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Veröffentlicht am 04.01.2021

Eine vielseitige und liebevoll erzählte Liebesgeschichte über ein prägendes Jahr im Leben zweier Künstler

A single kiss
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Nach Titel, Klapptext und Cover hatte ich bei "A Single Kiss" ehrlich gesagt mit einer recht oberflächlichen Geschichte gerechnet. Der tätowierte Bad Boy und die verwöhnte Prinzessin? Das klingt doch auf ...

Nach Titel, Klapptext und Cover hatte ich bei "A Single Kiss" ehrlich gesagt mit einer recht oberflächlichen Geschichte gerechnet. Der tätowierte Bad Boy und die verwöhnte Prinzessin? Das klingt doch auf den ersten Blick wie ein laufendes Klischee. Doch falsch gedacht! Was Ivy Andrews hier aus diesem Ansatz macht, ist alles andere als oberflächlich. Statt sich komplett auf Callum und Ellas Liebesgeschichte zu konzentrieren, setzt sie weit vor deren ersten Begegnung an und erzählt viel breiter von deren Leben und Entwicklung, als man das sonst vom New Adult Genre kennt.


Ella: "Als Fotograf hat man viel Macht. Man kann Leute, Landschaften, aber auch Dinge schön oder hässlich in Szene setzen. Manchmal kann man die Intension des Fotografen spüren. Wollte er provozieren? Wollte er etwas verbergen und vom Wesentlichen ablenken? Bei diesem Porträt hier sieht man die Liebe. Cals Liebe zu mir. Jeder Millimeter Fotopapier strahlt sie aus."


Das Cover passt ganz wunderbar zu den anderen drei Bänden der L.O.V.E.-Reihe, welche sich um die vier Mitbewohnerinnen einer WG in Plymouth dreht, deren Initialen zusammen den Schriftzug LOVE ergeben. Die Geschichten von Libby, Oxana und Val wurden schon in den ersten drei Bänden erzählt, hier wird nun ausgebreitet, wie die Französin Ella in einem spontanen Auslandssemester ihr Glück findet. Zu sehen ist auf allen vier Bänden eine Textur, die an einen ausgebreiteten Tüllrock erinnert und in unterschiedlichen Farben schimmert. Dieser Abschlussband ist ganz in einem hellen Blau mit türkisgrünen Einstichen gehalten. Wie auch bei den Vorgängern ist der Titel in großen weißen Buchstaben abgedruckt.

Wer jetzt Angst bekommt und denkt, "oje, ich habe die ersten Bände ja gar nicht gelesen, dann ist das vielleicht doch nichts für mich", dem sei gesagt, dass Ivy Andrews in jedem ihrer vier Bände ungefähr dieselbe Erzählzeit abdeckt. Dass die drei anderen Bände zu genau derselben Zeit spielen sorgt natürlich dafür, dass es die Handlung betreffend einige Überschneidungen gibt und dieselben Ereignisse immer wieder aus einer anderen Perspektive erzählt werden. Wie die drei anderen Mädels ihre Liebe finden, bekommen wir in "A Single Kiss" nur am Rande mit, sodass man die Teile der Reihe ohne Probleme unabhängig voneinander lesen kann und auch keine bestimmte Reihenfolge beachten muss. Die Autorin setzt hier mit einem sehr langen Prolog sogar schon ein bisschen vor dem Beginn des Auslandssemester an, als alle Uhren noch auf Null stehen und deckt dann mit ihrer Erzählung die Entwicklungen von mehr als einem Jahr ab, bis ein Epilog sogar nochmal ein gutes Jahr in die Zukunft springt.


Erster Satz: "Noch immer keine Nachricht von Étienne."


Ivy Andrews hat hier also eine etwas andere Zeiteinteilung gewählt, als ich angenommen hatte. Statt mit der ersten Begegnung ihrer zwei Hauptfiguren einzusteigen, nimmt sie uns erst mit in deren jeweiliges Leben und es gehen ca. 130 Seiten ins Land, bis Callum und Ella sich im Copyshop des College in Plymouth zum ersten Mal über den Weg laufen. Weitere 300 Seiten dauert es dann, bis die beiden sich näherkommen. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass Ella in Paris einen festen Freund hat und ihm gegenüber loyal ist, auch wenn sie sich schon seit ihrer ersten Begegnung stark zu dem schottischen Fotografen hingezogen fühlt. Auch Cal will Ella zu nichts drängen und gibt ihr den Raum und die Zeit, die sie braucht, um sich über ihre Gefühle klar zu werden. Zum anderen stehen den beiden auch jede Menge Arbeit für die Uni, Trips ins Ausland und andere Aktivitäten im Weg, denn während sich die Anziehung zwischen den beiden steigert, passiert auch unabhängig von ihren gelegentlichen Begegnungen noch einiges an Handlung.


Callum: "Man sagt gemeinhin, sie (die Augen) seien das Fenster zur Seele, und meine Erfahrungen als Porträtfotograf stimmen damit überein, doch noch nie habe ich so viel in den Augen eines Menschen gesehen wie in ihren. Da sind kühle Intelligenz und feurige Leidenschaft, die sich mit etwas anderem paaren, das ich nicht ganz greifen kann, das mir aber unwahrscheinlich bekannt vorkommt."


Hierzu muss man sagen, dass "A Single Kiss" mit 544 Seiten etwas umfangreicher als die typische Liebesgeschichte ist und man der Geschichte das auch in vielen Aspekten anmerkt. Egal ob Protagonisten, Nebenfiguren, Handlungsstränge, Setting oder Atmosphäre - alles hat durch den größeren Umfang ein bisschen mehr Zeit, sich zu entwickeln. Eine Insta-Love gepaart mit einer sehr langsamen Entwicklung? Das funktioniert unter anderem auch durch Ivy Andrews Erzählstil. Sie schreibt nicht nur sehr lebendig und kreiert eine tolle Wohlfühlatmosphäre, sondern lässt auch wahnsinnig viele Details in ihre Geschichte einfließen. Die Autorin geht mit vielen Szenen stark in die Breite und reißt auch die Geschichten weiterer Nebenfiguren an. Der Fokus liegt zwar schon auf Ella und Cal, deren Leben wird aber viel komplexer geschildert als das in vielen Liebensgeschichten der Fall ist, in denen die Handlung nur aus Szenen besteht, in denen die beiden Figuren aufeinandertreffen. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen, da die Figuren dadurch nicht nur auf die Sicht und den Kontakt mit dem jeweils anderen beschränkt sind.


Ella: "Du bist außergewöhnlich! Außergewöhnlich klug, außergewöhnlich temperamentvoll, außergewöhnlich schön." Die Art, wie er es sagte - so, als würde er jede einzelne Silbe auch wirklich so meinen -, jagt mir einen Schauer über den Rücken."


