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Veröffentlicht am 19.12.2020

Voller schräger Situationen, grusliger Wahrheiten und negativen Emotionen...

The Music of What Happens
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In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen ...

In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen Themas große Hoffnungen gesetzt. Anders als gedacht, ist der Roman jedoch keine lockerleichte LGBT-Sommerlektüre über zwei Jungs in einem Foodtruck. Eher begleiten wir die beiden auf einem schweren Stück Weg und sehen, wie sie sich gegenseitig Halt und neue Perspektiven schenken, während die Welt um sie herum zusammenbricht...


Max: "There are the mud-flowers of dialect,
And the immortelles of perfect pitch
And that moment when the bird sings very closely
To the music of what happens."


Das Cover ist einfach hinreißend, sendet meiner Meinung nach aber falsche Signale. Zu sehen ist ein blassblauer Sommerhimmel mit einzelnen Wolken und zwei Jungs im Cartoon-Stil, die entfernt an Max und Jordan erinnern und sich an den Händen halten. Der aus dem Englischen übernommene Titel aus dem Gedicht des irischen Dichters Seamus Heaney thront darüber in Großbuchstaben. Zusammen mit den zum Titel passenden Leselaschen mit Kakteen und den Kapitelanfängen, die mit einem Foodtruck und Herzchen beginnen, würde mich das Cover komplett überzeugen, wenn es nicht so... heiter wäre. Und das ist die Geschichte nun mal leider nicht. "The Music of What Happens" ist ehrlich, düster und voller schräger Situationen, gruseliger Wahrheiten und negativen Emotionen, sodass man sich beim Lesen nicht gerade wohlig seufzend in die Geschichte fallen lassen kann.


Max: "Mom redet immer davon, dass in der Welt so viel Scheiße abgeht und dass es meine Entscheidung ist, wie ich damit umgehe. Der sicherste Weg, unglücklich zu werden, ist, mit finsterem Blick durchs Leben zu gehen, sagt sie, und da hat sie recht. Man muss in der Dunkelheit immer nach Licht und Farbe Ausschau halten, denn die sind immer da, auch wenn es einem manchmal schwerfällt, sie zu erkennen."


Zu sagen, dass mein Start in die Geschichte holprig war, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Während der ersten zwei Kapitel habe ich mich ein paar Male gefragt, ob ich irgendwelche essenziellen Informationen verpasst oder den Klapptext falsch gelesen habe. Denn zwischen äußerst problematischen Kindheitserinnerungen, rätselhaften Flashbacks über eine traumatische Erfahrung, einem mütterlichen Nervenzusammenbruch in einem ramponierten Foodtruck, einem "80er-Jahre-Puff-Zimmer", einer Ode an den Joghurt, den "Amigos" und den "Ehefrauen" sah ich einfach keine Perspektive für die Geschichte. Auf den folgenden 100 Seiten wurde das zwar von Szene zu Szene besser und es begann sich eine langsame und äußerst süße Liebesgeschichte zu entfalten, ganz los wurde ich das verwirrende Gefühl von Orientierungslosigkeit und Ablehnung aber nicht, das mich schon von Beginn an befallen hatte. Das wurde unter anderem auch dadurch verursacht, dass im Verlauf der Geschichte mehr abgefahrene Szenen vorkommen als alltägliche, in denen man sich wiederfinden würde. Hooligan-Wohltätigkeiten, spontane Kunstaktionen, Kreislaufkollapse beim Katkusfeigenklau in der Wüste, Zuckerschocks bei Limonadenverkostungen, Trampolinhallenbesuche nach Schalentierexzessen und nächtliche Fitnessstudiobesuche würden einzelnen einen exzentrischen Schwung in die Geschichte bringen. In Kombination wirken die vielen Übersprunghandlungen der beiden aber eher verwirrend.


Max: "Am Zoo von Phoenix mit einem wunderschönen Jungen, der überhaupt nicht weiß, wie schön er ist. Ich bin unbesiegbar. Wie ein Superheld!"


Mein Hauptproblem mit "The Music of What Happens" lag jedoch nicht in der Handlung, sondern vielmehr in der Atmosphäre. Ich mochte schlicht und einfach das Gefühl nicht, das ich beim Lesen hatte. Wie gesagt mochte ich die zarte Liebesgeschichte und die Entwicklung von Max und Jordan, welche unglaublich süß beschrieben ist, genauso sehr wie das Setting in einem Foodtruck im gnadenlosen Sommer von Arizona. Dass eine ausgelassene Sommerferien-Stimmung aufkommt, wird aber erfolgreich und nachhaltig durch sehr ernste Themen verhindert, die angesprochen werden. Das an sich ist natürlich noch nicht das Problem - im Gegenteil. Ich finde es üblicherweise eher positiv, wenn schwierige Themen angesprochen werden, wenn Protagonisten auch mal nervig, schwierig und ambivalent sind und man nicht nur die positiven Gefühle mit den Figuren teilt. Doch hier wurde man unangeleitet mit so viel Düsternis konfrontiert, dass ich schlichtweg kein Spaß mehr beim Lesen hatte. In den 442 Seiten stecken so viel Homophobie, Rassismus, sexualisierte Gewalt, Objektivierung, toxische Männlichkeit, Fetischisierung und andere Probleme in Interaktionen, die der Autor natürlich verurteilen will. Doch statt sich damit auseinanderzusetzen und diese als Themen zu behandeln, werden die meisten Bemerkungen unkommentiert gelassen, viele Handlungsstränge werden nur angeschnitten und dann fallengelassen, sodass all diese angestaute Negativität einfach im Raum stehen bleibt und die ganze Geschichte verdirbt.


