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Veröffentlicht am 09.11.2017

Kann man getrost vergessen.

Zerbricht der Westen?
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So verlockend die Kapitelüberschriften und der Titel erscheinen, so fad und nichts Neues sagend präsentiert sich leider der Inhalt.
Der Anfang war so vielversprechend, aber nach und nach lösten sich die ...

So verlockend die Kapitelüberschriften und der Titel erscheinen, so fad und nichts Neues sagend präsentiert sich leider der Inhalt.
Der Anfang war so vielversprechend, aber nach und nach lösten sich die spannenden Ansätze im bloßen Nacherzählen der politischen Ereignisse der letzten 5-7 Jahre auf, die man als Tagesgeschehen zeitnah den Leitmedien entnehmen konnte.
Platituden und Allgemeinplätze, insb. in der zweiten Hälfte, statt spannender Analysen, Aufdeckung unterliegender Verhaltensmuster, die die Demokratie im Westen in schwere Krise gebracht haben und plausibler Vorschläge, wie man die Probleme lösen könnte, die ich hier eigentlich erwartet habe.
Selbst dort, wo es sein müsste, im Fazit, sucht man nach derartigen Inhalten vergeblich. Man bekommt lediglich die offizielle, für breite Massen vorbereitete Meinung, die man den größeren Zeitungen und ÖR-Sendern entnehmen konnte. Zudem wurde es so getan, als ob dort der Wahrheit letztes Wort stünde. Dass es dem nicht so ist, dass diese Art der Berichterstattung lediglich der fromme Wunsch ist, die breite Masse auf einen bestimmten Kurs zu bringen und bestimmte Ansichten in deren Köpfe zu pflanzen, weiß jeder kritisch denkender Leser. Konkrete Beispiele gibt es in Neuerscheinungen wie „Eiszeit“ von Gabriele Krone Schmalz, in „Ein Leben ist zu wenig“ von Gregor Gysi, etc.
Auch was die Beschreibung der Konflikte angeht, z.B. in Syrien, in der Ukraine, blieb der Autor bei offiziell genehmer Meinung, predigte gebetsmühlenartig von Krim-Annexion, dämonisierte Putins Russland, wie man es aus den Leitmedien gewohnt ist, verteufelte Trump &Co., von Erdogan und Assad ganz zu schweigen. Ganz sicher war ihm z.B., dass es Assad war, der Giftgasangriff auf eigene Bevölkerung „… in einem von Rebellen kontrollierten Gebiet“ (sehr „präzise“ Angabe, muss man sagen) in 2013 verübte, S. 235. Auf welche Quelle sich diese Behauptung stützt, ließ Winkler im Ungewissen. Ich kenne eine gute Quelle, die das Thema glaubwürdig darlegt, da steht es aber anders, s. „Die den Sturm ernten“ von Michael Lüders.
Auch an anderen Stellen fehlten die Quellenangaben, z.B. S. 175-176. Woher die Zahlen kommen, auf die der Autor seine Argumentation stützt? Oder geht es davon aus, dass man ihm aufs Wort glaubt?
Die Frage: Warum lese ich das eigentlich? Tauchte schon recht oft auf. Es ist Schnee von gestern, trocken und ohne wahrnehmbaren Mehrwert dargelegt noch dazu. Aber ich konnte/wollte nicht glauben, dass es tatsächlich schon alles sein wird. Da müsste doch noch das Eigentliche kommen, die Substanz, so meine Hoffnung. Leider war es nicht der Fall.