Dass das in Gesamtheit dem ein oder anderen Leser ein bisschen zu ausführlich sein könnte, kann ich mir aber schon vorstellen. Gerade auch der recht flache Spannungsbogen, der nicht durch viele Dramen und Skandale gepusht wird, sondern sich sehr auf die Entwicklung, die Gefühle und die Kunst der Protagonisten fokussiert, könnte nach einigen Geschmäckern wohl zu Längen führen. Die sehr langen Kapitel könnten diesen Eindruck noch verstärken. Ich als passionierte Fantasy-Leserin hingegen bin ein sehr großer Fan von ausführlichen Beschreibungen und langsamen Entwicklungen und habe das deshalb vor allem als positiv empfunden. Kritisieren will ich aber, dass das letzte Drittel, in dem sich die Beziehung zwischen Cal und Ella endlich aufbaut im Vergleich zum sehr ausführlichen Anfang doch ein wenig kurz ist. In der heißen Phase springen wir nur noch von einer Schlüsselszene zur nächsten, während in der Anfangszeit das ganze Alltagsgeschehen der beiden ausgebreitet war. Protagonisten, Setting, Atmosphäre und Handlung tun das langsame Erzähltempo also sehr gut, die Liebesgeschichte an sich bleibt aber ein kleines bisschen auf der Strecke.


Callum: "Ella. Ella. Ella. Wie die Laute von Buschtrommeln durch den Dschungel, geistert ihr Name wieder und wieder durch meinen Kopf. Meine Gedanken drehen sich unentwegt um sie, und es vergeht keine Nacht, in der ich nicht von ihr träume. Ich bin wie ein Seefahrer, der den Ruf des Meeres hört, aber ihm nicht folgen kann. Zumal das Meer irgendwie die dumme Angewohnheit entwickelt hat, sich eilig zurückzuziehen, sobald es mich erblickt."


Zum vielversprechender "tätowierter Fotograf mit schottischem Akzent, der seine wilden Jahre schon hinter sich hat und genau weiß, was er will, trifft auf skandalträchtige reiche Erbin eines Modeimperiums, die in einem Auslandssemester das erste Mal die Chance bekommt, sich selbst auszuprobieren und ihren Weg zu finden"-Motiv gesellen sich eine wundervolle Mädels-WG, deren besondere Freundschaft auf jeden Fall dafür gesorgt hat, dass ich die Geschichten von Libby, Oxy und Val auch noch lesen will und einen Ausflug in die Welt von Fashion und Fotografie. Beide Themen sind leidenschaftlich, künstlerisch, aber auch sehr gut recherchiert mit in die Geschichte integriert. Ob es nun um verschiedenen Fototechniken geht, Halloweenkostüme, Fotoshootings, die Abschlusskollektion oder den Streit um die richtige Kamera - Ivy Andrews beschreibt das Fachgesimpel und die Ergebnisse der künstlerischen Arbeit ihrer Figuren so anschaulich, dass Laien sich alles wunderbar vorstellen können und Leser mit ein bisschen mehr Vorwissen keine Widersprüche finden. Dass die Autorin selbst als Hochzeitsfotografin und Designern gearbeitet hat, hat ihr dabei bestimmt auch geholfen.


Ella: "Das, was du hier versuchst, wird nicht funktionieren."
"Du lachst, Ella, also hat es bereits funktioniert", erwidert er so ernsthaft, das mein Herz einen Schlag aussetzt. Für einen kurzen Moment scheint die Welt zu stehen, und alles ist gut - sogar mehr als gut, wenn ich ehrlich bin. Es ist perfekt."


Was dem Lesevergnügen leider einen Dämpfer verpasst hat, ist der extrem unnötige Prä-Happy-End-Breakdown, der auf das zuckersüße Beisammensein von Cal und Ella ziemlich bald folgt. Dieser typische "oje, ohne mich bist du viel besser dran"-Turn gefolgt von einem schweren Fall des "du bist zu gut für mich"-Moments, ist ein oft genutztes Klischee, das aber mal so gar nicht zu Callum und Ella gepasst hat, die ja eigentlich sehr offen über ihre Ängste und Hoffnungen gesprochen hatten und sehr weit waren in ihrer Beziehung. Die letzten Seiten der Geschichte und die Handlungen der beiden Figuren während dieser Phase, die übrigens auch in wenigen Sätzen abgefertigt wird, haben mich also überhaupt nicht überzeugt. Nicht nur, weil sie nicht besonders kreativ waren, sondern viel mehr, weil es einfach nicht zu den Figuren gepasst hat und man einfach nur die Augen verdrehen und zum Happy End springen wollte.





Fazit:


Ivy Andrews nimmt hier zwei bekannte Klischees, entwickelt sie über einen längeren Zeitraum zu komplexen Figuren und kombiniert das Ergebnis mit einer tollen Freundschaft und Einblicken in Fashion und Fotografie. Was dabei herauskommt ist eine vielseitige und liebevoll erzählte Liebesgeschichte über ein prägendes Jahr im Leben zweier Künstler, die trotz vieler Schwierigkeiten zusammenfinden. Schade sind nur das etwas unpassende Ende und die leichte Überlänge der Einleitung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.01.2021

Eine vielseitige und liebevoll erzählte Liebesgeschichte über ein prägendes Jahr im Leben zweier Künstler

A single kiss
0

Nach Titel, Klapptext und Cover hatte ich bei "A Single Kiss" ehrlich gesagt mit einer recht oberflächlichen Geschichte gerechnet. Der tätowierte Bad Boy und die verwöhnte Prinzessin? Das klingt doch auf ...

Nach Titel, Klapptext und Cover hatte ich bei "A Single Kiss" ehrlich gesagt mit einer recht oberflächlichen Geschichte gerechnet. Der tätowierte Bad Boy und die verwöhnte Prinzessin? Das klingt doch auf den ersten Blick wie ein laufendes Klischee. Doch falsch gedacht! Was Ivy Andrews hier aus diesem Ansatz macht, ist alles andere als oberflächlich. Statt sich komplett auf Callum und Ellas Liebesgeschichte zu konzentrieren, setzt sie weit vor deren ersten Begegnung an und erzählt viel breiter von deren Leben und Entwicklung, als man das sonst vom New Adult Genre kennt.


Ella: "Als Fotograf hat man viel Macht. Man kann Leute, Landschaften, aber auch Dinge schön oder hässlich in Szene setzen. Manchmal kann man die Intension des Fotografen spüren. Wollte er provozieren? Wollte er etwas verbergen und vom Wesentlichen ablenken? Bei diesem Porträt hier sieht man die Liebe. Cals Liebe zu mir. Jeder Millimeter Fotopapier strahlt sie aus."


Das Cover passt ganz wunderbar zu den anderen drei Bänden der L.O.V.E.-Reihe, welche sich um die vier Mitbewohnerinnen einer WG in Plymouth dreht, deren Initialen zusammen den Schriftzug LOVE ergeben. Die Geschichten von Libby, Oxana und Val wurden schon in den ersten drei Bänden erzählt, hier wird nun ausgebreitet, wie die Französin Ella in einem spontanen Auslandssemester ihr Glück findet. Zu sehen ist auf allen vier Bänden eine Textur, die an einen ausgebreiteten Tüllrock erinnert und in unterschiedlichen Farben schimmert. Dieser Abschlussband ist ganz in einem hellen Blau mit türkisgrünen Einstichen gehalten. Wie auch bei den Vorgängern ist der Titel in großen weißen Buchstaben abgedruckt.

