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Veröffentlicht am 26.10.2018

Unterhaltsam, zum Nachdenken und vor allem zum Gehen anregend, weise, bereichernd.

Gehen. Weiter gehen
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Nachdem ich „Gehen. Weitergehen“ gehört habe, freute ich mich auf das Buch in gedruckter Form, denn es tut einfach gut, in diesem Band zu lesen, die tiefgründigen Gedanken auf sich nochmals wirken lassen, ...

Nachdem ich „Gehen. Weitergehen“ gehört habe, freute ich mich auf das Buch in gedruckter Form, denn es tut einfach gut, in diesem Band zu lesen, die tiefgründigen Gedanken auf sich nochmals wirken lassen, zusammen mit Erling Kagge Mount Everest besteigen oder zum Inselreich Mikronesien zu reisen, die tonnenschweren Steine aus schwarzem Basalt dort zu bewundern und zu rätseln, wie sie dorthin gekommen waren, sowie die alten Legenden darüber zu erfahren usw.
Es ist ein vielfältiges Leseerlebnis insgesamt: Man ist nicht nur geographisch unterwegs, man ist auch in der Zeit und in den Gedanken, anderer und den eigenen, schwer unterwegs.
Die vielen Stellen mit schönen Zitaten aufsuchen kann man als eine Art Spiel betreiben: Das Buch an einer beliebigen Stelle aufschlagen und paar Seiten lesen. Schon bald kommt es. Es sind nicht nur die eigenen Gedanken des Autors wie:
„Dass etwas unmöglich ist, ist nur eine mittelfristige Arbeitshypothese.“ S. 132.
„Unter Menschen zu sein ist das Größte Vergnügen, wenn man durch eine Stadt geht. Zu Fuß ist die Trennung zwischen dem, was du tust, geringer. Solange man geht, wird man zu einem Teilnehmer, wie es die Sozialanthropologen nennen, nicht nur zu einem Beobachter.“ S. 47.
„Je größer der Abstand zwischen denen wird, die bestimmen, und den Menschen, über die bestimmt wird, desto weniger relevant scheinen die Beschlüsse für diejenigen zu sein, für die sie gelten.“ S. 84.
Es gibt noch einige sehr gute von anderen Denkern wie von Søren Kierkegaard, Henry David Thoreau, Immanuel Kant, Milan Kundera.
Man erfährt auch die Geschichten aus Kagges Familie, die Erklärungen, warum er dies und jenes in seinem Leben getan hatte, was ihn dazu bewogen, was er sich davon versprochen hatte, z.B. der Abstieg in die Unterwelt Manhattans oder sein Gang zum Südpol usw. Man erfährt über seine Großmutter und den Großvater. Was ich auch schön fand, denn so rückt Kagge den Lesern näher, da man sieht, er hatte auch ähnliche Situationen im Leben und so war er da vorgegangen, so hatte er die Engpässe überwunden, dies und jenes ist seinen Vorfahren passiert.
Das Buch ist sehr schön gemacht: Festeinband mit dem Foto eines dichten Waldes von oben, mit goldenen Baumwipfeln und dunklerem Grün. Umschlagblatt aus weißem, etwas rauem Papier. Im Buch findet man einige Farbabbildungen: Fotos der Landschaften oder auch Bewegungsbilder der Tiere, die zeigen, dass „Die Art und Weise, in der ein Tier sich bewegt, sagt viel darüber hinaus, wie es sich fühlt“. S. 62. Am Beispiel eines hungrigen und eines satten Pinguins sieht man den Unterschied im Schwanken beim Gehen.
Man kann noch viel über dieses Buch erzählen, besser man liest es selbst.

Fazit: Ein weiteres großartiges Buch aus der Feder von Erling Kagge. Seine „Stille“ im letzten Jahr fand ich auch stark. Unterhaltsam, zum Nachdenken und vor allem zum Gehen anregend, weise, bereichernd.
Verbleibe auf weitere Werke des Autors gespannt und lese immer mal wieder in diesem Buch oder auch in der „Stille“. Helle 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung. Toll als Geschenk oder ein nettes Mitbringsel.

Veröffentlicht am 19.10.2018

Ein großartiges Buch. Klug, Weise, bereichernd.

Gehen. Weiter Gehen
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Gerade das Hörbuch beendet und bin vollauf begeistert. Nach Eschbachs Thriller „NSA“ war ich zugegebenermaßen etwas deprimiert. Das „Gehen. Weitergehen“ von Kagge war wie ein Schluck reinen Wassers nach ...

