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Veröffentlicht am 30.08.2020

Engel-Thematik trifft auf Internatsstory

Celestial City - Akademie der Engel
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Engel-Thematik trifft auf Internatsstory? Das klang für mich nach einem sehr vielversprechenden Young Adult Fantasy Roman, also habe ich "Celestial City" beim ONE Verlag angefragt. Und tatsächlich - der ...

Engel-Thematik trifft auf Internatsstory? Das klang für mich nach einem sehr vielversprechenden Young Adult Fantasy Roman, also habe ich "Celestial City" beim ONE Verlag angefragt. Und tatsächlich - der Auftakt der vierbändigen Fallen-Academy-Reihe hat alles, was man sich von guter Jugendfantasy wünscht: ein spritziger Schreibstil, eine prickelnde Liebesgeschichte, eine magische Auserwählte, viele Gerüchte und Geheimnisse und ein epischer Kampf zwischen Gut und Böse...


"Diejenigen von uns mit dem stärksten inneren Licht ziehen am meisten Dunkelheit an. Vergiss das nie."


Schon das ansprechend ausgestaltete Cover hat mich in seinen Bann gezogen. Das Motiv der blonden Frau in schwarzem Overall und zwei schwarzen Schwingen passt natürlich perfekt zur Geschichte, genau wie die im Hintergrund leicht angedeuteten Häuserreihen von Los Angeles. Durch die verschwimmenden Schwarz-Rosa Akzente auf weißem Grund und die golden schimmernden Federn wird der Kampf zwischen Gut und Böse angedeutet und auch der goldene Titel passt perfekt. Die weich fallenden Federn setzen sich auch innerhalb der Buchdeckel fort und zieren jeden der 24 Kapitelanfänge. Sehr gut gefallen hat mir auch die kleine Karte von Celestial City, also dem ursprünglichen Los Angeles, welches nach dem Engelsfall in Angel City und Demon City sowie dem Kriegsgebiet eingeteilt wurde.


Erster Satz: "Meine Mutter schob die Tür zu meinem Zimmer auf und ließ Licht hereindringen."


Wir steigen an Brielles großem Tag der Erweckungszeremonie in die Geschichte ein. Da ihr Schicksal als Dämonensklavin schon feststeht, seit ihre Mutter ihre Zukunft für die Heilung ihres Vaters verkaufte, macht sie sich keine großen Hoffnungen. Als der Engel Raphael dann aber die seit dem Engelfall in ihr verborgenen Kräfte weckt und ihr schwarze Flügel wachsen, kommt alles anders. Statt an der dunklen Tainted Academy ausgebildet zu werden und ihre Kräfte den Dämonen zur Verfügung stellen zu müssen darf sie als seltene Celestial an die weiße Fallen Academy der Engel und für das Gute kämpfen. In Angel City ist sie mit ihren schwarzen Flügeln jedoch eine Außenseiterin. Hat sie wirklich dämonische Kräfte, wie alle sagen? Und warum weckt ihr mürrischer Ausbilder Lincoln alles andere als negative Gefühle in ihr...?


"Ich war im Begriff, dem schuleigenen Oberarmleuchter hoffnungslos zu verfallen. Nur war er womöglich gar kein solcher Armleuchter. War er vielleicht nie gewesen..."


