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Veröffentlicht am 29.03.2017

Sehr gute und bewegende Biographie.

Die Hessin auf dem Zarenthron
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Sehr treffend fasst der Klappentext (KT) den Inhalt zusammen. Auf rund 250 Seiten in 12 Kapitel aufgeteilt, plus 10 S. Vorwort, das das Leben von Maria Alexandrowna zusammenfasst, und 10 S. Nachwort, liefert ...

Sehr treffend fasst der Klappentext (KT) den Inhalt zusammen. Auf rund 250 Seiten in 12 Kapitel aufgeteilt, plus 10 S. Vorwort, das das Leben von Maria Alexandrowna zusammenfasst, und 10 S. Nachwort, liefert Marianna Butenschön eine bewegende Biographie (Bio) einer schönen, klugen, gebildeten Hessin mit viel Sinn fürs Geistige, die, nach Meinung einiger ihr nahestehenden Personen nicht für das Amt der Zarin geeignet war. Dennoch hat sie sich große Mühe gegeben, das Beste daraus zu machen.
Diese Bio ist sehr familiär, sehr nah an den Personen geschrieben. Im 1.Kap. erfährt man über die Kindheit und Jugend Marias in Darmstadt. Ihre Familie, ihre Herkunft, und damit verbundenen Vorbehalte, ihr Charakter, etc. bekommt man bildhaft wie griffig vermittelt. Alexander II, Marias damals zukünftiger Mann, seine Kindheit und Jugend in St. Petersburg, sowie einige wesentliche Details zu seiner Familie, sind im Kap. 2 ebenso aussagekräftig dargelegt worden. Man erhält tiefe Einblicke auch in sein Wesen, bekommt manche gut vergessene Momente mit. Im Kap. 3 wurde u.a. schön bewegend geschildert, wie 16- Jährige Maria nach ihrer Ankunft in Russland von der preußischen Schwiegermutter Alexandra empfangen wurde. In Kap. 3 und 4 gibt es ausführliche Beschreibungen der Räumlichkeiten, in denen Maria untergebracht war: die ganze Pracht und Prunk. Einige Bilder in der Mitte des Buches ergänzen den ausführlich in Worten gefassten Eindruck. Über den glücklichen Start der Ehe liest man im Kap. 4. Anhand von Zitaten aus der Korrespondenz der Nahestehenden, z.B. Alexanders Schwester Olga Nikolajewna bekommt man diese schönen Anfänge mit: „Sascha brachte ihr alle Liebenswürdigkeit seines Wesens entgegen, all sein Bedürfnis, gefällig zu sein. Und wie steigerte sich noch seien Beliebtheit durch sie! Sie besaßen zwei Eigenschaften, die selten sind bei Herrschern: vollkommen unpersönlich und doch menschlich zu sein.“ S. 82.
Bereichernd ist auch, dass man einiges über die Entwicklung der Kultur in dieser Zeit zu lesen bekommt. Auch in späteren Kapiteln tauchen hier und dort einige Zeilen dazu auf, da Maria sich sehr dafür interessierte und gar Freundschaft zu Alexej Tolstoj (Lyriker und Dramatiker, entfernter Verwandter von Leo Tolstoj) pflegte. Rus. Schriftsteller spielten, zumindest kurz, bei der Erziehung vom Thronnachfolger Nixa eine Rolle. Über Johann Strauss Sohn, „der im Mai 1865 seine zehnjährige Konzerttätigkeit im Musikbahnhof zu Pawlowsk begonnen … hatte“, S. 125, über Tschaikowski und Anfänge seiner Karriere liest man in späteren Kapiteln ebenfalls.
