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Veröffentlicht am 19.01.2017

Ein netter cosy Krimi zum Feierabendlesen.

Bitterer Calvados
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Bitterer Calvados ist ein netter cosy Krimi aus Deuville, die dritte Folge mit dem Kommissare Leblanc.
Klappentext fasst die Ausgangssituation treffend zusammen: „Deauville im Frühling. Bereits zum fünften ...

Bitterer Calvados ist ein netter cosy Krimi aus Deuville, die dritte Folge mit dem Kommissare Leblanc.
Klappentext fasst die Ausgangssituation treffend zusammen: „Deauville im Frühling. Bereits zum fünften Mal lockt der Ort mit seinem Krimi-Festival "Mord am Meer" die Besucher an. Und diesmal ist es den Organisatoren sogar gelungen, den berühmten Bestsellerautor Jean-Paul Picard für eine Lesung zu engagieren. Der Autorenabend ist ein voller Erfolg. Doch am nächsten Morgen liegt Picard tot in seiner Hotelsuite. Das Letzte, was er zu sich genommen hatte, war ein Calvados – und der hatte es in sich: Picard wurde vergiftet. Bei seinen Ermittlungen trifft Kommissar Leblanc auf missgünstige Autoren, gierige Verleger und weibliche Fans, die es faustdick hinter den Ohren haben.“
In etwa bis zur Hälfte gefiel mir der Krimi ganz gut: es gab einen Mord, eine Ermittlung, die Leblanc zusammen mit seiner Kollegin Nadine, die professionell immer besser wird, durchführte, und eine zarte Liebesgeschichte, denn Leblanc ist frisch verliebt und schwankt im Takt der Frühlingsgefühle. Gute französische Küche wie leckere Törtchten aus den geschickten Händen der Leblanc Angebeteten sorgen für Leibeswohl und Gemütlichkeit.
Wie bei jeder Folge zuvor, gibt es auch hier ein zentrales Thema, das besondere Aufmerksamkeit genießt: Wie Bestseller und Star-Autoren gemacht werden. Man wohnt gleich zu Anfang der wohl inszenierten Lesung des gefeierten Krimi-Autors bei, sieht sein heldenhaftes Auftreten, das ganze Brimborium drum herum, hört die Gespräche der weiblichen Fans, etc. Dem Bestsellerautor wurden folgende Worte in den Mund gelegt: „… die meisten Kriminalromane seien schlampig geschrieben, schlecht recherchiert und so langweilig, dass sie die Leser einschläfern würden.“ S. 119. Die Äußerungen des Verlegers des verstorbenen Stars sind aber noch aufschlussreicher, griffig formuliert und überzeugen auf ganzer Linie, sodass keine Zweifel entstehen, dass es sich so in etwa auf dem Büchermarkt auch in der Realität abspielt. Den Lesern wird plastisch vor Augen geführt, wie ein Bestsellerautor gemacht wird und was hinter der glamourösen Fassade steckt. Ironisch ist die Auflösung dieses Mini-Stranges um den geschäftstüchtigen Verleger.

Schön war auch das Wiedersehen mit den anderen Figuren aus den früheren Folgen. Die Geschichte von Leblancs Mutter, die bei ihrer Schwester in Versailles nach dem Tod ihres Mannes unterkam, wurde recht unterhaltsam weitergesponnen. Nun will sie einen afrikanischen Krimiautor heiraten, der genauso alt ist wie Leblanc, und sich als seine vierte Frau seiner Familie in Kamerun anschließen. Vergleiche der europäischen und afrikanischen Lebensstile treten in Leblancs Gedanken hervor, regen zum Nachdenken an und wirken bereichernd insgesamt. Leblancs zwei weitere Dauerfreundinnen kommen hier auch wieder vor und sorgen für ein nettes Wiedersehen.