Nach dem eher düsteren Start in Demon City, wo Brielle zwischen Dämonen und Sklaven lebt und sich keine großen Hoffnungen auf eine strahlende Zukunft macht, geht die Geschichte nach der Erweckungszeremonie und ihrem Umzug nach Angel City langsam aber sicher in eine leichtere Internats-Romanze über. Zwar gibt es auch in der zweiten Hälfte erstaunlich viele Action- und Kampfszenen, hier geht es dann aber mehr um Brielles Gefühle (vor allem in Bezug auf einen gewissen Ausbilder...). Und das ist denke ich auch die größte Schwachstelle, die man als Kritiker an der Geschichte ankreiden kann: der stark hormongesteuerte Mittelteil, der fast jedes Fantasy- und Liebesgeschichten-Klischee mitnimmt. Die Protagonistin ist natürlich mit ihren Gaben und den einmaligen schwarzen Flügeln eine "Special-Snowflake" wie sie im Buche steht und dass es über sie eine bedeutungsschwangere Prophezeiung gibt und sie auf aufopferungsvolle Helden-Alleingänge steht, macht das Ganze nicht unbedingt besser. Der Love-Interest ist ein mürrischer, abweisender, vom Schicksal stark gebeutelter Hottie, dessen Herz erst durch Brielle aufzutauen beginnt (wie könnte es jemals anders sein 😂?) und auch ein schwuler bester Freund, eine feministische Power-Freundin, die obligatorische Zicken-Endgegnerin und die Familie in der Not, die gerettet werden muss, dürfen natürlich nicht fehlen. Darüber hinaus gibt es dann auch noch den ein oder anderen Ball, ein Strandwettbewerb und superheiße Ausbilder, die die Hormone der Protagonisten zum Kochen bringen.


"Bitte stirb nicht. Dafür bist du zu hübsch.
Und das war mein letzter Gedanke, bevor die Hölle losbrach.
Kein Scherz."


Also ich glaube ihr versteht, was ich meine, wenn ich sage, dass Leia Stone mit ihrem wilden Patchwork aus vielen bekannten Einzelteilen anderer Liebesgeschichten, Internatsgeschichten oder Engelsgeschichten hart an der Grenze des Überzogenen vorbeischrammt und man sich nicht an Klischees stören darf, wenn einem diese Geschichte gefallen soll. Alles in allem hat dieser Auftakt aber trotzdem so viel zu bieten, dass man, wenn man sich von übersprühenden Hormonen nicht stören lässt, gut unterhalten wird. Dafür sorgt in erster Linie Leia Stones spritziger Schreibstil, der mich vor allem auch dank des großartigen Humors ein wenig an Jennifer L. Armentrout erinnert hat (eine meiner Lieblingsautorinnen, also riesiges Kompliment). Ich hatte fast von der ersten bis zur letzten Seite ein Dauergrinsen im Gesicht und an einigen besonders aberwitzigen Stellen musste ich sogar laut loslachen. Ebenfalls gut gefallen hat mir, dass die nur knapp 400 Seiten lange Geschichte ein ganzes Jahr behandelt und die teilweise großen Zeitsprünge galant kaschiert werden, sodass man es als Leser fast nicht bemerkt, wie die Zeit im Hintergrund dahinrast. Die Storyline wird vor allem von ein paar einschlägigen Szenen dominiert und überrascht immer wieder mit spannenden Showdown-Momenten, auch wenn die Gesamtrichtung der Handlung grundsätzlich vorhersehbar war.


"Das Leben war verkorkst, und ich hatte gelernt, nicht auf Sonnenschein und Regenbögen zu hoffen. Die Einhörner meiner Kindheitsträume waren tot. Geschlachtet."


Man merkt, dass dies der erste Teil einer mehrbändigen Reihe ist und die Autorin sehr auf Kennenlernen der Welt und der Protagonisten bedacht ist. Hinsichtlich der magischen Aspekte wie die Engel, Dämonen und die Hintergründe von Brielles Welt war mir Leia Stone jedoch ein wenig zu vage, wahrscheinlich wird sie Setting und Protagonisten aber noch in den folgenden Bänden weiter im Details ausarbeiten. Sieht man also von der Tatsache ab, dass die Protagonisten stark auf Klischees aufgebaut sind und noch wenig Zeit hatten, sich zu entwickeln, war mir Brielle sehr sympathisch. Die selbstbewusste Protagonistin hat endlich mal keine Komplexe, ist kämpferisch, stur und weiß ihre Reize einzusetzen, um das zu bekommen, was sie will, egal ob das nun Freiheit, Geld, Ansehen oder Lincoln ist. Auch Lincoln ist spannend angelegt, bleibt aber noch etwas blass. Zwischen ihm und Bri ist definitiv eine spürbare Anziehungskraft vorhanden, diese wird aber ziemlich breitgetreten, anstatt eine wirkliche tiefe Beziehung zu schaffen. So schien mir die Entwicklung der Liebesgeschichte sehr schnell zu gehen und die tieferen Gefühle kamen etwas plötzlich. Grundsätzlich hat mir aber die moderne, freche Umsetzung der abwechslungsreichen Mischung aus Schulalltag, Worldbuilding, Kämpfen und Teenie-Problemen gut gefallen und ich warte nun gespannt auf die Fortsetzung, die im Februar 2021 erscheinen wird.