Winkler beschreibt die Ereignisse größtenteils neutral, mit paar Ausnahmen, s.o. Mir fehlte aber auf der gesamten Strecke das Denken in Zusammenhängen, die Hintergründe, die Frage, warum das eine oder andere geschehen ist und mögliche Interpretationen hierzu samt Vorschlägen, wie man die Situation entschärfen könnte. z.B.: Warum sah sich Putin gezwungen, in der Ukraine so vorzugehen? Vllt weil die Politik des Westens der letzten fünfzehn Jahre ihn dazu gebracht hat? Vllt wurden da die geopolitischen Interessen Russlands missachtet? Mehr dazu z.B. in „Eiszeit“ von Gabriele Krone Schmalz. Und was ist mit Syrien und angrenzenden sowie arabischen Ländern? Vllt war da einiges schiefgelaufen, da die Aggression vom Westen her ausging und man nun die Früchte dieser Politik präsentiert bekommt? Mehr dazu in „Schwarze Flaggen“ von Joby Warrick, „Die den Sturm ernten“ von Michael Lüders, „Nur wenn du allein kommst“ von Souad Mekhenet, ferner „Illegale Kriege“ von Daniel Ganser, uvm.
Aber nein, nichts dergleichen war den Ausführungen hier zu entnehmen.
Da klang es schon fast nostalgisch, dass die Zeitungen ihre Deutungshoheit zugunsten des Internets verloren haben. Warum? Fehlte wieder hier mal. Vllt weil die Menschen verstanden haben, dass sie dort hpts. indoktriniert werden und haben keine Lust mehr dazu, auch weil es mit dem Selbstverständnis einer funktionierenden Demokratie nicht vereinbar ist, wie Frau Krone Schmalz sehr treffend in „Eiszeit“ sagt, oder auch weil sie nicht mehr ein Teil der Volksverdummung mehr sein wollen, von der Michael Lüders in seinem o.g. Buch spricht:
„Eigentlich wäre es höchste Zeit, innezuhalten und sich neu zu sortieren. Eine Weltordnung zu begründen, die um Ausgleich und Kompromiss unter den jeweiligen Akteuren bemüht ist, einen Dialog auf Augenhöhe führt. Die vom Zenit abgleitende Weltmacht USA sucht genau diesen Ausgleich nicht. Sie ist bestrebt, eigene Interessen auf Kosten anderer durchzusetzen, notfalls mit Gewalt. Und nicht zuletzt mit Hilfe einer auch medial betriebenen Dämonisierung des gegenwärtigen Hauptgegners Russland. Die Machtpolitik Moskaus, Teherans oder Pekings ist im Zweifel jedoch nicht mehr und nicht weniger skrupellos als die des Westens. Sie in den Kategorien von „gut“ und „böse“ zu verorten, wobei „wir“ natürlich zu den Guten rechnen, das grenzt an Volksverdummung.“ S. 167.
Wenn ich an Winklers „Zerbricht der Westen?“ denke, kommt mir genau diese Verdummung in den Sinn. Genauso wie die Worte von Frau Krone Schmalz aus dem o.g. Buch:
„Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich zudem das journalistische Selbstverständnis gewandelt hat. Es geht nicht mehr in erster Linie darum zu informieren, sondern darum, die Menschen auf den „richtigen“ Weg zu bringen. Eine solche Haltung, zu der sich manche sogar ausdrücklich bekennen, scheint mir grenzwertig. Auf welches Recht könnten sich Journalisten in pluralistischen demokratischen - und nicht diktatorisch geführten – Gesellschaften dabei berufen? … Demokratie ist auf ein breites Meinungsspektrum angewiesen und darauf, dass angstfreie Debatten möglich sind. Es ist ein Jammer, dass dieser Luxus einer Demokratie von zwei Seiten in die Zange genommen wird. Auf der einen wettern rechte Demagogen und hasserfüllte Wutbürger, auf der anderen intolerante Mainstream-Journalisten und überhebliche Expertokraten, die alles zu wissen meinen, in den letzte Jahren immer wieder spektakulär danebenlagen.“ S. 259.

