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Veröffentlicht am 22.02.2017

Ein sehr gutes Buch: informativ und leicht verständlich.

Das kleine Buch von der Seele
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„ Das kleine Buch von der Seele“ ist ein sehr gut geschriebenes Werk, leicht verständlich, prima für alle, die sich für das Thema interessieren und sich ein adäquates Grundwissen aneignen wollen.
Man ...

„ Das kleine Buch von der Seele“ ist ein sehr gut geschriebenes Werk, leicht verständlich, prima für alle, die sich für das Thema interessieren und sich ein adäquates Grundwissen aneignen wollen.
Man hat den Eindruck, man unterhält sich mit einem älteren Freund, der sein profundes Wissen und seine langjährige Erfahrung auf dem Gebiet mit dem Leser teilt. Man erfährt viele nützliche Dinge, z.B. Was ist eine psychische Erkrankung? Wie werden diese heute behandelt? Wie schaut eine psychotherapeutische Behandlung aus? Er erklärt auch, was ein Psychotherapeut können sollte. Der Autor sagt ferner, was Menschen in einer psychiatrischen Klinik erwartet. Er beschreibt auch, welcher Art Präparate gibt es und wie eine Behandlung mit Medikamenten ausschaut. Beim Lesen bekommt man ein klares, adäquates Bild. Hier erzählt ein Profi und räumt viele Vorurteile und Mythen beiseite, z.B. „Einmal Psychiatrie- immer Psychiatrie?“ S. 90 ff. oder ob Psychopharmaka gesundheitsschädlich sind, usw.
Sehr gut hat mir auch gefallen, dass der Autor anfangs über die Definitionen nachgedacht und die oft vorkommenden psychischen Erkrankungen nach einem anerkannten Manual (ICD 10) beschrieben hat. So wissen die Leser nach der Lektüre, wie man eine bipolare Störung erkennt und diese z.B. von Schizophrenie unterscheidet. Auch von Demenz und Depression ist hier die Rede, alles ganz easy, wunderbar verständlich besprochen. Es ist die Art von Einfachheit, die durch sehr viel Arbeit und viel Wissen entsteht.
Besonders gut hat mir gefallen, dass man zum Schluss erklärt bekommt: Wie die Psychopharmaka wirken, was man bei der Wahl der Medikamente berücksichtigen soll, um das Richtige zu finden. Der Autor sagt auch ganz klar, dass es hier um Versuch und Irrtum geht, solange man nicht das Optimale hat und erklärt auch, warum es so ist. Zum Punkt, wie lange man Medikamente nehmen soll, erklärte Achim Haug einige wichtige Dinge und beantwortete die oft gestellte Frage, ob man derselbe sein wird wie vorher.

Die Buchgestaltung passt wunderbar zum Inhalt. Es ist ein hellblauer, fester Umschlag, schön gebunden. Eine Freude, das Buch in die Hände zu nehmen. Es ist auch prima zum Mitnehmen: recht leicht und handlich. Die Kapitel sind nicht so lang, sodass man das Buch auch wunderbar auf dem Weg zur Arbeit im öffentlichen Verkehr, im Zug, usw. lesen kann. Von dieser Seiltänzerin, die man auf dem Umschlag sieht, kommt der Autor zum Schluss zu sprechen, um das Fazit von dem Gesagten zu ziehen.

Fazit: Ein sehr gutes Buch voller nützlicher Informationen, die einem eine adäquate Vorstellung von der Psyche und ihren grundlegenden Erkrankungen ermöglichen, samt den Tipps, wie man optimalerweise damit umgeht.

Das Buch habe ich sehr gerne gelesen, daher vergebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung insb. für diejenigen, die in der nächsten Umgebung oder in der Familie Menschen mit psychischen Problemen haben. Für Einsteiger ist es schlicht ein Muss. Natürlich wird man in dem einen oder andern Gebiet zur weiterführenden Literatur greifen, aber diese gute Grundlage, sie darf einfach nicht fehlen.

Veröffentlicht am 22.02.2017

Spannend und informativ.

