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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2019

Schade ...

Roman ohne U
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Der Plot:
Das Außergewöhnliche ist der Rashomon-Stil, der jedoch für mein Dafürhalten viel zu komplex ist. Das Schwierige sind die Zeitsprünge. Unangenehm zu lesen. Ich habe mehrmals das Inhaltsverzeichnis ...

Der Plot:
Das Außergewöhnliche ist der Rashomon-Stil, der jedoch für mein Dafürhalten viel zu komplex ist. Das Schwierige sind die Zeitsprünge. Unangenehm zu lesen. Ich habe mehrmals das Inhaltsverzeichnis bemühen müssen, um mich auf der Zeitachse zurecht zu finden. Ich will eine Geschichte lesen, nicht ein Puzzle zusammenstellen. Ich habe den Eindruck, Taschler hat den Roman mit seinen einzelnen Kapiteln geschrieben, dann alle Abschnitte einzeln in einen Topf geworfen, und die einzelnen Abschnitte dann in zufälliger Reihenfolge neu angeordnet (damit hat sie die Geschichte überfrachtet!). So kann man auch „Spannung“, halt, nicht Spannung – die gab es für mich in diesem Roman nicht - , das richtige Wort dafür würde ich als „Neugier“, bezeichnen, erzeugen. Na gut, der Gulag Handlungsstrang war ein wenig spannend, ich habe ihn mit Neugier gelesen. Die Erzählungen erinnerte mich an die Geschichten meines Großvaters (russischer Kriegsgefangener) und an einen Wälzer meiner Eltern, in dem ich als Jugendlicher einige Kapitel gelesen habe: Archipel Gulag.

Die Personen:
Taschler wirft die Protagonisten in den Text, ohne sie zu positionieren. Erzählt was sie machen, lässt aber keinen Blick in deren Psyche zu. „Schmeck’s! Denk dir selber was aus.“ Die einzelnen Personen werden nicht näher beschrieben, es entsteht kein klares Bild beim Leser, wer oder was die Figuren darstellen, was sie repräsentieren. Allein über ihre Handlungen werden sie charakterisiert. Ihre Gedanken, ihre Einstellungen, ihre inneren Konflikte muss man sich selbst dazu reimen. (Kaum hatte ich mir eine Meinung gebildet, musste ich sie revidieren. Damit „verlor“ ich mit Fortschreiten des Romans die Person, was mich stark irritierte und das Lesen mühsam werden ließ.) Einzig die Gulag-Geschichte zeigt Ansätze in diese Richtung. Aber wenn man bedenkt, dass dieser Handlungsstrang sich über Jahrzehnte erstreckt, ist auch hier die „Wandlung“ der Person(en) zu gering. (Vom Lebenslustigen zum russisch sprechenden Schweiger, der noch dazu freiwillig, nach seiner Gefangenschaft, in Russland bleibt [und zu guter Letzt im Yoda-Stil deutsch spricht]?! – Warum nur???)

Mein Fazit:
Der Text liest sich über weite Strecken wie ein amtliches Protokoll, weit abseits von einer wortgewaltigen, phantasievollen Erzählung. (Metaphern sucht man wie die Nadel im Heuhaufen.) Zwischen den Zeilen lese ich viel Frust (des Autors?) heraus: z.B: Julius läuft jeden Rock hinterher und landet mit ihm natürlich im Bett. Er liebt sie alle, solange bis „etwas Neues“ in seinem Leben auftaucht. Was sein innerer Antrieb für sein Handeln ist, wie er die Situation sieht, was seine Moralvorstellungen sind, wird nicht beschrieben. Beschrieben wird nur, „was er tut“. Wie eben in einem amtlichen Dokument! Schade! Frau Taschler hat mich nicht an der Hand genommen … ich hoffe, sie wird es nie tun!

Veröffentlicht am 22.11.2019

Viele Worte um Wenig! Aber das grenzgenial!