Fazit: Wer es geschafft hat, dem polit. Geschehen, v.a. deren Interpretation der Leitmedien zu entkommen, die durch alle großen überregionale Zeitungen und Fernsehen gegeistert hat, wenn man z.B. a lá Robinson Crusoe auf einer einsamen Insel die letzten 5-7 Jahre verbracht hat, der könnte evtl. Nutzen aus diesem Buch ziehen. Sonst kann man die kostbare Lesezeit viel spannderen Werken widmen, s.o. Auch „Die Krise der Demokratie und wie wir sie überwinden“ von Ch. Lammert und B. Vormann ist eine sehr gute Adresse, wie wertvolle Denkanstoße von Helmut Schmitt in „Was ich noch sagen wollte“.
Ich kann mich hier nicht mal zu 3 Sternen durchringen. Meine persönliche Goldene Himbeere in Sachen Bücher über Politik geht in diesem Jahr an dieses Werk.

Veröffentlicht am 07.11.2017

Spannende Einsichten in dt Ost-/West Politik der Nachkriegsjahre.

"Das musst du erzählen"
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Das Buch von Egon Bahr „Das Musst du erzählen. Erinnerungen an Willy Brandt“ habe ich gern gehört und empfehle es auch gern an politisch Interessierte weiter.
Egon Bahr, enger Vertrauter und Freund von ...

Das Buch von Egon Bahr „Das Musst du erzählen. Erinnerungen an Willy Brandt“ habe ich gern gehört und empfehle es auch gern an politisch Interessierte weiter.
Egon Bahr, enger Vertrauter und Freund von Willy Brandt, der anfangs oft seine Reden geschrieben hat und später selbst zu einer politischen Figur hohen Ragens wurde, schildert seine Sicht der Dinge, was die Person Brandts und die damalige Ostpolitik angeht. Sehr interessant und aufschlussreich.
Die Politik „Wandel durch Annäherung“, die Gabriele Krone Schmalz in ihrem neuesten Buch „Eiszeit“ (2017) erwähnt hat, kam hier gut zu Geltung. Egon Bahr verdeutlichte anhand von mehreren Beispielen, wie diese Annäherung in den 60-70-80ger Jahren betrieben wurde und erwähnte dabei paarmal, dass sie nie von den Verhandlungspartnern auf russischer Seite angelogen wurden. Bahr meinte, manches wussten sie selbst nicht, über manches durfte man nicht reden, aber vorsätzlich getäuscht wurden sie nie. Solche hohen Politiker der russischen Seite wie Breschnew, Kossygin, später Gorbatschow, einige Diplomaten, uvm kamen auch zur Sprache und es wurde klar, was sie für die Annäherung getan haben, z.T. auch wie sie persönlich waren, z.B. dass Breschnew und Brandt sich sehr gut verstanden und dem Weib, Wein und Gesang gern frönten. Auf die Warnung der Ärzte, man müsse einen gemäßigten Lebensstil an den Tag legen, würden die beiden höchstens erwägen, den Gesang etwas herunterzuschrauben, so Bahr.
Auch wie Willy Brandt als Person war, ein mutiger, sensibler Mann, der nie Befehle erteilen konnte, und u.a. deshalb als schwache Führungsperson von manchen verstanden wurde, kommt deutlich zur Geltung. Auch sein Verhältnis zu Helmut Schmidt und anderen, Brandts Bekenntnis, wenn er gewollt hätte, wäre Schmidt schnell weg vom Fenster, uvm ist diesem Buch zu entnehmen. Bahr spricht auch von einigen Äußerungen Brandts, die sich später als prophetisch erwiesen haben.
Bei allem Spannenden, was das Buch bietet, war mir manches zu glatt dargestellt worden, viele wichtigen Dinge, manche Ereignisse, die eigentlich auf die damalige Ost-West Politik großen Einfluss hatten, wurden nur am Rande sehr politisch korrekt erwähnt. Dadurch entstand ein seltsamer Eindruck, dass nur ein Teil der Geschichte erzählt wurde. Aber auch dieser Teil ist sehr gut.
Zudem war die Art der Stoffdarbietung etwas gewöhnungsbedürftig. Bahr sprang in Zeiten und Ereignissen hin und her, mal vorauseilend, wie das eine oder andere zu Ende ging, mal wieder zurückkehrend und von den Anfängen erzählend.
So oder so ist das Buch sehr lesens- bzw. hörenswert, denn es gibt die Meinung eines großen Politikers des 20 Jh wieder, der die Entspannung zw. Ost und West maßgeblich beeinflusst und den Boden für die dt Vereinigung über Jahrzehnte seines Dienstes in der hohen Politik vorbereitet hat.
Zum Schluss sagt Bahr seine kritischen Worte über die Entwicklung der EU, dass sich dies doch von dem unterscheidet, was sie damals angedacht haben. Er unterstreicht auch die Wichtigkeit des Kampfes gegen den dritten Weltkrieg. Nach dem Ausscheiden aus der Politik auf der vordersten Front hat sich Bahr der Abrüstung verschrieben, dazu meinte Brandt, Bahr würde damit bis zum Ende des Lebens ausgelastet sein. Er behielt recht.
Es gibt noch viele Dinge, die man diesem relativ kurzen Buch entnehmen kann. Lieber selbst hören/lesen und zu eigener Meinung kommen.

