Profilbild von Weltenwanderer

Weltenwanderer

aktives Lesejury-Mitglied
offline

Weltenwanderer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Weltenwanderer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.10.2017

Vampire im Wilden Westen im Tarantino Style!

Das Buch ohne Namen
0

Um was gehts?


Ein Fremder kommt in eine Bar und bestellt einen Bourbon.
Zwei Mönche machen sich auf die Suche nach einem Stein.
Ein Detective wird zu übernatürlichen Ermittlungen wegen 5 brutalen Morden ...

Um was gehts?


Ein Fremder kommt in eine Bar und bestellt einen Bourbon.
Zwei Mönche machen sich auf die Suche nach einem Stein.
Ein Detective wird zu übernatürlichen Ermittlungen wegen 5 brutalen Morden gerufen.
Eine Lady erwacht aus einem Albtraum, der sie schon seit Jahren verfolgt.
Und ein Barmann engagiert einen Killer namens Elvis.

Das alles spielt sich in dem Städtchen Santa Mondega ab - dem Schauplatz, dessen namenlose Ereignisse noch in die Geschichte eingehen werden ...


Meine Meinung


Haha! Manchmal sollte man Büchern eben doch eine zweite Chance geben! Vor einigen Jahren hab ich es zur Hälfte gelesen und war nicht so recht dafür zu begeistern - ganz im Gegensatz zu heute!
Was für eine abgefahrene Geschichte, die mich von der ersten bis zur letzten Seite super unterhalten hat!
Man muss den Stil mögen und sich auf eine extrem durchgeknallte, brutale und mit schwarzem Humor gespickte Story einlassen können, dann hat man unendlich viel Spaß dabei :D

Es spielt hauptsächlich in einer angesagten Bar in Santa Mondega, in der vor fünf Jahren der berüchtigte Bourbon Kid ein Massaker angerichtet hat. In einigen Tagen scheint es wieder soweit zu sein, denn die nächste Mondfinsternis steht an und das "Auge des Mondes" wurde wieder gestohlen, ein sagenumwobener Stein, der viel Macht zu besitzen scheint.

Es gibt einige Figuren, die eine wichtige Rolle spielen, hauptsächlich Schlägertypen, Mönche, zwei hübsche Ladys und zwei obsessive Cops die alle in die Geschehnisse involviert sind. Die Perspektiven wechseln hier immer wieder und so kann man sehr gut verfolgen, wie die Jagd nach dem Stein mit Leichen gepflastert wird; mit vielen Leichen. Brutal zugerichteten Leichen. Doch die Art, wie die Geschichte erzählt wird, lässt die grausamen Details eher als Nebeneffekt erscheinen und der schwarze Humor behält immer wieder die Oberhand.
Witzig fand ich auch die erwähnten Figuren oder Szenen zu Filmen bzw. Serien, die immer wieder in den Dialogen aufgetaucht sind.

Es geht rau zu und die ganze Kulisse erweckt unmerklich den Anschein eines alten Westernklischees, das in unsere Zeit versetzt wurde und das ist dem Autor - oder der Autorin - wer auch immer hinter dem "Anonymus" steckt, wahrlich gut gelungen! Ein "typischer" Saloon mit einem gewieften Barmann, rauchende Colts und Schlägereien sind nur ein Teil davon, denn im Hintergrund lauert noch eine viel größere Gefahr: die Untoten, die Santa Mondega bevölkern. Vampire, die zum größten Teil im Hintergrund bleiben und erst gegen Ende ihre Deckung fallen lassen. Also erwartet ja keinen typischen Blutsauger .... "Vampirroman". Überhaupt ist hier alles so untypisch und erfrischend verkorkst anders, dass ich total geplättet war. Vor allem auch, wie sehr sich mein Eindruck verändert hat gegenüber dem ersten Lesen vor einigen Jahren.

Auch wurde gekonnt das Rätsel um Bourbon Kid bis zum Ende geheimgehalten und es gab einige Überraschungen bei dem großen Show Down am Ende - natürlich um 12 Uhr mittags, wie es sich für einen Western Verschnitt gehört. Alle Details wurden passend aufgelöst und auch wenn ich einige Vermutungen hatte - und auch teilweise richtiglag - gab es doch noch unverhoffte Wendungen.

