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Veröffentlicht am 08.06.2017

Unterhaltsam, spannend, zum Nachdenken anregend.

Das Panama-Erbe
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Die Handlung ist auf zwei zeitebenen angesiedelt: in der Gegenwart auf Panama und La Palma, kurz am Anfang in Harvard, und in der Vergangenheit um 1517 in Spanien und Panama.
Es ist schwer zu sagen, welchem ...

Die Handlung ist auf zwei zeitebenen angesiedelt: in der Gegenwart auf Panama und La Palma, kurz am Anfang in Harvard, und in der Vergangenheit um 1517 in Spanien und Panama.
Es ist schwer zu sagen, welchem Genre diese Geschichte zuzuordnen ist. Etwas von Fantasy ist dabei, da Amakuna Pilz, der Schwerverletzte und Schwerkranke in paar Stunden heilen kann und alle Menschen über die Zeit hinweg verbindet, die den mal genommen haben. Alte Legenden und die Gesänge der alten Hexe, die an mehreren Stellen auftauchen, sind nicht nur weise und schön, sie bereichern das Ganze ungemein. Etwas vom Thriller ist auch da, im Sinne von Kampf Gut gegen Böse, dabei stützt sich die Geschichte auf wohl recherchierten Begebenheiten, u.a. aus der Geschichte La Palmas und Spaniens. Die Rolle der spanischen Konquistadoren wurde als die der grausamen und machtgierigen Eroberer angeprangert. „Das Panama Erbe“ trägt auch Züge eines historischen und sicher auch eines Frauenromans, da liebende Paare in der Vergangenheit wie in der Gegenwart agieren als Bewahrer des wundersamen Pilzes. Es gibt aber auch, wie so oft in Frauenromanen, etwas zu viele Erklärungen: alles wird ins Kleinste zerredet, von allen Seiten beleuchtet und genau erklärt. Die allwissende Erzählerin springt mal in die Köpfe der Protagonisten, mal in die der Bösewichte und berichtet Klartext aus deren Perspektive. Etwas unbeholfen wirkten auf mich also sowohl die Art der Stoffdarbietung, u.a. der Plot war mir etwas fragwürdig/konstruiert, als auch manchmal der Schreibstil.
Kritik an der gesellschaftlicher Ordnung, die auf Ausbeutung basiert und dazu da ist, die Gier einiger kleinen Gruppen der Machtinhaber zu befriedigen, ist gut präsent. Soziale Missstände in der heutigen Zeit, Dogenabhängigkeit, Selbstentfremdung indigener Völker auf Panama wurden bildhaft präsentiert und gekonnt in die Handlung eingewoben. Kritik an der Außenpolitik der USA, damals, z.B. beim Bau des Panamakanals, wie auch heute, ihrer Mentalität, liest sich klar heraus. Parallelen zu der Politik der spanischen Krone um 1517 mit ihren Eroberungszügen und rücksichtloser Vernichtung der Ureinwohner auf La Palma sind sehr deutlich.
Die Figuren sind lebendig, agieren recht überzeugend. Ihre Lebensgeschichten sind recht ungewöhnlich und spiegeln sich in wesentlichen Punkten. Die Protagonisten sind sympathisch und kämpfen für die rechte Sache, u.a. fürs Überleben ihres Volkes, und im Großen für die Rettung der Welt.
Die Idee, dass die Menschheit ohne Gier und Ausbeutung gut auskäme und die Schwächeren nicht ausbeuten müsste, Umweltschutz, friedliches Leben diverser Völker nebeneinander, naturverbundene Lebensweise, zurück zu den Wurzeln, zu der eigenen Kultur sind u.a. die Themen, die mir als treibende Kraft hinter der Handlung und die eigentlichen Aussagen des Romans vorschweben. Aber auch das Thema der ewigen Liebe, die alles überdauert und alle Herausforderungen übersteht, da gibt es paar recht gut gelungene Liebesszenen, das Thema des rechten Weges für einen persönlich und für die Gemeinschaft insg., Freundschaft, Familienleben, das Dienen der Gemeinschaft, uvm. wurden gekonnt in den Erzählteppich eingewoben.
Das Coverbild ist sehr gut getroffen. Als geheimer Ort, zu dem nur die Eingeweihten Zugang erhalten, ist es wunderbar. Der Titel passt ebenso perfekt zum Inhalt.