"Ich werde eine Waffe aus dir schmieden, Brielle." Den letzten Satz beendete er mit einem düsteren Blick.
Ganz schön beängstigend. Ich zuckte mit den Schultern. "Könnten wir nicht stattdessen einfach zu einem Date ausgehen? Ins Kino vielleicht?"




Fazit:


Zwar muss man hier über Klischees, hormongesteuerte Teenies und einem noch etwas blassen Setting hinwegsehen, der Auftakt der vierbändigen Fallen-Academy-Reihe hat aber dennoch alles, was man sich von guter Jugendfantasy wünscht: ein spritziger Schreibstil mit viel Humor, eine prickelnde Liebesgeschichte mit stimmiger Chemie, eine magische Auserwählte mit besonderen Kräften, viele Gerüchte und Geheimnisse und ein epischer Kampf zwischen Gut und Böse...

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Veröffentlicht am 23.08.2020

Unterhaltsam, kurzweilig, bunt!

Liebe machen
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Als Moses Wolff virtuell bei mir anklopfte und mir seinen neusten Roman vorschlug, konnte ich nicht ablehnen. Anders als ich angenommen hatte, ist "Liebe machen" jedoch kein klassischer Liebesroman, sondern ...

Als Moses Wolff virtuell bei mir anklopfte und mir seinen neusten Roman vorschlug, konnte ich nicht ablehnen. Anders als ich angenommen hatte, ist "Liebe machen" jedoch kein klassischer Liebesroman, sondern vielmehr eine turbulente (Zeit-)Reise durch die Geschichte der Bundesrepublik von 1970 bis in die Gegenwart.


"Sobald sich die junge Frau umgedreht hatte, sah Götz nur noch sie. Es war, als wäre sie von einem betörenden Schimmer, einem Strahlenkranz umgeben, gleichzeitig schien sie von innen heraus zu leuchten. Sie bannte seinen Blick wie die Sonne und alle Himmelskörper am Firmament zugleich."


Schon das Pop-Art-Cover bereitet auf eine farbenfrohe Zeitreise vor und entführt in die Zeit von Schlaghosen, Schwarz-Weiß-Fernsehen und Asterix-Heften. Vor dem Hintergrund einer knallbunten Siebziger-Jahre-Tapete mit orange-roten Kreisen steht auf einem altmodischen Heizkörper ein rotes, mit Prilblumen und anderen Werbeaufklebern beklebtes Radio mit Antenne. Auch innerhalb der Buchdeckel wird das Vergangenheitsthema fortgeführt. große Lettern im Stil des Titels kündigen die Jahreswechsel an und in etwas kleiner stehen vor jedem Absatz Zeit und Ort des sich Abspielenden. Den Titel "Liebe machen" empfand ich zuerst als etwas irreführend und aufmerksamkeitsheischend, nach mehrmaligem Nachdenken passt er aber ganz gut.


Erster Satz: "Dagmar erwachte mitten in der Nacht."


Mit einem intensiven Traum, den beide Protagonisten teilen starten wir am 28. März 1970 in die Lebensgeschichten von Götz und Dagmar, die zwar einige hundert Kilometer entfernt voneinander in Köln und in Hamburg leben, deren Leben aber auf schicksalshafte Weise miteinander verwoben scheinen. Beide sind Teil der aufkommenden Studentenszene passionierte Film- und Musikfans und wurden von der Love-und-Peace-Szene bewegt, sodass es sie in ähnliche Richtungen zieht und sich ihre Wege immer wieder unbemerkt kreuzen, bis sie sich zweimal wirklich treffen. Auch wenn diese Treffen nur flüchtige Begegnungen zwischen Fremden sind, lässt sie der jeweils andere nicht mehr los und so träumt Dagmar in stillen Momenten von ihrem Prinzen und Götz von seiner Fee, während sie ein glückliches Leben voller Reisen, Abenteuer, Arbeit und Musik gemeinsam und doch aneinander vorbei leben...