Zum Thema Politik geht es ausführlicher ab Kap. 5. „Thronwechsel“. Es war kein leicht zu regierendes Land, das Alexander II nach dem Tod seines Vaters Nikolaus I, des „Gendarmen Europas“, erbte. Kurz und griffig beschrieben, bekommt man guten Überblick über die damals herrschende politische Lage, die Stimmung bei dem gebildeten Teil der Bevölkerung und die polit. Bewegungen, die das Land mehr und mehr in die Richtung brachten, deren Ziel sich später in aller Deutlichkeit zeigte. Innenpolitische Unruhen verlangten nach einem Zar, der Alexander II nicht war. Dazu gibt es einige aufschlussreiche Zitate von Anna Tjuttschewa, der Hofdame der Zarin, die sich durch messerscharfen Verstand und eine prima Beobachtungsgabe auszeichnete. Fjödor Tjuttschew, ihr Vater, mit seinem berühmten Gedicht zu Russland (1855) taucht auch paarmal auf.
Zu den bewegenden Momenten dieser Bio gehört Schilderung des Schicksals von Nixa, dem ersten Sohn von Maria, dem designierten Thronfolger. Die russisch orthodoxe Kathedrale in Nizza ist ihm gewidmet. Der Krankheitsverlauf, seine letzten Tage, sein Abschied von den Eltern, von der geliebten Verlobten Dagmar von Dänemark, die später seinen jüngeren Bruder Alexander heiratete, die Fassungslosigkeit der ganzen Familie und insb. von Maria, die sich nach dem Tod ihres Erstlings nie erholen würde, all dies kann einen einfach nicht kalt lassen.
Die Beziehung von Maria und ihrem Mann konnte diesen Schlag nicht überstehen. Nach acht Geburten und 25 Jahren Ehe war Maria nicht mehr so taufrisch und musste miterleben, dass er eine neue Familie gründete und mit einer viel jüngeren, hübschen Frau weitere Kinder bekam. Obwohl diese Tatsache geheim gehalten gehörte, war es ein offenes Geheimnis, alle redeten darüber.
In den letzten Jahren engagierte sich Maria auch politisch. Alexander II sah es nicht gern, denn die beiden vertraten ganz unterschiedliche Meinungen. Aber man konnte die Entwicklungen, die Maria in Gang gesetzt hatte, doch zum positiven Ergebnis umwandeln.
Es gibt noch vieles, was man über diese gelungene Biographie schreiben kann, aber es ist besser, man liest sie selbst und bildet eigene Meinung. Zum einen wurden in dieser Bio die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe geschildert, die die späteren politischen Entwicklungen prima erklären. Zum anderen erfährt man vieles, oft Unbekanntes, Intimes über die Romanos und über die Herrscherfamilien, die mit ihnen verwandt/befreundet waren.
Die Autorin lässt oft die Augen- und Zeitzeugen sprechen: Es gibt viele Zitate aus den Tagebüchern, Korrespondenz der Romanows, auch von Politikern, hofnahen Adeligen, etc., die diese Menschen direkt zu den Lesern sprechen lassen und tiefe Einblicke in damalige Verhältnisse ermöglichen. Dadurch wirkt diese Bio so unmittelbar und authentisch.
Zum Schluss gibt es Quellennachweise/Bibliographie auf 28 S., Bildnachweis, Glossar 7 S., Personenverzeichnis 15 S., Zeittafel 5 S. von 1818 bis 1922. Alles hilfreiche Dinge, um sich besser im Geschehen orientieren zu können. In der Mitte findet man u.a. Farbbilder von Marias Familie, von ihr als junge Frau, von Alexander II, von seiner neuen Familie, von den beiden auf dem Sterbebett, etc.
Das Buch ist auch nett gemacht: Fester Einband, schöne Bindung, die Umschlagblatt, das Marina Alexandrowna auf dem Ölgemälde von Franz Xavier Winterhalter (1837) zeigt.

