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Veröffentlicht am 06.09.2018

Ein toller Roman. Unbedingt hören!

Kriegslicht
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„Kriegslicht“ von Michael Ondaatje, gelesen von Frank Stieren, habe ich sehr gern gehört. Es ist eine ungewöhnliche Familiengeschichte, dazu unkonventionell und sehr gekonnt erzählt.

Klappentext beschreibt ...

„Kriegslicht“ von Michael Ondaatje, gelesen von Frank Stieren, habe ich sehr gern gehört. Es ist eine ungewöhnliche Familiengeschichte, dazu unkonventionell und sehr gekonnt erzählt.

Klappentext beschreibt das Hörbuch sehr gut: „1945, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, lassen die Eltern des 14-jährigen Nathaniel ihn zusammen mit seiner Schwester Rachel allein in London zurück. Die Kinder bleiben in der Obhut des mysteriösen Mannes. Sie vermuten, dass er ein im Schmuggler sein könnte, doch sie geben ihre Vorbehalte auf, als sie seine exzentrischen Freunde kennenlernen. Es sind Männer und Frauen, die im Krieg an verschiedenen Missionen teilgenommen hatten. Sie werden zur Ersatzfamilie für Nathanael und Rachel. Ihre Erziehung ist dabei fürsorglich wie unkonventionell. Doch sind diese Menschen in Wahrheit auch jene, für sie sich geben? Ebenso eigenartig ist die Rückkehr der Mutter der beiden, ohne den Vater, ohne irgendeine Erklärung zu geben und ohne sich zu entschuldigen. Zwölf Jahre später beginnt Nathaniel all das aufzudecken, was er in jener Zeit nicht wissen und nicht verstehen konnte und dieses Unternehmen erzählt Ondaatje anhand von Fakten, Erinnerungen und Phantasie in einem seiner schönsten Romane.“

Kopfkino war sofort da und blieb bis zur letzten Minute. Erst erzählt der 14-jährige Nathaniel, dass er und seine Schwester zunächst für ein Jahr ohne Eltern leben müssen, in Obhut eines seltsamen Mannes, den sie den Falter nennen. Dann kommt ein weiterer Mann dazu, der Boxer, der dem Jungen rät, er soll sich seine eigene Familie selbst suchen. Am Ende werden diese Worte in einem ganz anderen Kontext wieder präsent.
Nach Jahren kommt die Mutter zurück. Nathaniel verbringt auch Zeit mit ihr, lernt sie aber nicht wirklich kennen.
Später erzählt der erwachsene Nathaniel, was aus den beiden zurückgelassenen Kindern geworden, wie es ihnen ohne Eltern ergangen, was aus Rachel geworden war, wie unterschiedlich die Kinder auf das Verschwinden und Wiederauftauchen der Mutter reagiert haben.
Nach Mutters Tod, kraft seines Jobs, erhält Nathaniel den Zugang zu den relevanten Daten, die die bis dahin geheimnisvolle Lebensgeschichte seiner Mutter ganz anders beleuchten. Nach und nach, aus mehreren Puzzlestücken setzt sich die wahre Geschichte zusammen. Auch die beiden Betreuer, der Falter und der Boxer, haben ihre wahren Geschichten, die zum Schluss auch ans Licht kommen und z.T. eine ganz schöne Überraschung bereiten.
Oft wurde zwischen den Zeiten, Personen und Ereignissen gewechselt. Die Orientierung ist aber absolut kein Problem. So wirkt das Ganze authentischer, als ob man Nathaniel vor sich hat und seinen Erinnerungen an seine Kindheit und seine Familie lauscht, die manchmal vllt rein assoziativ einander folgen.
Der Roman regt schön zum Nachdenken an: Was ist eine glückliche Kindheit? Was ist eine glückliche Familie? Wie weit darf der Job in das Leben der Familie eingreifen? Wie nachhaltig beeinflusst der Krieg das Leben der Kinder, auch nach dem er beendet wurde? Und noch vieles mehr. Die Rolle der Mutter, Mutter-Sohn, Mutter-Tochter Beziehung, die Rolle der Väter, sowie die Beziehung der beiden Geschwister wurden eingängig thematisiert und von mehreren Blickwinkeln betrachtet.
Am Ende hat Nathaniel die Antworten auf die ihn umtreibenden Fragen gefunden, und die Tür im Haus seiner verstorbenen Mutter, auch im symbolischen Sinn, zugesperrt.

Frank Stieren hat kongenial gelesen. Seiner professionell ausgebildeten, wohlklingenden Stimme habe ich sehr gern gelauscht. Alle Figuren und ihre Gemütszustände konnte ich prima heraushören. Die 512 Minuten der ungekürzten Ausgabe waren schnell vorbei. Laut Klappentext „…brilliert er (Frank Stieren, meine Anmerkung) mit seiner Interpretation und verleiht Ondaatjes facettenreichem Roman einen zusätzlichen Zauber.“ Das stimmt, sehe ich auch so.

Die 2 mp3 CDs wurden in einer praktischen Klappbox aus festem Karton mit glatter, wasserabweisender Oberfläche geliefert. Prima als Geschenk.

Fazit: Ein toller Roman. Unbedingt hören!

Veröffentlicht am 05.09.2018

Ein gesellschaftskritischer Krimi, bei dem Tibet eine große Rolle spielt.

Die Frau mit den grünen Augen
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Dieser Krimi ist sehr eigen. Vielmehr ging es dem Autor wohl darum, die Leser über die Missstände in Tibet unter der chinesischen Regierung zu unterrichten.
Shan, ehem. Häftling in 404, wo sein Sohn nun ...

Dieser Krimi ist sehr eigen. Vielmehr ging es dem Autor wohl darum, die Leser über die Missstände in Tibet unter der chinesischen Regierung zu unterrichten.
Shan, ehem. Häftling in 404, wo sein Sohn nun als Zwangsarbeiter sein Dasein fristet, ermittelt den Tod eines Amerikaners, der in einem alten Grab zusammen mit der Mumie eines chinesischen Soldaten und eines noch früher verstorbenen, vergoldeten Lamas in einem abgelegenen Ort in Tibet entdeckt wurde.
Viel Raum nehmen die Beschreibungen der oft erschreckenden Bilder, der unzumutbaren Zustände, die in Tibet herrschen, damals wie heute. Diese Atmosphäre, dieses seltsame Miteinander, bei dem jeder von jedem erwartet, dass er ihn bei den Behörden anschwärzt und dass man daraufhin im Straflager landet, ist schon gut präsent. Auch die Ereignisse im Jahr 1966 sind nichts für Zartbesaiteten, als die chinesische Armee in diesen kleinen, abgelegenen Ort einmarschierte und den alten Tempel samt den darin lebenden Mönchen vernichtete.
Wie die Tiber evtl. sind, bekommt man auch bildhaft vermittelt, wie tiefreligiös manche älteren sind, in welch komplett anderen Welt, voller Geister und böser Dämonen sie leben, insofern ist dieser Krimi etwas mystisch angehaucht, aber das passt, dass viele Tibeter chinesisch Mandarin gar nicht können, denn es ist für sie eine Fremdsprache wie alle anderen uvm.
Die Korruption und Willkür der oberen Militärs heute kommen auch gut zur Sprache. Wenn es ums Geld geht, denn hier geht es um nicht weniger als um den goldenen Schatz von Dalai-Lama, sind sie zur Stelle und versuchen, ihr Glück zu machen, egal wie schmutzig das Prozedere auch aussehen mag.
Mit diesem Krimi kam ich nur langsam voran. Durch die Berge an grausigen Bildern und Gesellschaftskritik insg. durchzuringen, kostete Kraft. Manche Sätze musste ich zweimal durchgehen. Als sonderlich flüssig zu lesenden Text kann ich „Die Frau mit grünen Augen“ also nicht bezeichnen.
Die eigentlichen Ermittlungen verschwanden oft hinter den alten Geschichten von damals, hinter den Beschreibungen der weniger fröhlichen Gegebenheiten von heute.
Mir war letztendlich interessant, wer hinter dem Ganzen steckt und warum? Warum musste der Amerikaner sterben? Warum wurde er gefoltert? Was durfte nicht ans Licht kommen? All das erfährt man zum Schluss und sorgt für eine gewisse Überraschung.
Paar Lebensweisheiten hier und dort im Text verstreut, taten dem Ganzen gut.

Fazit: Ein gesellschaftskritischer, nicht einfach zu lesender Krimi, bei dem Tibet und seine alten Geschichten schon fast eine größere Rolle spielen als alles andere, und bei dem letztendlich etwas zu viel reingemischt wurde. Es ist aber auch ein komplettes Eintauchen in eine ganz andere, z.T. verlorene Welt. Wer über Tibet mehr erfahren möchte, kann hier gern zugreifen.


Veröffentlicht am 03.09.2018

Ein sehr lesenswertes, toll geschriebenes Buch.

Warum wir tun, was wir tun
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Von diesem Buch von Jens Förster habe ich einen sehr guten Eindruck gewonnen und empfehle es gern auch weiter.
Es ließ sich sehr angenehm lesen. Dabei offenbarte es viele neue, nützliche Dinge, die den ...

Von diesem Buch von Jens Förster habe ich einen sehr guten Eindruck gewonnen und empfehle es gern auch weiter.
Es ließ sich sehr angenehm lesen. Dabei offenbarte es viele neue, nützliche Dinge, die den Lesern ihr Leben positiver gestalten, mit bestimmten Situationen besser umgehen helfen können und noch vieles mehr.
Die Themen sehr gut gewählt: aktuell, vielfältig, sodass jeder für sich etwas entdecken kann.
Das Buch ist prima strukturiert. Es gibt drei Teile:
Teil I: „Psychologie – Was ist das eigentlich?“
Teil II: „Die Grundpfeiler der Psychologie: Denken, Fühlen, Verhalten“
Teil III: „Alltagspsychologie – Themen, Bereiche und Problemfelder“
Das Lesen dieses Buches ähnelt einem guten Gespräch mit einem alten Bekannten, der einem über viele spannende Dinge aus dem Bereich Psychologie erzählt: die grundliegenden Konzepte, die zahlreichen Tests, ihre Ergebnisse, was diese bedeuten, und wie man sie im Alltag anwenden kann. Es geht sowohl über die Beeinflussung von Kaufentscheidungen als auch über das Miteinander am Arbeitsplatz, über Personenbeurteilung uvm. Auch was Stereotypen sind, wie sie funktionieren und unser Denken und Handeln beeinflussen, z.B. bei der Diskriminierung der Minderheiten; was Priming ist und wie man es einsetzt, um die Meinung der Menschen in gewünschte Richtung zu lenken uvm. Auch über „Lebensziele und Glück“ sowie über, „Beziehungen“, „Intelligenz und Kreativität“, „Kommunikation“, „Aggression und Hilfeverhalten“, so heißen die Kapitel im Teil III, erfährt man viele spannende und nützliche Dinge, die den Lesern bei der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben gut weiterhelfen können.

Die knapp 500 Seiten flogen schnell dahin. Ich mochte das Buch kaum aus der Hand legen.

Für wen kann dieses Buch von Bedeutung sein? Vor allem für die Leser, die sich für Psychologie im Alltag interessieren und den eigenen Horizont erweitern wollen. Das Buch ist eindeutig ein Gewinn: Sowohl für Einsteiger, für die das Buch hpts. geschrieben wurde, wie es mir vorschwebt, z.B. für Studenten oder diejenigen, die es noch werden wollen, als auch für Fortgeschrittene, denn auch letztere werden einige neue Erkenntnisse für sich finden können: Viele der beschriebenen Tests und die dazugehörigen Erkenntnisse sind des neueren Datums, s. Anmerkungen. Diese sind echt gut: man findet dort viele zusätzliche Infos, Kommentare, Erläuterungen und nicht nur die blanken Quellen.

Fazit: Ein sehr lesenswertes, toll geschriebenes Buch. Ein schönes Leseerlebnis insgesamt, das einige erfüllte Lesestunden und viele neue und nützliche Erkenntnisse liefert. Prima als Geschenk.

Veröffentlicht am 01.09.2018

Vergessen wir es.

Slow Horses
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Bei dem Buch stand in der Beschreibung: „»Wenn Sie dieses Jahr nur einen Spionagethriller lesen, dann lesen Sie ›Slow Horses‹. Oder noch besser die ganze Serie.« The Spectator, London.“ Und ich dachte, ...

Bei dem Buch stand in der Beschreibung: „»Wenn Sie dieses Jahr nur einen Spionagethriller lesen, dann lesen Sie ›Slow Horses‹. Oder noch besser die ganze Serie.« The Spectator, London.“ Und ich dachte, gut, das könnte evtl. gehen. Weiteres über den Inhalt war mir nicht bekannt.
Bei S. 167 gebe ich einfach auf. Bis etwa S. 115 hat sich der Thriller recht behäbig entwickelt. Nach einem rasanten Anfang fiel die Spannung deutlich ab, was ich eigentlich schon oft in dem Genre erlebt habe.
All die Figuren mussten recht umständlich, meist in Dialogen, vorgestellt werden. Sie blieben mir trotzdem fern, mit keiner konnte und wollte ich durch die Geschichte weitergehen. Bis dahin war alles offen, und es könnte durchaus noch gut werden, aber als der werte Autor das Ganze in Richtung live Enthauptung im Netz gelenkt hatte, da war meine Geduld endgültig am Ende.
Abgesehen davon, dass dieses Thema auszuschlachten, ich sage es so, weil dies auf paar Seiten gleich Dutzende Male vorkommt, einfach erwähnt oder auch in Szenen, mir geschmacklos erscheint, so sehr nach Effekthascherei und sich bequem ins gemachte Nest setzen wollen, aber auch nach kaltem Kaffee von vorgestern, nochmals aufgewärmt, zudem stellt es auch ein Armutszeugnis für den Einfallsreichtum des werten Autors aus. Es genügte mir schon, dass die Leitmedien diese Enthauptungen vor paar Jahren ausgeschlachtet haben. Jetzt bemüht sich auch der werte Autor redlich, mir diesen Unfug schmackhaft zu machen. Dafür ist mir meine Lesezeit zu kostbar.
Flüssig geschrieben ist es, aber kraft des mangelhaften Inhalts lege ich dieses „Meisterwerk“ beiseite.

Veröffentlicht am 01.09.2018

Ein netter cosy Krimi

Tee? Kaffee? Mord! - Der Club der Giftmischer
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Diese Serie kannte ich bisher nur im Hörbuchformat, Folgen 1-3. Bis 4 und 5 als Hörbücher kommen, dauert es noch. Zudem wollte ich schauen, wie diese Kurzkrimis auf mich wirken, wenn ich sie selbst lese. ...

Diese Serie kannte ich bisher nur im Hörbuchformat, Folgen 1-3. Bis 4 und 5 als Hörbücher kommen, dauert es noch. Zudem wollte ich schauen, wie diese Kurzkrimis auf mich wirken, wenn ich sie selbst lese. Folge 5 hörte sich recht vielversprechend an.
Klappentext beschreibt den Fall ganz gut: „Ein gemütlicher Abend im Black Feather ... Doch plötzlich fasst sich ein Gast an den Hals, röchelt und fällt vom Stuhl - und Nathalie und Louise schauen ungerührt zu! Aber natürlich gibt es eine Erklärung. Das "Opfer" gehört zum sogenannten "Club der Giftmischer": Etwa zwei Dutzend Apotheker halten ihr jährliches Treffen in Earlsraven ab und der Höhepunkt ist eine große Show mit "Heiterem Symptome-Raten" , "Tabletten-Bingo" und dem überaus beliebten "Rate das Gift" . Doch aus dem heiteren Spaß wird tödlicher Ernst, als der Apotheker Travis Bertram tot auf der Bühne umfällt - vergiftet.
Nathalie und Louise helfen Constable Strutner bei den Ermittlungen und diesmal gibt es jede Menge Verdächtige - nämlich den gesamten Club! Und je mehr die beiden sich mit dem Fall beschäftigen, desto klarer wird, dass Liebe und Gier oftmals nah beieinander liegen ...“
Erst passierte aber nicht viel. Ein Viertel war vorbei, kein Mord in Sicht. Dafür aber die detaillierten Beschreibungen der seltsamen Show mit „Heiterem Symptome-Raten“ oder der Auftritt der singenden Künstlerband, die plötzlich in Nathalies Pub aufgetaucht war und ihre Kunden belästigt hatte, oder auch die neue Figur des frisch hinzugezogenen jungen Anwalts, der wie ein bekannter Drakula-Schauspieler aussieht. Da war ich schon am Rätseln, was all das mit dem Fall zu tun hatte. Nun aber, bei 26% passierte der Mord. Zwar nicht wirklich originell, so etwas gab es schon in diversen Krimis, auch bei Barnaby, aber ok, Hauptsache Mord ?.
Nathalie und Louise ermitteln wieder. Bis zum Schluss weiß man nicht, wer dahintersteckt. Auch weil dem Leser keine Chance gegeben wurde, selbst dahinter zu kommen. Eine Überraschung zum Schluss gab es aber schon. Die Erklärung der Motive war auch gleich da, bevor noch der zweite Mord passiert wäre. Gerade noch alles gut gegangen.
Die 174 Seiten waren recht schnell vorbei. Bin bei ¾ beinah eingenickt, aber gut, bei cosy Krimis kann so etwas schon mal passieren. Entspannte 2,5 Stunden waren mir sicher.
Recht atmosphärisch, wie ein Kurzbesuch im englischen Dorf war es auch.
Manchmal passen einfach Kurzkrimis. Ich vergebe hier vier Sterne mit viel Wohlwollen und bleibe auf weitere Folgen gespannt, dann aber wieder im Hörbuchformat.