Insg. fühlte ich mich gut unterhalten. Eine nette Geschichte, die manchmal auch gesellschaftskritisch wirkte, denn Kritik am räuberischen Verhalten der Großkonzerne in Afrika, Schicksal der einfachen Afrikaner und der Zustand des dortigen Ackerlandes (S. 129) kamen ebenso zur Sprache wie das Kasperletheater auf dem Büchermarkt in Europa.
Es gab leider auch einige Dinge, die mein Lesevergnügen geschmälert haben:

Spätestens nach den ersten siebzig Seiten drängte sich der Eindruck auf, dass es insg. zu viel erklärt wurde. Manche unnötige Kommentare und naive Fragen aus Leblancs Mund (S. 128) hätte ich dort lieber nicht gesehen, genauso wie manche Klischees wie Wodka flaschenweise konsumierenden Russen an der Bar, die angeblich in Drogen- und Goldgeschäfte verwickelt sind. Die wurden gleich paar Mal hervorgeholt und ich musste an unbeholfene Lückenfüller denken. Einige Stellen mit überflüssigen Adverbien katapultierten mich paar Mal aus dem Lesefluss. Manche Dialoge wirkten gestellt und luden zum Pause-Einlegen ein.

Der Fall an sich erschien mir wenig spektakulär. Manches daran schien mir wie aus dem letzten S. King Roman abgeschaut.
Die Spannung ließ in der zweiten Hälfte nach, durch die weitschweifigen Beschreibungen der unsinnigen Aktionen des liebestollen Leblancs wirkte der letzte Drittel langatmig, bis die Auflösung (endlich) über die Bühne gebracht wurde.

Fazit: Ein netter cosy Krimi aus Deuville zum Feierabendlesen oder um einen verregneten Sonntag zu überbrücken, der durch einige gesellschaftskritische Aspekte aufgewertet wurde. Ich bin auf den nächsten Fall gespannt und vergebe vier Sterne, gute Portion Wohlwollens vorausgesetzt, samt der Empfehlung für Liebhaber/innen der gemütlichen Regio-Krimis.

Veröffentlicht am 10.01.2017

Ein Genusskrimi verkommt zu einem drittklassigen Agententhriller.

Gefährliche Empfehlungen
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In der Folge 5 der Reihe mit dem luxemburgischen Koch Xavier Kieffer ist der angeschlagene Kurs, den man aus vorigen Folgen kennt, völlig verändert worden. Wenn man in früheren Kieffer Krimis eine Art ...

In der Folge 5 der Reihe mit dem luxemburgischen Koch Xavier Kieffer ist der angeschlagene Kurs, den man aus vorigen Folgen kennt, völlig verändert worden. Wenn man in früheren Kieffer Krimis eine Art Enthüllungsjournalismus in unterhaltsamer Form zum jeweiligen Thema, wie z.B. Olivenöl und brisante Details um seine Produktion und Vertrieb (Folge 4) oder Thunfisch (Folge 2), genießen konnte, wurde hier etwas ganz anderes, was kaum in den Gastrobereich fällt, zum Gegenstand der Ermittlungen, und man durfte sich als Fan der Reihe veräppelt fühlen.
Französische Politik und franz. Präsident Francoise Allegrét, den man schon aus der zweiten Folge kennt, spielt hier schon fast eine zentrale Rolle, was dem Ganzen nicht guttut. Spannung? Fehlanzeige.
Es gibt zwei Erzählstränge: in der Gegenwart sucht Kieffer nach verschwundener Ausgabe von Gastroführer Gabin aus dem Jahr 1939. Es gibt einen toten Bibliothekar, Kieffer wird verfolgt. Der abwechselnd erzählte Strang, der eher für Verwirrung sorgte, ist im zweiten Weltkrieg angesiedelt. Dort wird man mit Schilderungen des Alltags der Soldaten in Frankreich „beglückt“. Die Figuren blieben schemenhaft und ihre Gespräche, viel mehr war nicht dabei, nicht mehr als ein Geplänkel. Am Ende kommen die beiden Stränge mehr oder minder zusammen.
Ich muss sagen, dass ich mich für diesen Kurswechsel gar nicht begeistern konnte. Meine frühere Begeisterung für die Reihe war völlig hinüber. Gastroteil ist eher ein Beiwerk, eine Alibiveranstaltung, um einen dürftig zusammengebastelten Agentenroman noch als Folge der früheren Krimis mit dem luxemburgischen Koch aussehen zu lassen.
Manche Elemente wie Verbrennung der Bücher und die bösen Russen muten ganz anders an und man fragt sich, ob man diese wenig rühmliche Gegebenheiten (Bücherverbrennung von Nazis und Kalter Krieg der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts) wieder aufleben sollte, selbst in leicht abgewandelter Form und auf den Seiten eines drittklassigen Agentenkrimis. Eine Aufwertung des Plots, der so oder so arg zusammengebastelt wirkt, war es wohl kaum, genauso die Figur des franz. Präsidenten als Verschnitt aus dem Vorigen und Gegenwärtigem, aber in der Schwulvariante, der wie ein Wahnsinniger nach Macht strebt.
Diese Einfallslosigkeit, die einen durch den Roman begleitet, ist schon erschreckend. Man braucht sich nicht zu wundern, dass die Auflösung entsprechend ausfällt. Fragen der Glaubwürdigkeit tauchen dabei hartnäckig auf. Um das Ganze noch „abzurunden“, gibt es seitenlange Erklärungen, wie die großen Bibliotheken funktionieren und wie man dort Recherche betreibt. Das ist eigentlich das Interessanteste an dieser Folge. Selbst bei den Figuren, die man in den vorigen Fällen witzig und sympathisch fand und sich auf das Wiedersehen freute, konnte kein Funke rüberspringen. Sie blieben blass und marionettenhaft.
Die Sprache ließ mich auch oft genug zusammenzucken. „War“ ist wohl das liebte Wort des Autors. Insb. Kap. 10 trieft davon.
Ich musste öfter Pausen einlegen. Solche Krimis sind sonst in ein- zwei Lesesitzungen durch. Dieser hier zog sich aber über mehrere Tage und ich musste mich motivieren, das Buch wieder aufzunehmen.