Fazit: Eine sehr gut gelungene, lesenswerte Biographie, die letze aus der „Trilogie über russische Kaiserinnen deutscher Herkunft“, so KT. Marianna Butenschön hat ihre besondere Art, die Leser in den Bann ihrer Darbietung der Geschichte zu ziehen. Ich habe alle Zarinnen-Biographien aus ihrer Feder gelesen und war jedes Mal positiv angetan. Bei Maria Alexandrowna liegt es wohl in ihrem Naturell, dass man eine eher ruhige Biographie liest, wobei es auch einige sehr bewegende Momente gibt.
Prima auch als Geschenk für die Leser/innen, die sich für Geschichte und Frauenbiographien begeistern.

Veröffentlicht am 22.03.2017

Guter Auftakt der Reihe.

Lost in Fuseta
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Lost in Fuseta ist ein netter Regio-Krimi aus Südportugal mit einem hochaktuellen Thema, eher ruhiger Spannung und eigenartigem Ermittlerteam.
Klappentext spiegelt die Ausganssituation treffend wider. ...

Lost in Fuseta ist ein netter Regio-Krimi aus Südportugal mit einem hochaktuellen Thema, eher ruhiger Spannung und eigenartigem Ermittlerteam.
Klappentext spiegelt die Ausganssituation treffend wider. Ein Deutscher, Privatdetektiv, der an der Algarve bereits einige Jahre gelebt und gearbeitet hatte, wurde eines Tages tot aufgefunden. Die Polizei vor Ort startet die Ermittlungen. Der Kriminalkommissar Leander Lost, ein Austauschkollege aus Hamburg, kommt zunächst nicht so gut bei dem neuen Team an, erweist sich aber später als ein unverhoffter Zugewinn für Polícia Judiciária und seine neuen Kollegen. Keiner vermutet zunächst, dass die Privatisierung der Wasserversorgung und die Senkung der Wasserpreise eine direkte Verbindung mit dem Mord hat. Aber nach und nach wird klar, was die Privatisierung tatsächlich bedeutet und wie teuer sie für die Verbraucher zu stehen kommt.
Gleich zu Anfang beweist Lost eine scharfe Beobachtungsgabe und weiß sie auch in Szene zu setzen. Auch seine Kollegen wurden nach erstem Viertel zunehmend sympathischer, als es ihnen aufging, dass er ein Asperger ist. Bis dahin musste ich mich in Geduld üben. Aber dann gab es vieles, das mir gut gefiel.
Die Vergleiche der deutschen und portugiesischen Mentalität fand ich aufschlussreich und bereichernd. Auch bildhafte Darstellungen der lauwarmen Abende, des nachbarschaftlichen Zusammenseins voller menschlicher Wärme, des guten Essens und selbstgespielten Lieder auf der Gitarre weckten Fernweh und ließen ein wenig in dieser schönen Atmosphäre schwelgen. Eine zarte Liebesgeschichte, nett erzählt, gab es auch.
Dem Text sieht man die persönliche Reife des Autors an, die sich mal in humorig-ironischen Dialogen, mal in gelungener Situationskomik und in vielen anderen Schilderungen zeigte. Seine solide Kenntnis des Lebens an der Algarve rundete das Ganze ab.
Es gab aber auch Dinge, die mein Lesevergnügen gemindert haben. Manches in der Handlung und in der Stoffdarbietung war mit zu konstruiert. Glaubwürdigkeitsfragen tauchten an mehreren Stellen auf. Ein in einen längeren Dialog eingepferchter überdimensionierter Infodump, sowie die zu breit geratenen Weltuntergangaussichten, zum Schluss eine eher billig wirkende Stimmungsmache in der Aussage der ermittelnden Kommissarin, uvm. ließen mich öfter Pausen einlegen. Die Perspektiven wurden oft gewechselt, was mich jedes Mal aus dem Lesefluss beförderte. Die Aspergereigenschaften von Leander Lost kamen eher in Schüben und ließen mich an deren Stichhaltigkeit zweifeln. Eine sachlich falsche Aussage zum Gewinn, S. 337, hätte ich am liebsten dort nicht gesehen. Diese Darstellung ist zwar schön plakativ, ist aber inkorrekt, denn die Macher/Mutterkonzern haben weitere Betriebskosten, sie müssen ja das Unternehmen vor Ort aufrecht erhalten, uvm. Das kostet mehr als einen Cent pro Liter. Eine Sitzung der größeren Trageweite wie die Entscheidung über die endgültige Privatisierung der Wasserversorgung einer ganzen Region wird nicht auf den letzten Tag der Probezeit gelegt. In der Regel wird so etwas schon viel früher abgehalten und besiegelt. Die Schilderung, dass das Wasser weltweit verkauft und in USD, Yen, etc. abgerechnet wird, erscheint mir stark übertrieben. So viel Wasser hat der See gar nicht. Mir waren die Aussagen zum Schluss zu plakativ und wie für Dummies geschaffen. Zu viel Pathos auf Kosten der Glaubwürdigkeit und des guten Niveaus.
Es gibt aber andere, angenehmere Dinge: Paar weise Sprüche gibt es hier und dort gut platziert im Text, die das Ganze aufwerten. Die 16-jährige Tochter eines Opfers lockert die Geschichte deutlich auf. Die Familie der ermittelnden Kommissarin ist ein großer Gewinn für die Reihe. Die Überraschung zum Schluss war gelungen. Man hatte aber auch keine Anhaltspunkte bekommen, um den Täter selbst identifizieren zu können.