Max: "Du zeigst Gefühle, und schon lachen die Leute. Nichts ist schlimmer, als ausgelacht zu werden, wenn man jemandem sein Herz öffnet. (...) Ich setze mich an meinen Schreibtisch, schließe die Augen und denke an Jordans einsames Gedicht. Mit geschlossenen Augen stelle ich mir Jordan vor, der sich hochschaufelt und plötzlich hoffe ich, dass oben jemand ist, der sich ihm entgegengräbt."


Ich kann also definitiv nachvollziehen, warum viele Leser diese Geschichte nicht mögen, kann aber auch verstehen, wenn sie es tun. Denn trotz der negativen Atmosphäre, der wirren Handlung und der sehr oberflächlichen Behandlung wichtiger Themen ist sie intensiv, echt, originell, verrückt und sie lässt dich definitiv nicht kalt beim Lesen. Bill Konigsbergs Erzählweise hat mich ein bisschen an John Green erinnert, was man als Kompliment sehen kann, da ich ein großer Fan dieses Autors bin. Bill Konigsberg schreibt genauso unverblümt, manchmal unangenehm aber insgesamt doch sehr süß und nahegehend wie der Meister des Coming-of-Age. Verdrehte Logik, Teenager-Drama, Fremdschammomente und bittersüße Gefühle gibt es dabei obendrauf. Ein Manko dabei ist, dass wie oft bei übersetzten Büchern mit Jugendsprache, diese an einigen Stellen ein bisschen gezwungen und gekünstelt wirkt. Ob das am Alter des Autors oder an der Übersetzung liegt, kann ich nicht sagen. Was ich aber sagen kann, ist dass die eingebundenen Gedichte von Jordan und die Szenen, in denen Max zeichnet, zu meinen persönlichen Highlights des Romans gehören. Ein sehr nettes Plus ist, dass die Gedichte in Originalsprache am Ende des Buchs angehängt sind.


Jordan: "Zum Teufel, Alter, na klar. Ich bin dabei, wo auch immer."
"Berühmte letzte Worte", sage ich noch."


Max und Jordan habe ich als zwei sehr spannende Figuren empfunden, von denen ich mir vorstellen kann, dass sie tatsächlich irgendwo genauso leben. Dass ich sie als sehr realistische und runde Personen wahrgenommen habe bedeutetet aber noch lange nicht, dass sie mir auch sympathisch waren. Max´ Angewohnheit, Probleme wegzulächeln, nicht anzusprechen, was ihn stört und seine Verletzlichkeit nicht zu zeigen lässt ihn oft ein wenig verloren und widersprüchlich erscheinen. Das ist jedoch noch nichts im Vergleich zum emotionalen Chaos in Jordan, welcher nicht nur ein sehr niedriges Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl hat, sondern auch eine ausgewachsene Drama-Queen ist. Auch die meisten Nebenfiguren machen es einem zuerst nicht ganz leicht, sie zu mögen. Man denke hier zum Beispiel an Jordans Freundinnen Pam und Kayla, seine manisch-depressive Mutter, die noch ganz andere Probleme mit sich herumschleppt oder an Max´ verantwortungslosen Vater oder dessen sprüchereißenden Bro-Freunde Zay-Rod und Betts. Ein Lichtblick in all dem Chaos war Max´ Mutter Rosa.


Jordan: "Die Welt ist groß, wie sind alle nur Sternenstaub. Alles ist bedeutungslos. Manchmal, wenn ich mich aufrege, sollte ich daran denken."


Während die Geschichte von Seite zu Seite nach dem schwierigen Einstieg besser wurde und mich mehr fesseln konnte, war das Ende nochmal eine herbe Enttäuschung für mich. Zwar hat sich die inhaltliche Entwicklung schon angedeutet, die Wendung kommt aber trotzdem sehr knapp, plump und liegt wie ein Fremdkörper am Ende der Geschichte und weiß diese nicht wirklich abzuschließen. Nach dem Platzenlassen der Bombe steht einfach noch zu viel im Raum, zu viel ist in der Schwebe, um die Geschichte guten Gewissens abschließen zu können.




Fazit:


Wer eine leichte, romantische Coming-of-Age-Geschichte mit Witz und großen Gefühlen erwartet wird enttäuscht werden. Hier muss man mit schwierigen Figuren, ernsten Themen, teilweise wirrer Handlung, einer sehr negativen Atmosphäre und einer unverblümten Erzählweise zurechtkommen. Da "The Music of What Happens" aber trotz aller enttäuschten Erwartungen intensiv, echt, originell, verrückt ist und den Leser definitiv nicht kalt lässt, gibt es eine eingeschränkte Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.12.2020

Voller schräger Situationen, grusliger Wahrheiten und negativen Emotionen...

The Music of What Happens
0

In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen ...

In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen Themas große Hoffnungen gesetzt. Anders als gedacht, ist der Roman jedoch keine lockerleichte LGBT-Sommerlektüre über zwei Jungs in einem Foodtruck. Eher begleiten wir die beiden auf einem schweren Stück Weg und sehen, wie sie sich gegenseitig Halt und neue Perspektiven schenken, während die Welt um sie herum zusammenbricht...


Max: "There are the mud-flowers of dialect,
And the immortelles of perfect pitch
And that moment when the bird sings very closely
To the music of what happens."


Das Cover ist einfach hinreißend, sendet meiner Meinung nach aber falsche Signale. Zu sehen ist ein blassblauer Sommerhimmel mit einzelnen Wolken und zwei Jungs im Cartoon-Stil, die entfernt an Max und Jordan erinnern und sich an den Händen halten. Der aus dem Englischen übernommene Titel aus dem Gedicht des irischen Dichters Seamus Heaney thront darüber in Großbuchstaben. Zusammen mit den zum Titel passenden Leselaschen mit Kakteen und den Kapitelanfängen, die mit einem Foodtruck und Herzchen beginnen, würde mich das Cover komplett überzeugen, wenn es nicht so... heiter wäre. Und das ist die Geschichte nun mal leider nicht. "The Music of What Happens" ist ehrlich, düster und voller schräger Situationen, gruseliger Wahrheiten und negativen Emotionen, sodass man sich beim Lesen nicht gerade wohlig seufzend in die Geschichte fallen lassen kann.