Ich verbleibe auf Teil 3 der Amakuma Saga gespannt und bis dahin lese ich Teil 1, wobei es besser gewesen wäre, in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da Teil 2 vieles verrät, was in Teil 1 geschehen war.

Fazit: Ein schöner Schmöker für lange Sommerabende mit prima Idee und sympathischen Protagonisten, der nicht nur unterhält, sondern durchaus das Zeug hat, zum Nachdenken über diese Welt und ihre Zukunft anzuregen. Gute vier Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Ein Möchte-gerne-Thriller für Dummies.

Das Einstein Enigma
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Klappentext hat mich neugierig gemacht, v.a. der versprochene Beweis: „Kairo, 2006.
Der portugiesische Kryptanalyst Tomás Noronha soll ein Geheimmanuskript Albert Einsteins entschlüsseln: „Die Gottesformel“ ...

Klappentext hat mich neugierig gemacht, v.a. der versprochene Beweis: „Kairo, 2006.
Der portugiesische Kryptanalyst Tomás Noronha soll ein Geheimmanuskript Albert Einsteins entschlüsseln: „Die Gottesformel“ – die vermeintliche Bauanleitung für eine billige Atombombe, mit der Israel das Physik-Genie einst beauftragt habe. So gerät Tomás zwischen die Fronten von Iran und CIA.
Tatsächlich geht es jedoch um die fundamentalen Fragen nach der Entstehung des Universums, dem Sinn des Lebens und Gott. Eine spannende Reise in die Welt von Wissenschaft und Religion. Denn im Rahmen seiner Ermittlungen kommt Tomás einem der größten Rätsel der Welt auf die Spur: dem wissenschaftlichen Beweis für die Existenz Gottes.“
Leider entpuppte sie der vermeintlich spannende Thriller als erstklassiger Ersatz für Schlafmittel. Nach nur paar Seiten konnte ich jedes Mal wunderbar einschlafen. Baldrian& Co. können von so einer Wirkung nur träumen. Entspr. dauerte es, bis ich die 600 Seiten doch noch mal irgendwann durchhatte. Ich musste, da Rezi-Pflicht. Dazwischen gab es etliche tolle Bücher, die mich diesen Mumpitz mit nötiger Portion Humor und Gelassenheit aufnehmen ließen.
Zu oft tauchte der Gedanke auf: für wie dumm hält der Autor seine Leser? Die Antwort lautet leider: für sehr dumm und völlig bildungsfern. Die Art, wie er sein Werk gestaltet hat, die marionettenhaften Figuren, der unglaubwürdige Plot lassen keine Zweifel daran. Der Stoff wird umständlich erzählt, alles bis ins Kleinste wie für Hirnamputierte erklärt, oft wiederholt und nochmals zusammengefasst. Der Autor wollte hpts. die Leser belehren, ihnen sein Bild der Welt aufs Auge drücken. Alles andere ist zweitrangig und wird auch entspr. stiefmütterlich behandelt worden. Der Witz ist, der werte Autor hat nicht mal eigene Inhalte. Es sind Zusammenfassungen der geborgten Werke, stark vereinfacht, von