Fazit: Enttäuschend auf der ganzen Linie. Zu bemüht kommt mir dieser Agentenkrimi daher. Halbherzig zusammengeflickt und auf die Leser losgelassen. Offensichtlich, dass dem Autor nichts Aufregendes eingefallen war, da musste die Recherche und aktionsreiche Verschnitte aus anderen Agentenromanen herhalten. Mir wäre es viel lieber gewesen, wenn diese Folge in der alten Tradition der Reihe geblieben wäre, sowohl was die Themenwahl, den Aufbau, als auch die Gestaltung der Figuren angeht. Ich bin so enttäuscht, dass ich mich frage, ob ich wieder etwas von dem Autor lesen werde. Ich kenne fast alle seine Werke, die ich sonst recht gut und lesenswert fand, aber nach diesem Flop ist eine längere Pause dran.
E-book, 416 Seiten der Printausgabe.

Veröffentlicht am 10.01.2017

Vom Mädchen für Mädchen oder Psychothriller für Anfängerinnen.

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
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Dear Amy ist eine Geschichte, die eher für Mädchen, Neulinge in dem Psychothriller-Genre, geschrieben wurde. Junge Frauen, hpts. in der Opferrolle, sind hier in der Überzahl. Ihre pubertären Probleme und ...

Dear Amy ist eine Geschichte, die eher für Mädchen, Neulinge in dem Psychothriller-Genre, geschrieben wurde. Junge Frauen, hpts. in der Opferrolle, sind hier in der Überzahl. Ihre pubertären Probleme und daraus folgende tragische Schicksale füllen etliche Seiten. Männer sind oft die Bösewichte und Quell allen Übels.
Die Frage der eigenen Identität ist eine der zentralen Themen in diesem Roman. Freundschaft, Kindererziehung, Rolle der Frau in der Familie, Familienzusammenhalt, Liebe, auch den richtigen Platz, sinnvolle Aufgabe im Leben finden, kommen im Laufe der Handlung hinzu.
Den Anfang fand ich vielversprechend. Es wird hpts. aus der Sicht von Margot, der Protagonistin, Lehrerin an einer besseren Mädchenschule, erzählt, was prima zur Story passt und daran eine Weile fesselt. Der lockere Schreibstil ließ die Seiten immer weiterblättern, und die Frage, worauf all das hinauslaufen mag, sorgte dafür, dass die erste Hälfte schnell ausgelesen war.
Nicht minder ernüchternd stand dann aber die Erkenntnis vor Augen, dass das Ganze wohl bekannte Muster bedient und eine flotte Nacherzählung einer Story ist, die man schon in zig Variationen bereits woanders gelesen hat, Geschichten von misshandelten Mädchen, die von Zuhause fliehen und unbedingt auf die schiefe Bahn geraten inklusive: Über knapp zwanzig Jahre hinweg verschwinden 15-Jährige Mädchen. Polizeiliche Ermittlungen erfolglos. Täterprofil so gut wie nicht vorhanden. Nun verschwindet Katie Brownie, eine Schülerin von Margot, und Margot selbst bekommt Briefe von einem Opfer, das seit fünfzehn Jahren als spurlos verschwunden gilt.
Einiges aus der griechischen Mythologie zu Furien und Erinnyen, etc. ist prima in den Erzählteppich hineingewoben worden und wertet die Geschichte gut auf.
Zum Schluss wechselt tw. die Erzählperspektive. Der Täter kommt zu Wort, erzählt eigene Vorgeschichte und erklärt seine Motive, plötzlich in Präsens. Wenig originell, wie wohl bekannt, der Inhalt, wenig kunstfertig die Art der Stoffdarbietung, was auch für manche Dialoge und Handlungswendungen gilt.