Wer jetzt Angst bekommt und denkt, "oje, ich habe die ersten Bände ja gar nicht gelesen, dann ist das vielleicht doch nichts für mich", dem sei gesagt, dass Ivy Andrews in jedem ihrer vier Bände ungefähr dieselbe Erzählzeit abdeckt. Dass die drei anderen Bände zu genau derselben Zeit spielen sorgt natürlich dafür, dass es die Handlung betreffend einige Überschneidungen gibt und dieselben Ereignisse immer wieder aus einer anderen Perspektive erzählt werden. Wie die drei anderen Mädels ihre Liebe finden, bekommen wir in "A Single Kiss" nur am Rande mit, sodass man die Teile der Reihe ohne Probleme unabhängig voneinander lesen kann und auch keine bestimmte Reihenfolge beachten muss. Die Autorin setzt hier mit einem sehr langen Prolog sogar schon ein bisschen vor dem Beginn des Auslandssemester an, als alle Uhren noch auf Null stehen und deckt dann mit ihrer Erzählung die Entwicklungen von mehr als einem Jahr ab, bis ein Epilog sogar nochmal ein gutes Jahr in die Zukunft springt.


Erster Satz: "Noch immer keine Nachricht von Étienne."


Ivy Andrews hat hier also eine etwas andere Zeiteinteilung gewählt, als ich angenommen hatte. Statt mit der ersten Begegnung ihrer zwei Hauptfiguren einzusteigen, nimmt sie uns erst mit in deren jeweiliges Leben und es gehen ca. 130 Seiten ins Land, bis Callum und Ella sich im Copyshop des College in Plymouth zum ersten Mal über den Weg laufen. Weitere 300 Seiten dauert es dann, bis die beiden sich näherkommen. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass Ella in Paris einen festen Freund hat und ihm gegenüber loyal ist, auch wenn sie sich schon seit ihrer ersten Begegnung stark zu dem schottischen Fotografen hingezogen fühlt. Auch Cal will Ella zu nichts drängen und gibt ihr den Raum und die Zeit, die sie braucht, um sich über ihre Gefühle klar zu werden. Zum anderen stehen den beiden auch jede Menge Arbeit für die Uni, Trips ins Ausland und andere Aktivitäten im Weg, denn während sich die Anziehung zwischen den beiden steigert, passiert auch unabhängig von ihren gelegentlichen Begegnungen noch einiges an Handlung.


Callum: "Man sagt gemeinhin, sie (die Augen) seien das Fenster zur Seele, und meine Erfahrungen als Porträtfotograf stimmen damit überein, doch noch nie habe ich so viel in den Augen eines Menschen gesehen wie in ihren. Da sind kühle Intelligenz und feurige Leidenschaft, die sich mit etwas anderem paaren, das ich nicht ganz greifen kann, das mir aber unwahrscheinlich bekannt vorkommt."


Hierzu muss man sagen, dass "A Single Kiss" mit 544 Seiten etwas umfangreicher als die typische Liebesgeschichte ist und man der Geschichte das auch in vielen Aspekten anmerkt. Egal ob Protagonisten, Nebenfiguren, Handlungsstränge, Setting oder Atmosphäre - alles hat durch den größeren Umfang ein bisschen mehr Zeit, sich zu entwickeln. Eine Insta-Love gepaart mit einer sehr langsamen Entwicklung? Das funktioniert unter anderem auch durch Ivy Andrews Erzählstil. Sie schreibt nicht nur sehr lebendig und kreiert eine tolle Wohlfühlatmosphäre, sondern lässt auch wahnsinnig viele Details in ihre Geschichte einfließen. Die Autorin geht mit vielen Szenen stark in die Breite und reißt auch die Geschichten weiterer Nebenfiguren an. Der Fokus liegt zwar schon auf Ella und Cal, deren Leben wird aber viel komplexer geschildert als das in vielen Liebensgeschichten der Fall ist, in denen die Handlung nur aus Szenen besteht, in denen die beiden Figuren aufeinandertreffen. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen, da die Figuren dadurch nicht nur auf die Sicht und den Kontakt mit dem jeweils anderen beschränkt sind.


Ella: "Du bist außergewöhnlich! Außergewöhnlich klug, außergewöhnlich temperamentvoll, außergewöhnlich schön." Die Art, wie er es sagte - so, als würde er jede einzelne Silbe auch wirklich so meinen -, jagt mir einen Schauer über den Rücken."


Dass das in Gesamtheit dem ein oder anderen Leser ein bisschen zu ausführlich sein könnte, kann ich mir aber schon vorstellen. Gerade auch der recht flache Spannungsbogen, der nicht durch viele Dramen und Skandale gepusht wird, sondern sich sehr auf die Entwicklung, die Gefühle und die Kunst der Protagonisten fokussiert, könnte nach einigen Geschmäckern wohl zu Längen führen. Die sehr langen Kapitel könnten diesen Eindruck noch verstärken. Ich als passionierte Fantasy-Leserin hingegen bin ein sehr großer Fan von ausführlichen Beschreibungen und langsamen Entwicklungen und habe das deshalb vor allem als positiv empfunden. Kritisieren will ich aber, dass das letzte Drittel, in dem sich die Beziehung zwischen Cal und Ella endlich aufbaut im Vergleich zum sehr ausführlichen Anfang doch ein wenig kurz ist. In der heißen Phase springen wir nur noch von einer Schlüsselszene zur nächsten, während in der Anfangszeit das ganze Alltagsgeschehen der beiden ausgebreitet war. Protagonisten, Setting, Atmosphäre und Handlung tun das langsame Erzähltempo also sehr gut, die Liebesgeschichte an sich bleibt aber ein kleines bisschen auf der Strecke.


Callum: "Ella. Ella. Ella. Wie die Laute von Buschtrommeln durch den Dschungel, geistert ihr Name wieder und wieder durch meinen Kopf. Meine Gedanken drehen sich unentwegt um sie, und es vergeht keine Nacht, in der ich nicht von ihr träume. Ich bin wie ein Seefahrer, der den Ruf des Meeres hört, aber ihm nicht folgen kann. Zumal das Meer irgendwie die dumme Angewohnheit entwickelt hat, sich eilig zurückzuziehen, sobald es mich erblickt."