Einstein, Heisenberg und anderen Wissenschaftlern aus den Bereichen der Mathe, Physik, Astronomie, etc., sowie Lehren mancher Religionen. Sein größter Verdienst ist, dass er komplexe Sachverhalte aus o.g. Bereichen für bildungsferne Schichten zusammengetragen und aufs Wesentliche reduziert hat. Das ist aber Recherche und Kürzung. Das, was den eigenen Part darstellt, fadenscheinige Handlung und klischeehafte Figuren, sind schlicht nicht der Rede wert, denn so etwas gibt es in jedem drittklassigen Werk, der keine müde Mark wert ist.
Seitenlang, in langwierigen Dialogen, erklärt der „schlaue“ Professor dem Tomás die Welt, dabei erzählt er viel Unsinn, seine Argumentation ist oft zum Lachen, er widerspricht auch eigenen Ausführungen, denn das Gespräch ist ja lang, da hat er vergessen, was er am Anfang gesagt hat. Im Großen und Ganzen wird hier Dataismus propagiert, sonst gibt es nichts Neues: Von menschlicher Intelligenz auf den nächstgelegenen Galaxien hat man schon in den achtziger Jahren des letzten Jh. gelesen. Dem Tomás fällt all der Humbug gar nicht auf. Der läuft eh wie ein Dummy durch den Roman und stolpert zuverlässig von einer Falle in die nächste. All diese Geheimdienstagenten und ihr Getue sind reine Staffage, die jeder Glaubwürdigkeit entbehrt und kaum etwas zur Spannung beiträgt, denn die Agenten liefern auch langwierige Dialoge, bei denen man perfekt einschlafen kann. Die sehr dürftige Schreibe zeichnet sich auch noch aus von ständigen Wortwiederholungen und regem Gebrauch von Hilfsverben: „war“ wohin das Auge reicht. Warum nach Worten rangen, wenn es so einfach geht?
Fazit: Leider habe ich keinen guten Eindruck von diesem Roman gewinnen können. Es handelt sich hier um das Werk eines Graphomanen, der weder Talent noch das Handwerk, noch eigene Inhalte hat, um lesenswerte Werke zustande bringen zu können. Figuren wie Plot sind unterdurchschnittlich, da die Figuren eher blass und schematisch sind, die Handlung oft unglaubwürdig und behelfsmäßig zusammengeschustert, die Art der Stoffdarbietung ist ebenfalls unterdurchschnittlich, denn das Ganze in ellenlange Dialoge zu packen ist kein Weg, der zu einem gelungenen Thriller führt, hier also auch max. zwei Sterne. Zudem wurde kein Klischee, das typisch für drittklassige Werke sind, ausgelassen. Das stark vereinfachte wissenschaftliche Teil verdient evtl. drei Sterne, aber diese Inhalte liest man doch lieber in guten Sachbüchern. Alles insg. zwei Sterne mit viel Wohlwollen und bitte nicht nochmal so etwas in der Art. Hab gesehen, dass da schon das nächste Werk des werten Autors angeschlagen ist. Dem sollte man sein Laptop entführen, damit er keinen weiteren möchte-gerne-Romane produzieren kann.