Bei einem zentralen Element ähnelt Dear Amy dem Boy in the Park, wirkt wie von dort abgeguckt.

Ansonsten ist es die zigste Nacherzählung einer uralten Geschichte, eine Art moderne Interpretation vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf, die am Anfang und insb. zum Schluss ins Unglaubwürdige und Konstruierte kippelt.

Die Sätze im Klappentext: „Beklemmende Psycho-Spannung um zwei Entführungsopfer – ein packender Thriller…“ und »Ein Wirbelwind von einem Psychothriller!« halte ich für arg übertrieben.

Für eine Debütantin ganz gut, aber mit eigenen, neuen, unverbrauchten Ideen wäre das Debüt auch des generalstabmäßig organisierten Hypes und insg. der Rede wert. Drei Sterne mit guter Portion Wohlwollen.

Veröffentlicht am 02.01.2017

Ein gekonnt geschriebener, spannender Krimi mit tollen Schauplätzen und überzeugenden Figuren.

Golkonda
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Golkonda hat auf mich insg. einen sehr guten Eindruck gemacht. Der Abenteuerroman erinnerte mich an Indiana Jones und seine Suche nach verborgenen Schätzen vergangener Kulturen, gekonnt und packend erzählt. ...

Golkonda hat auf mich insg. einen sehr guten Eindruck gemacht. Der Abenteuerroman erinnerte mich an Indiana Jones und seine Suche nach verborgenen Schätzen vergangener Kulturen, gekonnt und packend erzählt. Der Autor, definitiv kein Neuling auf dem Gebiet, schaffte es immer wieder, mich in den Bann seiner Geschichte zu ziehen: Kopfkino an, die Welt da draußen aus.
Man wird gleich in die Geschichte hineingezogen, ist mitten im Geschehen und immer live dabei. Und es macht viel Spaß sowohl die Abenteuer und Verfolgungsjagden mitzuerleben, als auch einige spannende Dinge über Alltag im heutigen Indien und die Kultur des Landes zu erfahren, z.B. dass das Leben immer noch stark vom alten, offiziell nicht existierenden, aber in der Realität gelebten Kastensystem geprägt wird.
Insb. im letzten Drittel geht es en Detail um eine alte, verfallene Stadt Golkonda, um 345 n. Z. errichtet und später Gegenstand der Eroberungen machtsüchtiger Herrscher. Die Nachteile für die einfachen Menschen und die Kulturgüter der im 1948 erfolgten Umstellung auf Demokratie werden plastisch vor Augen der Leser geführt. „Seit Golkonda dem indischen Volk gehörte, war die staatliche Kulturbehörde zuständig und ließ immer mehr vom Glanz der Vergangenheit verblassen.“ Die tragischen Schicksale der Menschen aus der Kriegerkaste kommen deutlich zur Sprache und reißen mit. Diese Infos sind nicht nur gut für die Füllung der Wissenslücken, es sorgt auch dafür, dass sich kaum etwas in dieser Geschichte auf dem schwarz-weiß-Niveau bewegt. Wenn man die Vorgeschichte des Schützen erfährt, fällt einem nicht schwer, in ihm ein Opfer der Verkettung der unglücklichen Umstände zu seinen, jener Kombination aus den grausamen politischen Entscheidungen der demokratischen Regierung und des alten Kastensystems in seinem Land, die viele Seinesgleichen an Rand der Verzweiflung trieben. Gut möglich, dass dieser Teil der Geschichte nicht zur politisch korrekten offiziellen Version passt, die Umstände scheinen mir jedoch adäquat, passend zu den Realien in Indien, gut beobachtet und prima erzählt.