Egon Bar hat gut, klar und deutlich gelesen, Authentizität war dabei der große Vorteil, da er den eigenen Text las. Etwas langsam vllt, aber dafür hatte man genug Zeit und Raum, über das Gesagte nachzudenken. Zu der Aussprache von ch wie z.B. in „ungewöhnliche“ als gehauchtes h wie in „vehement“ konnte ich mich schnell gewöhnen.

Fazit: Ein sehr interessantes Buch über die dt Ost-/West Politik der Nachkriegszeit, das Lust auf mehr macht.

Hörbuch, Spieldauer: 4 Stunden und 36 Minuten, 2013, gelesen von Egon Bahr.

Veröffentlicht am 07.11.2017

Eine sehr lesenswerte Romanbiographie.

Im Leiden beginnt mein Sterben - Das kurze Leben der Großherzogin Caroline von Sachsen-Weimar-Eisenach, Prinzessin zu Reuß, ä. L., 1884-1905
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Die historische Romanbiographie der Großherzogin Caroline von Sachsen-Weimar-Eisenach, Prinzessin zu Reuß, ältere Linie, 1884-1905, aus der Feder von Silke Ellenbeck ist ein sehr gutes, bemerkenswertes ...

Die historische Romanbiographie der Großherzogin Caroline von Sachsen-Weimar-Eisenach, Prinzessin zu Reuß, ältere Linie, 1884-1905, aus der Feder von Silke Ellenbeck ist ein sehr gutes, bemerkenswertes Werk, das Einsichten in nahezu alle Aspekte des Lebens der jungen Frau am Weimarer Hof gewährt und sichtlich mit viel Herzblut und schriftstellerischem Können geschrieben wurde. Caroline, wie auch die anderen Figuren, werden auf den Seiten des Romans wieder lebendig: ihre Freuden, Hoffnungen, Ängste und Sorgen. Die damalige Zeit, das Leben am Hof mit all den Feinheiten der Etikette, den freundlichen und missgünstigen Hofdamen, den Gerüchten und Intrigen, die sich um Caroline rankten, uvm sind so zum Greifen nah, dass man sich dorthin versetzt fühlt und alles mit eigenen Augen zu sehen und mit eigenen Ohren zu hören glaubt.
Die Romanbiographie ist im Wesentlichen in Form von Carolines Tagebucheinträgen verfasst worden. Man lernt eine sensible, romantische, aber auch starke junge Frau kennen, die ihren Pflichten am Hof und im Privaten nachgehen musste, sich gern stark sozial engagierte und dafür ausgezeichnet wurde, sich aber auch die Freiheiten herausnahm, die man nach heutigen Maßstäben als harmlos bezeichnen würde. Caroline hat ihre Familie, ihre Schwestern und den Bruder sehr geliebt, früh haben sie ihre Eltern verloren, und war über jede Minute froh, die sie mit ihnen verbringen konnte. Caroline spielte auch sehr gut Klavier, ritt wie eine Rittmeisterin, was ihr viel Respekt ihres Gatten einbrachte. Dieser war ein Preuße durch und durch, mit unglücklicher Kindheit und der