Veröffentlicht am 11.05.2017

Ruhiger gemütlicher Krimi aus Sylt, Mamma Carlotta in guter Form.

Vogelkoje
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Klappentext beschreibt die Ausgangssituation ganz gut: „Schon lange ist Mamma Carlotta der Meinung, dass ihr Schwiegersohn, Kriminalhauptkommissar Erik Wolf, viel zu langsam Auto fährt. Sie selbst ist ...

Klappentext beschreibt die Ausgangssituation ganz gut: „Schon lange ist Mamma Carlotta der Meinung, dass ihr Schwiegersohn, Kriminalhauptkommissar Erik Wolf, viel zu langsam Auto fährt. Sie selbst ist eher von der schnellen Sorte. Aber illegale Rennen auf Sylt? Das geht der resoluten Italienerin dann doch zu weit. Erst recht, als bei einem dieser Rennen ein Leichenwagen verunglückt. Und ein Sarg herausfällt, dessen Inhalt sogar für Eriks an sich gute Nerven zu viel ist. Natürlich ist die Neugier seiner Schwiegermutter prompt geweckt. Mamma Carlotta beginnt sogleich Erkundigungen einzuholen – ohne zu ahnen, dass sich hinter diesem Sarg ein gefährliches Geheimnis verbirgt ...“
Der elfte Band fängt vielversprechend an: ein Toter bei illegalen Rennen auf Sylt, Ermittlungen unter Leitung von Erik Wolf laufen auf Touren. Mamma Carlotta ermittelt auf ihre eigene Art, wie gewohnt parallel zu ihrem Schwiegersohn, und früher oder später kommen sie beide auf die gleichen Personen und klären die Fälle auf, obwohl manchmal ziehen sie ganz unterschiedliche Schlussfolgerungen. Hier ist es auch nicht anders. Aber!
Nach einem spannenden Anfang zieht sich die Handlung in die Länge. Zum Schluss wird es leider unglaubwürdig. Ein wichtiges Detail soll Mamma Carlotta, die sonst eine sehr gute Beobachtungsgabe hat, bei ihrer neuen Bekanntschaft gar nicht aufgefallen sein. Auch Erik, der als Polizist ein geschultes Auge haben muss, hat nichts Unnatürliches bemerkt, obwohl es förmlich ins Auge hätte springen müssen, besonders Mamma Carlotta. Erik wird sowieso als nicht allzu helle Leuchte dahingestellt, was wiederum Glaubwürdigkeitsfragen aufwirft, und die Handlung insg. als konstruiert erscheinen lässt.
Aber sonst ist alles gut. Es ist ein cosy Krimi, der auf Sylt spielt und Mamma Carlotta ist schon eine sympathische Figur, von der man immer wieder gerne hört. Als Hörbuch ist es recht nett, ein unterhaltsamer und ruhiger Begleiter bei z.B. diversen Haus- und Gartenarbeiten.
Man hört auch von allen bekannten Figuren aus Carlottas Familie auf Sylt, wie es mit ihnen weitergeht: Carolina ist 18, hat einen Führerschein und feiert eine Geburtstagsparty, zu der auch Jungs eingeladen werden, die eine nicht so ganz weiße Weste haben. Sie bekommt einen handfesten Konflikt mit ihrem Vater. Felix ist nun 16 und gerne beim Feiern dabei. Zwischen Erik und seiner neuen Freundin, die ihm das Haus neu einrichtet, gibt es weitere Entwicklungen und Beziehungsspannungen. Mamma Carlotta mag sie nicht wirklich leiden, da sie eine Veganerin ist. Und die Freunde, mit denen Mamma Carlotta auch sonst ihre Abenteuer erlebt und gerne mal ein Glas im T. Gris‘ Imbiss Rotwein trinkt, sind auch gut dabei und lassen sie nicht im Stich. Ganz im Gegenteil. Sonst wird es in alle Richtungen ermittelt. Mamma Carlotta wird zwar ordentlich hinters Licht geführt, findet aber doch heraus und warum auch eine junge Frau, die in Vogelkoje gefunden wird, sterben musste.
Ein wenig erinnert die Handlung an Vorabendserien. Es passiert nicht viel, wird aber das Wenige gewissenhaft von allen Seiten ausgeleuchtet, Zwischenmenschliches wird ans Licht gezogen und in den Leben andere Leute nach Motiven gesucht.
So wirklich neu ist es alles nicht, sowie das Motiv mit dem Leichenwagen und dem herausfallenden Leichnam. Aber gut, man kennt Mamma Carlotta Geschichten und freut sich mittlerweile aufs Wiedersehen.

Das Buch wurde sehr schön von Christiane Blumhoff gelesen. Mamma Carlotta Geschichten assoziiere ich nun fest mit ihrer Stimme. Auch Männer und Kinder finde ich gut gelungen präsentiert, man hört gleich heraus, welche Figur spricht.

Fazit: Ein ruhiger gemütlicher Krimi aus Sylt, Mamma Carlotta in guter Form. Als Hörbuch gefällt mir die Geschichte ganz gut. Etwas Urlaubsfeeling kommt dabei auch auf. Insgesamt: ganz nett als Unterhaltung nebenbei.

Hörbuch, Spieldauer: 17 St. 10 Min. Gelesen von Christiane Blumhoff.

Veröffentlicht am 11.05.2017

Ein schönes, ruhiges, weises, opti.mistisch stimmendes Buch

Das Herz der Religionen. Gemeinsamkeiten entdecken und verstehen
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Das Buch habe ich gerne gehört. Ich mag Dalai Lamas Bücher und fand es toll, dass ich auch dieses Buch als Hörbuch kennenlernen konnte.
Klappentext fasst das Buch prima zusammen: „Krieg der Kulturen oder ...