"Ein seltsam angenehmes Gefühl durchfuhr sie, sie spürte eine beruhigende Vertrautheit, ein anmutiges Kitzeln, eine wohltuende Wärme, einen Hauch von Magie. Es war wie die kurze Erfüllung einer lange gehegten Sehnsucht, das Wahrwerden einer Vorahnung, wie die Heimkunft nach jahrelanger Wanderschaft, verbunden mit der Erinnerung an wohlbekannte Düfte und Farben."


Die Liebesgeschichte der Beiden steht also nicht im Vordergrund und ist auch nur in Ansätzen vorhanden, um die beiden Handlungsstränge miteinander zu verbinden. Stattdessen liegt der Fokus des Romans hier eindeutig auf dem Zeitgeist, den Moses Wolff hervorragend zu vermitteln weiß. Auch wenn die episodische Erzählung vieles nur anreißt und sich nicht gerade durch vielschichtige Erzählkunst hervortut, erlauben die vielen kurzen Szenen einen unterhaltsamen, kurzweiligen Einblick in fünf turbulente Jahrzehnte. Die eher kurzen Kapitel und Abschnitte sorgen dafür, dass sich "Liebe machen" sehr gut als Reise- oder Zuglektüre eignet. Dennoch ist der Roman keine Lektüre, die man an einem Tag herunterliest, dafür passiert einfach zu viel auf wenig Raum. Rund um unkomplizierte Alltagsszenarien sind immer wieder historische Begebenheiten eingebaut, die die beiden dargestellten Lebenswege echter und greifbarer erscheinen lassen. Gesellschaftlicher Umschwung wie das Leben in Kommunen, Trampen durch ganz Deutschland, sexuelle Befreiung oder der Beginn der Feierkultur; bahnbrechende Erfindungen wie der Walkman; historische Ereignisse wie der Mauerfall, politische Richtungswechsel oder die Einführung des Euros und natürlich musikalische Umschwünge und die Kinderschuhe der Popkultur - all das wird kurz zwar aber sehr anschaulich vor dem Leser ausgebreitet.


"Aber Liebe kann man doch eigentlich gar nicht machen. Man kann sich verlieben, den Zustand gegenseitiger Faszination erleben, tiefe Zuneigung und echte Liebe für einen Menschen empfinden und sich im günstigsten Fall miteinander vereinen."


Zusammen mit Liedern, Filmen, Zeichentrickserien oder neuen Modetrends ergeben sich dadurch viele Anknüpfungspunkte für persönliche Erinnerungen an die Zeit und viel Platz für die Nostalgie des Lesers. Da ich selbst ein 2000er-Kind bin, hat das bei mir mit dem persönlichen Bezug zwar nicht funktioniert, dennoch konnte ich den Spirit der Zeit gut fühlen und nachempfinden, was diese Generation angetrieben hat. Gerade die positive Weltsicht, die Einfachheit des Lebens und die Offenheit für neue Erfahrungen ist etwas, was ich sehr an dem Denken und Leben dieser Zeit schätze und im Jetzt manchmal vermisse. Neben der klar vermittelten Carpe-Diem-Mentalität sind auch noch viele weitere philosophische Ansätze, kluge Gedanken und scharfsinnige Beobachtungen in den 286 Seiten versteckt und auch die beiden Protagonisten konnten mich überzeugen. Sowohl Götz als auch Dagmar sind solide, aber sich entwickelnde Protagonisten, die wir durch die vielen alltäglichen Szenen und durch die Tatsache, dass wir sie fast ihr ganzes Leben lang begleiten, mit all ihren Eigenarten und Geistesblitzen kennenlernen. Auch wenn es manchmal frustrierend zu lesen ist, wie die beiden sich immer wieder knapp verpassen, schaffen ihre Begegnungen, die abwechselnden Perspektiven und die vielen Parallelen, die sich charmant durch beide Lebensgeschichten ziehen, einen klaren roter Faden. Vor allem aber verbindet und zeichnet die beiden ihre ständige Sehnsucht nach mehr aus, die auch eines der Hauptmotive des Romans ist: sehnsuchtsvolles Streben an sich, nach Glück, nach Liebe, nach Freiheit, nach Sinn nach Erfüllung ...