Max: "Mom redet immer davon, dass in der Welt so viel Scheiße abgeht und dass es meine Entscheidung ist, wie ich damit umgehe. Der sicherste Weg, unglücklich zu werden, ist, mit finsterem Blick durchs Leben zu gehen, sagt sie, und da hat sie recht. Man muss in der Dunkelheit immer nach Licht und Farbe Ausschau halten, denn die sind immer da, auch wenn es einem manchmal schwerfällt, sie zu erkennen."


Zu sagen, dass mein Start in die Geschichte holprig war, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Während der ersten zwei Kapitel habe ich mich ein paar Male gefragt, ob ich irgendwelche essenziellen Informationen verpasst oder den Klapptext falsch gelesen habe. Denn zwischen äußerst problematischen Kindheitserinnerungen, rätselhaften Flashbacks über eine traumatische Erfahrung, einem mütterlichen Nervenzusammenbruch in einem ramponierten Foodtruck, einem "80er-Jahre-Puff-Zimmer", einer Ode an den Joghurt, den "Amigos" und den "Ehefrauen" sah ich einfach keine Perspektive für die Geschichte. Auf den folgenden 100 Seiten wurde das zwar von Szene zu Szene besser und es begann sich eine langsame und äußerst süße Liebesgeschichte zu entfalten, ganz los wurde ich das verwirrende Gefühl von Orientierungslosigkeit und Ablehnung aber nicht, das mich schon von Beginn an befallen hatte. Das wurde unter anderem auch dadurch verursacht, dass im Verlauf der Geschichte mehr abgefahrene Szenen vorkommen als alltägliche, in denen man sich wiederfinden würde. Hooligan-Wohltätigkeiten, spontane Kunstaktionen, Kreislaufkollapse beim Katkusfeigenklau in der Wüste, Zuckerschocks bei Limonadenverkostungen, Trampolinhallenbesuche nach Schalentierexzessen und nächtliche Fitnessstudiobesuche würden einzelnen einen exzentrischen Schwung in die Geschichte bringen. In Kombination wirken die vielen Übersprunghandlungen der beiden aber eher verwirrend.


Max: "Am Zoo von Phoenix mit einem wunderschönen Jungen, der überhaupt nicht weiß, wie schön er ist. Ich bin unbesiegbar. Wie ein Superheld!"


Mein Hauptproblem mit "The Music of What Happens" lag jedoch nicht in der Handlung, sondern vielmehr in der Atmosphäre. Ich mochte schlicht und einfach das Gefühl nicht, das ich beim Lesen hatte. Wie gesagt mochte ich die zarte Liebesgeschichte und die Entwicklung von Max und Jordan, welche unglaublich süß beschrieben ist, genauso sehr wie das Setting in einem Foodtruck im gnadenlosen Sommer von Arizona. Dass eine ausgelassene Sommerferien-Stimmung aufkommt, wird aber erfolgreich und nachhaltig durch sehr ernste Themen verhindert, die angesprochen werden. Das an sich ist natürlich noch nicht das Problem - im Gegenteil. Ich finde es üblicherweise eher positiv, wenn schwierige Themen angesprochen werden, wenn Protagonisten auch mal nervig, schwierig und ambivalent sind und man nicht nur die positiven Gefühle mit den Figuren teilt. Doch hier wurde man unangeleitet mit so viel Düsternis konfrontiert, dass ich schlichtweg kein Spaß mehr beim Lesen hatte. In den 442 Seiten stecken so viel Homophobie, Rassismus, sexualisierte Gewalt, Objektivierung, toxische Männlichkeit, Fetischisierung und andere Probleme in Interaktionen, die der Autor natürlich verurteilen will. Doch statt sich damit auseinanderzusetzen und diese als Themen zu behandeln, werden die meisten Bemerkungen unkommentiert gelassen, viele Handlungsstränge werden nur angeschnitten und dann fallengelassen, sodass all diese angestaute Negativität einfach im Raum stehen bleibt und die ganze Geschichte verdirbt.


Max: "Du zeigst Gefühle, und schon lachen die Leute. Nichts ist schlimmer, als ausgelacht zu werden, wenn man jemandem sein Herz öffnet. (...) Ich setze mich an meinen Schreibtisch, schließe die Augen und denke an Jordans einsames Gedicht. Mit geschlossenen Augen stelle ich mir Jordan vor, der sich hochschaufelt und plötzlich hoffe ich, dass oben jemand ist, der sich ihm entgegengräbt."


Ich kann also definitiv nachvollziehen, warum viele Leser diese Geschichte nicht mögen, kann aber auch verstehen, wenn sie es tun. Denn trotz der negativen Atmosphäre, der wirren Handlung und der sehr oberflächlichen Behandlung wichtiger Themen ist sie intensiv, echt, originell, verrückt und sie lässt dich definitiv nicht kalt beim Lesen. Bill Konigsbergs Erzählweise hat mich ein bisschen an John Green erinnert, was man als Kompliment sehen kann, da ich ein großer Fan dieses Autors bin. Bill Konigsberg schreibt genauso unverblümt, manchmal unangenehm aber insgesamt doch sehr süß und nahegehend wie der Meister des Coming-of-Age. Verdrehte Logik, Teenager-Drama, Fremdschammomente und bittersüße Gefühle gibt es dabei obendrauf. Ein Manko dabei ist, dass wie oft bei übersetzten Büchern mit Jugendsprache, diese an einigen Stellen ein bisschen gezwungen und gekünstelt wirkt. Ob das am Alter des Autors oder an der Übersetzung liegt, kann ich nicht sagen. Was ich aber sagen kann, ist dass die eingebundenen Gedichte von Jordan und die Szenen, in denen Max zeichnet, zu meinen persönlichen Highlights des Romans gehören. Ein sehr nettes Plus ist, dass die Gedichte in Originalsprache am Ende des Buchs angehängt sind.