Die Hauptfiguren überzeugen auf ganzer Linie: jung, eigenartig, kein! 08/15 Format. Jede von ihnen kommt aus einem andern gesellschaftlichen Milieu und hat eigene spannende Vorgeschichte. Dent ist ein Computernerd, wohnt mitten in St. Pauli in Hamburg in Wohnung seiner Mutter, Wäscherin, und ernährt sich von Zigaretten, Kaffee und gelegentlichen Pizzalieferungen. Sein Bruder Don ist ein Halbenglander, hat etliche Jahre in Indien verbracht, ist ein Profi-Dieb, ehem. Söldner, Indienkenner und nun auch auf der Suche nach seinem Erbe, einem ungewöhnlichem rosa Diamanten aus den sagenumwobenen Mienen der alten Stadt. Sophie ist eine junge Anwältin, die nach dem Studium in der Kanzlei ihres Onkels als Erbschaftverwalterin anfangen darf. Golkonda ist ihr erster Fall. Dieses Trio begleitet einen durch die Geschichte und es ist mitunter schwer zu sagen, wer da der „Hauptermittler“ ist. Alle drei tragen nach Kräften ihren Part zur Ermittlung der Erbschaft bei. Auch die Nebenfiguren und ihre Lebensgeschichten sind spannend und es wert, sie kennenzulernen. U.a. gibt es ein Pladoyer über die alleinerziehenden Mütter, die sich für ihre Kinder aufgeopfert haben. Auch Frauenrolle in Indien ist einem der Nebenstränge gut präsent, eine anti-Kriegs-Note schwingt da deutlich mit uvm.
Die Handlung ist logisch aufgebaut und erweist durchwegs eine gute Spannung. Konflikte auf Schritt und Tritt lassen einen immer weiterblättern. Die wichtigen Ereignisse sind prima in Szene gesetzt. So weiß man gleich am Anfang, worum es hier geht, was auf dem Spiel steht, wer den Geheimnissen nachjagen wird und warum. Die Figuren haben keine andere Wahl, als loszugehen und die Sache zu klären, denn es geht ums Leben und Tod. Die Jagd nach dem Diamanten führt bald nach Varanasi, Indien. Dort taucht man in eine andere Welt ein, lernt Figuren kennen, die einen verblüffen, empören, überraschen und immer gut unterhalten.
Die Schauplätze sind vielfältig und atmosphärisch beschrieben: Diwali-Fest in Varanasi, ein Begräbnis auf dem düsteren Friedhof in Soho, London, Feierlichkeiten auf St. Pauli, Hamburg in der Silversternacht, die sagenumwobene Stadt Golkonda näher Hyderabad uvm.
Die Art der Stoffdarbietung hat mir nicht nur gut gefallen, sie hat vielerorts auch Spaß gemacht. Es gab allerdings auch manche Stoffwiederholungen und Zusammenfassungen, die ich da am liebsten nicht angetroffen hätte. Mag sein, dass sie nicht ausschließlich auf Ansinnen des Autors dort platziert wurden. Bloß aufmerksame Leser können sich dafür kaum begeistern.
Eine humorig-ironische Note, die oft in den Dialogen auftaucht, rundet das Lesevergnügen ab.

Fazit: Ein gekonnt geschriebener, spannender Krimi, der nicht nur Spaß macht, sondern auch zum Nachdenken anregt und viele interessante Momente zur Kultur und Geschichte Indiens unterhaltsam zu vermitteln weiß. Es ist die Art von Krimi, die durchaus massentauglich ist. Diese Abenteuer kann ich mir gut auch als Film vorstellen. Bleibt zu hoffen, dass man bald mit weiteren Abenteuern vom ungleichen Trio beglückt wird.
Leider war mir die Zeichensetzung zu oft zu abenteuerlich: mal ein Komma zu viel, mal zu wenig, mal Punkt, Komma und „Gänsefüßchen“ alle auf einen Schlag da. Dazu die alte Rechtschreibung, die mich oft genug aus zusammenzucken ließ.
Inhaltlich und erzähltechnisch ist der Roman aber eine beachtliche Leistung. 4 Sterne und eine klare Leseempfehlung für Krimi-Fans und Liebhaber der Abenteuerromane.
E-book, Seitenzahl der Printausgabe: 432.

Veröffentlicht am 29.12.2016

Ein gut gelungener dritter Fall zu einem wichtigen Thema.