obligatorischen Militärausbildung im Hintergrund, was das Zusammenleben, besonders in den ersten Wochen und Monaten, sehr schwer machte: sie waren Feuer und Stein, was für hitzige Diskussionen und Streit sorgte. Sie haben sich aber auch bemüht, eine Familie zu werden, denn ein männlicher Nachfolger musste her. Dieses Aufeinandergehen, das langsame Vorantasten, was Interessen und Wünsche des jeweils anderen angeht, ist bildhaft, anhand von Szenen, und Carolines Gedanken geschildert worden, sodass man immer quasi live dabei war. Hier kommen Themen wie Rolle und Rechte der Frauen gut zur Geltung.
Man trifft auch andere Adelige der damaligen Zeit, denn Caroline hat einen hohen Stand und verkehrt in höchsten Kreisen. Auf der Karte der Bundesfürstinnen von 13 Damen insg. ist sie rechts von der Kaiserin abgebildet. Man bekommt auch interessante Einblicke ins damalige gesellschaftliche Leben.
Es gibt aber auch einiges aus dem Bereich Politik und ähnl. „In unserer Kolonie in Deutsch-Südwest Afrika gärt es.“ Die Kommentare werden dann schon mal ironisch, was Carolines klaren Verstand und gut gebildetes Urteilsvermögen vor Augen führt. Aber auch die Armut, v.a. Armut der Kinder, keine Aussichten auf ein besseres Leben in Carolines Reich wurden thematisiert, deshalb engagierte sie sich, da sie dem etwas entgegen setzen wollte.
Man merkt dem Werk an, dass es nicht nur penibel recherchiert wurde, man sieht, dass es ein besonderes Anliegen der Autorin war, Carolines Wesen und ihr leider zu kurzes Leben den Lesern nahezubringen. Und das ist zweifelsohne sehr gut gelungen.
Es gibt viele Fotos, passend zum Text im Buch geordnet, die sowohl Caroline, ihre Familie als auch andere Personen dem Leser vor Augen führen. Zum Schluss erfährt man, wie es ihren Schwestern und ihrem Gatten nach ihrem Tod ergangen war. Es gibt viele Kinderbilder a. d. Zeit. Total süß.

Fazit: Eine sehr lesenswerte Romanbiographie, die sowohl Caroline als auch die damalige Zeit und ihre Sitten und Gepflogenheiten aufleben lässt. Wer gerne historische Romane oder Frauenromane mit historischem Hintergrund liest, kann hier gut zugreifen, man wird einige erfülle Lesestunden verleben. Besonders hell leuchtende vier Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 04.11.2017

Spannend, humorvoll, bereichernd, sehr lesenswert!

Ein Leben ist zu wenig
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Die Autobiographie von Gregor Gysi (GG) habe ich sehr gern gelesen. Sie hat mir seltene wie bereichernde Sichtweisen geöffnet, die man woanders kaum finden kann.
Ich habe mich auf gutem Niveau und in ...