Zum vielversprechender "tätowierter Fotograf mit schottischem Akzent, der seine wilden Jahre schon hinter sich hat und genau weiß, was er will, trifft auf skandalträchtige reiche Erbin eines Modeimperiums, die in einem Auslandssemester das erste Mal die Chance bekommt, sich selbst auszuprobieren und ihren Weg zu finden"-Motiv gesellen sich eine wundervolle Mädels-WG, deren besondere Freundschaft auf jeden Fall dafür gesorgt hat, dass ich die Geschichten von Libby, Oxy und Val auch noch lesen will und einen Ausflug in die Welt von Fashion und Fotografie. Beide Themen sind leidenschaftlich, künstlerisch, aber auch sehr gut recherchiert mit in die Geschichte integriert. Ob es nun um verschiedenen Fototechniken geht, Halloweenkostüme, Fotoshootings, die Abschlusskollektion oder den Streit um die richtige Kamera - Ivy Andrews beschreibt das Fachgesimpel und die Ergebnisse der künstlerischen Arbeit ihrer Figuren so anschaulich, dass Laien sich alles wunderbar vorstellen können und Leser mit ein bisschen mehr Vorwissen keine Widersprüche finden. Dass die Autorin selbst als Hochzeitsfotografin und Designern gearbeitet hat, hat ihr dabei bestimmt auch geholfen.


Ella: "Das, was du hier versuchst, wird nicht funktionieren."
"Du lachst, Ella, also hat es bereits funktioniert", erwidert er so ernsthaft, das mein Herz einen Schlag aussetzt. Für einen kurzen Moment scheint die Welt zu stehen, und alles ist gut - sogar mehr als gut, wenn ich ehrlich bin. Es ist perfekt."


Was dem Lesevergnügen leider einen Dämpfer verpasst hat, ist der extrem unnötige Prä-Happy-End-Breakdown, der auf das zuckersüße Beisammensein von Cal und Ella ziemlich bald folgt. Dieser typische "oje, ohne mich bist du viel besser dran"-Turn gefolgt von einem schweren Fall des "du bist zu gut für mich"-Moments, ist ein oft genutztes Klischee, das aber mal so gar nicht zu Callum und Ella gepasst hat, die ja eigentlich sehr offen über ihre Ängste und Hoffnungen gesprochen hatten und sehr weit waren in ihrer Beziehung. Die letzten Seiten der Geschichte und die Handlungen der beiden Figuren während dieser Phase, die übrigens auch in wenigen Sätzen abgefertigt wird, haben mich also überhaupt nicht überzeugt. Nicht nur, weil sie nicht besonders kreativ waren, sondern viel mehr, weil es einfach nicht zu den Figuren gepasst hat und man einfach nur die Augen verdrehen und zum Happy End springen wollte.





Fazit:


Ivy Andrews nimmt hier zwei bekannte Klischees, entwickelt sie über einen längeren Zeitraum zu komplexen Figuren und kombiniert das Ergebnis mit einer tollen Freundschaft und Einblicken in Fashion und Fotografie. Was dabei herauskommt ist eine vielseitige und liebevoll erzählte Liebesgeschichte über ein prägendes Jahr im Leben zweier Künstler, die trotz vieler Schwierigkeiten zusammenfinden. Schade sind nur das etwas unpassende Ende und die leichte Überlänge der Einleitung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.01.2021

Behaglich und süß - mehr aber leider nicht.

Sweet like you
0

"Sweet Like You" war mein letztes Buch des Jahres 2020 und gleichzeitig mein zweiter Buddyread, diesmal mit Sofia von "Sofias kleine Bücherwelt". Jetzt weiß ich einmal mehr, warum "Buddyreading" überall ...

"Sweet Like You" war mein letztes Buch des Jahres 2020 und gleichzeitig mein zweiter Buddyread, diesmal mit Sofia von "Sofias kleine Bücherwelt". Jetzt weiß ich einmal mehr, warum "Buddyreading" überall im Trend ist: es steigert das Lesevergnügen und vertieft die Leseerfahrung einfach ungemein, wenn man sich noch während dem Lesen mit einer anderen Person über tolle und ausbaufähige Aspekte der Story austauschen, über den Fortlauf der Handlung spekulieren und durch die Sichtweise des anderen einen anderen Blickwinkel auf die Geschichte einnehmen kann. Nach einigen Diskussionen ist mir jetzt klar: diese Liebesgeschichte hat mich behaglich und süß über das Jahresende gebracht - mehr aber leider nicht.

Die Gestaltung ist einfach zauberhaft. Nicht nur dass das Cover mit dem hellbeigen Hintergrund, den Tannenzapfen, Blättern und dem Etikettartigen Hintergrund des Titels total heimelig aussieht, auch innerhalb der Buchdeckel ist "Sweet Like You" wundervoll gestaltet. Das beginnt schon mit den Leselaschen. In diese sind nämlich zwei Rezepte abgedruckt. In der vorderen Lasche laden Beas berühmte Erdnussbutter-Honig-Cookies zum Nachbacken ein, während ganz am Ende der Geschichte eine Anleitung zur sehr einfachen Herstellung von Nicks Lippenpeeling mit Honig zu finden ist. Ich finde ergänzende Rezepte und Anleitungen sowieso immer eine tolle Idee, hier hat sich das Verlagsteam aber wirklich besonders viel Mühe mit der Ausgestaltung gegeben! Ebenfalls sehr passend finde ich die kleine gezeichnete Biene, die jeden der 24 Kapitelanfänge ziert. Was äußerst selten vorkommt ist außerdem, dass mir der neue Titel des Kyss Verlags sogar besser gefällt als der Originaltitel der englischsprachigen Ausgabe "Her Purrfect Match".


Erster Satz: "Cassie Wilkerson neigte den Oberkörper nach vorn, um in den herabschauenden Hund zu kommen, und atmete tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus."


Robyn Neeley startet ganz gemütlich mit einer Yoga-Übung in den ersten Teil ihrer neuen Honey-Springs-Reihe. Zuerst sind wir aber noch gar nicht in dem beschaulichen Dorf in Kalifornien mit 5000 Einwohnern (von denen 4000 einen Stachel haben) und einem Faible für Honig, sondern in Cassies Büro in New York. Seit sie mit ihrer Mutter wegen eines Streits mit ihrer Tante vor Jahren aus Honey Springs weggezogen ist und ihre Teenager-Liebe Nick zurücklassen musste, war sie nicht mehr an ihrem ehemaligen Sehnsuchtsort und hat sich stattdessen in der Großstadt eine Karriere in einer Werbeagentur aufgebaut. Als sie dann zur Testamentseröffnung ihrer Tante in die Kleinstadt zurückkehrt, erwarten sie drei schockierende Neuigkeiten. Erstens: Ihre Tante Etta hat ihr die Farm samt Imkerei und Ländereien vererbt. Zweitens: Sie soll die Interimsbürgermeisterin der Kleinstadt sein, bis in drei Wochen ein neuer Bürgermeister gewählt wird. Und drittens: Ihre ehemalige Jugendliebe Nick arbeitet immer noch auf der Farm ihrer Tante und weckt nach all den Jahren noch Gefühle in ihr...