Max, Mischa und die Tet-Offensive
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Der Plot:
Die Verquickung von Ereignissen, die nur die 68-Generation wirklich versteht (und ich glaube, für die wurde der Text geschrieben, denn die WhatsApp-Generation versteht sicherlich nur Bahnhof, ...

Der Plot:
Die Verquickung von Ereignissen, die nur die 68-Generation wirklich versteht (und ich glaube, für die wurde der Text geschrieben, denn die WhatsApp-Generation versteht sicherlich nur Bahnhof, weil sie nicht bereit ist, Ereignisse, Zusammenhänge und Ansichten zu kombinieren und über ihren eigenen Tellerrand hinauszudenken!) ist spannend. Die Hauptdarsteller von Jugend an bis ins fortgeschrittene Alter zu begleitet, ist ein guter ‚Backbone‘ für eine außergewöhnliche Geschichte, die auf die 65+ Generation zugeschnitten ist.
Keinesfalls langweilig, wenn es der ‚Johan‘ geschafft hätte, das Ganze auf max. 600 Seiten zu projizieren. Was mir der Autor allerdings vorgesetzt hat, hat er selbst in seinem Roman, langatmig, beschrieben: Er ist mit der tonnenschweren Teerwalze über den glühend heißen Asphalt gefahren, hat die kleinsten, unnötigsten Nebensächlichkeiten breitgewalzt, in Sätze gepresst, die nie zu enden scheinen, die aber zu guter Letzt dann doch gravierende Spuren hinterlassen, wenn der Bitumen, unter Druck verdichtet und abgekühlt ist.

Die Personen:
Ich bin weiter provokant: Wenn sich die Protagonisten nicht auf 1300 Seiten entwickeln würden, keine Metamorphosen über sich ergehen lassen würden, um schlussendlich, wie es Mayall so schön formulierte ‚Back to the roots‘, doch wieder ihren Wurzeln zuzustreben, dann wäre es traurig, sofern sie die Geschichte nicht schon (längst) vorher verlassen haben (Jim Morrisons ‚The End‘), auf welche Art auch immer.

Die Sprache:
Wie bereits erwähnt, ich war und bin noch immer begeistert. Ich frage mich, wie das alles in Johans Norwegischer Muttersprache wohl ankommt, bzw. klingt, oder noch besser: sich liest. Ein dickes Lob an die Übersetzer – von denen ich keiner sein will!

Mein Fazit:
Es ist eigentlich keine Familiengeschichte, es ist vielleicht ein Zeitroman, könnte durchaus ins Genre Entwicklungsroman fallen, oder ein Künstlerroman. Sicher kein Liebesroman, was aber nicht ganz stimmt.
Die aufgezeigten Parallelen (z.B.: Huey-Helikopter: Vietnam – New York) sind hervorragend umgesetzt.
Originalzitat aus der Tet-Offensive: „Es gibt keinen Stillstand. Nur zu viele Wörter!“

Veröffentlicht am 22.11.2019

Ein ausgezeichneter Plot, mit Stärken und Schwächen.

Der Circle
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PLOT:
Das Thema ist hoch brisant. Es ist ein Versuch, aufzuzeigen wohin die globale Digitalisierung führen kann. Eggers bemüht sich die landläufigen, positiven Argumentationen der datensammelnden Convinience ...

PLOT:
Das Thema ist hoch brisant. Es ist ein Versuch, aufzuzeigen wohin die globale Digitalisierung führen kann. Eggers bemüht sich die landläufigen, positiven Argumentationen der datensammelnden Convinience Produkte glaubhaft aufzuzeigen. Den Gegenargumenten räumt er hingegen aber nur wenig Raum ein, denn er scheint davon auszugehen, dass seine Leser den Social-Media-Angeboten von Haus aus kritisch gegenüberzustehen. Alleine der Einstieg in die Story gestaltet sich unspektakulär und zäh. Die Situationsbeschreibung auf den ersten Seiten erinnert stark an den Habitus amerikanischer Unternehmen von heute. Nur langsam begreift man, dass es sich um ein futuristisches, dystopisches Setting handelt. Unspektakulär, ohne packende Highlights - über viele Seiten hinweg - beschreibt der Autor die Karriere, wie auch das soziale Umfeld der Hauptdarstellerin und ihres Umfeldes. Vom Quickie bis zum täglichen Punkteranking und ihren abertausenden Followern. Ab einem gewissen Punkt ist die Geschichte vorhersehbar und es kommt, wie es kommen muss: Das Unausweichliche passiert. Konsequent steuert der Handlungsablauf auf die scheinbar unausweichliche Katastrophe zu.