"Er empfand sein Leben als gelungen, er hatte vieles erreicht, und das Polster, das er sich angespart hatte, erlaubte ihm allerlei Kapriolen, und doch war das meiste Routine und Wiederholung. Es tat sich nichts Neues, es geschahen keine unerwarteten Dinge. Etwas war ihm entglitten, abhandengekommen, es war, als fehlte ein Modul, wie wenn man aus einem Orchester ein wichtiges Instrument entfernte. Die Musik klang angenehm und garmonierte, aber irgendetwas vermisste man. Etwas Überraschendes, etwas, das die Seele ansprach, ganz tief drinnen."


Hier kommen auch einige magische, übernatürlich schicksalshaft anmutende Szenen in Kombination mit Liebe oder Musik ins Spiel. Einige Szenen und Zufälle wirken vielleicht ein wenig gewollt, doch wer sich ganz fallen lässt, wird sich davon nicht stören lassen. Auch darüber, dass es ab und an mal etwas vor sich hinplätschert, muss man hinwegsehen. Durch die szenische Schreibweise gibt es keine intensive, emotionale, durchgehende Handlung und eher der Gesamteindruck macht die Anziehung auf. Mehrmals kam mir der Gedanke, dass der Roman sich bestimmt auch gut als Film oder Theaterstück machen würde. Etwas problematisch fand ich nur, dass die Zeitsprünge zwischen den einzelnen Szenen mit zunehmender Seitenzahl immer größer werden. Während die 70er und 80er farbenfroh ausgebreitet werden, hetzen wir durch die anderen Jahrzehnte nur schnell durch und verlieren leider auch kurzzeitig die Bindung und das Gefühl für die Protagonisten, die innerhalb weniger Seiten 20 Jahrzehnte erleben. Und dann kommt das Ende - das Ende, das gleichzeitig ein neuer Anfang ist und herrlich viel offenlässt.


"Letztlich ist die sogenannte Liebe oft nur ein Versuch, sich selbst näherzukomme. Doch durch Egoismus, Verspannung und schräge Erwartungen verhindern die meisten Menschen ihr wahres Glück."





Fazit:


Unterhaltsam, kurzweilig, bunt - "Liebe machen" ist eine episodisch geschriebene (Zeit-)Reise durch die Geschichte der Bundesrepublik von 1970 bis in die Gegenwart aus zwei Perspektiven, die durch eine schicksalshafte Liebe miteinander verbunden sind.

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Veröffentlicht am 12.08.2020

Viel besser als der erste Teil, dennoch mit Schwächen!

A is for Abstinence
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Nachdem ich "V is for Virgin" sehr zwiegespalten gegenüberstand und der erste Teil der Dilogie ja noch sehr viel Luft für den zweiten offen ließ, war ich gespannt, ob "A is for Abstinence" die verpassten ...

Nachdem ich "V is for Virgin" sehr zwiegespalten gegenüberstand und der erste Teil der Dilogie ja noch sehr viel Luft für den zweiten offen ließ, war ich gespannt, ob "A is for Abstinence" die verpassten Chancen und offenen Fragen des Vorgängers aufgreifen und weiterführen würde. Und überraschenderweise hat mir dieser Teil tatsächlich besser gefallen als der erste, vollständig warm geworden mit der Geschichte bin ich aber leider immer noch nicht.


"Meinetwegen. Du musst gehen", sagte ich und streichelte ihre Wange. "Aber das hier ist kein Lebewohl. Diesmal werde ich dich nicht einfach so gehen lassen."