Fazit: En guter Auftakt der Reihe, trotz mancher Schwächen. Ich bin auf die nächste Folge mit Lost & Co. gespannt und vergebe 3,5 Sterne, die ich auf 4 aufrunde.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Eine solide, toll geschriebene Biographie von Maria Theresia zu ihrem 300sten.

Maria Theresia
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Die Biographie von Maria Theresia aus der Feder von Barbara Stollberg-Rillinger habe ich sehr gerne gelesen und empfehle sie auch gerne weiter. Der Inhalt hält, was der Klappentext verspricht, und liefert ...

Die Biographie von Maria Theresia aus der Feder von Barbara Stollberg-Rillinger habe ich sehr gerne gelesen und empfehle sie auch gerne weiter. Der Inhalt hält, was der Klappentext verspricht, und liefert noch viel mehr, als man eigentlich erwartet. Es gibt spannende Einsichten, was damalige Zeit, diese Art zu regieren, unzählige Intrigen, nicht nur beim Wiener Hof, politisches Kalkül, uvm. anbelangt. Und natürlich erfährt man viel über Maria Theresia, ihre Familie, ihre Verbündete und Feinde.
Rund 883 Seiten reinen Textes, Prolog und Epilog inkl., sind auf 15 Kapitel verteilt. Im Buch gibt es 82 Abbildungen, 30 in Farbe in 4 Blöcken i. d. Mitte, eine Karte d. habsburgischen Länder 1740-1780, 3 Stammtafeln, sowie Anmerkungen auf 133 S., Quellen und Literatur 56 S., Personenregister 14 S. und Glossar 3 S. am Ende dieses opulenten Werkes. Inhaltsverzeichnis sowie kurze Leseprobe findet man auf der Internetseite des Verlages.
Auch wer bereits Biographien (Bios) über Maria Theresia (M.T.) gelesen hat, findet bestimmt noch viele lesenswerte Dinge, die er/sie nicht kennt und/oder ganz anders präsentiert bekommen hat. Denn gerade in dieser Bio kommt es stark auf den Blickwinkel, auf die gewählte Perspektive und auch auf das Wie des Erzählens an. Gleich im Prolog gibt es Überblick und die Abgrenzung zu den vorher herrschenden Darstellungen und Stereotypen von M.T. Schön scharfsinnig.
Gleich zu Anfang wurde geschildert, in welche Verhältnisse M.T. eingeboren wurde: die politische Lage, unter welchen Umständen sie als Nachfolgeherrscherin infrage käme, etc. Auch was ihren zukünftigen Gatten anbetraf, heiratspolitisch und anderswie, wurde kurz und griffig vermittelt. Man sah später, dass diese Dinge für weitere Entwicklungen, politisch wie familiär, bestimmend waren.
Die Auswahl an Themen ist sehr gut getroffen, untereinander sind sie auch gut ausgewogen. Es gibt einige Kapitel, die sich schwerpunktmäßig mit der Innenpolitik, sowie mit Krieg und Frieden befassen. Aufschlussreiche Analysen der damaligen politischen Verhältnisse und daraus folgender Schritte in der Außenpolitik nehmen den Leser gefangen. Hier kommt der ewige Feind aus Preußen Friedrich II nicht zu kurz. Es gibt aber auch Kapitel, die M.T.s Verständnis von Körperlichkeit, Sexualität und ihre Geburten beschreiben. Alles in allem erlaubt diese Themenwahl dem Leser ein detailliertes, wesentliche Lebensbereiche umfassendes Bild von M.T., ihrer Familie und ihrer Zeit zu bekommen.