PROTAGONISTEN:
Die Euphorie der Protagonisten lassen sie mitunter als ‚naiv‘ erscheinen, was jedoch der Story geschuldet ist. Wäre man nicht blauäugig, würde die Story keine Fortsetzung finden. Der gesunde Menschenverstand wird wiederum durch Personen dargestellt, die ihrerseits als bestenfalls bauernschlau und einfältig dargestellt werden. Alle Charaktere sind leider flach, oberflächlich gezeichnet.

SPRACHE:
Vom Stil her leicht zu lesen: Aber viel zu ausschweifend. Mindestens 100 Seiten weniger, täten dem Text gut. Gleichzeitig würden es sich die einzelnen Figuren verdienen, wenn ihr Wesen klarer und schärfer positioniert und deutlicher herausgearbeitet würde. Selbst Action-Szenen verlieren im ‚Berichterstattungsstil‘ viel von ihrer möglich Spannung. Schade, eine vertane Chance.

FAZIT:
Leider nützt der Handlungstrang das Potenzial des Themas nicht vollends aus. Trotzdem glaubt man sich zeitweise - während des Lesens - in einen Spiegel zu schauen.
Der Inhalt an und für sich hilft wesentlich über den stellenweise zähen Text hinweg.

Veröffentlicht am 22.11.2019

WOW!

Die Tyrannei des Schmetterlings
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Das Buch lag monatelang in meiner „Bibliothek“. Der Covertext (er liest sich wie ein Teaser zu einem Thriller!) und die Fülle der Seiten konnten mich nicht wirklich dazu animieren, das Buch auf meine persönliche ...

Das Buch lag monatelang in meiner „Bibliothek“. Der Covertext (er liest sich wie ein Teaser zu einem Thriller!) und die Fülle der Seiten konnten mich nicht wirklich dazu animieren, das Buch auf meine persönliche Shortlist zu setzen. … doch, manchmal kommt es anders ....

Der Plot:
Ich war auf ein actionreiches Buch eingestellt. Auf einen Thriller! Aber was ich las, war ein sprachgewaltiges Werk mit faszinierenden Metaphern. Das ist genau meines! Schnell wurde ich zwischen dem Handlungsstrang und den philosophischen Betrachtungen hin und her gerissen. Ab der Mitte hatte ich dann das Gefühl, zwei Bücher gleichzeitig zu lesen!
Und damit bin ich auch schon beim Punkteabzug: Schätzing hat alles, was er zu dem Thema KI und PU recherchierte in aller Breite für uns Leser plattgewalzt. „Weniger ist mehr!“, spuckte es mir immer wieder durch den Kopf!
Und als ich die allerletzten beiden Zeilen las, war ich mit Schätzing versöhnt! Zu guter Letzt betrachtete ich den Cover, und fand die fünf kleingedruckten Buchstaben: R-O-M-A-N! War da jemand von falschen Voraussetzungen ausgegangen?! Mea culpa!

Die Personen:
Klischees sind dort zu finden, wo Klischees gebraucht werden. Man kann sich in die Personen hineinfühlen, mit ihnen und ihren Wandlungen mitleben, sie zu seinen eigenen machen. Der zuweilen ruppige Umgangston - bis zum körperlichen Einsatz der Fäuste - kommt manchmal etwas überraschend, aber soll sein.

Mein Fazit:
WOW – Was für ein Text eines wortgewandten, phantasievollen Erzählers, der Dinge trefflich in den Focus rückt!
ABER: Es soll eines seiner „dünneren“ Bücher sein. Lieber Frank, von mir aus könnte es noch „dünner“ sein! Bei so viel Wortgewandtheit, könnte man vieles mit weit weniger Worten transportieren, ohne auch nur einen Funken an „Atmosphäre“ einzubüßen.