Maria Theresia und Marie Antoinette
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Für diesen Briefwechsel zwischen Maria Theresia(1717-1780), der österreichischen Kaiserin, und ihrer Tochter Marie Antoinette(1755-1793), Königin von Frankreich, konnte ich mich restlos begeistern und ...

Für diesen Briefwechsel zwischen Maria Theresia(1717-1780), der österreichischen Kaiserin, und ihrer Tochter Marie Antoinette(1755-1793), Königin von Frankreich, konnte ich mich restlos begeistern und kann ihn sehr gerne weiterempfehlen. Das Buch las sich wie ein spannender Gesellschaftsroman mit historischem Hintergrund, in dem zwei prominente Frauen die Hauptrollen spielen. Bloß alles war echt: Die Figuren haben wirklich gelebt, die Ereignisse waren tatsächlich geschehen, und der Gedankenaustausch war ihren Federn entsprungen. Der Briefwechsel fängt im April 1770 an, als Marie Antoinette (M.A.) nach Frankreich geht und endet 1780 mit dem Tod von Maria Theresia (M.T.).

Eine Reihe von Aspekten des damaligen Lebens an den kaiserlichen Höfen kommt aus dem Briefwechsel zum Vorschein. Es fängt mit Benehmlehre für die Tochter an, denn M.A. war nicht mal volle fünfzehn, als sie mit dem franz. Dauphin vermählt wurde. M.T. musste sie mittels Briefe und Anweisungen durch ihre Vertraute erziehen. Kein leichtes Unterfangen, denn viele Werte, die M.T. ihr zu vermitteln versuchte, wie Güte des Herzens, Liebenswürdigkeit, Loyalität, etc., hier ist übrigens auch interessant, welche Charakterzüge für eine zukünftige Kaiserin als unabdingbar angesehen wurden, konnte man einem jungen Wildfang, wie M.A. es gewesen war, wohl kaum per Fernsteuerung anerziehen. Aber M.T. hatte ihre Handlanger vor Ort, die sie rechtzeitig informierten und für die Durchführung der Anordnungen sorgten, und konnte auch sehr klare Worte finden, wenn etwas ihre nicht passte.
Es war auch spannend zu sehen, wie sich M. A. im Laufe der Jahre veränderte: vom verschüchterten Mädchen, plötzlich der Heimat und allen Dingen geraubt, die ihr lieb und vertraut waren, zu einer jungen Königin. Auch ihre Schrift wurde anders: man hat einige Kopien ihrer Briefe im Buch. Erst war oft die Rede von Spielen und Bällen, Ausritten und Jagden, Fasching wurde jedes Jahr erwähnt. Später hatte die junge franz. Königin, sie wurde mit 19 gekrönt, ihr Mann war 20, andere Prioritäten. Das Kinderkriegen, zu einer politischen Angelegenheit erklärt, bekam einen sehr hohen Stellenwert. M. T. drängte auf einen männlichen Nachfolger, denn ein Dauphin würde die Macht festigen, für den Fortbestand der Dynastie sorgen und die Erwartungen diverser Interessengruppen wie das franz. Volk, der Hofstaat, die königliche Familie, etc. erfüllen. Auch M. A. sah es nicht anders. Bemerkenswert war die Schilderung der Geburt ihres ersten Kindes. Fast der ganze Hofstaat war dabei anwesend.
Noch später dominierten das politische Geschehen und die in Europa damals grassierende Krankheiten die Themen in den Briefen der Mutter und Tochter. Auch das Verhältnis der M.A. zu ihrem Gemahl war oft thematisiert, denn der Dauphin musste her.

An mehreren Stellen bezeichnete sich M. T. als Deutsche und ihr Volk die Deutschen, S. 42.53.