Nebeltod
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Klappentext beschreibt die Ausgangssituation recht treffend: „Ein grauer Novembertag in Nordfriesland. Hauptkommissar John Benthien von der Flensburger Kripo bearbeitet einen bizarren Fall: Bei Niebüll ...

Klappentext beschreibt die Ausgangssituation recht treffend: „Ein grauer Novembertag in Nordfriesland. Hauptkommissar John Benthien von der Flensburger Kripo bearbeitet einen bizarren Fall: Bei Niebüll wurde ein Mann auf die Gleise gefesselt und vom Zug überrollt. Wenig später erhält die Polizei ein Foto des Opfers mit der Aufschrift SCHULDIG. Ein Racheakt, vermutet Benthien. Die Ermittlungen führen ihn auf die Insel Föhr, in eine exzentrische Künstlerkommune. Dort schlägt der Mörder erneut zu. Wer steckt hinter den Morden? Ist es einer der Künstler? Privat hat Benthien ebenfalls Sorgen: In seinem Haus auf Sylt scheint ein Geist umzugehen.
Der dritte Fall für den beliebten norddeutschen Hauptkommissar John Benthien.“
Nebeltod hat auf mich einen guten Eindruck gemacht. Es ist ein Krimi mit ruhiger Spannung, bei dem Umgang mit Tieren und Tiermissbrauch stark im Vordergrund stehen.
Die sorgsam ausgewählten Zitate fand ich sehr schön. Sie und der Fall insg. haben mich zum Nachdenken gebracht. Diese philosophische Auseinandersetzung mit dem Thema hat mir sehr gut gefallen.
Die Handlung spielt im November in Nordfriesland und endet am 1.Dezember. Schön atmosphärisch ist der Hintergrund der Geschichte. Die Naturbeschreibungen sind bei Nina Ohland wie immer lebendig und zum Greifen nah. Man fühlt sich an die Küste versetzt und mitten drin im Geschehen.
Nach dem Toten auf den Gleisen kommen später auch weitere Opfer hinzu, einige aus der Künstlerkommune. Dort schaut sich Benthien ausführlicher um. Man lernt die Künstler kennen und diejenigen, die mit den Opfern zu tun hatten. Interessante Lebensgeschichten und mitunter tragische Schicksale sind Lohn für die Ausdauer, die man hier mitbringen muss. Die Spannung speist sich hpts. aus den Figuren, ihren Vorgeschichten und möglichen Beweggründen der infrage kommenden Täter. Fast jeder ist zunächst verdächtig, bloß nicht die Personen, die hinter diesen Aktionen tatsächlich stecken. Der Fall fußt auf einer Familientragödie und wird zum Schluss bis ins Detail erklärt.
Ich mochte den dritten Fall, wie auch all die früheren Benthien Fälle. Dieser Fall hat ein wichtiges Thema, das Autorin Nina Ohland richtig erkannt und einfühlsam wie gekonnt im „Nebeltod“ ausgearbeitet hat. Es gibt (Gottseidank) keine Folterszenen. Es wird aber über die missbrauchten Pferde, Hunde und Katzen im Laufe der Ermittlungen en Detail gesprochen.
Es gibt auch weitere Entwicklungen bei jeder Figur, die Jon nahe steht. Jons Vater hat nun ein Ziel vor Augen und will einen Krimi schreiben. Jon ist willens, ihm dabei zu helfen. Jon denkt verstärkt an Lily und sie an ihn, wobei sie Juri Rabanus auch attraktiv findet. Das Team hat einen neuen Kollegen bekommen, der sich nicht besonders gut anstellt, weder bei Kollegen noch bei den Ermittlungen. Die Staatsanwältin ist mit dem Weihnachtsmenu zum Schluss beschäftigt, das sie selbst zubereiten will. Und die verrückte Stalkerin Jablonski, die man aus dem zweiten Fall kennt, ist auch da, wenn auch nur schemenhaft im Hintergrund, und sorgt für gruselige Momente.

Im Februar 2017 erscheint der nächste Benthien-Fall „Sturmläuten“. Ich bin jetzt schon darauf gespannt.
Ich vergebe hier gerne vier Sterne und eine Empfehlung für die Leser, die gerne Familiengeschichten mit kriminellen Elementen vor atmosphärischer Nordsee-Kulisse lesen und/oder sich fürs Thema Umgang mit Tieren/Tiermissbrauch interessieren.