Jordan: "Zum Teufel, Alter, na klar. Ich bin dabei, wo auch immer."
"Berühmte letzte Worte", sage ich noch."


Max und Jordan habe ich als zwei sehr spannende Figuren empfunden, von denen ich mir vorstellen kann, dass sie tatsächlich irgendwo genauso leben. Dass ich sie als sehr realistische und runde Personen wahrgenommen habe bedeutetet aber noch lange nicht, dass sie mir auch sympathisch waren. Max´ Angewohnheit, Probleme wegzulächeln, nicht anzusprechen, was ihn stört und seine Verletzlichkeit nicht zu zeigen lässt ihn oft ein wenig verloren und widersprüchlich erscheinen. Das ist jedoch noch nichts im Vergleich zum emotionalen Chaos in Jordan, welcher nicht nur ein sehr niedriges Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl hat, sondern auch eine ausgewachsene Drama-Queen ist. Auch die meisten Nebenfiguren machen es einem zuerst nicht ganz leicht, sie zu mögen. Man denke hier zum Beispiel an Jordans Freundinnen Pam und Kayla, seine manisch-depressive Mutter, die noch ganz andere Probleme mit sich herumschleppt oder an Max´ verantwortungslosen Vater oder dessen sprüchereißenden Bro-Freunde Zay-Rod und Betts. Ein Lichtblick in all dem Chaos war Max´ Mutter Rosa.


Jordan: "Die Welt ist groß, wie sind alle nur Sternenstaub. Alles ist bedeutungslos. Manchmal, wenn ich mich aufrege, sollte ich daran denken."


Während die Geschichte von Seite zu Seite nach dem schwierigen Einstieg besser wurde und mich mehr fesseln konnte, war das Ende nochmal eine herbe Enttäuschung für mich. Zwar hat sich die inhaltliche Entwicklung schon angedeutet, die Wendung kommt aber trotzdem sehr knapp, plump und liegt wie ein Fremdkörper am Ende der Geschichte und weiß diese nicht wirklich abzuschließen. Nach dem Platzenlassen der Bombe steht einfach noch zu viel im Raum, zu viel ist in der Schwebe, um die Geschichte guten Gewissens abschließen zu können.




Fazit:


Wer eine leichte, romantische Coming-of-Age-Geschichte mit Witz und großen Gefühlen erwartet wird enttäuscht werden. Hier muss man mit schwierigen Figuren, ernsten Themen, teilweise wirrer Handlung, einer sehr negativen Atmosphäre und einer unverblümten Erzählweise zurechtkommen. Da "The Music of What Happens" aber trotz aller enttäuschten Erwartungen intensiv, echt, originell, verrückt ist und den Leser definitiv nicht kalt lässt, gibt es eine eingeschränkte Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.12.2020

Über weite Teile viel Schönes dabei, aber mit Mängeln im Aufbau!

Dein perfektes Jahr
0

Da mich schon "Wir sehen uns beim Happy End" von Charlotte Lucas total verzaubert hat, war klar, dass dies nicht ihr einziger Roman in meinem Regal bleiben wird. "Dein perfektes Jahr" war mein zweiter ...

Da mich schon "Wir sehen uns beim Happy End" von Charlotte Lucas total verzaubert hat, war klar, dass dies nicht ihr einziger Roman in meinem Regal bleiben wird. "Dein perfektes Jahr" war mein zweiter Versuch und auch wenn mich die Geschichte von Hannah und Jonathan nicht ganz so überzeugen konnte, wie die von Ella und Oscar, kann ich diesen zauberhaften Roman über Schicksal, Tragik, Zufälle, die Kraft der Gedanken und die Unvermeidbarkeit der Liebe nur weiterempfehlen!

Auch für "Dein perfektes Jahr" hat sich der Lübbe Verlag mal wieder eine sehr verträumte, exzentrische, aber wunderschöne Gestaltung ausgedacht, welche wunderbar zur Geschichte passt. Auf einem dunkelblauen, an einen Nachthimmel erinnernden Hintergrund ist der Titel in großen bunten Buchstaben im Handlettering-Stil umgeben von liebevollen Verzierungen zu sehen. Blumenranken, Herzen, Vögel, Sterne, Hufeisen und die Silhouetten zweier Personen geben der Gestaltung einen verspielten Touch und lassen das Buch zusammen mit dem pinken Buchschnitt und dem lilafarbenen Lesebändchen edel und kitschig zugleich aussehen. Auch die innere Gestaltung gefällt mir gut. Die einzelnen Kapitel, die genau die richtige Länge besitzen, werden mit dem Namen des erzählenden Protagonisten und dem jeweiligen Datum begonnen, was angesichts des komplizierten Handlungsaufbaus sehr hilfreich ist.


Erster Satz: "Jonathan N. Grief war nicht zufrieden."