Der Stil/Ausdruck ist für heutige Verhältnisse etwas blumig, aber nach einer kurzen Eingewöhnung ging es gut. Die Briefe wurden ins Deutsche übersetzt, Originale sind auf Französisch. Der Inhalt verleitete stets zum Mitdenken und warf oft Fragen auf: Waren all diese Liebesbekundungen der Mutter nur Worthülsen und es ging ihr primär um die Politik und ihren Einfluss? Wollte sie auf diese Weise das Geschehen mitgestalten und manipulierte bloß ihre Tochter? Denn sie sah die Kinder eher als Mittel zum Zweck des Machterhalts, das hat sie oft genug geschrieben, vom schlichten Mutterglück war kaum die Rede.

Ich habe extra langsam gelesen: Zu schön war der Gedanke, abends zu den beiden zurückkehren zu können. So etwas eigenartig Echtes bekommt man selten in die Hände.

Es ist viel Text auf jeder Seite, sodass man diese 330 Seiten des Briefwechsels mit über 500 Seiten eines belletristischen Romans gleichstellen kann. Es gibt oft Fussnoten, Kommentare des Herausgebers Paul Christoph, die in kleinerer Schrift die Hintergründe des Geschehens erörtern. Eine wahre Bereicherung. Ganz zum Schluss gibt es „Genealogische Übersicht“, die Maria Theresia, ihren Gemahl, ihre Kinder, sowie die franz. Seite kurz beschreibt. So fühlt man sich mit allen nötigen Informationen versorgt und kann das Lesen dieses ungewöhnlichen Buches genießen. Anfangs gibt es eine etwa sechsseitige Einleitung des Herausgebers, in der er erklärt, wie es sich mit dem Geheimnisvollen der Briefe verhält. Ein kurzes Literaturverzeichnis schließt das Buch ab.

Das Cover ist eine geschickte Zusammensetzung zweier Bilder, das von Marie Antoinette von Élisabeth-Louise Vigée-Lebrun, Versailles, und das von Maria Theresia von Joseph Hickel, Wien.

Im Buch gibt es zwei schwarz-weiß Fotos: von Marie Antoinette (1771) von Gemälde eines unbekannten Meisters und von Maria Theresia (1769) vom Gemälde von Joseph Decreux.

Fazit: Ein tolles Buch, das den heutigen Lesern die damalige Zeit und ihre Besonderheiten in vielerlei Hinsicht näherbringt. Auch die Art der Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist sehr spannend. Ich habe den Briefwechsel sehr gerne gelesen und kann es wärmstens weiterempfehlen. Fünf von fünf möglichen Sternen.

Veröffentlicht am 17.02.2017

Anspruchsvoll und lesenswert.

Pontifex
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„Pontifex“ von Volker Reinhardt ist ein opulentes Werk von 928 Seiten mit 109 schwarz-weiß Abbildungen und 4 Karten, das das Leben und Wirken der Päpste von Petrus bis Franziskus beschreibt.

Die äußere ...

„Pontifex“ von Volker Reinhardt ist ein opulentes Werk von 928 Seiten mit 109 schwarz-weiß Abbildungen und 4 Karten, das das Leben und Wirken der Päpste von Petrus bis Franziskus beschreibt.