Gerade das Hörbuch beendet und bin vollauf begeistert. Nach Eschbachs Thriller „NSA“ war ich zugegebenermaßen etwas deprimiert. Das „Gehen. Weitergehen“ von Kagge war wie ein Schluck reinen Wassers nach einer langen Durchstrecke. Klug, Weise, sehr bereichernd. Einfach großartig!
Klappentext beschreiben den Inhalt sehr treffend: „Er ist einer der größten Abenteurer unserer Zeit. Er war auf dem Nordpol und dem Südpol, hat den Mount Everest bestiegen, aber er war auch tagelang zu Fuß in Los Angeles unterwegs und ist hinabgestiegen in die Unterwelt Manhattans. Er hat die Juan Fernández Insel vor Chile aufgesucht, um dort den höchsten Berg zu erklimmen - weil er in die Fußstapfen von Robinson Crusoe treten wollte. Aber auch als Städter ist er ständig unterwegs. Wochentags läuft er zu Fuß zur Arbeit, am Wochenende bricht er auf in die Natur, die gleich hinter der Haustür beginnt.
‚Das Leben ist ein langer Fußmarsch‘, sagt Kagge. Dies kann ein riskanter Marsch über Gletscherspalten, aber auch ein Spaziergang durch einen städtischen Park sein. Der Effekt ist derselbe: Ein Glücksgefühl stellt sich ein, unsere Gedanken beginnen zu fließen, unser Kopf wird klar, äußere und innere Welt gehen ineinander über, wir werden eins mit der Welt – im Gehen. Denn „der Kopf braucht Bodenhaftung, die bekommt er durch die Füße“.
Der Abenteurer und Weltenwanderer Erling Kagge hat sich auf eine meditative Reise begeben, Philosophen, Autoren und Weggefährten befragt und mit seinen Füßen die Welt ausgeschritten und vergrößert. Das können wir auch. Denn ‚alle Menschen sind geborene Entdecker‘.“
Ich war in diesem Hörbuch mit dem Autor in vielen Ecken der Welt dabei: Bin in die Unterwelt von Los Angeles hinabgestiegen, oben auf dem Mount Everest gestanden, zum Nord- und Südpol marschiert, die Insel von Robinson Crusoe besucht uvm. Die Geschichte über die blinde junge Afrikanerin, die übers achtsame Gehen ihre Umgebung wahrnahm, hat mich sehr berührt. Es gibt noch viele anderen kleineren Geschichten aus dem Leben, die eins gemeinsam haben: das Gehen und wie es den Menschen verändert hat und dies immer noch tut.
Sehr schön, spannend, erfüllend war es, nicht nur diesen Geschichten zu lauschen, sondern sich mit Kagges Gedanken und denen der Philosophen und denen anderer Autoren zum Thema Gehen zu befassen, u.a. was das Gehen im Körper und Geist des Menschen bewirkt, warum der beste Rat aller Zeiten war und bleibt, täglich spazieren zu gehen.
Es gibt so viele schöne Zitate, die man diesem Buch entnehmen kann.
Wolfram Koch hat sehr gut gelesen. Eine angenehme, wohlausgebildete, gemütliche Stimme, der ich über die gesamte Laufzeit von 2 Stunden 45 Minuten der ungekürzten Ausgabe ununterbrochen lauschen konnte und dies auch gerne tat. Durch seine Darbietung konnte ich mich vollends auf die Inhalte konzentrieren und bin ihm für das tolle Vorlesen sehr dankbar.

Fazit: Ein großartiges Buch. Wer den Vorgänger von Kagge „Stille“ kennt, wird auch dieses Werk mögen. Ich wage zu behaupten, „Gehen. Weitergehen“ ist stärker, hat mehr Tiefgang, hat mir viel Freude bereitet.
Wohl verdienten 5 Sterne und klare Lese- bzw. Hörempfehlung. Nach einer Pause höre ich mir das Buch bestimmt nochmals an. Ein sehr schönes, erfüllendes Erlebnis.

Veröffentlicht am 19.10.2018

Sehr beeindruckend. Klug. Eindringlich warnend. Sehr lesens-/hörenswert!

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Thriller lese/höre ich selten. Oft kann ich sie einfach nicht ernstnehmen. Die Meisten thrillen mich einfach nicht, kommen mir so belanglos vor, also lasse ich sie i.d.R. sein. Eschbachs „NSA“ ist eine ...