"Ich war so auf das Chaos hier unten auf der Erde konzentriert, dass ich ganz vergessen habe, zum Himmel aufzuschauen." Sie senkte ihren Kopf wieder. "Danke, dass du mich daran erinnert hast."


Anders als das zuckersüße Setting mit Kleinstadtromantik und Honig- und Bienenmerch überall vermuten lässt, bietet sich Cassie ein äußerst frostiger Empfang, als sie von ihrem unverhofften Erbe und dem Bürgermeisteramt nicht allzu begeistert ist. Eigentlich will sie viel lieber schnell zurück nach New York und einen wichtigen Pitch vorbereiten. Ihre Mitarbeiter und vor allem die inoffizielle Bienenkönigin und offizielle Café-Besitzerin Bea machen ihr das Leben schwer und spielen ihr eine Menge böser Streiche. Vor allem Madison und Bea, die Cassie ohne jeden ersichtlichen Grund loswerden wollen, haben dabei aber eher als Nebenfiguren genervt als die Geschichte vorangebracht. Die Verbohrtheit, mit der viele der Kleinstadtbewohner Cassie begegnen, ist an manchen Stellen nicht nur lächerlich, sondern mir gänzlich unverständlich. Klar, Cassie hat sich beim ein oder anderen Anlass auch ein bisschen unglücklich angestellt und stellte mit ihrer Naivität auch ein leichtes Opfer dar, sie derart abzulehnen und zu demütigen ist aber trotzdem auf keinen Fall angebracht.
Einzig und ausgerechnet Nick, dem Cassie mit ihrem Wegzug das Herz gebrochen hatte und der insgeheim verärgert ist, dass Etta nicht ihm die Farm vererbt hat, ist ein freundliches Gesicht und hilft Cassie, wo er nur kann. Mit seiner fürsorglichen Art muss man ihn einfach mögen, auch wenn er im Verlauf der Geschichte ein bisschen blass und der eindimensionale Good-Guy bleibt. Trotz dass Robyn Neeley hier einen personalen Erzähler gewählt hat und somit zwischen den beiden Erzählperspektiven von Nick und Cassie wechseln kann, liegt ein klarer Fokus auf Cassie, von deren Gedanken und Gefühlen wir mehr mitbekommen. Warum meine bevorzugte Erzählperspektive bei Liebesgeschichten die Ich-Perspektive ist und bleibt, hat sich auch hier wieder gezeigt: durch einen Er-Erzähler kann man einfach keine so große Nähe zu den Figuren aufbauen.


"Sie brachte die Lippen an Belles Ohr und flüsterte: "Willst du ein Geheimnis wissen?" Die Katze blickte sie unter halb geschlossenen Lidern schläfrig an. "Ich mag ihn auch."


Neben den Figuren an sich war ich auch ein bisschen von ihrer Beziehung zueinander enttäuscht. Trotz dass die beiden schon erwachsen sind, erinnert die Atmosphäre zwischen ihnen eher an einen Young Adult Roman, denn bis auf ein kurzes, zaghaftes Küsschen nach über 200 Seiten passiert nicht besonders viel zwischen den beiden. Im Gegenteil: Cassie und Nick schleichen lange Zeit etwas verzagt umeinander herum, verlieren sich in Floskeln und sorgen mit Aktionen, die zwar süß aber manchmal ein bisschen drüber sind, (so wie auch zum Beispiel die Idee mit Belle, der Ehe-stiftenden Katze) für Seufzen. Von großen Gefühlen, Leidenschaft oder gar Anziehungskraft kann man kaum sprechen - prickelnde Romantik sucht man hier also vergebens. Die Geschichte ist in erster Linie süß und gewinnt ihre Spannung durch die Schwierigkeiten, in denen sich Cassie plötzlich wiederfindet.

Und das funktioniert auch über einen Großteil der Geschichte hinweg. Zwischen Kuchen-Skandalen, Walking-Gruppen, diplomatischer Überzeugungsarbeit, fiesen Streichen und romantischen Bootstouren vergehen die 336 Seiten wie im Flug. Was dem Lesevergnügen dann aber einen deutlichen Dämpfer versetzt, sind die letzten Seiten. Zu sagen, dass das Ende unbefriedigend war, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts und das hat gleich mehrere Gründe. Zuerst einmal ist es einfach viel zu knapp und schnell abgehakt. Viele Fragen, die man sich im Laufe der Geschichte gestellt hat, also zum Beispiel was denn überhaupt vor all den Jahren zwischen Tante Etta und Cassies Mutter vorgefallen war, bleiben offen und werden gar nicht erst angeschnitten. Ihre Entscheidung, also der eigentliche Wendepunkt der Geschichte fällt ebenfalls geradezu lächerlich knapp zwischen zwei Sätzen und lässt dem Leser gar keine Zeit, diese nachzuempfinden. Auch erfährt man nie, was Cassie nun wegen ihres New-York-Jobs anstellt, oder wie es allgemein mit ihrem Leben weitergeht - und das war ja einer der springenden Konfliktpunkte. Ganz davon abgesehen gab es einfach Punkte, die mir als äußerst realitätsfern aufgestoßen sind. Außerdem musste ich über die (nicht so ganz überraschende aber immerhin nett eingefädelte) Wendung und Ettas Plan die Stirn runzeln.


"Sehr bald schon würde sie wieder fortgehen... Vielleicht würde er Bea bitten müssen, ihm einen Kühlschrank voller Kirschkäsekuchen zu backen, damit sein Herz das überlebte."


Die Geschichte ist also nicht allzuleicht zu bewerten, da einem zuckersüßen Setting und vielen tollen Ideen ein Mangel an Gefühlen und teilweise nervige Nebenfiguren gegenüberstehen. Dass "Sweet Like You" alles in allem weit davon entfernt ist, ein Jahreshighlight zu sein, wurde dann durch das überhastete und teilweise seltsame Ende besiegelt, das zu viele offene Fragen hinterlässt. Ob ich den zweiten Teil der Reihe über Madison und den rebellischsten Café-Besitzer der Stadt (er hat seinem Laden keinen Namen mit Bienenbezug gegeben, welch verbrecherische Handlung) Patrick lesen werde, der im März dieses neuen Jahres erscheint, bin ich mir noch nicht ganz sicher.



Fazit:

Robyn Neeley hat hier eine nette Geschichte geschrieben, die man in wenigen Stunden durchlesen kann, die aber leider kaum einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Einem zuckersüßen Setting und vielen tollen Ideen stehen ein Mangel an Gefühlen und teilweise nervige Nebenfiguren gegenüber, sodass "Sweet Like You" zusammen mit dem überhasteten Ende alles in allem weit davon entfernt ist, ein Jahreshighlight zu sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.01.2021

Behaglich und süß - mehr aber leider nicht.

Sweet like you
0

"Sweet Like You" war mein letztes Buch des Jahres 2020 und gleichzeitig mein zweiter Buddyread, diesmal mit Sofia von "Sofias kleine Bücherwelt". Jetzt weiß ich einmal mehr, warum "Buddyreading" überall ...