Die äußere Gestaltung des Buches passt prima zum Inhalt: Ein 5 cm dickes Foliant, fester Einband, einfarbig in dunkel bordeaux gehalten. Auf dem Umschlag sieht man das Porträt von Papst Innozenz X, gemalt von Diego Vélazquez. Ein Lesebändchen, in der Farbe des Einbands, ist auch dabei.
Man hat gute Menge Text pro Seite. Die Schriftgröße hätte gerne etwas größer ausfallen können.
Aufbau: Nach einer 10-Seitigen Einleitung folgen 14 Kapitel, je ca. 40-60 S., darin wird jeder Papst und sein Wirken auf ca. 3-13 Seiten beschrieben. Anschließend gibt es Karten auf 5 S., Liste der Päpste und Gegenpäpste auf 5 S., Literaturhinweise 3 S., Bildnachweis 2 S., Personenregister 15 S., Bibliographie 23 S., dabei sind viele Quellen außer Deutsch, auf Englisch und Italienisch. Jedes Kapitel hat Fotos, die z.B. Portraits der Päpste, ehemalige Papstpaläste, Fresken und andere Kunstwerke zeigen. Darunter gibt es Kurztexte, die diese Bilder erklären.
Die Päpste und ihr Wirken sind chronologisch aufbereitet, von 309/310 im ersten Kapitel bis zu unserer Zeit. Einige Beispiele: Kapitel 11. „Nepotenherrlichkeit und barocke Prachtentfaltung“ beschreibt auf 46 Seiten 6 Päpste von „Paul V. bis Clemens X. (1605-1676)“, darin: „Verflechtung und Ängstlichkeit: Paul V.“ (S. 603-612); „Aktives Intermezzo: Gregor XV.“ (S. 612-618); „Der Kosmos der Barberini: Urban VIII.“ (S. 618-630); „Die ‚Päpstin‘ und ihre Skandale: Innozenz X.“ (S. 630-640); „Den Sonnenkönig im Nacken: Alexander VII.“ (S. 640-649); „Maß und Maßlosigkeit: Clemens IX., Clemens X.“ (S. 649-654). Kapitel 14: „Schwankende Haltungen zur Gegenwart. Von Benedikt XV. bis Franziskus I. (1949 bis heute)“ behandelt auf 51 Seiten 7 Päpste, darin: „Zwischen den Fronten: Benedict XV.“ (S.821-826); „Mussolinis Papst: Pius XI.“ (S. 826-836); „Der letzte Papst im alten Stil: Pius XII.“ (S. 836-846); „Aufbruch in die Gegenwart: Johannes XXIII.“ (S. 846-851); „Das Konzil und die Folgen: Paul VI., Johannes Paul I.“ (S. 851-860); „Polen in Rom: Johannes Paul II.“ (S. 860-866); „Disziplin und Fürsorge: Benedikt XVI., Franziskus I.“ (S. 866-872). Kapitel 13, S. 743-812: „Selbstabschließung und Sackgasse. Von Pius VII. bis Pius X. (1800-1914); Kapitel 12, S. 655-737: „Wider den Geist der Zeit. Von Innozenz XI. bis Pius VI. (1676-1799), etc.
In der Einleitung beschreibt Volker Reinhardt zunächst das Amt eines Papstes, seine wichtigsten Funktionen und sagt anschließend: „Keine andere Institution der Geschichte hat ihre eigene Geschichte so oft und so kreativ neu erfunden und einen so umfassenden und häufigen Gestaltwandel erlebt wie das Papstum.“ S. 20. Gleich im ersten Kapitel, „Das Petrus-Problem“ räumt er mit manchen Mythen auf, z.B. ob Petrus unter dem Petersdom in Rom begraben liegt, ob er, als Fischers Sohn, der erste Bischof von Rom wurde, etc.
Zu seiner Vorgehensweise schreibt der Autor: „Als wissenschaftliche Darstellung der Papstgeschichte behandelt das vorliegende Buch alle Fragen des Glaubens als reine Ideen und Vorstellungen… Auch wer mit der Geschichte der Päpste höhere, transzendente Wahrheiten verknüpft, sollte an dieser Beschränkung keinen Anstoß nehmen: Als Wissenschaft vom Menschen ist die Geschichte im Sinne Voltaires die Summe menschlicher Erfahrungen…“S. 19.
Ein weiterer Moment, auf den der Autor hinweist, ist, dass es hier um die öffentlichen Profile der Päpste geht, da der privat-menschliche Aspekt kaum greifbar ist. Alles, was ein Kardinal macht, ist öffentlich und somit Gegenstand der Inszenierung. „Die Kurie ist früh eine höfische Gesellschaft, in der die Akteure Masken tragen. Der Historiker kann diese Inszenierungen beschreiben und deuten… in das „Wesen“, das „Ich“, das dahintersteht, hat er jedoch kaum je Einblick.“ S. 21.
Allerdings wird das Werk dem selbst aufgestellten Anspruch: „Die vorliegende Geschichte will ein ganzheitliches Profil der Päpste und ihrer Pontifikate bieten. Dazu gehört eine Bestandaufnahme ihrer Tätigkeiten in den Hauptfeldern der Kirchenherrschaft, der moralisch-politischen Aufsicht über die christlichen Herrscher, der Machausübung in Rom und dem übrigen Kirchenstaat, des Nepotismus sowie der Mediennutzung und Propaganda im weitesten Sinne.“ S. 21, nicht in allen Kapiteln vollauf gerecht. Das ist z.T. aus der Anzahl der in Anspruch genommenen Seiten sichtbar. Gerade die Moderne wurde eher sparsam behandelt: Benedikt XVI. wurde auf 3,5 Seiten und Franziskus I auf 3 Seiten recht knapp beschrieben.