Es gibt einige Szenen, z.B. M.T.s pompöser Verlobung, ihrer Hochzeit, oder auch ihrer Rede vorm ungarischen Landtag 1741 etc., in denen das Geschehen einem lebendig vor Augen abläuft. Auch viele Zitate aus M.T.s Korrespondenz lassen sie oft zu Wort kommen und ihre Art zu denken, ihr Wesen offenbaren. Sehr angetan war ich von der Tatsache, dass jedes Mal, wenn auch nur ein leisester Wunsch nach Quellenangaben spürbar wurde, waren sie auch da.
Diese Biographie liefert ein differenziertes Bild von M.T. Die Herrscherin wurde weder hochgejubelt, ihr Verhalten schöngeredet noch wurde eine andere Extreme bedient. Man erhält eine solide, mit Quellen belegte Schilderung Maria Theresias, sowie der damaligen Ereignisse, ihrer Haltung und ihrer Rolle im politischen und familiären Geschehen. Oft genug musste sie das eine gut und richtig finden und das Gegenteil davon tun, wie z.B. bei der Teilung Polens 1772. Auch dem problematischen Verhältnis zu ihrem Sohn Joseph, dem Co-Kaiser, ist ein extra Kapitel gewidmet (Kap. X). Die Probleme der beiden und wie sie auf die Politik abstrahlten, wurden dem Leser klar vor Augen geführt. Einzelne Unterkapitel im Kap. XIV schildern mit Kurzportraits andere Kinder. Es gibt spannende Analysen sowohl bei den Söhnen als auch bei den Töchtern, insb. die Vergleiche fand ich treffend und aufschlussreich.
Ein kurzer Epilog fasst das Wesentliche zusammen, nennt die Eckpunkte M.T.s Regierung und ihre Besonderheiten, weist auch auf die Veralterung der Maßstäbe und Machtwerkzeuge hin, deren sich M.T. bediente. Zum Schluss merkte auch M.T. selbst, dass sich die Welt stark verändert hatte und sie nicht Willens/Könnens war, sich ihr anzupassen.
Diese Bio ist gekonnt geschrieben und weist eine bemerkenswerte Kombination aus hohem Niveau und Zugänglichkeit auf. Sie las sich so gut, manchmal wie ein guter historischer Roman mit all den Adels- und Königsdynastien, ihren Verflechtungen und Intrigen, selbst innerhalb eigener Familie gab es genug davon, dass ich gleich in die Geschehnisse abtauchen konnte und keine einzige Seite darin vermissen wollte. Mit manchem Mythos wurde aufgeräumt, manches Unwahres, was im Umlauf ist, klargestellt. Mehrmals habe ich darüber die Zeit vergessen.
Es hat einfach Spaß gemacht, diese Bio zu lesen, nicht nur auf informativer Ebene. Es ist die Sicht der Dinge, diese Art über die Geschehnisse zu reden, sie zu bewerten und sie dem Leser zu präsentieren, die diese Bio u.a. so lesenswert machen. Solche hohe Qualität entsteht zweifelsohne als Resultat des enormen Wissens und der lang geübten Fertigkeit, auch komplexe Zusammenhänge klar und verständlich, in einer aussagestarken Sprache darzulegen.