Fazit

Die ganze Geschichte ist ein in sich stimmiges Spektakel mit viel Pistolengeballer, Machogehabe, Situationskomik an den unmöglichsten Stellen und einem großartigen Mix aus den unterschiedlichsten Genres, die so obskur zusammen gewürfelt wurden, dass sie mich beim Lesen total überrascht und begeistert haben!

Veröffentlicht am 15.10.2017

Für Fans von Sherlock Holmes!

Die Augen der Heather Grace
0

Nachdem ich letztens bei "Der Fall Moriarty" schon ein Sherlock Holmes Buch ohne Sherlock Holmes gelesen habe, folgt hier direkt das nächste - übrigens mit einem wunderschönen Cover wie ich finde!

In ...

Nachdem ich letztens bei "Der Fall Moriarty" schon ein Sherlock Holmes Buch ohne Sherlock Holmes gelesen habe, folgt hier direkt das nächste - übrigens mit einem wunderschönen Cover wie ich finde!

In den "dunklen Anfängen von Sherlock Holmes" geht es um niemand geringeren als Sir Arthur Conan Doyle selbst. Aus der Ich-Perspektive erzählt er, wie es zu seinem Zusammentreffen mit Dr. Joseph Bell kam - seine Inspiration zu den berühmten Detektivgeschichten.

Es fängt nicht direkt mit dem Fall der Heather Grace an, hier hat mich der Klappentext etwas irritiert. Aber das hat überhaupt nicht gestört, denn der Autor versteht es sehr gut, einen langsam an die Umstände heranzubringen, die die beiden ungleichen Charaktere zusammen gebracht haben.
Arthur Doyle lernt Dr. Bell zur Zeit seines Medizinstudiums kennen und hält anfangs gar nicht viel von dessen seltsamen Methoden der Aufklärung und Deduktion. Doch die beiden wachsen mehr und mehr zusammen, so dass beinahe so etwas wie Freundschaft entsteht. Dieses Verhältnis und ihre Entwicklungen zu beobachten fand ich sehr faszinierend. Vor allem auch wie Dr. Bell beschrieben wurde, wenn man den Vergleich der Figur des Sherlock Holmes vor Augen hat.

Die Augen der Heather Grace, dieser Fall kommt erst etwas später zum tragen, nachdem man schon ein bisschen in das "detektivische" Verhalten der beiden reinschnuppern konnte. Zuerst war ich nicht so überzeugt, dass etwas spannendes daraus werden kann, denn es hörte sich nicht wirklich nach einer "aufregenden Geschichte" an.
Da der Schreibstil aber sehr fesselnd ist, und im übrigen auch wunderbar an die Zeit angepasst, es viele Hinweise und Puzzlestückchen gibt und man immer versucht, selbst zu erraten, was wohl dahinter stecken mag, hat die Spannung nie wirklich nachgelassen.

Besonders fand ich hier vor allem, dass mehrere Aufgaben gelöst und ermittelt werden mussten und David Pirie am Ende nochmal mit einer großen Überraschung aufgewartet hat.

Fazit

Ich bin vom ersten Band der Trilogie sehr begeistert und freue mich jetzt schon auf den 2. Teil! Arthur Doyle als Watson und Dr. Bell als Sherlock haben mich hier völlig überzeugt und der fesselnde Erzählstil haben das ganze wunderbar abgerundet.

Veröffentlicht am 15.10.2017

Ein ganz besonderes Leseerlebnis!

Die Schlange von Essex
0

Das Buch ist mir als erstes durch das Cover aufgefallen - eigentlich gar nicht meins durch diese vielen Details und den Stil, andererseits aber gerade dadurch wieder etwas ausgefallenes, was ins Auge ...

Das Buch ist mir als erstes durch das Cover aufgefallen - eigentlich gar nicht meins durch diese vielen Details und den Stil, andererseits aber gerade dadurch wieder etwas ausgefallenes, was ins Auge sticht. Vor allem auch unter dem Schutzumschlag ist das Buch in dunklem Grün mit so einer Oberfläche wie Schlangenhaut. Eine originelle Idee!