Die Autobiographie von Gregor Gysi (GG) habe ich sehr gern gelesen. Sie hat mir seltene wie bereichernde Sichtweisen geöffnet, die man woanders kaum finden kann.
Ich habe mich auf gutem Niveau und in vielerlei Hinsicht prima unterhalten gefühlt. GG erwies sich als ein vorzüglicher Erzähler, ein starker wie wohl geübter Entertainer.
Mal saß ich bis ein Uhr morgens lachend, als es um die Schuljahre und Berufsausbildung ging. GG hat einen tollen Humor, kluger, elaborierter Natur, und gute Prise Selbstironie, die bis zum Schluss erhalten bleiben und einen hier und da zum Schmunzeln und Auflachen verleiten. Die spannenden Ausführungen zu seinen Ahnen ganz zu Anfang stimmten mich nachdenklich, wie die später geschilderten Geschehnisse im Bundestag der 90-ger Jahre, oder auch manche Sätze wie: „Denkpause. Ist es eine Pause zum oder vom Denken?“ Es gibt noch mehr davon, gleichmäßig im Buch verteilt, die jedes Zitatenheft zieren können.
Die Kapitelübergänge sind prima: man kann nicht anders, als doch noch nächstes Kapitel anzufangen und noch paar Seiten dranghängen usw. Selbst wenn eine Pause mal zustande kam, war ich bald wieder gedanklich beim Buch: Und wie geht es da weiter?
In dieser Autobio wurde ein Stück deutscher Geschichte erzählt: das Ende der DDR, deren Übernahme vom Westen, v.a. die Art, wie das getan wurde, GG benennt konkrete Fehlerbeispiele, die anschließenden Diskussionen um die Auflösung der Partei, das Verhalten Mitglieder anderer Parteien im Bundestag, die Arroganz des Westens, und als Kontrastprogramm, wie GG und seine Parteifreunde im Ausland, in Israel, aufgenommen wurden: „Neu und fremd war für mich, dass vor dem Hotel unseretwegen eine bundesdeutsche Flagge gehisst wurde. In Deutschland selbst wurden wie unter der Flagge, die über dem Bundestag wehte, wie Leute behandelt, die nicht dazugehörten.“ Auch weitere, krassere Beispiele, wie mit Gerhard Riege, gibt es hier. Da ist sehr klar, wie nicht einfach es für ihn war, seine polit. Arbeit fortzuführen. Ein dickes Fell und viel Durchhaltevermögen gehören dazu.
GG geht auch ausführlich auf die Unterstellungen der westlichen Medien ein, die ihm vorgeworfen haben, er hätte im Auftrag der StaSi gehandelt, und klärt alles lückenlos auf.
Seine Kommentare bestimmter politischer Ereignisse, seine Sicht, wie es das eine oder andere erlebt hat, die Schlussfolgerungen sind spannend und auf jeden Fall wert, sie kennenzulernen: Ein ganz anderer Blickwinkel, interessante Argumentation, alles wirkt sehr erfrischend im Vergleich zu dem, was man in Massenmedien tagein tagaus serviert bekommt.
Von seinen Weggefährten und Parteifreunden hört man einiges Interessantes, nur Gutes.
Auch von der privaten Seite erzählt er, gerade so viel, wie man wissen mag.
Der Schwerpunkt liegt aber deutlich auf seinem Beruf. GG ist der Mann der Politik, daher ist es logisch, dass es in seiner Bio um die polit. Ereignisse geht.
Auch über Jugoslawienkrieg findet GG klare Worte und erklärt, warum dieser Krieg direkten Einfluss auf die Ukraine-Krise von 2014 hat. Manches wirkt als düstere Prophezeiung, die heute eingetroffen ist, s. Kap. 39. Bildhaft schildert er auch, was für Sachen SPD/Grüne-Regierung beschlossen hat, uvm.

Fazit: Diese Bio ist wie ein gutes, reichhaltiges Gespräch aufgebaut und ich war sehr gern dabei. Sie ist schon deshalb lesenswert, weil sie GGs Meinung zu vielen Ereignissen darstellt, die so erfrischend und bereichernd ist, dass man definitiv vieles verpasst, wenn man sie nicht kennt.
Gleichzeitig konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier nur ein Teil der Geschichte erzählt wurde, vermutlich nur das, was dem antizipierten Leser ohne Weiteres zugemutet werden konnte. Aber auch dieser Teil ist sehr interessant: Tolle Sprüche, Gedankengänge, Schlussfolgerungen, insb. Kap. 48-50, Fragen, Interpretationen, insg. die Sicht der Dinge. Sehr lesenswert.

Veröffentlicht am 02.11.2017

Ein sehr schönes Bild-Text-Buch voller wunderschöner Eulenfotos!