"Sweet Like You" war mein letztes Buch des Jahres 2020 und gleichzeitig mein zweiter Buddyread, diesmal mit Sofia von "Sofias kleine Bücherwelt". Jetzt weiß ich einmal mehr, warum "Buddyreading" überall im Trend ist: es steigert das Lesevergnügen und vertieft die Leseerfahrung einfach ungemein, wenn man sich noch während dem Lesen mit einer anderen Person über tolle und ausbaufähige Aspekte der Story austauschen, über den Fortlauf der Handlung spekulieren und durch die Sichtweise des anderen einen anderen Blickwinkel auf die Geschichte einnehmen kann. Nach einigen Diskussionen ist mir jetzt klar: diese Liebesgeschichte hat mich behaglich und süß über das Jahresende gebracht - mehr aber leider nicht.

Die Gestaltung ist einfach zauberhaft. Nicht nur dass das Cover mit dem hellbeigen Hintergrund, den Tannenzapfen, Blättern und dem Etikettartigen Hintergrund des Titels total heimelig aussieht, auch innerhalb der Buchdeckel ist "Sweet Like You" wundervoll gestaltet. Das beginnt schon mit den Leselaschen. In diese sind nämlich zwei Rezepte abgedruckt. In der vorderen Lasche laden Beas berühmte Erdnussbutter-Honig-Cookies zum Nachbacken ein, während ganz am Ende der Geschichte eine Anleitung zur sehr einfachen Herstellung von Nicks Lippenpeeling mit Honig zu finden ist. Ich finde ergänzende Rezepte und Anleitungen sowieso immer eine tolle Idee, hier hat sich das Verlagsteam aber wirklich besonders viel Mühe mit der Ausgestaltung gegeben! Ebenfalls sehr passend finde ich die kleine gezeichnete Biene, die jeden der 24 Kapitelanfänge ziert. Was äußerst selten vorkommt ist außerdem, dass mir der neue Titel des Kyss Verlags sogar besser gefällt als der Originaltitel der englischsprachigen Ausgabe "Her Purrfect Match".


Erster Satz: "Cassie Wilkerson neigte den Oberkörper nach vorn, um in den herabschauenden Hund zu kommen, und atmete tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus."


Robyn Neeley startet ganz gemütlich mit einer Yoga-Übung in den ersten Teil ihrer neuen Honey-Springs-Reihe. Zuerst sind wir aber noch gar nicht in dem beschaulichen Dorf in Kalifornien mit 5000 Einwohnern (von denen 4000 einen Stachel haben) und einem Faible für Honig, sondern in Cassies Büro in New York. Seit sie mit ihrer Mutter wegen eines Streits mit ihrer Tante vor Jahren aus Honey Springs weggezogen ist und ihre Teenager-Liebe Nick zurücklassen musste, war sie nicht mehr an ihrem ehemaligen Sehnsuchtsort und hat sich stattdessen in der Großstadt eine Karriere in einer Werbeagentur aufgebaut. Als sie dann zur Testamentseröffnung ihrer Tante in die Kleinstadt zurückkehrt, erwarten sie drei schockierende Neuigkeiten. Erstens: Ihre Tante Etta hat ihr die Farm samt Imkerei und Ländereien vererbt. Zweitens: Sie soll die Interimsbürgermeisterin der Kleinstadt sein, bis in drei Wochen ein neuer Bürgermeister gewählt wird. Und drittens: Ihre ehemalige Jugendliebe Nick arbeitet immer noch auf der Farm ihrer Tante und weckt nach all den Jahren noch Gefühle in ihr...


"Ich war so auf das Chaos hier unten auf der Erde konzentriert, dass ich ganz vergessen habe, zum Himmel aufzuschauen." Sie senkte ihren Kopf wieder. "Danke, dass du mich daran erinnert hast."


Anders als das zuckersüße Setting mit Kleinstadtromantik und Honig- und Bienenmerch überall vermuten lässt, bietet sich Cassie ein äußerst frostiger Empfang, als sie von ihrem unverhofften Erbe und dem Bürgermeisteramt nicht allzu begeistert ist. Eigentlich will sie viel lieber schnell zurück nach New York und einen wichtigen Pitch vorbereiten. Ihre Mitarbeiter und vor allem die inoffizielle Bienenkönigin und offizielle Café-Besitzerin Bea machen ihr das Leben schwer und spielen ihr eine Menge böser Streiche. Vor allem Madison und Bea, die Cassie ohne jeden ersichtlichen Grund loswerden wollen, haben dabei aber eher als Nebenfiguren genervt als die Geschichte vorangebracht. Die Verbohrtheit, mit der viele der Kleinstadtbewohner Cassie begegnen, ist an manchen Stellen nicht nur lächerlich, sondern mir gänzlich unverständlich. Klar, Cassie hat sich beim ein oder anderen Anlass auch ein bisschen unglücklich angestellt und stellte mit ihrer Naivität auch ein leichtes Opfer dar, sie derart abzulehnen und zu demütigen ist aber trotzdem auf keinen Fall angebracht.
Einzig und ausgerechnet Nick, dem Cassie mit ihrem Wegzug das Herz gebrochen hatte und der insgeheim verärgert ist, dass Etta nicht ihm die Farm vererbt hat, ist ein freundliches Gesicht und hilft Cassie, wo er nur kann. Mit seiner fürsorglichen Art muss man ihn einfach mögen, auch wenn er im Verlauf der Geschichte ein bisschen blass und der eindimensionale Good-Guy bleibt. Trotz dass Robyn Neeley hier einen personalen Erzähler gewählt hat und somit zwischen den beiden Erzählperspektiven von Nick und Cassie wechseln kann, liegt ein klarer Fokus auf Cassie, von deren Gedanken und Gefühlen wir mehr mitbekommen. Warum meine bevorzugte Erzählperspektive bei Liebesgeschichten die Ich-Perspektive ist und bleibt, hat sich auch hier wieder gezeigt: durch einen Er-Erzähler kann man einfach keine so große Nähe zu den Figuren aufbauen.


"Sie brachte die Lippen an Belles Ohr und flüsterte: "Willst du ein Geheimnis wissen?" Die Katze blickte sie unter halb geschlossenen Lidern schläfrig an. "Ich mag ihn auch."


Neben den Figuren an sich war ich auch ein bisschen von ihrer Beziehung zueinander enttäuscht. Trotz dass die beiden schon erwachsen sind, erinnert die Atmosphäre zwischen ihnen eher an einen Young Adult Roman, denn bis auf ein kurzes, zaghaftes Küsschen nach über 200 Seiten passiert nicht besonders viel zwischen den beiden. Im Gegenteil: Cassie und Nick schleichen lange Zeit etwas verzagt umeinander herum, verlieren sich in Floskeln und sorgen mit Aktionen, die zwar süß aber manchmal ein bisschen drüber sind, (so wie auch zum Beispiel die Idee mit Belle, der Ehe-stiftenden Katze) für Seufzen. Von großen Gefühlen, Leidenschaft oder gar Anziehungskraft kann man kaum sprechen - prickelnde Romantik sucht man hier also vergebens. Die Geschichte ist in erster Linie süß und gewinnt ihre Spannung durch die Schwierigkeiten, in denen sich Cassie plötzlich wiederfindet.