Thriller lese/höre ich selten. Oft kann ich sie einfach nicht ernstnehmen. Die Meisten thrillen mich einfach nicht, kommen mir so belanglos vor, also lasse ich sie i.d.R. sein. Eschbachs „NSA“ ist eine Ausnahme. Sehr beeindruckend. Klug. Eindringlich warnend, da er die möglichen Entwicklungen der Zukunft deutlich vor Augen der Leser führt. Vieles von dem, was er schildert, ist ein fester Bestandteil unserer Realität längst geworden.
Klappentext beschreibt die Eckpunkte die Geschichte recht gut: „Was wäre, wenn es im Dritten Reich schon Computer gegeben hätte, das Internet, E-Mails, Mobiltelefone und soziale Medien - und deren totale Überwachung?
Weimar 1942: Die Programmiererin Helene arbeitet im Nationalen Sicherheits-Amt und entwickelt dort Programme, mit deren Hilfe alle Bürger des Reichs überwacht werden. Erst als die Liebe ihres Lebens Fahnenflucht begeht und untertauchen muss, regen sich Zweifel in ihr. Mit ihren Versuchen, ihm zu helfen, gerät sie nicht nur in Konflikt mit dem Regime, sondern wird auch in die Machtspiele ihres Vorgesetzten Lettke verwickelt, der die perfekte Überwachungstechnik des Staates für ganz eigene Zwecke benutzt und dabei zunehmend jede Grenze überschreitet...“
Bildhaft und zum Greifen nah beschreibt Eschbach das Leben und Arbeiten für ein Regime. Vieles hört sich sehr aktuell an, obwohl die Handlung in 1942 spielt: Wie einfach es ist, das Leben der Bürger zu überwachen, wenn sie stets ihre Mobiltelefone mit sich tragen, nicht ahnend oder auch nicht wissen wollend, dass sie sich dadurch zum gläsernen Bürger machen; wenn sie ihre Gedanken regelmäßig im deutschen Forum online stellen und nur bargeldlos zahlen können. Unter diesen Bedingungen kann jeder Schritt und jeder Gedanke nachvollzogen und zum Wohle des Regimes umgelenkt werden.
Bezeichnend ist: Solange man mit dem Schwarm schwimmt, dem Regime also brav zuarbeitet und sonst nicht auffällt, gestaltet sich das Leben noch erträglich. Schwierig wird es, wenn man anderes im Sinn hat und Dinge tut, die man selbst für richtig hält, als das, was das Regime als vorbildliches Verhalten von seinen Bürgern erwartet. Ab da gibt es keine Gnade. Es ist eher so, dass man sich, seine eigene Persönlichkeit verliert, aber das Regime wird auch dann sein Nutzen ziehen können. Bloß der Mensch selbst hat nichts davon.
Eschbach schildert somit ein sehr aktuelles, ja akutes Problem unserer Zeit: Die klar erkennbare Tendenz zum Verschwinden des Individuums als Persönlichkeit mit ihren vielfältigen geistigen Bedürfnissen, denn alle haben so zu sein und die Kinder so zu erziehen, wie die Machtelite es für annehmbar hält, sonst wird die Lebensgrundlage entzogen. Vielen ist dies gar nicht bewusst, wie so manchen Figuren in diesem Roman, dass es alles andere als human, eher grausam ggü. dem Einzelnen ist. Den Mächtigen ist es aber egal. Sie wissen, wie sie ihr Wohl aufrechterhalten und vermehren. Auch wenn es über Leichen und andere Opfer auf Seite der einfacheren Menschen geht. Alls dies und noch viel mehr vermittelt Eschbach in diesem Thriller und das thrillt wirklich.
Die Hauptfiguren sind junge Menschen, die ihre Leben erst anfangen und nach Orientierung, in vielerlei Hinsicht, suchen, ihre ersten Erfahrungen mit der Liebe machen und eigentlich ihr ganzes Leben noch vor sich haben. Helena ist die junge Programmstrickerin bei NSA aus dem guten Hause. Eugen Lettke ist ihr Vorgesetzter im Amt, der Sohn eines dekorierten Kriegsgefallenen. Wie sich diese Lebensgeschichten entwickeln und wie der Roman zu Ende geht, spricht Bände über das Leben unter dem Regime, wirkt beklemmend und lädt sehr zum Nachdenken an, z.B. ob man das Leben, das man heute täglich erlebt, doch nicht etwas mehr in Richtung Selbstbestimmung im Großen und Kleinen verändern sollte.
Und für diejenigen, die all diese Dinge leichtfertig vllt als Belletristik abtun möchten, hier ist die Liste der Sachbücher, um nur ein paar zu nennen, die diese Probleme auf sachlicher Ebene, auch der breiten Masse der Leser zugänglich und sehr verständlich, besprechen:
„Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ von Shoshana Zuboff,
„Schönes Neues Geld“ und „Die Abschaffung des Bargelds und die Folgen“ von Norbert Häring,
„Warum schweigen die Lämmer?“ von Rainer Mausfeld,
„Fassadendemokratie und Tiefer Staat“ von Ulrich Mies und Jens Wernicke (Hg.),
„Lügen die Medien?“ von Jens Wernicke,
„Kampf oder Untergang“ von Noam Chomsky.
Man kann noch viel über „NSA“ schreiben, viel besser man liest/hört den Roman selbst.
Laura Maire hat sehr gut gelesen. Ihre wohl ausgebildete Stimme passt zu der Geschichte. Die Figuren und ihre Gemütszustände, manchmal verwegen, manchmal bedrohlich, verträumt, etc. konnte ich sofort heraushören und mitgehen. 22 Stunden 41 Minuten der ungekürzten Ausgabe konnte ich ihr prima lauschen.

Fazit: Sehr lesens- bzw. hörenswerter Roman, der auf ein akutes Problem unserer Zeit aufmerksam macht. Mir war insg. etwas zu viel erklärt, wobei es bleibt zugegebenermaßen noch genug Raum, das Wichtigste selbst zu eruieren. Und etwas zu viele Schilderungen aus der Schublade sex sells. Weniger wäre hier mehr gewesen. „NSA“ ist vllt nicht die optimale Lektüre, wenn man seine Depri-Phase gerade durchlebt. Aber sonst halte ich das neue Werk von Eschbach für sehr gelungen und sehr aktuell. Verbleibe auf weitere Romane von Andreas Eschbach gespannt und vergebe gute vier Sterne.

Veröffentlicht am 19.10.2018

Ein nettes Wiedersehen mit Nathalie& Co. Etwas konstruiert zum Schluss.

Tee? Kaffee? Mord! - Folge 04
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Diese Folge ist recht nett, ein gelungener cosy Krimi, prima zum Nebenbei beim Heimischen-Werkeln-hören.
Klappentext beschreibt die Serie und die Folge 4 recht gut: „Davon stand nichts im Testament... ...

Diese Folge ist recht nett, ein gelungener cosy Krimi, prima zum Nebenbei beim Heimischen-Werkeln-hören.
Klappentext beschreibt die Serie und die Folge 4 recht gut: „Davon stand nichts im Testament... Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel - das ist Earlsraven. Mittendrin: das "Black Feather". Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante - und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie.
Folge 4: Der Besuch des lächelnden Belgiers
Wer hat Stuart Burlington umgebracht? Der weit über die Grenzen Earlsravens bekannte Antiquitätenhändler wurde ermordet - mit einem Samuraischwert aus seinem eigenen Laden! Nathalie und Louise suchen nach Spuren des Täters. Und diesmal haben sie prominente Hilfe: Hector Peroux, seines Zeichens erfolgreicher Privatdetektiv aus Belgien. Gemeinsam können Sie schon bald einen Verdächtigen ausfindig machen. Aber ist die Lösung des Falls wirklich so einfach? Und wie passt die alte Lady ins Bild, die sich so verdächtig benimmt?“
Das mit dem Hector Peroux war recht amüsant, hat das Einerlei der dörflichen Idylle etwas aufgefrischt und aufgelockert. Wie er dargestellt wurde, recht bunt und mit Augenzwinkern, konnte mich größtenteils überzeugen.
Die Lösung des Falls scheint erst so einfach, aber ob die Person, die als Täter verhaftet wird, ist tatsächlich die, die den Mord begangen hat?
Bis zum Schluss kann man rätselt, erst in der letzten Szene fällt der Groschen, kurz bevor der Mord aufgeklärt und die Motive wie die Vorgehensweise erklärt werden.

Zugegeben, etwas konstruiert. Aber gut. Ein nettes Wiedersehen mit Nathalie &Co. war es allemal.

Sprecherin Vera Teltz hat wie gewohnt sehr gut gelesen. Alle Figuren und ihre Emotionen konnte ich gleich heraushören. Den Akzent des Belgiers hat sie prima gemeistert. Die 4 Stunden 22 Minuten der ungekürzten Ausgabe konnte ich ihr prima zuhören.
Ich bleibe auf weitere Folgen gespannt und vergebe gern vier Sterne.

Veröffentlicht am 13.10.2018

Großartiges Werk. Unbedingte Lesepflicht!

Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus
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Das vorliegende Buch von Shoshana Zuboff habe ich sehr gern gelesen und empfehle es auch wärmstens weiter. Tiefgreifend, überzeugend und mutig zeichnet sie das Bild des Überwachungskapitalismus, seine ...

Das vorliegende Buch von Shoshana Zuboff habe ich sehr gern gelesen und empfehle es auch wärmstens weiter. Tiefgreifend, überzeugend und mutig zeichnet sie das Bild des Überwachungskapitalismus, seine Entstehung, die Gegenwart und die Zukunft, dass man sich dieser Sicht der Dinge kaum entziehen kann. Auf alle Fälle sehr lesenswert!
Klappentext beschreibt das Buch sehr treffend.
Frau Zuboff zeigt am Beispiel von Google, Facebook &Co. womit diese Unternehmen ihr Geld verdienen, zu welchem Zweck das getan wird, welche Ziele damit erreicht werden wollen und wer davon profitiert.
Bei ihrer Argumentation zieht die Arbeiten von Psychologen, Philosophen, Soziologen, Politologen usw. heran, um den Lesern begreiflich zu machen, dass die Entwicklungen a lá Google &Co., bei denen unzählige Nutzer Unmengen an ihren Verhaltensdaten an die Überwachungskapitalisten täglich verschenken, die breite Masse der Menschen in ein totalitäres Zeitalter bar jeder Freiheit und der Chance zum selbständigen Denken und Fühlen hineinzwingen. Und mit der Zeit, in nicht allzu ferner Zukunft, wird man dorthin auch gelangen, zum Teil kann man die Anzeichen davon schon heute beobachten, wenn man nichts dagegen als Gemeinschaft unternimmt.
Insofern stimmt Frau Zuboff mit solchen Gesellschaftskritikern der Gegenwart überein wie Rainer Mausfeld in „Warum schweigen die Lämmer?“, Noam Chomsky in seinen zahlreichen Werken, anderen Autoren in „Fassenden Demokratie und Tiefer Staat“. Sie machen es auf ihre Art, Frau Zuboff hat ihren eigenen, sehr fundierten Ansatz, aber sie alle warnen vor den Gefahren der heutigen gesellschaftlichen Entwicklungen, und sagen so ziemlich das Gleiche, nämlich, dass die Menschheit in ein totalitäres Zeitalter abrutscht, genauer gesagt, wird seit Jahrzehnten von bestimmten Kräften (Eliten, establishment) dorthin dirigiert.
Frau Zuboff schreibt sehr anschaulich und sehr zugänglich. Jeder, der sie verstehen möchte, wird es problemlos auch tun können. Sie geht sehr strukturiert vor. Die Ausführungen der drei Teile bauen aufeinander auf. Am Ende eines jeden größeren Abschnitts gibt es Zusammenfassungen. Am Ende der Kapitel stellt sie oft sehr gute Fragen, um sie im nächsten Kapitel anhand von konkreten Beispielen, Daten und Fakten zu beantworten. Einiges wiederholt sich, von verschiedenen Aspekten aus betrachtet, das ist gut so, denn so prägt sich der Stoff besser ein, sodass jeder das Buch lesen und die Inhalte begreifen kann. Vor allem dies tun sollte, denn Frau Zuboff erzählt eindringlich, was gelaufen war, was momentan läuft und was der Menschheit blüht, wenn sie so weitermacht und die Gestaltung der Zukunft leichtgläubig den Raubrittern des Überwachungskapitalismus überlässt.
Sie schließt recht optimistisch. „Es ist jetzt an uns, unser Wissen einzusetzen, unsere Orientierung wiederzufinden, andere dazu aufzurütteln, dasselbe zu tun, und für eine neuen Anfang zu sorgen. … Dieses Buch ist als Beitrag zu dieser kollektiven Anstrengung gedacht.“
Das Buch ist definitiv KEIN(!) 08/15 Zeitungswissen. So ziemlich das Gegenteil davon.
Sobald man sich reingelesen hat, kann man davon nicht so schnell ablassen, wobei Pausen zu machen auch eine gute Idee ist, um nachzudenken, um den Stoff mit Freunden und Kollegen auszudiskutieren usw. Das Ganze klingt nach. Noch lange, nach dem die letzte Seite umgeblättert wurde.

Das Buch ist hochwertig gemacht: Festeinband in Orange, Umschlagblatt aus glattem, festem Papier, Lesebändchen in Schwarz. Perfekt als Geschenk.
Anmerkungen erstrecken sind über hundert Seiten. Darin findet man weitere Erläuterungen, jede Menge online Quellen, meist auf Englisch, als weiterführende Literatur.

Fazit: Ein großartiges, opulentes Werk. Eine brillante Analyse dessen, was gelaufen ist, eine Warnung und Aufruf zum Widerstand. Unbedingte Lesepflicht!
Gekürzt.