Das Buch habe ich gerne gehört. Ich mag Dalai Lamas Bücher und fand es toll, dass ich auch dieses Buch als Hörbuch kennenlernen konnte.
Klappentext fasst das Buch prima zusammen: „Krieg der Kulturen oder Bündnis der Religionen? Auf diese wohl wichtigste Frage unserer Zeit gibt der Dalai Lama eine überzeugende und sehr persönliche Antwort. So verschiedenartig die Religionen der Welt auch sind, so liegen ihnen doch die gleichen Kerngedanken zu Grunde. Nur wer die Gemeinsamkeiten kennt, kann den Unterschieden mit dem Respekt begegnen, der für eine harmonische Koexistenz und einen dauerhaften Weltfrieden unabdingbar ist. Dieses Hörbuch des Friedensnobelpreisträgers dringt über die Grenzen der einzelnen Glaubensrichtungen hinweg in das Herz der Religionen vor.“
Dala Lama fasst die Kernpunkte der größten Religionen zusammen, zieht Parallele, erzählt auch Fälle aus seinem Leben über Begegnungen mit anderen aktiv Praktizierenden, die ihm die eine oder andere Gemeinsamkeit oder auch den Unterschied zwischen Buddhismus und anderen Glaubensrichtungen deutlich gemacht hatten, und betont, dass man im Endeffekt gerade die Unterschiede kennen und berücksichtigen sollte. Dalai Lama warnt, alle Religionen als Einheitsbrei anzusehen, da man kurzerhand erklärt, dass alles im Grunde auf das Selbe hinausliefe, wäre kaum das Richtige und keine Lösung der heutigen Probleme in diesem Bereich. Nur wenn man Unterschiede kennt und respektvoll damit umgeht, kann man das harmonische Miteinander aufbauen und aufrechterhalten. Er erzählt auch über sein Leben in Indien, wo viele Religionen ihr Zuhause haben und von vielen Menschen praktiziert werden, und dass es grundsätzlich möglich ist, mit Vertretern anderen Religionen dauerhaft friedlich auszukommen. Vom Tao (Dao) und seinen drei Merkmalen ist auch die Rede uvm.
Das Buch wurde wunderbar gelesen von Bernt Hahn. Seine Stimme und seine Art, das Ganze vorzutragen, passen sehr gut zum Inhalt.

Fazit: Ein schönes, ruhiges, weises, optimistisch stimmendes Buch, das das Gute in den Menschen hervorhebt und immer wieder drauf zurückkommt. Man braucht einfach solche (Hör-)Bücher.

Hörbuch, Spieldauer: 3 Stunden und 41 Minuten, gekürzte Version. Gelesen von Bernt Hahn.

Veröffentlicht am 01.05.2017

Ein scharfer polit. Thriller über Entstehung von IS mit wahren Figuren und Begebenheiten.

Schwarze Flaggen
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So einen Prolog hätte man in einem scharfen politischen Thriller lesen können und so geht es im Grunde auch weiter, bloß die geschilderten Figuren und Ereignisse sind keine Fiktion. So in etwa muss es ...