Und das funktioniert auch über einen Großteil der Geschichte hinweg. Zwischen Kuchen-Skandalen, Walking-Gruppen, diplomatischer Überzeugungsarbeit, fiesen Streichen und romantischen Bootstouren vergehen die 336 Seiten wie im Flug. Was dem Lesevergnügen dann aber einen deutlichen Dämpfer versetzt, sind die letzten Seiten. Zu sagen, dass das Ende unbefriedigend war, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts und das hat gleich mehrere Gründe. Zuerst einmal ist es einfach viel zu knapp und schnell abgehakt. Viele Fragen, die man sich im Laufe der Geschichte gestellt hat, also zum Beispiel was denn überhaupt vor all den Jahren zwischen Tante Etta und Cassies Mutter vorgefallen war, bleiben offen und werden gar nicht erst angeschnitten. Ihre Entscheidung, also der eigentliche Wendepunkt der Geschichte fällt ebenfalls geradezu lächerlich knapp zwischen zwei Sätzen und lässt dem Leser gar keine Zeit, diese nachzuempfinden. Auch erfährt man nie, was Cassie nun wegen ihres New-York-Jobs anstellt, oder wie es allgemein mit ihrem Leben weitergeht - und das war ja einer der springenden Konfliktpunkte. Ganz davon abgesehen gab es einfach Punkte, die mir als äußerst realitätsfern aufgestoßen sind. Außerdem musste ich über die (nicht so ganz überraschende aber immerhin nett eingefädelte) Wendung und Ettas Plan die Stirn runzeln.


"Sehr bald schon würde sie wieder fortgehen... Vielleicht würde er Bea bitten müssen, ihm einen Kühlschrank voller Kirschkäsekuchen zu backen, damit sein Herz das überlebte."


Die Geschichte ist also nicht allzuleicht zu bewerten, da einem zuckersüßen Setting und vielen tollen Ideen ein Mangel an Gefühlen und teilweise nervige Nebenfiguren gegenüberstehen. Dass "Sweet Like You" alles in allem weit davon entfernt ist, ein Jahreshighlight zu sein, wurde dann durch das überhastete und teilweise seltsame Ende besiegelt, das zu viele offene Fragen hinterlässt. Ob ich den zweiten Teil der Reihe über Madison und den rebellischsten Café-Besitzer der Stadt (er hat seinem Laden keinen Namen mit Bienenbezug gegeben, welch verbrecherische Handlung) Patrick lesen werde, der im März dieses neuen Jahres erscheint, bin ich mir noch nicht ganz sicher.



Fazit:

Robyn Neeley hat hier eine nette Geschichte geschrieben, die man in wenigen Stunden durchlesen kann, die aber leider kaum einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Einem zuckersüßen Setting und vielen tollen Ideen stehen ein Mangel an Gefühlen und teilweise nervige Nebenfiguren gegenüber, sodass "Sweet Like You" zusammen mit dem überhasteten Ende alles in allem weit davon entfernt ist, ein Jahreshighlight zu sein.

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Veröffentlicht am 01.01.2021

Behaglich und süß - mehr aber leider nicht.

Sweet like you
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"Sweet Like You" war mein letztes Buch des Jahres 2020 und gleichzeitig mein zweiter Buddyread, diesmal mit Sofia von "Sofias kleine Bücherwelt". Jetzt weiß ich einmal mehr, warum "Buddyreading" überall ...

"Sweet Like You" war mein letztes Buch des Jahres 2020 und gleichzeitig mein zweiter Buddyread, diesmal mit Sofia von "Sofias kleine Bücherwelt". Jetzt weiß ich einmal mehr, warum "Buddyreading" überall im Trend ist: es steigert das Lesevergnügen und vertieft die Leseerfahrung einfach ungemein, wenn man sich noch während dem Lesen mit einer anderen Person über tolle und ausbaufähige Aspekte der Story austauschen, über den Fortlauf der Handlung spekulieren und durch die Sichtweise des anderen einen anderen Blickwinkel auf die Geschichte einnehmen kann. Nach einigen Diskussionen ist mir jetzt klar: diese Liebesgeschichte hat mich behaglich und süß über das Jahresende gebracht - mehr aber leider nicht.

Die Gestaltung ist einfach zauberhaft. Nicht nur dass das Cover mit dem hellbeigen Hintergrund, den Tannenzapfen, Blättern und dem Etikettartigen Hintergrund des Titels total heimelig aussieht, auch innerhalb der Buchdeckel ist "Sweet Like You" wundervoll gestaltet. Das beginnt schon mit den Leselaschen. In diese sind nämlich zwei Rezepte abgedruckt. In der vorderen Lasche laden Beas berühmte Erdnussbutter-Honig-Cookies zum Nachbacken ein, während ganz am Ende der Geschichte eine Anleitung zur sehr einfachen Herstellung von Nicks Lippenpeeling mit Honig zu finden ist. Ich finde ergänzende Rezepte und Anleitungen sowieso immer eine tolle Idee, hier hat sich das Verlagsteam aber wirklich besonders viel Mühe mit der Ausgestaltung gegeben! Ebenfalls sehr passend finde ich die kleine gezeichnete Biene, die jeden der 24 Kapitelanfänge ziert. Was äußerst selten vorkommt ist außerdem, dass mir der neue Titel des Kyss Verlags sogar besser gefällt als der Originaltitel der englischsprachigen Ausgabe "Her Purrfect Match".


Erster Satz: "Cassie Wilkerson neigte den Oberkörper nach vorn, um in den herabschauenden Hund zu kommen, und atmete tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus."


Robyn Neeley startet ganz gemütlich mit einer Yoga-Übung in den ersten Teil ihrer neuen Honey-Springs-Reihe. Zuerst sind wir aber noch gar nicht in dem beschaulichen Dorf in Kalifornien mit 5000 Einwohnern (von denen 4000 einen Stachel haben) und einem Faible für Honig, sondern in Cassies Büro in New York. Seit sie mit ihrer Mutter wegen eines Streits mit ihrer Tante vor Jahren aus Honey Springs weggezogen ist und ihre Teenager-Liebe Nick zurücklassen musste, war sie nicht mehr an ihrem ehemaligen Sehnsuchtsort und hat sich stattdessen in der Großstadt eine Karriere in einer Werbeagentur aufgebaut. Als sie dann zur Testamentseröffnung ihrer Tante in die Kleinstadt zurückkehrt, erwarten sie drei schockierende Neuigkeiten. Erstens: Ihre Tante Etta hat ihr die Farm samt Imkerei und Ländereien vererbt. Zweitens: Sie soll die Interimsbürgermeisterin der Kleinstadt sein, bis in drei Wochen ein neuer Bürgermeister gewählt wird. Und drittens: Ihre ehemalige Jugendliebe Nick arbeitet immer noch auf der Farm ihrer Tante und weckt nach all den Jahren noch Gefühle in ihr...