Der Titel und der Klappentext haben mich dann noch neugieriger gemacht, und ich habe wieder einmal etwas ganz anderes bekommen, als ich erwartet hatte: und zum Glück war es eine positive Überraschung!

Das viktorianische England wird hier ganz anders dargestellt, wie in vielen anderen Geschichten. Die Autorin merkt das auch in ihrem Nachwort an, dass sie von anderen Werken inspiriert wurde, die das gesellschaftliche Leben im 19. Jahrhundert ganz anders interpretiert haben. Ich war immer wieder erstaunt und hab mich köstlich amüsiert, welchen Umgangston, welche Gedanken und Gefühle die Figuren in dieser Geschichte widergespiegelt haben.
Ob arroganter Gentleman, vermögender Kavalier, vom Ehrgeiz zerfressener Arzt oder resolute Freundin aus der Unterschicht ... dieses Buch beinhaltet ein wahres Sammelsurium an unterschiedlichen Charakteren, die allesamt einen vielleicht negativen Touch haben aber auch etwas anrühriges, so dass sie einem doch irgendwie ans Herz wachsen.

Man kann sich in jede der Figuren sehr gut hineinversetzen, denn es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und dabei jedem genug Raum gegeben um zu zeigen, dass jeder von ihnen trotz einiger unvorteilhafter Charakterzüge ein wunderbarer Begleiter und Freund sein kann.

Vor allem natürlich Cora Seaborne, die Witwe, die nicht trauert - sondern erleichtert ist, endlich dem Joch der Ehe entkommen zu sein. Sie musste sehr leiden unter ihrem hartherzigen Mann, der ihr jahrelang eingebläut hat, wie schwach und unzulänglich eine Frau ist. Gerade deshalb will sie jetzt diese "Fraulichkeit" abstreifen, trägt einen viel zu großen Herrenmantel und plumpe Stiefel und begiebt sich auf die Spuren Charles Darwins.
Mit dem Pfarrer William Ransome und dessen Familie, die sie während ihrer Suche nach der Schlange von Essex kennenlernt (die immer wieder als Legende und Gerücht auftaucht und für all die schlimmen Unglücke zur Verantwortung gezogen wird), verbindet sie sofort eine gewisse Verbundenheit.
Zuviel will ich dazu aber nicht verraten, nur dass sich alles anders entwickelt, als man vielleicht erwartet hat.

Die Geschichte wird nie langweilig, denn nicht nur die sonderbare Beziehung zwischen Cora und William steht im Mittelpunkt, auch die anderen Figuren, ihre Wünsche und Sehnsüchte und die geltenden Klassenunterschiede in und um London geben dem ganzen eine kurzweilige Abwechslung, aber auch einige berührende und zum Nachdenken anregende Momente.
Das Ganze wird vor allem durch den Schreibstil zu etwas besonderem - ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Sarah Perry benutzt viele Metaphern, die aber nicht abgenutzt wirken sondern frisch und lebendig; sie hauchen dem Leben der Figuren eine ganz besondere Atmosphäre ein und trotz vieler sprunghafter Wechsel von einem Geschehen zum anderen, hatte es einen angenehmen Rhythmus, der flüssig zu lesen war.

Wer gerne mal in die viktorianische Zeit eintauchen will, ohne sich mit den üblichen Mustern zu belasten, sollte das Buch auf jeden Fall ausprobieren. Es hat eine ungewohnte gesellschaftliche Spielart, außergewöhnliche Charaktere und eine Tiefe, über die man hinwegliest und der man sich erst einige Augenblicke später so richtig bewusst wird. Dabei ist es auch amüsant, unterhaltsam, mit vielen grundsätzlichen Fragen, die man überlesen, aber auch etwas mehr darüber nachdenken kann.
Aberglaube, Gott und die Wissenschaft, Neigungen und Hoffnungen, die Leichtigkeit des Lebens und die Schwermut und natürlich die Liebe ... das alles vereint ergibt es ein wunderschönes Leseerlebnis!