Das Cover ist mit dem großen weißen "A" auf dunkelblauem Grund und umrahmt von bunten Farbwirbeln definitiv ein Hingucker und passt perfekt zur Gestaltung des ersten Teils. Tatsächlich gefällt mir hier aber wieder die englische Originalversion besser, in der diesmal wieder ein Anhänger zu sehen ist, diesmal das "A" einer Abstinenz-Kette, das am Handgelenk eines Mannes in Lederjacke baumelt. Dass der Verlag den passenden Titel aus dem Englischen übernommen hat, ist natürlich wieder ein großer Pluspunkt! Nett ist auch, dass hier die Kapitelüberschriften alle im Stil des Titels gehalten sind, also zum Beispiel "P steht für Pläne" oder "W steht für Wiedersehen" heißen. Warum das aber nur im zweiten und nicht schon im ersten Teil so gemacht wurde, erschließt sich mir nicht ganz.


Erster Satz: "Die Musik im Club verstummte und jemand richtete einen Scheinwerfer auf mich."


Die Geschichte beginnt wie schon der erste Teil mit einem eher unschönen Beziehungsende. Wo es im ersten Band Val war, die wegen ihrer Enthaltsamkeit sitzen gelassen wurde, trifft es hier Kyle, der auf seiner eigenen Geburtstagsfeier von seiner Verlobten betrogen wird. Wie ich gehofft hatte, wird also einiges, was im Epilog des ersten Teils übergangen und übersprungen wurde, hier nochmal erläutert, sodass der zweite Teil zeitlich etwas vor dem Epilog ansetzt und auf das Wiedersehen von Val und Kyle in der Fernsehshow hinleitet, welches wir ja im Epilog schon lesen durften. Wir erfahren hier also, wie Kyle über den Betrug seiner Verlobten hinwegkommt, Cara ihre Jugendliebe Shane heiratet, Kyle nach dem Tod eines Bandmitglieds wieder langsam zur Musik findet und neu inspiriert das Bedürfnis hat, Val wiederzusehen. Nachdem die beiden in der Show aufeinandertreffen, geht alles sehr schnell, alte Gefühle kommen wieder hoch und Kyle, der durch den Verrat seiner Verlobten auf den Boden zurückgeholt wurde, gelobt für Val abstinent zu sein und mit ihr zu warten. Doch nicht nur die Abstinenz-Challenge macht dem jungen Paar zu schaffen - auch die Tatsache, dass sie sich niemals richtig kennengelernt haben, ihre vollen Terminkalender und die große räumliche Distanz zwischen ihren beiden neuen Heimatstädten erschweren ihre neue Beziehung...


"Diesmal würde alles anders werden. Dieses Lied würde Val nicht hassen. Sie würde es lieben. Die ganze Welt würde es lieben. (...) Dieser Moment, genau jetzt, war der Beginn von etwas Großem. Kyle und Val: die Fortsetzung."


Wo die Beziehung zwischen Val und Kyle im ersten Band sehr untergegangen und mehr dezentes, teilweise störendes Beiwerk war, rückt nun endlich die versprochene Liebesgeschichte in den Vordergrund und der Leser darf mit den beiden durch die Hochs und Tiefs einer neuen Beziehung gehen. Mit etwas mehr Abstand zu Vals Kampagne und dem Einblick in Kyles Gefühle und Gedanken durch die Erzählung aus seiner Perspektive, kommen auch endlich mehr Hintergründe, Tiefe und Gefühle ans Licht. Auch wenn noch weitere von Val gegründete Organisationen wie die "F is for Familie"-Stiftung, Kyles neues Album und Freunde aus der Jugendzeit vorkommen, geht es hier endlich in erster Linie nur um sie beide und ihre Beziehung zueinander. Und leider fangen hier schon wieder die Probleme an. Denn wo mir im ersten Teil viel zu viel passiert ist, sind die wirklich wichtigen Szenen hier rar gesät und die Story plätschert mehr oder weniger ziellos vor sich hin. Die beiden Protagonisten leben ziemlich viel an sich vorbei, haben ständig Termine und so hatte ich leider auch nach 200 Seiten noch das Gefühl, dass die beiden sich nicht wirklich kennen und ihre Liebe nur auf Anziehung und Chemie beruht. Es gab ein paar wirklich süße Szenen, wirklich tiefe Gefühle kamen bei mir aber einfach nicht an.