"Ich war so auf das Chaos hier unten auf der Erde konzentriert, dass ich ganz vergessen habe, zum Himmel aufzuschauen." Sie senkte ihren Kopf wieder. "Danke, dass du mich daran erinnert hast."


Anders als das zuckersüße Setting mit Kleinstadtromantik und Honig- und Bienenmerch überall vermuten lässt, bietet sich Cassie ein äußerst frostiger Empfang, als sie von ihrem unverhofften Erbe und dem Bürgermeisteramt nicht allzu begeistert ist. Eigentlich will sie viel lieber schnell zurück nach New York und einen wichtigen Pitch vorbereiten. Ihre Mitarbeiter und vor allem die inoffizielle Bienenkönigin und offizielle Café-Besitzerin Bea machen ihr das Leben schwer und spielen ihr eine Menge böser Streiche. Vor allem Madison und Bea, die Cassie ohne jeden ersichtlichen Grund loswerden wollen, haben dabei aber eher als Nebenfiguren genervt als die Geschichte vorangebracht. Die Verbohrtheit, mit der viele der Kleinstadtbewohner Cassie begegnen, ist an manchen Stellen nicht nur lächerlich, sondern mir gänzlich unverständlich. Klar, Cassie hat sich beim ein oder anderen Anlass auch ein bisschen unglücklich angestellt und stellte mit ihrer Naivität auch ein leichtes Opfer dar, sie derart abzulehnen und zu demütigen ist aber trotzdem auf keinen Fall angebracht.
Einzig und ausgerechnet Nick, dem Cassie mit ihrem Wegzug das Herz gebrochen hatte und der insgeheim verärgert ist, dass Etta nicht ihm die Farm vererbt hat, ist ein freundliches Gesicht und hilft Cassie, wo er nur kann. Mit seiner fürsorglichen Art muss man ihn einfach mögen, auch wenn er im Verlauf der Geschichte ein bisschen blass und der eindimensionale Good-Guy bleibt. Trotz dass Robyn Neeley hier einen personalen Erzähler gewählt hat und somit zwischen den beiden Erzählperspektiven von Nick und Cassie wechseln kann, liegt ein klarer Fokus auf Cassie, von deren Gedanken und Gefühlen wir mehr mitbekommen. Warum meine bevorzugte Erzählperspektive bei Liebesgeschichten die Ich-Perspektive ist und bleibt, hat sich auch hier wieder gezeigt: durch einen Er-Erzähler kann man einfach keine so große Nähe zu den Figuren aufbauen.


"Sie brachte die Lippen an Belles Ohr und flüsterte: "Willst du ein Geheimnis wissen?" Die Katze blickte sie unter halb geschlossenen Lidern schläfrig an. "Ich mag ihn auch."


Neben den Figuren an sich war ich auch ein bisschen von ihrer Beziehung zueinander enttäuscht. Trotz dass die beiden schon erwachsen sind, erinnert die Atmosphäre zwischen ihnen eher an einen Young Adult Roman, denn bis auf ein kurzes, zaghaftes Küsschen nach über 200 Seiten passiert nicht besonders viel zwischen den beiden. Im Gegenteil: Cassie und Nick schleichen lange Zeit etwas verzagt umeinander herum, verlieren sich in Floskeln und sorgen mit Aktionen, die zwar süß aber manchmal ein bisschen drüber sind, (so wie auch zum Beispiel die Idee mit Belle, der Ehe-stiftenden Katze) für Seufzen. Von großen Gefühlen, Leidenschaft oder gar Anziehungskraft kann man kaum sprechen - prickelnde Romantik sucht man hier also vergebens. Die Geschichte ist in erster Linie süß und gewinnt ihre Spannung durch die Schwierigkeiten, in denen sich Cassie plötzlich wiederfindet.

Und das funktioniert auch über einen Großteil der Geschichte hinweg. Zwischen Kuchen-Skandalen, Walking-Gruppen, diplomatischer Überzeugungsarbeit, fiesen Streichen und romantischen Bootstouren vergehen die 336 Seiten wie im Flug. Was dem Lesevergnügen dann aber einen deutlichen Dämpfer versetzt, sind die letzten Seiten. Zu sagen, dass das Ende unbefriedigend war, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts und das hat gleich mehrere Gründe. Zuerst einmal ist es einfach viel zu knapp und schnell abgehakt. Viele Fragen, die man sich im Laufe der Geschichte gestellt hat, also zum Beispiel was denn überhaupt vor all den Jahren zwischen Tante Etta und Cassies Mutter vorgefallen war, bleiben offen und werden gar nicht erst angeschnitten. Ihre Entscheidung, also der eigentliche Wendepunkt der Geschichte fällt ebenfalls geradezu lächerlich knapp zwischen zwei Sätzen und lässt dem Leser gar keine Zeit, diese nachzuempfinden. Auch erfährt man nie, was Cassie nun wegen ihres New-York-Jobs anstellt, oder wie es allgemein mit ihrem Leben weitergeht - und das war ja einer der springenden Konfliktpunkte. Ganz davon abgesehen gab es einfach Punkte, die mir als äußerst realitätsfern aufgestoßen sind. Außerdem musste ich über die (nicht so ganz überraschende aber immerhin nett eingefädelte) Wendung und Ettas Plan die Stirn runzeln.


"Sehr bald schon würde sie wieder fortgehen... Vielleicht würde er Bea bitten müssen, ihm einen Kühlschrank voller Kirschkäsekuchen zu backen, damit sein Herz das überlebte."


Die Geschichte ist also nicht allzuleicht zu bewerten, da einem zuckersüßen Setting und vielen tollen Ideen ein Mangel an Gefühlen und teilweise nervige Nebenfiguren gegenüberstehen. Dass "Sweet Like You" alles in allem weit davon entfernt ist, ein Jahreshighlight zu sein, wurde dann durch das überhastete und teilweise seltsame Ende besiegelt, das zu viele offene Fragen hinterlässt. Ob ich den zweiten Teil der Reihe über Madison und den rebellischsten Café-Besitzer der Stadt (er hat seinem Laden keinen Namen mit Bienenbezug gegeben, welch verbrecherische Handlung) Patrick lesen werde, der im März dieses neuen Jahres erscheint, bin ich mir noch nicht ganz sicher.



Fazit:

Robyn Neeley hat hier eine nette Geschichte geschrieben, die man in wenigen Stunden durchlesen kann, die aber leider kaum einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Einem zuckersüßen Setting und vielen tollen Ideen stehen ein Mangel an Gefühlen und teilweise nervige Nebenfiguren gegenüber, sodass "Sweet Like You" zusammen mit dem überhasteten Ende alles in allem weit davon entfernt ist, ein Jahreshighlight zu sein.

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