Charlotte Lucas erzählt hier nämlich keine einfache, chronologische Begegnung-zu-Liebe-Geschichte, sondern hat sich für das Glück ihrer Protagonisten etwas ganz Besonderes ausgedacht. Worauf genau diese originelle Idee und der ausgeklügelte Aufbau hinausläuft, will ich an dieser Stelle nicht verraten, um neugierigen Lesern nichts vorwegzunehmen. Nur so viel: Rechnet nicht mit einer schnulzigen, vorhersehbaren 08/15-Liebesgeschichte, wie es sie zu Genüge gibt. Was folgt ist die tragisch-komische Geschichte einer Frau, die versucht auch bei Schicksalsschlägen nicht ihre positive Einstellung zu verlieren und eines Mannes, der durch einen Zufallsfund sein Leben umkrempelt. "Dein perfektes Jahr" ist kein bloßer Feelgood-Roman - Er trägt ganz leise versteckt eine wundervolle Botschaft, tolle Ideen und kleine Anspielungen in sich und berührt mit zarten Zwischentönen. Mit den vielen schönen Anregungen, philosophischen Gedanken und der deutlichen Message, das Leben positiv anzugehen, Spuren in die Zukunft zu legen und im Jetzt zu leben, die wir zur gut durchdachten Handlung on top erhalten, ist die "Dein perfektes Jahr" also eine über weite Teile "wundervoll warmherzige Geschichte", um mal einen Protagonisten aus dem Roman zu zitieren.


"Sich Sorgen machen ist wie ein Schaukelstuhl - man ist zwar beschäftigt, aber man kommt nicht voran."


Das Problem, weshalb ich das Anhängsel "über weite Teile" nicht durch ein "rundum" ersetzen konnte? Leider startet die Geschichte sehr langsam und undurchsichtig (was allein noch nicht negativ anzumerken wäre) und benötigt darüber hinaus über 200 Seiten, um richtig Fahrt aufzunehmen. Im sehr langen Einstieg nimmt sich die Autorin viel Zeit, um uns in das Leben von Hannah und Jonathan einzuführen, wobei sie bei Hannah zwei Monate vor Jonathan startet. Wir bringen also das erste Drittel des Romans damit zu, mit Hannah über die Eröffnung ihres neuen Kinder-Event-Ladens nachzugrübeln, sich über ihren Freund Simon zu ärgern, der nach seiner Kündigung einfach nicht von der Couch hochkommt, was sich mit Jonathans Joggingrunden, Beschwerdebriefe an diverse Mitmenschen und einer ereignislosen Tagesroutine abwechselt. Etwas Schwung und Mysterium kommt nur durch Jonathans Kalender-Fund in die Geschichte, da sowohl er, als auch wir Leser aber sehr lange im Dunkeln tappen, wer ihm wohl ein ausgefülltes Filofax mit Anregungen für das nächste Jahr an seinen Fahrradlenker gehängt hat, konnte mich der Einstieg nicht besonders fesseln.


„Es gibt zwei Tage im Jahr, an denen man nichts tun kann. Der eine ist gestern, der andere morgen. Dies bedeutet, dass heute der richtige Tag zum Leben, Glauben und in erster Linie zum Leben ist.“


Erst ab dem Punkt, an dem man zu ahnen beginnt, wie die beiden Handlungsstränge von Hannah und Jonathan zusammenhängen, kann man die Geschichte kaum mehr aus der Hand legen, da man wissen will, was Schwäne, Kalender, Zeitungsannoncen, überraschende Autofunde, Tarot-Vorhersagen und nächtliche Begegnungen mit Pudeln miteinander zu tun haben und ob die beiden ihr Happy End erhalten. Da dies aber erst zu einem relativ späten Zeitpunkt der Geschichte passiert, bleiben ihr Kennenlernen und die Gefühle, die sich zwischen ihnen entwickeln nur recht flott zwischen großen Zeitsprüngen verstaut. Ich hätte mir also insgesamt eine Kürzung der Einleitung und einen stärkeren Schwerpunkt auf dem letzten Teil der Geschichte gewünscht. Denn nur dieser konnte mit seinen schicksalhaften Verstrickungen, den vielen Gefühlen und den unvorhergesehenen Wendungen wirklich mitreißen.


"Es war mehr ... wie ein kleines, aber sehr konzentriertes, schmerzhaftes Gefühl von Wehmut. Ein Gefühl von Sich-verlassen-Fühlen. Verraten von dem, den sie - wenn auch nur für kurze Zeit - für etwas ganz Besonderes gehalten hatte. Für jemanden, der ihr vom Schicksal geschickt worden war.
Dämliches Schicksal! Da war die Deutsche Post ja verlässlicher!"


Charlotte Lucas´ Schreibstil ist grundsätzlich eher pragmatisch und wenig beschreibend, an manchen Stellen und vor allem in Bezug auf das Innenleben der Figuren schweifen Gedankengänge auch mal seitenlang ab. Selbstverständlich lebt die Geschichte sehr von der vitalen Gedankenwelt der Charaktere, auf die Dauer sind aber ihre ganzen Gedanken, die Analyse ihrer Gefühle und andere Abschweifungen ein bisschen zu viel, sodass gerade am Anfang, als noch nicht so viel passiert, ein wenig Spannung verloren geht. Auch nach großen Gefühlen und ungezügelter Leidenschaft kann man hier lange suchen. Anders als in vielen Romanen dieses Genres liegt hier der Schwerpunkt wirklich auf den zwei Figuren an sich und ihrer schicksalhaften Begegnung, als auf ihrer Liebe, die sie schlussendlich verbindet. Man sollte den Roman also eher als Ode an das Schicksal, als Entwicklungsgeschichte zweier Figuren, deren Leben enger miteinander verstrickt sind, als sie zu Beginn glauben und als charmanten Mutmacher lesen und nicht als Liebesgeschichte. Sonst wird man spätestens im schnell abgehandelten und offenen Ende eine herbe Enttäuschung erleiden.