Obwohl der Text recht dicht ist, was ein enormes Wissen auf dem Gebiet voraussetzt, in einer sachlichen und aussagekräftigen Sprache, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Wirken bestimmter Päpste auf nur paar Seiten für die Laien zugänglich darzulegen eine sehr ehrgeizige wie kaum erfüllbare Aufgabe darstellt. Bei manchen Kapiteln bekam ich den Eindruck, dass man mehr Wissen auf dem Gebiet mitbringen müsste, um voll in den Genuss dieser Ausführungen zu kommen. Manchmal bleibt man mit offenen Fragen zurück und liebäugelt mit weiterführender Literatur.

Fazit: Ein Werk, in dem sichtbar Jahre intensiver Arbeit wie Recherche, Aufbereitung, Analyse, etc. stecken, dass das Wirken der Päpste von Petrus bis Franziskus I. aus der Sicht eines objektiv und oft kritisch schildernden Historikers darlegt. Anspruchsvoll und lesenswert.

Veröffentlicht am 05.02.2017

Ein toll geschriebenes, informatives und überzeugendes Sachbuch.

Türkei verstehen
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Klappentext beschreibt das Buch sehr treffend: „Jahrelang haben sich die AKP und Präsident Erdogan zurückgehalten und religiöse sowie ideologische Distanz gewahrt. Der Islam erhält als Religion und Kultur ...

Klappentext beschreibt das Buch sehr treffend: „Jahrelang haben sich die AKP und Präsident Erdogan zurückgehalten und religiöse sowie ideologische Distanz gewahrt. Der Islam erhält als Religion und Kultur in der Türkei mehr und mehr Einfluss. Die Trennung von Religion und Staat, das Kennzeichen des einzigen säkularen Staates im islamischen Kulturkreis, scheint nicht mehr strikt zu gelten.

Dass die Türkei vielfach ganz anders und ungewöhnlich vielschichtig ist, ahnen viele, aber kaum jemand weiß es. Doch gerade die Entwicklungen der letzten Jahre belegen, wie dramatisch Erdogans Präsidialdemokratie den lebendigen türkischen Pluralismus verengt. Die Situation zwischen Erdogan und seinen Gegnern spitzt sich gefährlich zu. Kurden, Anhänger des IS, die Konflikte mit Europa, der fast schon militärische Dissens zu Russland, das gescheiterte Verhältnis zu seinen nächsten Nachbarn haben die politische Stimmung am Bosporus auf einen Siedepunkt getrieben.

Der türkische Islam befindet sich derzeit in einem tiefgreifenden Umbruch. Gerhard Schweizer betrachtet anhand zahlreicher persönlicher Erfahrungen und Begegnungen in der Türkei, weshalb es zu einem derartigen, für europäische Betrachter so irritierenden Wandel gekommen ist. Zugleich greift er im historischen Rückblick bis auf die osmanische Zeit zurück, um die politischen und kulturellen Ursachen der heutigen Probleme deutlich zu machen.“

Meine Meinung:

Sehr zugänglich, anschaulich und unterhaltsam geschrieben. Alle im Inhaltsverzeichnis aufgeführten Punkte wurden detailliert und mit viel Sachkenntnis beleuchtet. Anfangs, insb. wenn es um die historischen Ereignisse ging, z.B. um die Entstehung der Türkei, las es sich schon fast wie ein historischer Roman.
Es war spannend und blieb es bis zum Ende. Die innenpolitischen Konflikte, ihre Wurzeln und Auswirkungen wurden logisch und nachvollziehbar erklärt. Man bekommt besseres Verständnis der Spannungen z.B. zwischen Shiiten, Sunniten, Aleviten und weiteren Glaubensgemeinschaften, die in der Türkei Minderheiten darstellen wie z.B. Christen, Juden, auch warum Koran vorzugsweise auf Arabisch gelesen werden muss, obwohl kaum jemand von den Gläubigern diese Sprache versteht, Kopftuch, ja oder nein, und vieles mehr.
Es wurde auch oftmals brisant, u.a. im letzen Viertel, als es um Erdogan und seine gegenwärtige Politik ging, seine ehem. Weggefährten wie Fethullah Gülen, der erst in den letzten Jahren zum Feind erklärt wurde.
Es gibt kaum einen Punkt, der ausgelassen wurde, der wichtig wäre, um Türkei, ihre Geschichte und Gegenwart zu verstehen und den Blick in die Zukunft mit dem Autor zu wagen.
Mir ist, als ob ich einen sehr guten politischen Thriller gelesen habe. Das Leben selbst schreibt die besten Thriller und Gerhard Schweizer versteht es, die Leser damit zu fesseln, u.a. auch dadurch, dass er viele Gespräche mit Türken diverser Gesellschaftschichten zu Wort kommen lässt, dass er mit viel Sachkenntnis und Können dabei ist, den Stoff unterhaltsam und informativ zu präsentieren.

Fazit: Ein sehr gut gelungenes, überzeugendes Sachbuch, das dem Titel vollauf gerecht wird. Nach der Lektüre versteht man viel mehr von der türk. Innen- und Außenpolitik. Ein Muss für alle, die sich fürs Thema interessieren und einfach diejenigen, die über den Tellerrand schauen möchten. 5 wohl verdiente Sterne und eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 05.02.2017

Etwas zum Lachen und zum Nachdenken. Wunderbar!

Wunder wirken Wunder
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Hörbuch, gelesen vom Autor, Spieldauer: 1 St. 43 Min.
Es ist wohl Aufnahme eines Konzerts des Autors, denn man hört das Klatschen, Lachen und andere Geräusche der Zuschauer. Dies hat einen netten Nebeneffekt, ...

Hörbuch, gelesen vom Autor, Spieldauer: 1 St. 43 Min.
Es ist wohl Aufnahme eines Konzerts des Autors, denn man hört das Klatschen, Lachen und andere Geräusche der Zuschauer. Dies hat einen netten Nebeneffekt, dass man denkt, man ist mitten drin, im Zuhörerraum, und lauscht gespannt den Ausführungen des Autors.

Eckhart von Hirschhausen plaudert über das Thema Wunder und was sie im Leben bewirken können. Auszug aus dem Klappentext: „Es gelingt dem Arzt, Kabarettisten und Wissenschaftsjournalisten, zwei zerstrittene Weltanschauungen miteinander zu versöhnen und gleichzeitig praktische Orientierung zu geben. Spielerisch wechselt er die Perspektiven, von klaren Worten zu wunderbarer Komik, von Hintergrundwissen zu Selbsterfahrung, von Anklage zur Anekdote.“ Das stimmt. Ich habe seine Texte sehr genossen.
Es ist eine tolle, intelligente Unterhaltung, die nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken bringt, manches geht auch sehr nah, denn auch ernste Themen werden angesprochen. Man bleibt aber nicht lange betrübt, denn gleich kommt ein nächster guter Witz und man ist wieder am Auflachen und Schmunzeln und zwar bis zum Ende.

Fazit: Unbedingt hören! Gerade beim trüben Wetter. Das Hörbuch macht gute Stimmung und Lust auf Mehr. Bin schon beim nächsten Hörbuch von Hirschhausen. Ist auch super.
Danke an alle Beteiligten, die dieses wunderbare Hörbuch ermöglicht haben. Natürlich gibt es fünf Sterne, wobei ich gerne auch zehn gegeben hätte.