Eulen
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Es ist ein ganz reizendes Buch voller wunderschöner, ausdrucksstarker Bilder, 200 Farbillustrationen, das ich wärmstens weiterempfehlen kann!

Im Vorwort und der Einleitung (10 S.) erfährt man erst generell ...

Es ist ein ganz reizendes Buch voller wunderschöner, ausdrucksstarker Bilder, 200 Farbillustrationen, das ich wärmstens weiterempfehlen kann!

Im Vorwort und der Einleitung (10 S.) erfährt man erst generell Wissenswertes über Eulen, über ihre Darstellung und Rolle in der Antike, über Eulenarten, über ihre Wahrnehmung, Jagdwerkzeug, Verhalten, etc. Es gibt auch eine Karte „Biogeografische Regionen (Ökozonen)“ S. 23.
Danach werden Eulen und ihre Arten nach ihrem Wohnort beschrieben:
Nordamerika (46 S.),
Mittel-& Südamerika (22 S.),
Eurasien (74 S.),
Afrika (46 S.), S
üdasien& Australien (32 S.),
Inselwelt (30 S.).
Dann folgen Glossar, weitere Informationen, Dank, Register, Bildnachweis. Hinten am Umschlag gibt es Kurzinfos zum Autor und Fotografen.
In der Sektion Nordamerika z.B. liest man erst auf zwei Seiten Generelles über die dort ansässigen Eulen, hier gibt es 4 Fotos von diversen Arten, die Fotos sind auch sehr gut beschriftet, dann geht es um „Schnee-Eule, Bubo Scandiacus (Nyctea Scandiaca)“: ihr Aussehen, Grösse, Verbreitung, Status: gefährdet oder nicht, dann Infos auf zwei Seiten, recht klein gedruckt, begleitet von 8 Fotos, eingehend beschrieben. Weiter geht es mit „Raufuskautz, Aegolius Funereus“, hier eine Seite Text, 2 Bilder; dann kommt „Kaninchenkauz, Athene Cunicularia“ mit 1,5 Seiten Text, 4 Fotos, darunter wie ein Kaninchenkauz einen Silberdachs von seinem Nistplatz vertreibt; gefolgt von „Virginia-Uhu, Bubo Virginianus“, 1,5 S. 5 Fotos; West-Kreischeule, Elfenkauz, Fleckenkauz, Streifenkauz. Ähnlich geht es weiter mit Mittel-& Südamerika usw.
Ich habe nicht nur viel Neues und Spannendes über die Eulen erfahren, die Bilder haben mich voll und ganz in Verzückung versetzt! Am liebsten hätte ich sie als wandgroße Fotodrucke oder als ein entsprechend dimensionierten Kalender, das man wöchentlich umblättern kann. So viel Atmosphäre, so viel Ausdruck!

Mal hat man den Eindruck, die Eule schaut einen neugierig oder sich wundernd oder erschrocken an, mal als ob sie einen auslacht, dann als ob sie sich gelangweilt auf einem Ast hockt, dann wie sie fliegt oder Beute jagt, usw. Es gibt so viele ganz verschiedene Eulenarten, die dem Betrachter so bildreich und authentisch vor Augen geführt werden!

Aber man sollte im Hinterkopf behalten: man darf sie nicht missverstehen oder gar verklären: Es sind Raubtiere, die auch als solche agieren: Dem Fotografen hat es ein Auge gekostet, als er ein Eulennest aus besserer Perspektive zu fotografieren versuchte.

Das Buch ist auch toll gestaltet: Festeinband in Orange, Umschlag mit dem Eulenbild ist glänzend glatt. Die Seiten sind aus hochwertigem, glattem Papier, sodass die Fotos, die Farbgebung, etc. optimal zum Ausdruck kommt. Die Maße: 23,5 x 29 x 3 cm, es wiegt 1770gr.

Fazit: Ein sehr schönes Bild-Text-Buch für Naturliebhaber und diejenigen, die es noch werden wollen. So tolle, ausdruckstarke Eulen-Bilder! Perfekt als Geschenk.