Fazit:


Ein zauberhafter, warmherziger und auch gut durchdachter Roman über Schicksal, Tragik, Zufälle, die Kraft der Gedanken und die Unvermeidbarkeit der Liebe. Leider lässt sich Charlotte Lucas mit ihrer Einleitung viel zu viel Zeit und schafft es erst nach der Hälfte richtig zu fesseln, bevor wir in ein überstürztes Ende purzeln. Über weite Teile viel Schönes dabei aber mit Mängeln im Aufbau!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.12.2020

Über weite Teile viel Schönes dabei, aber mit Mängeln im Aufbau!

Dein perfektes Jahr
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Da mich schon "Wir sehen uns beim Happy End" von Charlotte Lucas total verzaubert hat, war klar, dass dies nicht ihr einziger Roman in meinem Regal bleiben wird. "Dein perfektes Jahr" war mein zweiter ...

Da mich schon "Wir sehen uns beim Happy End" von Charlotte Lucas total verzaubert hat, war klar, dass dies nicht ihr einziger Roman in meinem Regal bleiben wird. "Dein perfektes Jahr" war mein zweiter Versuch und auch wenn mich die Geschichte von Hannah und Jonathan nicht ganz so überzeugen konnte, wie die von Ella und Oscar, kann ich diesen zauberhaften Roman über Schicksal, Tragik, Zufälle, die Kraft der Gedanken und die Unvermeidbarkeit der Liebe nur weiterempfehlen!

Auch für "Dein perfektes Jahr" hat sich der Lübbe Verlag mal wieder eine sehr verträumte, exzentrische, aber wunderschöne Gestaltung ausgedacht, welche wunderbar zur Geschichte passt. Auf einem dunkelblauen, an einen Nachthimmel erinnernden Hintergrund ist der Titel in großen bunten Buchstaben im Handlettering-Stil umgeben von liebevollen Verzierungen zu sehen. Blumenranken, Herzen, Vögel, Sterne, Hufeisen und die Silhouetten zweier Personen geben der Gestaltung einen verspielten Touch und lassen das Buch zusammen mit dem pinken Buchschnitt und dem lilafarbenen Lesebändchen edel und kitschig zugleich aussehen. Auch die innere Gestaltung gefällt mir gut. Die einzelnen Kapitel, die genau die richtige Länge besitzen, werden mit dem Namen des erzählenden Protagonisten und dem jeweiligen Datum begonnen, was angesichts des komplizierten Handlungsaufbaus sehr hilfreich ist.


Erster Satz: "Jonathan N. Grief war nicht zufrieden."


Charlotte Lucas erzählt hier nämlich keine einfache, chronologische Begegnung-zu-Liebe-Geschichte, sondern hat sich für das Glück ihrer Protagonisten etwas ganz Besonderes ausgedacht. Worauf genau diese originelle Idee und der ausgeklügelte Aufbau hinausläuft, will ich an dieser Stelle nicht verraten, um neugierigen Lesern nichts vorwegzunehmen. Nur so viel: Rechnet nicht mit einer schnulzigen, vorhersehbaren 08/15-Liebesgeschichte, wie es sie zu Genüge gibt. Was folgt ist die tragisch-komische Geschichte einer Frau, die versucht auch bei Schicksalsschlägen nicht ihre positive Einstellung zu verlieren und eines Mannes, der durch einen Zufallsfund sein Leben umkrempelt. "Dein perfektes Jahr" ist kein bloßer Feelgood-Roman - Er trägt ganz leise versteckt eine wundervolle Botschaft, tolle Ideen und kleine Anspielungen in sich und berührt mit zarten Zwischentönen. Mit den vielen schönen Anregungen, philosophischen Gedanken und der deutlichen Message, das Leben positiv anzugehen, Spuren in die Zukunft zu legen und im Jetzt zu leben, die wir zur gut durchdachten Handlung on top erhalten, ist die "Dein perfektes Jahr" also eine über weite Teile "wundervoll warmherzige Geschichte", um mal einen Protagonisten aus dem Roman zu zitieren.


"Sich Sorgen machen ist wie ein Schaukelstuhl - man ist zwar beschäftigt, aber man kommt nicht voran."


Das Problem, weshalb ich das Anhängsel "über weite Teile" nicht durch ein "rundum" ersetzen konnte? Leider startet die Geschichte sehr langsam und undurchsichtig (was allein noch nicht negativ anzumerken wäre) und benötigt darüber hinaus über 200 Seiten, um richtig Fahrt aufzunehmen. Im sehr langen Einstieg nimmt sich die Autorin viel Zeit, um uns in das Leben von Hannah und Jonathan einzuführen, wobei sie bei Hannah zwei Monate vor Jonathan startet. Wir bringen also das erste Drittel des Romans damit zu, mit Hannah über die Eröffnung ihres neuen Kinder-Event-Ladens nachzugrübeln, sich über ihren Freund Simon zu ärgern, der nach seiner Kündigung einfach nicht von der Couch hochkommt, was sich mit Jonathans Joggingrunden, Beschwerdebriefe an diverse Mitmenschen und einer ereignislosen Tagesroutine abwechselt. Etwas Schwung und Mysterium kommt nur durch Jonathans Kalender-Fund in die Geschichte, da sowohl er, als auch wir Leser aber sehr lange im Dunkeln tappen, wer ihm wohl ein ausgefülltes Filofax mit Anregungen für das nächste Jahr an seinen Fahrradlenker gehängt hat, konnte mich der Einstieg nicht besonders fesseln.