Fazit: Eine sehr gute, solide Biographie von Maria Theresia zu ihrem 300sten. Toll geschrieben, unterhält sie und regt zum Nachdenken an, z.B. über die Rolle der Frau in der Politik und in der Familie, die Vereinbarkeit des Berufs und der Familie und noch viele andere Dinge, die auch heute sehr aktuell sind. Absolut lesenswert.
Das Buch ist sehr schön gestaltet: Fester Einband, Umschlagblatt, Lesebändchen, hochwertiges Papier. Perfekt als Geschenk.


Veröffentlicht am 14.03.2017

Hopsgegangen.

Hopsgegangen
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„Hopsgegangen“ wurde als humorvoller Krimi voller Situationskomik angepriesen. Humorige Regio- Krimis lese ich sehr gerne und war auf eine entsprechende Lektüre gespannt. Leider, leider kam es anders. ...

„Hopsgegangen“ wurde als humorvoller Krimi voller Situationskomik angepriesen. Humorige Regio- Krimis lese ich sehr gerne und war auf eine entsprechende Lektüre gespannt. Leider, leider kam es anders. Das Buch entpuppte sich als starke Konkurrenz zu den gängigen Schlafmitteln: Ich konnte jedes Mal nach paar Seiten zuverlässig einschlafen. Phänomenal. Und somit wären wir beim Thema. Manipulationen im Pharmabereich ist nichts Neues. Dieses dankbare Feld wurde seit einigen Jahrzehnten von Thriller- und Krimiautoren oft und ausgiebig beackert. Auch in den TV- Berichten gaben es zu später Stunde hin und wieder haarsträubende Enthüllungsstories aus dieser Ecke. Aber gut, das Thema ist das Eine.
Auf das Wie kommt es in humorigen Krimis sehr stark an und hier konnte mich leider rein gar nichts überzeugen. Das erzählerische Können ist eher auf dem Möchte-gerne-Niveau. Das Ganze erinnerte mich an Malen nach Zahlen, wobei der Versuch, vom Masterplan abzuweichen, um mehr Komplexität zu gewinnen in einer Kaskade aus Unglaubwürdigkeiten und Absurditäten mündete. Der Plot wirke auf mich insg. zu konstruiert, zu „gemacht“ und herzlich wenig authentisch.
Die Figuren blieben leider eindimensional und schemenhaft. Mit dem „Helden“ der Geschichte, dem Privatdetektiv Lukas Born konnte ich nichts anfangen. Für die Heldenrolle taugt er nicht. Er ist nicht nur ein Pechvogel, sondern dümmlich noch dazu. Er braucht seinen Freund Uwe, der ihm erstmal erklären muss, was Sache war, und welche Rolle ihm, Born, in den Machenschaften der Pharma-Haie zugeteilt wurde. Glaubwürdigkeitsfragen, die in regelmäßigen Abständen auftauchten, sowohl bei den Figuren und erst recht bei der Handlung, sowie die peinlichen Flüchtigkeitsfehler, zahlreiche Klischees, der proletenhafte Sprech des Erzählers, etc. ließen mich das Buch oft genug aus der Hand legen. So etwas wie gelungene Situationskomik oder humorvolle Momente, bei denen man auflacht oder zumindest dauerhaft schmunzelt, ließen sich leider nicht entdecken. So etwas wie das Baden des Helden in den Kamellenexkrementen und derartige Dinge riefen bei mir bloß Kopfschütteln hervor.

Fazit: Mir war bei dieser Lukas Born Geschichte die Lust an humorigen Krimis „hopsgegangen“. Viel gewollt und wenig gekonnt. Mehr als zwei Sterne sind meiner Meinung nach nicht drin.

Veröffentlicht am 12.03.2017

Von der Kunst eines langen und zufriedenen Lebens.

Ikigai
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Ich habe einen positiven Eindruck vom Ikigai-Buch gewonnen. Insb. für Einsteiger scheint es mir gut geeignet: eine leicht verständliche Lektüre, die sich wunderbar lesen lässt. Auch als Geschenk kann ich ...

