre Bekannte Linda fällt ihr ein, welche auf einer Hacienda in Andalusien lebt. Voller Hoffnung, aber ohne Plan stranden Amelie und Ben auf der „Hacienda de los Caballos Blancos“. Dort begegnen sie nicht nur Linda, sondern auch Ramón, dem mittleren der drei Álvarez-Brüdern, denen die Hacienda gehört. Der sensible Tierarzt merkt schnell, dass hinter Amelies Besuch die pure Verzweiflung steckt und sein Beschützerinstinkt ist geweckt – er möchte nicht nur Amelie, sondern auch dem kleinen Ben helfen. Die Gefühle zwischen Ramón und Amelie wachsen, doch Amelie fällt es schwer, sich Ramón gegenüber öffnen – denn sie trägt ein Geheimnis mit sich herum, dass die aufkeimende Beziehung gefährden wird…
„Alles, was du mir versprichst“ ist der dritte Band von Nora Wellings „everything for you“-Reihe, die sich um die drei Álvarez-Brüder auf deren Hacienda in Andalusien dreht. Luis und Damian kommen im Buch zwar auch regelmäßig vor, der Fokus liegt aber eindeutig auf dem mittleren Bruder Ramón. Mir hat sehr gut gefallen, dass ich ohne Probleme der Geschichte folgen konnte, ohne die vorherigen Bände zu kennen. Dass so wenige Fragen im letzten Buch einer Reihe offen bleiben ist wirklich selten. Für Leser, welche die ersten Bände kennen, war es sicherlich ein schönes Wiedersehen mit bekannten Figuren und Orten, für mich als Quereinsteiger aber dennoch eine runde Geschichte – das wurde hier wirklich sehr gut gelöst!
Am besten gefallen haben mir an dem Buch die grandios vermittelten Emotionen! Nora Welling ist es wirklich wunderbar gelungen, mich in die Story hineinzuziehen und mit ihren Protagonisten mitfühlen zu lassen. Da es sowohl Kapitel aus Amelies, als auch aus Ramóns Sicht gab, konnte ich beide gut kennen- und verstehen lernen – auch wenn ich Amelies Gedanken und Handlungen teilweise nicht gutheißen konnte und sie mich etwas genervt hat. Die Gefühle zwischen den beiden wurden aber wunderschön beschrieben, so dass ich emotional mitgefiebert habe und sehr berührt war. Insgesamt ist Nora Wellings Schreibstil sehr bildhaft, enthält passend eingebaute Lebensweisheiten und lässt sich schnell und flüssig lesen. Außerdem hat sie es innerhalb kürzester Zeit geschafft, mich komplett nach Andalusien zu entführen: Ich konnte die Hacienda, das Leben dort, das leckere Essen und die komplette Umgebung live vor mir sehen! Die authentischen Beschreibungen haben mich komplett wegträumen lassen! Dennoch wurde nichts beschönigt und auch auf die negativen Seiten des Lebens in Spanien eingegangen, was dem Buch einen glaubhaften Realismus verliehen hat.
Die Geschichte an sich startet sehr schnell, wir befinden uns sofort mit Amelie und Ben auf der Flucht und es stellen sich tausend Fragen nach dem warum. Der Spannungsbogen wird durch zahlreiche Andeutungen hoch gehalten und erst nach und nach kommen immer mehr Puzzlesteine ans Licht. Die Lösung von Amelies „großem“ Geheimnis erscheint dann aufgrund dieser Andeutungen fast etwas zu trivial, da hätte ich mir etwas mehr versprochen als das, was ich mir bereits selbst zusammengereimt hatte. Aber wichtiger war die Liebesgeschichte zwischen Ramón und Amelie, die sehr realistisch und romantisch ausgearbeitet wurde. Außerdem wurde Ben sehr passend eingebaut, in auf der Hacienda aufblühen zu sehen hat mein Herz erwärmt. Dass das Ende absehbar war, hat mich nicht gestört, vielmehr habe ich mich auf das schöne Happy End gefreut. Leider habe ich dieses als etwas übertrieben und fast schon ins Kitschige abdriftend empfunden, für meinen Geschmack wäre hier weniger mehr gewesen – aber das gute Ende für die Protagonisten, die mir sehr ans Herz gewachsen sind, ist für mich das, was letztendlich zählt.
Gut ausgearbeitet fand ich des Weiteren die Protagonisten: Ramon als intelligenter, introvertierter und zuverlässiger Schwiegermuttertraum, Amelie als starke aber auch verunsicherte Persönlichkeit und der unschuldige Ben, der es trotz seiner fünf Jahre schon schwer hatte im Leben. Die Bindungen und die Liebe zwischen den Personen wurden sehr gut dargestellt und insbesondere das Prickeln zwischen Ramon und Amelie wurde spürbar. Auch die Álvarez-Familie und die große Gemeinschaft auf der Hacienda war sympathisch und einfach nur zum Wohlfühlen. Etwas unrealistisch fand ich das unproblematische Sprachen-Mischmasch, mit dem sich alle unterhalten haben – Ben konnte innerhalb kürzester Zeit Spanisch sprechen, Amelie als Krankenschwester spricht fließendes Englisch… das war mir an einigen Stellen etwas zu rund. Auch wirkte der fünfjährige Ben manchmal, als hätte er bereits das Sprachverständnis eines Erwachsenen. Elhan war sehr stereotyp gezeichnet, aber ein passender Antagonist.
Alles in allem hat mir „Alles, was du mir versprichst“ aber sehr gut gefallen. Für mich ist es ein perfekter, lockerer Roman für ein leichtes Lesevergnügen und besticht durch seine großen Emotionen und das wahnsinnig schöne andalusische Setting, dass zum Wegträumen einlädt.