„Es gibt zwei Tage im Jahr, an denen man nichts tun kann. Der eine ist gestern, der andere morgen. Dies bedeutet, dass heute der richtige Tag zum Leben, Glauben und in erster Linie zum Leben ist.“


Erst ab dem Punkt, an dem man zu ahnen beginnt, wie die beiden Handlungsstränge von Hannah und Jonathan zusammenhängen, kann man die Geschichte kaum mehr aus der Hand legen, da man wissen will, was Schwäne, Kalender, Zeitungsannoncen, überraschende Autofunde, Tarot-Vorhersagen und nächtliche Begegnungen mit Pudeln miteinander zu tun haben und ob die beiden ihr Happy End erhalten. Da dies aber erst zu einem relativ späten Zeitpunkt der Geschichte passiert, bleiben ihr Kennenlernen und die Gefühle, die sich zwischen ihnen entwickeln nur recht flott zwischen großen Zeitsprüngen verstaut. Ich hätte mir also insgesamt eine Kürzung der Einleitung und einen stärkeren Schwerpunkt auf dem letzten Teil der Geschichte gewünscht. Denn nur dieser konnte mit seinen schicksalhaften Verstrickungen, den vielen Gefühlen und den unvorhergesehenen Wendungen wirklich mitreißen.


"Es war mehr ... wie ein kleines, aber sehr konzentriertes, schmerzhaftes Gefühl von Wehmut. Ein Gefühl von Sich-verlassen-Fühlen. Verraten von dem, den sie - wenn auch nur für kurze Zeit - für etwas ganz Besonderes gehalten hatte. Für jemanden, der ihr vom Schicksal geschickt worden war.
Dämliches Schicksal! Da war die Deutsche Post ja verlässlicher!"


Charlotte Lucas´ Schreibstil ist grundsätzlich eher pragmatisch und wenig beschreibend, an manchen Stellen und vor allem in Bezug auf das Innenleben der Figuren schweifen Gedankengänge auch mal seitenlang ab. Selbstverständlich lebt die Geschichte sehr von der vitalen Gedankenwelt der Charaktere, auf die Dauer sind aber ihre ganzen Gedanken, die Analyse ihrer Gefühle und andere Abschweifungen ein bisschen zu viel, sodass gerade am Anfang, als noch nicht so viel passiert, ein wenig Spannung verloren geht. Auch nach großen Gefühlen und ungezügelter Leidenschaft kann man hier lange suchen. Anders als in vielen Romanen dieses Genres liegt hier der Schwerpunkt wirklich auf den zwei Figuren an sich und ihrer schicksalhaften Begegnung, als auf ihrer Liebe, die sie schlussendlich verbindet. Man sollte den Roman also eher als Ode an das Schicksal, als Entwicklungsgeschichte zweier Figuren, deren Leben enger miteinander verstrickt sind, als sie zu Beginn glauben und als charmanten Mutmacher lesen und nicht als Liebesgeschichte. Sonst wird man spätestens im schnell abgehandelten und offenen Ende eine herbe Enttäuschung erleiden.




Fazit:


Ein zauberhafter, warmherziger und auch gut durchdachter Roman über Schicksal, Tragik, Zufälle, die Kraft der Gedanken und die Unvermeidbarkeit der Liebe. Leider lässt sich Charlotte Lucas mit ihrer Einleitung viel zu viel Zeit und schafft es erst nach der Hälfte richtig zu fesseln, bevor wir in ein überstürztes Ende purzeln. Über weite Teile viel Schönes dabei, aber mit Mängeln im Aufbau!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.12.2020

Über weite Teile viel Schönes dabei, aber mit Mängeln im Aufbau!

Dein perfektes Jahr
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Da mich schon "Wir sehen uns beim Happy End" von Charlotte Lucas total verzaubert hat, war klar, dass dies nicht ihr einziger Roman in meinem Regal bleiben wird. "Dein perfektes Jahr" war mein zweiter ...

Da mich schon "Wir sehen uns beim Happy End" von Charlotte Lucas total verzaubert hat, war klar, dass dies nicht ihr einziger Roman in meinem Regal bleiben wird. "Dein perfektes Jahr" war mein zweiter Versuch und auch wenn mich die Geschichte von Hannah und Jonathan nicht ganz so überzeugen konnte, wie die von Ella und Oscar, kann ich diesen zauberhaften Roman über Schicksal, Tragik, Zufälle, die Kraft der Gedanken und die Unvermeidbarkeit der Liebe nur weiterempfehlen!

Auch für "Dein perfektes Jahr" hat sich der Lübbe Verlag mal wieder eine sehr verträumte, exzentrische, aber wunderschöne Gestaltung ausgedacht, welche wunderbar zur Geschichte passt. Auf einem dunkelblauen, an einen Nachthimmel erinnernden Hintergrund ist der Titel in großen bunten Buchstaben im Handlettering-Stil umgeben von liebevollen Verzierungen zu sehen. Blumenranken, Herzen, Vögel, Sterne, Hufeisen und die Silhouetten zweier Personen geben der Gestaltung einen verspielten Touch und lassen das Buch zusammen mit dem pinken Buchschnitt und dem lilafarbenen Lesebändchen edel und kitschig zugleich aussehen. Auch die innere Gestaltung gefällt mir gut. Die einzelnen Kapitel, die genau die richtige Länge besitzen, werden mit dem Namen des erzählenden Protagonisten und dem jeweiligen Datum begonnen, was angesichts des komplizierten Handlungsaufbaus sehr hilfreich ist.


Erster Satz: "Jonathan N. Grief war nicht zufrieden."