Ich habe einen positiven Eindruck vom Ikigai-Buch gewonnen. Insb. für Einsteiger scheint es mir gut geeignet: eine leicht verständliche Lektüre, die sich wunderbar lesen lässt. Auch als Geschenk kann ich mir dieses Buch prima vorstellen. Es ist nett gemacht: Schön gebunden, fester Einband in Orange, Umschlagsblatt in Naturweiß, die Titelschrift ist farblich abgestimmt, haptisch (sehr glatt) wie optisch (glänzend) hervorgehoben, wie auch die beiden Fischabbildungen unter dem Titel. Ein Lesebändchen im gleichen Orange ist auch dabei. Das Buch an sich hat ein gängiges Format, passt in eine mittelgroße Tasche, es ist auch recht leicht, prima zum Mitnehmen.
Die Kapitel sind so gestaltet, dass man das Buch im öffentlichen Verkehr, auf dem Weg zur Arbeit oder im Zug lesen kann. Es sind ca. 210 Seiten in 9 Kapitel von 12 bis 35 Seiten unterteilt, plus paar Seiten für Vorwort und Epilog.
Im Kap.1 wird die Philosophie des Ikigai vorgestellt und „die fünf Blauen Zonen“ beschrieben: Dort, wo die meisten langlebigsten Menschen leben. Auch die Prinzipien des langen Lebens, die diese Menschen den Wissenschaftlern zufolge teilen, sind aufgeführt.
Im Kap. 2 geht es um Anti-Aging-Gesetze oder „Alltagsfaktoren, die einen langen, angenehmen Weg begünstigen.“ Stress und seine Rolle werden hier unter die Lupe genommen. Zu jedem vorher aufgeführten Punkt gibt es Rat, wie man im Alltag paar Dinge anders macht, um z.B. dem zu vielen Sitzen entgegenzuwirken oder besser schlafen zu können.
Im Kap. 3 werden einige Supercentinarians beschrieben, sowie ihre Ratschläge. „Kunst, gleich welcher Art, ist ein Ikigai und kann als Glücksquelle und Lebensziel fungieren.“ S. 64.
Im Kap. 4 wird von der Wichtigkeit der Lebenssinesfindung gesprochen. Dabei ist von Psychoanalyse und Logotherapie die Rede. 10 Unterschiede zw. den beiden werden in einer Tabelle gegenübergestellt, um klarzumachen, dass/wie man Ikigai mithilfe von Logotherapie finden kann. Einige sehr gut beschriebene Beispiele aus dem Leben runden die Ausführungen ab. Weiter wird Morita-Therapie besprochen, deren Grundregeln auch zum langen, guten Leben beitragen können. Vietnamesischer Mönch Thich Nhat Hanh wird hier zitiert: „Hallo, Einsamkeit, wie geht es dir heute? Komm, setz dich zu mir, ich werde mich um dich kümmern.“ S. 86.
Im Kap. 5 „Bei jeder Tätigkeit im Flow sein“ wird von der Macht des Flow geredet, die 7 Voraussetzungen dafür aufgelistet und die Techniken, um Flow zu erreichen. Beispiele aus dem Leben, z.B. Flow bei japanischen Handwerkern, Künstlern untermalen die Ausführungen.
Kap. 6 beschreibt den Besuch der Autoren in Ogimi, „Dorf der Hundertjährigen“. Das Leben in der Gemeinschaft wird dem Leser bildhaft vor Augen geführt. Man wohnt einer Geburtstagsfeier bei, bei der eine Frau 99, die andere 94 und ein Mann 89 ihr Fest mit 17 weiteren Gemeindemitgliedern feiern. Es gibt auch Interviews mit Hundertjährigen, die ihre Weisheiten und ihre Meinung zum langen, glücklichen Leben teilen.
Kap. 7 beschäftigt sich kurz mit richtigem Essen und Trinken.
Kap. 8 beschreibt „Fernöstliche Bewegungsübungen zur Förderung von Gesundheit und Langlebigkeit“. Radio Tasio Übungen mit Zeichnungen sind als erstes aufgeführt, dann kommt Yoga und ihre Stile kurz erläutert, Anleitung zum Sonnengruß in 12 Schritten mit den Zeichnungen. Weiter gibt es Tai-Chi, ihre Stile, Grundprinzipien kurz. „Wolken nachahmen“ in 12 Schritten und Zeichnungen, anschließend fünf Elemente Qigong, auch mit Abbildungen, und Shiatsu ganz kurz.
Kap. 9 spricht von Resilienz und ihrer Rolle. Wabi-Sabi-Konzept, Antifragilität und die 3 Schritte, um sie zu erreichen, einige Beispiele und Ratschläge inkl., runden die Ausführungen ab.
Epilog listet 10 Ikigai-Regeln auf und schließt das Buch ab.
Zugegeben, nicht sehr viel Neues, wenn man sich bereits mit diesem Thema befasst hat, aber einiges doch neu und recht interessant. Nett, all dies in einer anderen Zusammensetzung, mit Beispielen aus den Blauen Zonen, überwiegend aber aus Japan locker leicht vor Augen geführt zu bekommen.
Die Quellen der Konzepte sind zwar im Text aufgeführt worden, aber ich hätte gerne mehr Quellenangaben und weiterführende Literatur gehabt. Auch mehr zu den Methoden des Ikigai-Findens wäre sehr schön gewesen und hätte das Buch doch sehr bereichert.

Fazit: Alles in allem ist es ein nettes, schön gemachtes, leicht zu lesendes Buch, das Potential hat, dem Leser zu helfen, das eigene Leben auf ein langes, zufriedenes Leben auszurichten.
Ich vergebe 3,5 Sterne, die ich auf 4 aufrunde.