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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.06.2017

Über das Leben und seine Stolpersteine

Ein wunderbares Jahr
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Ehrlich gesagt habe ich von dem Roman zunächst gar nicht so viel erhofft und war sogar erst ein wenig skeptisch, weil ich eher einen typischen Frauen-Liebes-Schnulzroman erwartet habe. Letztendlich hat ...

Ehrlich gesagt habe ich von dem Roman zunächst gar nicht so viel erhofft und war sogar erst ein wenig skeptisch, weil ich eher einen typischen Frauen-Liebes-Schnulzroman erwartet habe. Letztendlich hat mich der Roman aber mehr als überzeugt und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Warmherzig und äußerst berührend schreibt Laura Dave über das Leben und seine Stolpersteine und zeigt, dass man manchmal Umwege im Leben gehen muss, um sein Glück zu finden. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Georgia Ford. Sie ist eine erfolgreiche Anwältin in Los Angeles und steht kurz davor ihren Traummann zu heiraten. Doch gerade in dem Moment, in dem sie zum letzten Mal ihr Brautkleid anprobiert, macht sie eine Entdeckung, die ihre Welt auf den Kopf stellt. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion fährt sie zu ihren Eltern, die ein Weingut im Hinterland Kaliforniens betreiben. Ihr Elternhaus und das Gut waren stets ihr Zufluchtsort. Doch dort angekommen muss Georgia feststellen, dass ihr Elternhaus nicht mehr dem Idyll von früher gleicht. Laura Dave erzählt die Geschichte sehr leichtfüßig und kurzweilig. Dennoch steckt zwischen den Zeilen relativ viel Tiefe. Es geht um Familienprobleme, zerbrochene Träumen, Neuanfänge und die Frage, was der richtige Weg im Leben ist. Gerade die Szenen auf dem Weingut sind sehr atmosphärisch und zaubern eine einzigartige Stimmung. Nebenbei erfährt man auch noch einiges über das Thema Weinbau, denn die meisten Kapitel beginnen mit einer kurzen Einführung in dieses Thema. Diese Einflechtungen haben aber auch immer eine Parallele zur Geschichte - fast wie Gleichnisse. Zugegeben, die Geschichte ist recht vorhersehbar und trotz aller Konflikte löst sich am Ende doch alles in Wohlgefallen auf. Trotzdem ist die Geschichte kein Deut kitschig. Es ist eben ein wunderschönes Sommerbuch, das gute Laune verbreitet und ein Wohlfühlgefühl zaubert, aber trotzdem zum nachdenken anregt. Eines muss ich aber trotzdem noch loswerden: Der deutsche Titel des Buchs ist einfach nur schrecklich. Der Original-Titel – 800 grapes – hätte tausendmal besser gepasst.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Spannung, Liebe, Dramatik

Nächtliches Schweigen
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Spannung, Liebe, Dramatik und einfach gute Unterhaltung: Mit „Nächtliches Schweigen“ hat Nora Roberts wieder einen sehr gelungen Roman für verträumte Lese-Sonntage auf der Couch vorgelegt. Im Mittelpunkt ...

Spannung, Liebe, Dramatik und einfach gute Unterhaltung: Mit „Nächtliches Schweigen“ hat Nora Roberts wieder einen sehr gelungen Roman für verträumte Lese-Sonntage auf der Couch vorgelegt. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Emma McAvoy, die Tochter eines bekannten Rockstars, die der Leser von Kindesbeinen an begleitet. Als sechsjährige wird sie Zeugin eines schrecklichen Verbrechens. Sie muss nun nicht nur mit einem Trauma fertig werden, sondern auch mit der Gewissheit, dass sie – solange der Täter noch auf freiem Fuß ist – in Lebensgefahr schwebt. Nora Roberts schreibt sehr vereinnahmend, lebendig und bildlich. Vor allem in Emma kann sich der Leser sehr gut hineinversetzen – durchlebt mit ihr ihre zum Teil sehr traurige Kindheit, ihre turbulente Jugend und begleitet sie als junge Erwachsene, die versucht, ein glückliches Leben zu leben. Dabei schneidet Roberts sehr viele Themen an: von Kindesvernachlässigung und häuslicher Gewalt bis hin zum Leben der Boheme und Rockstars in den 60er, 70er und 80er Jahren. Zwar hat die Geschichte ein paar unnötige Längen und es war mir auch schon recht früh klar, wer der Täter ist, trotzdem hat mir der Roman ganz gut gefallen. Eine wirklich toll erzählte Geschichte über eine Frau auf der Suche nach sich selbst, mit viel Dramatik und Spannung und der richtigen Portion Liebe. Trotzdem aber auf keinen Fall seicht oder oberflächlich. Richtig gute Unterhaltung eben.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Exotisch, unterhaltsam, romantisch

Der Mondscheingarten
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Ihr reist gerne in die Vergangenheit, seid fasziniert von exotischen Orten und deckt gerne Familiengeheimnisse auf? – Dann ist „Der Mondscheingarten“ genau das richtige Buch für euch. In Corina Bomanns ...