Charlotte Lucas erzählt hier nämlich keine einfache, chronologische Begegnung-zu-Liebe-Geschichte, sondern hat sich für das Glück ihrer Protagonisten etwas ganz Besonderes ausgedacht. Worauf genau diese originelle Idee und der ausgeklügelte Aufbau hinausläuft, will ich an dieser Stelle nicht verraten, um neugierigen Lesern nichts vorwegzunehmen. Nur so viel: Rechnet nicht mit einer schnulzigen, vorhersehbaren 08/15-Liebesgeschichte, wie es sie zu Genüge gibt. Was folgt ist die tragisch-komische Geschichte einer Frau, die versucht auch bei Schicksalsschlägen nicht ihre positive Einstellung zu verlieren und eines Mannes, der durch einen Zufallsfund sein Leben umkrempelt. "Dein perfektes Jahr" ist kein bloßer Feelgood-Roman - Er trägt ganz leise versteckt eine wundervolle Botschaft, tolle Ideen und kleine Anspielungen in sich und berührt mit zarten Zwischentönen. Mit den vielen schönen Anregungen, philosophischen Gedanken und der deutlichen Message, das Leben positiv anzugehen, Spuren in die Zukunft zu legen und im Jetzt zu leben, die wir zur gut durchdachten Handlung on top erhalten, ist die "Dein perfektes Jahr" also eine über weite Teile "wundervoll warmherzige Geschichte", um mal einen Protagonisten aus dem Roman zu zitieren.


"Sich Sorgen machen ist wie ein Schaukelstuhl - man ist zwar beschäftigt, aber man kommt nicht voran."


Das Problem, weshalb ich das Anhängsel "über weite Teile" nicht durch ein "rundum" ersetzen konnte? Leider startet die Geschichte sehr langsam und undurchsichtig (was allein noch nicht negativ anzumerken wäre) und benötigt darüber hinaus über 200 Seiten, um richtig Fahrt aufzunehmen. Im sehr langen Einstieg nimmt sich die Autorin viel Zeit, um uns in das Leben von Hannah und Jonathan einzuführen, wobei sie bei Hannah zwei Monate vor Jonathan startet. Wir bringen also das erste Drittel des Romans damit zu, mit Hannah über die Eröffnung ihres neuen Kinder-Event-Ladens nachzugrübeln, sich über ihren Freund Simon zu ärgern, der nach seiner Kündigung einfach nicht von der Couch hochkommt, was sich mit Jonathans Joggingrunden, Beschwerdebriefe an diverse Mitmenschen und einer ereignislosen Tagesroutine abwechselt. Etwas Schwung und Mysterium kommt nur durch Jonathans Kalender-Fund in die Geschichte, da sowohl er, als auch wir Leser aber sehr lange im Dunkeln tappen, wer ihm wohl ein ausgefülltes Filofax mit Anregungen für das nächste Jahr an seinen Fahrradlenker gehängt hat, konnte mich der Einstieg nicht besonders fesseln.


„Es gibt zwei Tage im Jahr, an denen man nichts tun kann. Der eine ist gestern, der andere morgen. Dies bedeutet, dass heute der richtige Tag zum Leben, Glauben und in erster Linie zum Leben ist.“


Erst ab dem Punkt, an dem man zu ahnen beginnt, wie die beiden Handlungsstränge von Hannah und Jonathan zusammenhängen, kann man die Geschichte kaum mehr aus der Hand legen, da man wissen will, was Schwäne, Kalender, Zeitungsannoncen, überraschende Autofunde, Tarot-Vorhersagen und nächtliche Begegnungen mit Pudeln miteinander zu tun haben und ob die beiden ihr Happy End erhalten. Da dies aber erst zu einem relativ späten Zeitpunkt der Geschichte passiert, bleiben ihr Kennenlernen und die Gefühle, die sich zwischen ihnen entwickeln nur recht flott zwischen großen Zeitsprüngen verstaut. Ich hätte mir also insgesamt eine Kürzung der Einleitung und einen stärkeren Schwerpunkt auf dem letzten Teil der Geschichte gewünscht. Denn nur dieser konnte mit seinen schicksalhaften Verstrickungen, den vielen Gefühlen und den unvorhergesehenen Wendungen wirklich mitreißen.


"Es war mehr ... wie ein kleines, aber sehr konzentriertes, schmerzhaftes Gefühl von Wehmut. Ein Gefühl von Sich-verlassen-Fühlen. Verraten von dem, den sie - wenn auch nur für kurze Zeit - für etwas ganz Besonderes gehalten hatte. Für jemanden, der ihr vom Schicksal geschickt worden war.
Dämliches Schicksal! Da war die Deutsche Post ja verlässlicher!"


Charlotte Lucas´ Schreibstil ist grundsätzlich eher pragmatisch und wenig beschreibend, an manchen Stellen und vor allem in Bezug auf das Innenleben der Figuren schweifen Gedankengänge auch mal seitenlang ab. Selbstverständlich lebt die Geschichte sehr von der vitalen Gedankenwelt der Charaktere, auf die Dauer sind aber ihre ganzen Gedanken, die Analyse ihrer Gefühle und andere Abschweifungen ein bisschen zu viel, sodass gerade am Anfang, als noch nicht so viel passiert, ein wenig Spannung verloren geht. Auch nach großen Gefühlen und ungezügelter Leidenschaft kann man hier lange suchen. Anders als in vielen Romanen dieses Genres liegt hier der Schwerpunkt wirklich auf den zwei Figuren an sich und ihrer schicksalhaften Begegnung, als auf ihrer Liebe, die sie schlussendlich verbindet. Man sollte den Roman also eher als Ode an das Schicksal, als Entwicklungsgeschichte zweier Figuren, deren Leben enger miteinander verstrickt sind, als sie zu Beginn glauben und als charmanten Mutmacher lesen und nicht als Liebesgeschichte. Sonst wird man spätestens im schnell abgehandelten und offenen Ende eine herbe Enttäuschung erleiden.




Fazit:


Ein zauberhafter, warmherziger und auch gut durchdachter Roman über Schicksal, Tragik, Zufälle, die Kraft der Gedanken und die Unvermeidbarkeit der Liebe. Leider lässt sich Charlotte Lucas mit ihrer Einleitung viel zu viel Zeit und schafft es erst nach der Hälfte richtig zu fesseln, bevor wir in ein überstürztes Ende purzeln. Über weite Teile viel Schönes dabei aber mit Mängeln im Aufbau!

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