Veröffentlicht am 22.11.2019

Eine vertane Chance!

Kenia Valley
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Der Plot:
Ich weiß nicht, was ich gelesen habe: war es ein Liebesroman, eine Entwicklungsgeschichte, ein Gesellschaftspanorama oder sollte es gar ein historischer Roman gewesen sein?!
Kat Gordon hat laut ...

Der Plot:
Ich weiß nicht, was ich gelesen habe: war es ein Liebesroman, eine Entwicklungsgeschichte, ein Gesellschaftspanorama oder sollte es gar ein historischer Roman gewesen sein?!
Kat Gordon hat laut eigenen Angaben ein ganzes Jahr lang in Kenia gelebt. Deshalb glaubte ich, dass sie auch Land und Leute in ihren Text beschreiben würde. Aber die Geschichte könnte sonstwo spielen, egal ob in Frankreich, Amerika, in der Karibik oder eben in Kenia. Ostafrika verleiht dem Roman lediglich einen exotischen Anstrich. Das Einzige, das die Autorin geschafft hat, ist, ein deutliches Bild von der Dekadenz und der Arroganz der britischen Siedler, inklusive ihrer Ausschweifungen mithilfe von Alkohol, Drogen und Sex, zu zeichnen. Die Afrikaner und deren Lebensumstände, sowie deren Gedankenwelt ließ sie außen vor. Ich empfehle ihr dringend, die Romane von Abir Mukherjee zu lesen, um zu sehen, wie man auf interessante Weise Lokalkolorit und Sittenbilder in eine Geschichte verweben kann. Fadheit und Monotonie prägen die erste Hälfte des Buches. Erst im dritten Teil des Romans kommt ein wenig Bewegung in die Story.

Die Personen:
Die meisten Charaktere sind leider klischeehaft flach dargestellt. Von dem, was im Kopf und im Körper eines pubertierenden Jünglings vor sich geht, davon hat die Autorin keinen blassen Schimmer! So viel steht jedenfalls fest, dass sie das, was sie beschreibt, nie erlebt hat. (Schuster bleib bei deinem Leisten!). Einzig die Figur der Maud gefiel mir, weil sie als ein starker, gefühlvoll denkender Charakter beschrieben wird, der sich über die Meinung anderer und die Zwänge der Gesellschaft hinwegsetzt. Und warum durften wir nichts über das Leben (im weitesten Sinne) von Abdullah erfahren? Mauds Bruder und Icherzähler Theo wird als gedankenloses, willfähriges Spielzeug von Freddy und Sylvie beschrieben. Die Autorin lässt uns nicht in die Gedankenwelt des Jünglings eintauchen. Was in dessen Kopf wirklich vor sich geht, bleibt uns Lesern verschlossen, wird in unserer eigen Fantasie abgeschoben; alleine aus Theos Reaktionen und seinem Gehaben kann man aber auch nichts Konkretes ableiten. Er ist kein Akteur, eher ein Zuseher. Alle anderen Figuren sind beinahe farbloses Beiwerk!

Die Sprache:
Kitsch as kitsch can, einer nach Tiefgang heischenden Liebesgeschichte angepasst. Besonders störte mich die direkte Sprache. Sie wirkt gekünstelt und ist nicht aus dem Leben gegriffen.

Mein Fazit:
Die sich ständig wiederholenden, gleichlautenden Beschreibungen (die roten Sonnenuntergänge, das Zigaretten anzünden, dass Whisky trinken, die Schwärmerei um Sylvie, u.s.w.) nervten mich schon nach wenigen Seiten. Zumindest die atmosphärische Beschreibung des Settings war hin und wieder gelungen, aber leider nicht umfassend genug.
Ich wollte eine Geschichte, und nicht nur den Grauwert einer Seite lesen! Ein eher enttäuschender Roman. Öde. Schade um den guten Ansatz!