Ihr reist gerne in die Vergangenheit, seid fasziniert von exotischen Orten und deckt gerne Familiengeheimnisse auf? – Dann ist „Der Mondscheingarten“ genau das richtige Buch für euch. In Corina Bomanns gefühlvollem Roman dreht sich alles um eine alte, sehr außergewöhnliche Geige, die die Antiquitätenhändlerin Lilly eines Tages von einem Fremden einfach so geschenkt bekommt. Weil sie unbedingt wissen will, woher diese Geige stammt, macht sich Lilly kurzentschlossen auf zu ihrer besten Freundin, die in London lebt und Musikinstrumente restauriert. Bald finden sie heraus, dass die Geige vor mehr als hundert Jahren der Stargeigerin Rose Gallway gehörte, bis Rose eines Tages plötzlich verschwand. Fasziniert vom Schicksal der Geigerin begibt sich Lilly auf deren Spuren, die sie bis nach Sumatra führen. Mir hat dieser Roman außerordentlich gut gefallen. Bomann schreibt sehr angenehm, gefühlvoll und vor allem szenisch. Die Charaktere – vor allem Lilly und Rose – sind sehr detailliert gezeichnet und man kann sich wirklich gut in sie hineinversetzen. Abwechselnd begleitet der Leser Lilly bei ihren Nachforschungen und erfährt welches Schicksal Rose ereilt hat. Nebenbei lernt man auch noch ein bisschen etwas über die Kolonialzeit in Indonesien Anfang des 20. Jahrhunderts. Obwohl es vielleicht schon ein paar viele Zufälle gibt, hat es Bomann geschafft, die Geschichte so zu konstruieren, dass sie nie unlogisch wird und man einfach jede Handlung relativ gut nachvollziehen kann. Ein wunderbarer Roman über eine tragische Liebe – unterhaltsam, fesselnd und romantisch.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Genialer Plot

Für jede Lösung ein Problem
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Bisher kannte ich von Kerstin Gier lediglich ihre Jugendbuch-Trilogie „Liebe geht durch alle Zeiten“ – die mir sehr gut gefallen hat. Daher wollte ich jetzt auch mal einen ihrer Frauenromane ausprobieren. ...

Bisher kannte ich von Kerstin Gier lediglich ihre Jugendbuch-Trilogie „Liebe geht durch alle Zeiten“ – die mir sehr gut gefallen hat. Daher wollte ich jetzt auch mal einen ihrer Frauenromane ausprobieren. Und ich muss sagen, „Für jede Lösung ein Problem“ hat mich extrem überrascht und zwar in positivem Sinn. Selten habe ich so einen unterhaltsamen, humorvollen und dabei doch auch intelligent gemachten Frauenroman gelesen. Klar, die Protagonistin Gerri ist eine typische Frauenroman-Heldin: um die 30, Dauersingle, wird deswegen von Freunden und Familie bemitleidet und im Job läuft es gerade auch nicht so gut. Trotzdem hebt sich dieser Roman definitiv von anderen Frauenromanen ab, was schon an dem etwas außergewöhnlichen, wirklich genialen Plot liegt: Geri schreibt Liebes- und Arztromane für einen Heftromanverlag. Als der Verlag allerdings aufgekauft wird und sie ihren Job zu verlieren droht, fällt Gerri in ein tiefes Loch. Sie sieht nur noch einen Ausweg: Selbstmord. Vorher schreibt sie aber noch etliche Abschiedsbriefe an Verwandte, Freunde und Bekannte. Dabei nimmt sie kein Blatt vor den Mund und sagt ihren Mitmenschen ordentlich die Meinung. Wie man ahnen kann, klappt es mit dem Selbstmord glücklicherweise nicht. Die Briefe sind aber trotzdem schon im Umlauf. Trotz des doch recht ernsten Themas ist der Roman extrem witzig – ohne sich aber über Selbstmord lustig zu machen. Gerade die doch sehr bissigen Briefe, die es immer am Ende eines jeden Kapitels zu lesen gibt, fand ich gut gemacht. Die Protagonistin Gerri ist einem sofort sympathisch und auch die anderen Charaktere hat Gier sehr lebendig gestaltet. Manche sind vielleicht ein wenig überzeichnet – aber gerade deswegen bleiben sie im Gedächtnis hängen und geben der Geschichte den besonderen Witz. Gelungen fand ich auch die ganze Heftroman-Verlags-Szenerie im Roman und generell die Anspielungen auf Groschenromane. Ein wirklich gelungener, kurzweiliger Roman für Zwischendurch.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Verlogene Welt

Schreiben Sie Miss Lonelyhearts
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Auf die Scheinheiligkeit, Heuchelei und Doppelmoral der amerikanischen Gesellschaft hat es Nathanael West in seinem 1933 erschienen Roman „Schreiben Sie Miss Lonelyhearts“ abgesehen. Die Schlüsselfigur ...

Auf die Scheinheiligkeit, Heuchelei und Doppelmoral der amerikanischen Gesellschaft hat es Nathanael West in seinem 1933 erschienen Roman „Schreiben Sie Miss Lonelyhearts“ abgesehen. Die Schlüsselfigur seiner Gesellschaftskritik, Miss Lonelyhearts, ist eigentlich ein Mann. Als Kummerkastentante bei einer New Yorker Zeitung beantwortet er Briefe seiner verzweifelten Leser – meist traurige Briefe voller Leid und Elend. In Wirklichkeit ist Miss Lonelyhearts aber selbst eine sehr trübsinnige Figur, ausgestattet mit einem überchristlichen Helfersyndrom, die ein sehr trostloses Leben führt und von seinen Kollegen verspottet wird. Weil sein Job ihm immer mehr zur Bürde wird, verfällt Miss Lonelyhearts immer mehr dem Wahnsinn. Die Sprache des kurzen Romans ist recht einfach und lakonisch. Den Stil könnte man durchaus als surreal bezeichnen, manche Szenen erinnern auch an Screwball-Komödien. Stilistisch und dramaturgisch ist West mit „Schreiben Sie Miss Lonelyhearts“ gewiss ein brillantes Werk gelungen. Dennoch konnte mich der Roman nicht begeistern. Wahrscheinlich waren mir Thematik und Umsetzung einfach viel zu amerikanisch. Vor allem hatte ich aber nicht das Gefühl, dass West mit diesem Roman wirklich ein System aufdeckt, in dem Menschen für dumm verkauft werden.