So einen Prolog hätte man in einem scharfen politischen Thriller lesen können und so geht es im Grunde auch weiter, bloß die geschilderten Figuren und Ereignisse sind keine Fiktion. So in etwa muss es sich abgespielt haben. Im Großen wird die Entstehung des IS geschildert, im Kleineren wird es nah an den Personen erzählt, die dies ermöglicht haben.
Im Fokus des ersten Buches steht ein Psychopath samt seiner Lebensgeschichte, der seine Gewalttätigkeit und verqueres Verständnis von Islam dazu benutzt hat, um eine gut funktionierende Terrororganisation aufzubauen. Viele Menschen sollten zu Opfern seines Wahns fallen. Auch auf die Geschichte des Islam-Terrors wurde kurz eingegangen und die Situation in den 1920-ger Jahren geschildert. Die Rolle der USA kam auf jeden Fall nicht zu kurz. Die damaligen Politiker, ihre Reden und ihre Taten wurden aufgeführt, und die Auswirkungen ihrer Politik bildhaft geschildert. Da kam sowohl die verkrustete Bürokratie zur Sprache, als auch die Ignoranz, was die kulturell-religiöse Hintergründe in Irak, Syrien und anderen vom Islam geprägten Ländern angeht, und v.a. die Unfähigkeit, mit den verehrenden Konsequenzen des eigenen Tuns zurechtzukommen.
Auch auf die Rolle von Jordanien und König Abdullah wurde öfter eingegangen, insb. im Buch II und III, wie er versucht hat, die US Regierung zurückzuhalten. Er warnte mehrmals vor großen Fehlern, die dann trotzdem begangen wurden. Wie ein roter Faden zieht sich dieser Strang durch das Buch. Gerade diesen Part fand ich so aufschlussreich und bereichernd.
Sehr deutlich wurde auch geschildert, wie die Iraker auf Einmarsch von US reagierten, wie sich die anfängliche Euphorie in den erbitterten Wiederstand verwandelte und so die Entstehung von IS ermöglichte. Auch über Syrien wurde hier viel gesprochen, und mehr oder minder Klartext geredet.
Es wurden auch viele grässliche Dinge vor Augen der Leser ausgebreitet: Folter, Morde, etc. Schon harter Tobak. Vor allem, wenn man über die Gründe nachdenkt, schaudert es einen.
Etwas Kritik: Besonders im ersten, aber zu genüge auch im zweiten Buch, fielen die Griffe aus der belletristischen Ecke auf, wie Szenen mit Dialogen, bildhafte Beschreibungen, etc. Insg. erschien dieser Mix für ein Sachbuch schon recht ungewöhnlich. Im Allg. war mir der Stoff oft zu breit erzählt. Mir schien auch, gerade am Anfang, als ob dieses Buch für Dummies geschrieben wurde. Ordentliche Portion Effekthascherei ließ mich das Buch immer wieder aus der Hand legen. Im Buch II und III besserte sich das.
Das dritte Buch fand ich aber ganz gut. Knalleffekte hielten sich in Grenzen. Da wurde die Situation um 2014 aus großer Perspektive betrachtet und oft aus USA Sicht geschildert, v.a. wie ein Versuch unternommen wurde, das unlösbare Problem in Syrien und Irak zu lösen. H. Clinton und B. Obama waren nun auch dabei, jeder kochte aber eher eigenes Süppchen.
Der alte Anführer der radikalen Islamisten war nun tot, da gab es aber schnell einen Neuen, einen jungen irakischen islamischen Gelehrten, der aus vorgeblich patriotischen Gründen, um seine Heimat von US Besatzern zu befreien, zum IS Anführer wurde.
Griffige Zusammenfassungen wurden oft am Ende der Kapitel geliefert. Die komplexen Zusammenhänge wurden sehr zugänglich, i.e. vereinfacht massentauglich präsentiert. Manches wurde aber wiederum zu einseitig geschildert, nur aus US Sicht.
Und zum Schluss, der in hier 2014 ist, gibt es Stellungnahmen von islamischen Gelehrten, die sich von IS abgrenzen und ihre Aktivitäten entschieden verurteilen. Der Epilog erzählt von weiteren IS-Anhängern, die nach der Ausbildung in den Kampflagern nach Europa zurückkehrten, um auf europäischem Boden ihren Kampf fortzusetzen.

In der Mitte des Buches gibt es 24 schwarz-weiß Fotos, die die Hauptakteure zeigen. Es gibt auch Karten des Geschehens am Anfang des Buches, die mir jedoch zu wenig detailliert waren. Eine Zusammenfassung der Hauptakteure auf 3 Seiten gibt es auch, wobei die Akteure so gut im Text beschrieben wurden, dass sich diese Liste für mich erübrigte. Das Umschlagblatt ist sehr passend zum Inhalt gewählt worden. Es ist Festeinband, jedoch ohne Lesebändchen. Die Schrift ist groß genug und angenehm zu lesen.

Den Pulitzer Preis, der u.a. auch zur weiteren Verbreitung dieses Buches beitragen soll, finde ich gerechtfertigt. Egal wie schwer es fallen mag, man sollte dieses Buch gelesen haben. Von mir gibt es vier wohl verdiente Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung.