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Veröffentlicht am 03.01.2017

Unterhaltsames Wintermärchen, das mich nicht wirklich fesseln konnte

So kalt wie Eis, so klar wie Glas
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Inhalt:

Nach dem überraschenden Tod ihrer Mutter taucht auf einmal Coras tot geglaubter Großvater auf, der sich dann auch noch als berühmter Schneekugelmacher und Nachfahr des ersten Schneekugelmachers ...

Inhalt:

Nach dem überraschenden Tod ihrer Mutter taucht auf einmal Coras tot geglaubter Großvater auf, der sich dann auch noch als berühmter Schneekugelmacher und Nachfahr des ersten Schneekugelmachers herausstellt. Kurzerhand zieht Cora zu ihm in den abgelegenen Ort Rockenfeld. Schnell wird auch sie von der Faszination der Schneekugeln ergriffen, doch gleichzeitig stößt sie auf Geheimnisse. Wer ist der Fremde, der eines Tages in der Werkstatt ihres Großvaters auftaucht? Und wieso behauptet er, Cora sei in Gefahr?

Meine Meinung:

So richtig zu fesseln vermochte mich das Buch nicht. Das mag daran liegen, dass die Elemente zu Beginn, mit denen Spannung aufgebaut wurde, nicht direkt neu sind - der Tod der alleinerziehenden Mutter, Umzug in ein abgelegenes Dorf mit Geheimnissen, ein verschwundenes Mädchen vor einigen Jahren, ein belauschtes Gespräch mit noch mehr Geheimnissen ... Wobei man Cora zugutehalten muss, dass sie zumindest nicht wie sonst mit Trotz und Stursinn reagiert, sondern offen eingestellt ist.
Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich das Buch teilweise nicht ernst nehmen konnte. Zum Beispiel, wenn Cora urplötzlich das brennende Verlangen verspürt, auch eine Schneekugelmacherin zu werden und ihr Großvater dann pathetisch verkündet, die Kugeln hätten sie „auserwählt“.

Dabei ist es nicht so, dass die Idee nicht sogar ziemlich cool wäre: Mythen werden verwoben mit der Kunst der Schneekugeln und der winterlichen Atmosphäre. Die Idee selbst ist somit sogar durchaus ungewöhnlich.
Die Geschichte des Einzelbandes lässt sich auch flüssig durchlesen, erzählt aus der Ich-Perspektive von Cora im Präsens mit einem lockeren, leicht humorvollen Schreibstil.

Was ich vollkommen verpasst habe, ist die Entwicklung der Liebesgeschichte. Zwischen „Wer ist er?“ und „Ich bin unsterblich verliebt“ kam irgendwie nichts, dementsprechend konnte ich die Gefühle auch nicht nachempfinden. Eigentlich schade, denn hier war unheimlich viel Potenzial enthalten.
Außerdem blieb der Love Interest eher blass, was bei den anderen Charakteren überhaupt nicht der Fall ist. Viele sind vielschichtig, die meisten exzentrisch und ausgefallen. Sei es die tollpatschige, aber liebenswürdige Elsa mit ihrer leicht burschikosen Art, der betont schwule, ironische und aufgedrehte Moritz oder eine andere Schneekugelmacherin im Dorf, Marlene, deren Kugeln morbide, oft brutale Szenen darstellen. Nur um mal ein paar Beispiele zu nennen.
Unterhaltung bot das Buch generell auf jeden Fall, gerade durch die Charaktere, aber auch durch Coras Sarkasmus. Im Allgemeinen war Cora eine angenehme Protagonistin - selbstbewusst, entschlossen zu handeln, tatkräftig.

Fazit: Unterhaltsames Wintermärchen mit einer faszinierenden Idee und exzentrischen Charakteren, leider aber auch einer überhaupt nicht nachvollziehbaren Liebesgeschichte, das mich nicht wirklich fesseln konnte

Veröffentlicht am 01.12.2016

In den Tiefen von Licht und Finsternis

Nacht ohne Sterne
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Objektiv betrachtet sticht die Idee mit Sicherheit nicht aus der Masse heraus, es handelt sich in gewisser Weise um eine typische Young Adult-Fantasy-Story, ohne dass jetzt direkt alle Klischees bedient ...

Objektiv betrachtet sticht die Idee mit Sicherheit nicht aus der Masse heraus, es handelt sich in gewisser Weise um eine typische Young Adult-Fantasy-Story, ohne dass jetzt direkt alle Klischees bedient werden. Aber ganz ehrlich, gerade Leser, die nach Unterhaltungsliteratur suchen, wollen nicht nur die Originalität des neusten Werkes bestaunen, sondern sich auch einfach mal nur in eine fremde Welt entführen lassen.
Und das gelang dieser Geschichte absolut, sie trug mich teils nach New York, vor allem aber in die Welt der Feen und brachte mir einige gemütliche Lesestunden, in denen ich mit den Charakteren mitfieberte und mich ganz in diese fremde Welt entführen ließ.

Alte Feen-Mythen werden hier geschickt eingewoben und mit der dargestellten Welt verbunden, gerade das Prinzip der Oberwelt für die Lichtelfen sowie der Unterwelt für die Elfen der Finsternis ist ja eigentlich einer der wesentlichen Merkmale der alten nordischen Mythen.
Es werden also Licht und Finsternis als erbitterte Gegner eines uralten Krieges gegenübergestellt, doch diese krasse Einteilung wird im Verlauf der Handlung schnell aufgelöst. Der Leser erhält einen Einblick in die Geschichte, und erfährt, wie es dazu gekommen ist, wie es heute ist. Naya muss schnell das Weltbild hinterfragen, das bis dato von den Lichtelfen geprägt war - auch hinsichtlich der Intentionen der Dunkelelfen
Dabei wird auch die Brutalität und Sinnlosigkeit des Krieges deutlich, bei dem es letztendlich gar kein Gut und Böse, sondern nur eine uralte Feindschaft gibt, die auf beiden Seiten Opfern fordert, und auch das mochte ich an diesem Buch. Auch weil es so authentisch ist.

Träume spielen in dieser Geschichte eine sehr wesentliche Rolle, und der Schreibstil verkörpert das gewissenermaßen. Er ist bildhaft, und gerade an den Stellen, an denen Naya in Träume oder Illusionen gezogen wird, gelingt es ihm, dieses Gefühl perfekt einzufangen, sodass ich das Gefühl hatte, mit Naya einen Rausch aus wunderschönen Bildern, dunkeln Schatten, schimmernden Facetten und glitzernden Schemen zu durchleben.
Manchmal vermischt sich so auch das Wirkliche mit der Illusion, sodass ich mich selbst in den Winkeln dieser Welt verirrte und an ihrer Schönheit wie Grausamkeit teilnahm.

Liebesdreieck. Ja, ähm, zugegeben, da ist mehr als Potenzial gegeben, in der ganz klassischen Ausgabe. Ich sehe deshalb darüber hinweg, weil es nicht ausgeschlachtet wird, es gibt kein Hin und Her, keine tragisch verletzten Herzen, exorbitanten Eifersuchtsanfälle und was dem Leser sonst noch das Leben schwer macht, weil die Protagonistin ihre Fronten ziemlich klar setzt und das Thema so wirklich kaum auf den Tisch kommt.
Generell steht eher die Handlung im Vordergrund, Action, fesselnde Spannung und die Frage, wem Naya trauen kann. Mir fiel es schwer, das Buch aus der Hand zu legen, gerade weil es mich die Realität so vergessen ließ.

Womit wir bei der Protagonistin wären, die die Geschichte ausschließlich und aus der Er-Perspektive erzählt, wobei mich letzteres zwischendurch ein wenig überraschte, weil man so nah an ihren Gedanken und Empfindungen ist.
Obwohl ihre Ängste immer wieder Thema sind, kommt sie nicht wirklich als ängstlich rüber, im Gegenteil. Sie ist loyal, vertraut auf ihr Gefühl und obwohl ihr die Welt der Feen an sich fremd ist, zieht sie aus den Legenden, die sie als Kind aufgesogen hat, das nötige Wissen und bemüht sich, sich schnell zurechtzufinden.
Was ich fast am coolsten fand, war die Tatsache, dass sie eine Brille trägt - trotz Feenabstammung und allem. Das war mal ein interessanter und erfrischend bodenständiger sowie authentischer Aspekt.
Außerdem verfügt sie über einen Sarkasmus, der mich immer mal wieder zum Grinsen brachte, aber auch über Sehnsüchte. Sie hat keine nervigen kleines-Mädchen-Momente, sondern handelt weitgehend eigenständig und selbstbewusst.
Kurzum: Sie war mir mehr als sympathisch, zumal sie sich weiter entwickelt.

Auch unter den anderen Charakteren waren sehr viele sympathische dabei, die meisten sind sehr tiefgründig mit verschiedenen Facetten, vor allem die Antagonisten, die oft Gründe für ihr Handeln in der Vergangenheit haben, außerdem Schwächen und auch ein Aufglühen positiver Seiten.
Einige Charaktere tauchen nur kurz auf, und trotzdem waren sie mir sympathisch und ich spürte ihre Vielschichtigkeit. Alle Charaktere wirkten auf magische Weise lebendig. Einige schloss ich auch wirklich ins Herz.

Einzelbände sind einerseits ja immer eine nette Abwechslung, andererseits entsteht schnell das Problem, dass die Geschichte gestrafft wird oder Fragen offen bleiben. Das war hier nicht im Geringsten das Problem. Alles entwickelt sich nachvollziehbar, Hintergründe werden beiläufig erläutert, Zusammenhänge dargelegt und am Ende alles soweit aufgelöst, dass man das Buch zur Seite legen kann, mit einem wohligen Gefühl, weil das ein Leseerlebnis war, wie es sein sollte.

Fazit: Der bildhafte und fesselnde Schreibstil lässt die Realität vergessen und entführt in eine magische Welt aus Licht und Finsternis, die sich dennoch nicht mit Gut und Böse definieren lässt, stattdessen sind die Charaktere lebendig, sehr tiefgründig und haben Gründe für ihr Handeln

Veröffentlicht am 29.11.2016

Spannende Dystopie mit nicht zufriedenstellendem Ende

LÚM - Zwei wie Licht und Dunkel
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Inhalt:

Meleike gehört zu der angesehensten Familie in der Trümmerstadt Adeva, und obwohl nur ein Teil der Fünfzehnjährigen jedes Jahr in der Nacht der Mantai eine Gabe erhält, erwarten alle von ihr, ...

Inhalt:

Meleike gehört zu der angesehensten Familie in der Trümmerstadt Adeva, und obwohl nur ein Teil der Fünfzehnjährigen jedes Jahr in der Nacht der Mantai eine Gabe erhält, erwarten alle von ihr, dass sie eine bedeutende Begabung bekommen wird. Doch sie geht leer aus - bis zu einem grausamen Zwischenfall, der eine herausragende Gabe enthüllt, die mit einer enormen Verantwortung verbunden ist ...

Flynn lebt in der Hauptstadt LÚM, doch er muss sein gesamtes Weltbild ändern. Seitdem er eine Gabe entwickelt hat, die in seiner Welt nicht existieren sollte, hat sich sein eigener Vater gegen ihn gewandt. Gefangen in einer immer schwarzen Zelle wächst Flynns Hass auf den grausamen Wissenschaftler - und der Wunsch, zu entfliehen ...


Meine Meinung:

Das Buch scheint ein Einzelband zu sein, und obwohl man sich in der Masse an Reihen, gerade im Fantasy-Bereich, ja über jeden Einzelband freut, hat das dieser Geschichte eher geschadet. Sie enthält unheimlich viel Potenzial, das in meinen Augen besser über mehrere Bände hätte ausgearbeitet werden sollen.

Die Grundidee ist nicht direkt neu - zerstörte Welt nach dem Dritten, ziemlich atomaren Weltkrieg. Neue Gesellschaftsordnung. Wie diese aufgebaut ist, fand ich aber eigentlich ganz interessant, ebenso, was die Mantai in Adeva, wo die Menschen noch glauben, allein zu sein, angeht. Letztendlich hätte ich mir viel mehr Informationen gerade zu diesen Aspekten gewünscht, die jedoch aufgrund der Kürze nur angerissen werden.
Auch am Ende bleiben einige Fragen offen, das Ganze wirkte wie ein Auftaktband, bei dem die eigentliche Geschichte erst passieren wird, und obwohl die Story selbst abgeschlossen ist, war das Ende für mich einfach nicht zufriedenstellend.

Die Geschichte wird hauptsächlich aus den Perspektiven von Meleike und Flynn im Er-Erzähler erzählt, zwischendurch kommen aber auch immer wieder andere Sichten wie die der Antagonisten hinzu, sodass hier Spannung geschürt wird und man einen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelten der meisten Charaktere erhält. Somit sind diese oft tiefgründig, da dem Leser auch Schuldgefühle und Zweifel übermittelt werden - auch bei den Antagonisten. Teilweise fand ich die Nebencharaktere fast vielschichtiger als die Protagonisten.
Was mir bei Meleike gefiel, war, dass sie ihre Fehler erkennt und auch an ihnen zu arbeiten versucht. Nach der Nacht der Mantai ist sie enttäuscht, doch mit der neu erweckten Gabe dann wiederum überfordert. Dennoch bemüht sie sich, damit klarzukommen und ihre Familie zu beschützen ist das Wichtigste für sie.
Das gilt auch für Flynn, wenn auch nur noch in Bezug auf seine Mutter. Seinem Vater gegenüber empfindet er dagegen nur noch glühenden Hass. Er akzeptiert die 180-Grad-Wende seines Weltbildes ziemlich schnell.

Teilweise wurde über so manchen Verlust etwas schnell hinweggegangen, auf der anderen Seite erforderten das aber auch die Umstände.
Was die Liebesgeschichte angeht, so ist ansatzweise durchaus eine Entwicklung zu erkennen, auch wenn es insgesamt schon etwas schneller geht - auch, weil nicht mehr Raum vorhanden wäre.
Die Geschichte selbst wirkt allerdings kaum gehetzt, dennoch ist sie fesselnd erzählt und durchaus unterhaltsam und spannend.

Fazit: Spannende Dystopie mit fantastischen Elementen und tiefgründigen Charakteren, allerdings auch mit einigen offenen Fragen am Ende

Veröffentlicht am 22.11.2016

Skurrile Horrorgeschichte

Demon Road (Band 1) - Hölle und Highway
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Das Buch zeichnet sich besonders durch die Skurrilität aus, die sich durch die gesamte Story zieht. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit der teils abstrus anmutende Humor typisch für den Autor ist, da ...

Das Buch zeichnet sich besonders durch die Skurrilität aus, die sich durch die gesamte Story zieht. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit der teils abstrus anmutende Humor typisch für den Autor ist, da es mein erstes Buch von ihm war, in jedem Fall sorgt er für einen gewissen Unterhaltungswert.
Auf der anderen Seite kann er aber auch schnell überzogen wirken, da sich die Geschichte selbst nicht so ganz ernst zu nehmen scheint. Die Dialoge sind oft durchzogen von trockenem Sarkasmus, die Protagonisten haben alle so ihre Eigenarten und auch die Handlung selbst ist manchmal schlichtweg skurril.

Dabei wirkt es zwischenzeitlich, als würden verschiedene Elemente typischer Horrorgeschichten zu einem Road Trip zusammengebastelt. Für den Herbst ist diese gruselige Atmosphäre perfekt, viele der Ideen fand ich persönlich faszinierend.
Allerdings ist das Buch nichts für schwache Nerven, da es auch durchaus auch mal härter zur Sache geht - und auch durchaus etwas blutiger. Das geht schon damit los, dass Ambers Eltern ihre Tochter essen wollen, und zwar nicht mit Messer und Gabel.

Die Charaktere selbst haben meist eine Hintergrundgeschichte, mit Ausnahme unserer Protagonistin. Die Handlung startet nahezu unmittelbar damit, dass Amber die wahre Natur ihrer Eltern herausfindet und flieht, über ihr Leben davor erfährt man kaum etwas, außer, dass sie von einer ehemaligen Freundin gemobbt wird - was an sich eindeutig Potenzial enthält, das jedoch weder genutzt noch erklärt wird. Auch sonst erfährt man nur wenig über Amber, sodass sie eher blass bleibt, obwohl durchaus die Möglichkeit von Vielschichtigkeit gegeben ist.
Als Tochter zweier Dämonen verfügt nämlich auch sie über eine Dämonengestalt, die sie stärker und schöner macht, und von der sie deutlich fasziniert ist. Damit einher gehen auch gewisse ... dunkle Verlockungen, wie der Sinn nach Gewalttätigkeit, der mich zwischenzeitlich ein wenig irritiert hat. Hier fehlte mir so ein bisschen der Konflikt zwischen der „guten“ und der „bösen“ Seite Ambers, denn Schuldgefühle sind irgendwie nicht so ihr Ding. Umgekehrt grenzt sie sich dadurch natürlich auch wieder von typischen Young Adult-Protagonistinnen ab.
Zwischendurch fand ich ihre Handlungen gelinde gesagt ziemlich dumm, hier war ziemlich deutlich, dass damit erreicht werden sollte, dass sie in einer verzwickten Situation landet. Dabei stellt sich Amber im Allgemeinen nicht direkt dämlich an.

Der faszinierendste Charakter war für mich Milo, Ambers schweigsamer Chauffeur, der deutlich vielschichtiger wirkt als die Protagonistin selbst.
Was die meisten Charakteren, die dem Leser auf der Reise begegnen, gemeinsam haben, ist, dass sie irgendwie mit etwas dunklem zusammenhängen - nicht umsonst reisen Milo und Amber auf der Demon Road, auf der sie dann auch den oben erwähnten Horrorgeschichten anmutenden Elementen begegnen.
Wirklich zu fesseln vermochte mich das Buch allerdings erst im letzten Drittel, wobei durch die ständige Bedrohung durch Ambers Eltern sowie einem Zeitultimatum durchaus Spannung erzeugt wird. Das Ende selbst legt dem Leser das Lesen der Fortsetzung nahe.

Fazit: Skurril und teilweise ein wenig brutal mit trockenem, abstrusen Humor, typischen Horrorgeschichts-Elementen, einer gruseligen Atmosphäre und einer eher blassen Protagonistin

Veröffentlicht am 19.10.2016

Düsterer Thriller

Stigmata
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Ich weiß nicht, ob es an mir lag, aber ich habe mich zu Beginn der Geschichte ein wenig überfordert gefühlt. Der Leser wird nach einem düsteren Prolog direkt in das Geschehen geworfen, zu dem Beginn des ...

Ich weiß nicht, ob es an mir lag, aber ich habe mich zu Beginn der Geschichte ein wenig überfordert gefühlt. Der Leser wird nach einem düsteren Prolog direkt in das Geschehen geworfen, zu dem Beginn des Camps, die Rückblicke werden dann immer mal wieder in die Handlung eingestreut. Rückblicke, und auch Episoden aus der Zeit von Emmas Mutter, sodass der Leser eher Ahnungen hat als die Protagonistin. Doch erst am Ende werden die Stränge zusammengeführt und gelungen aufgelöst.
Aber erst mal zurück zum Anfang: Von Beginn an fühlt Emma sich verfolgt, hat dunkle Ahnungen, sieht Gespenster. Diese Atmosphäre wird gegen Mitte eindringlich und düster, ich hätte es aber besser gefunden, wenn sie erst aufgebaut worden wäre, so war sie auf einmal von Anfang an da, ohne sich zu entwickeln. So dauerte es ein wenig, bis ich in das Geschehen hineinfand.
Später war die Handlung durchaus sehr spannend, gerade gegen Ende hin.

Emma und ich werden vermutlich keine besten Freundinnen, auch wenn sie mir nicht direkt unsympathisch war. Sie denkt nach, analysiert, hinterfragt das Verhalten von jedem und verdächtigt jeden, unabhängig von ihren Gefühlen, was ich als sehr positiv empfand. Nachdenkende Protagonistinnen sind immer zu begrüßen. Allerdings sprudelt in unbedachten Momenten dann doch Wissen aus ihr heraus, obwohl sie das gerade doch noch verbergen wollte.
Sie handelt zumindest entschlossen, aber auch hier kam am Anfang bei mir nicht ganz an, wieso sie sofort, vom ersten Moment an, alle verdächtigt - und besonders das Camp an sich - und überall Verschwörungen sieht. Anlässe dafür ergeben sich erst im weiteren Verlauf, auch hier hätte man das vielleicht etwas langsamer angehen können.

Ansonsten erfährt der Leser kaum etwas darüber, wie Emma vor dem Tod ihrer Mutter war, außer dass sie nicht an deren Vergangenheit interessiert, trotzig und aufbrausend war. Nicht gerade Sympathie erweckend, Ecken und Kanten sind also da. Davon abgesehen blieb Emma für mich aber blass, wenn auch lange nicht so blass wie einige andere Charaktere.
Ich hatte gar nicht mit einer Liebesgeschichte gerechnet, aber natürlich musste das obligatorische Aufkeimen von Gefühlen auftauchen, auch wenn es letztendlich deutlich im Hintergrund stand und glücklicherweise immer wieder hinterfragt wurde.
Aber gerade die anderen Jugendlichen und Betreuer in dem Camp waren für mich nicht wirklich greifbar, kaum mehr als auftauchende Schemen, die ihre Rolle spielten.
Lediglich ein Charakter weiß am Ende mit Vielschichtigkeit wirklich zu punkten, hier verschwimmt dann auch die strikte Gut-Böse-Grenze. Allerdings muss ich zugeben, dass ich wie Emma lange nicht wusste, wem ich vertrauen kann und somit gut rüber kam, wie sehr sie auf sich allein gestellt ist und allen misstrauen muss.

Die Thematik des streng religiösen Kinderheims mit den grausamen Methoden ist dagegen sehr ... interessant, gerade da es solche Fälle leider tatsächlich gegeben hat. Diese Brutalität wird eindrucksvoll vermittelt.
Spannung entsteht auch dadurch, dass nicht alles erklärbar wirkt und bis zum Schluss bleiben ein, zwei Aspekte nicht hundertprozentig aufgeklärt, was die düstere Atmosphäre aufrecht erhält.

Fazit: Düstere Atmosphäre und bedrückende, gelungen vermittelte Thematik, allerdings fehlten mir anfangs Entwicklungen und die Charaktere konnte ich nicht greifen