"Ich bin bereit, dieses Opfer zu bringen, weil ich denke, dass du es wert bist. Ich werde nicht alles an dir mögen, und du wirst nicht alles an mir mögen, aber das bedeutet nicht, das wir es nicht hinbekommen können." (...) "Wir haben da etwas Besonderes", sagte ich leise. "Ich kann es spüren. Und ich glaube, das kannst du auch."


Zwar sind die beiden in den vier Jahren, die uns vom ersten Teil trennen, sichtlich gereift und erwachsener geworden, doch auch hier hatte ich mit den beiden so meine Problemchen. Kyles Sympathiewert tut es sehr gut, dass er hier mal selbst zu Wort kommt und nicht nur aus Vals Sicht präsentiert wird. Ebenfalls positiv ist, dass wir hier erstmal ein bisschen Zeit bekommen, ihn kennenzulernen, bevor er wieder auf Val trifft. Leider wirkt er oftmals trotzdem immer noch ein bisschen wie ein sexgeiler Neandertaler und tritt äußerst unsensibel von einem Fettnäpfchen ins nächste, sodass ich auch hier nicht vollständig mit ihm warm wurde. Val hingegen wird von Kyle fast schon glorifiziert, sodass sie wie die Überheldin schlechthin dargestellt wird, auf der anderen Seite aber manchmal etwas distanziert und unergründlich bleibt, was wohl daher kommt, dass sie Kyle oft ein Rätsel ist und wir hier nicht in ihrer Perspektive lesen. Alles in allem fehlte mir hier also Vals Stimme, während im ersten Teil Kyle fast nur als Witzfigur am Rande vorkam, sodass es mir besser gefallen hätte, wenn wir in beiden Bänden beide Perspektiven erfahren hätten. Davon hätten beide Seiten der Geschichte, die Handlung und die Sympathiewerte der Figuren wirklich profitiert. Schön ist hingegen, dass neben Val und Kyle auch ein paar Nebenfiguren wie Cara, Shane oder Robin ein bisschen mehr Platz zugestanden wird. Der kurze und nicht sehr rühmliche Gastauftritt des männlichen Protagonisten aus "Cinder und Ella" hat mich ebenfalls sehr gefreut und zum Lachen gebracht.


"Unsere Lippen berührten sich und wir explodierten. Wir waren wie Benzin und Feuer. Jahre der unerfüllten Sehnsucht, die plötzlich entfesselt wurde. Wir waren nur noch Verlangen, Leidenschaft und Begierde. Es war episch."


Was mich an "A is for Abstinence" aber am meisten gestört hat, war das Ende. Schon während des Mittelteils, als die Beziehung zwischen Kyle und Val etwas ziellos durch Höhen und Tiefen steuerte, habe ich mich gefragt, wie die Geschichte enden soll und eine miese Vorahnung gehabt. Und tatsächlich: die Autorin schustert sich auf wenigen Seiten ein zuckersüßes Happy End zusammen, geht mit ihren Protagonisten den Weg des geringsten Widerstands und lässt damit die ganze sorgfältig aufgebaute Message des ersten Teils in sich zusammenfallen.


Fazit:


"A is for Abstinence" bringt endlich die versprochene Liebesgeschichte, beantwortet durch eine andere Schwerpunktsetzung als der erste Teil viele offene Fragen und bügelt damit vieles aus, was dieser verpasst hat. In Kombination wirken die beiden Bände also doch noch rund zusammen und ergänzen sich gut, alles in allem hatte dieser zweite Teil und auch die ganze Reihe aber zu viele Schwächen, als das sie mich wirklich überzeugen hätte können.

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Veröffentlicht am 12.08.2020

Viel besser als der erste Teil, dennoch mit Schwächen!

A is for Abstinence
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Nachdem ich "V is for Virgin" sehr zwiegespalten gegenüberstand und der erste Teil der Dilogie ja noch sehr viel Luft für den zweiten offen ließ, war ich gespannt, ob "A is for Abstinence" die verpassten ...

Nachdem ich "V is for Virgin" sehr zwiegespalten gegenüberstand und der erste Teil der Dilogie ja noch sehr viel Luft für den zweiten offen ließ, war ich gespannt, ob "A is for Abstinence" die verpassten Chancen und offenen Fragen des Vorgängers aufgreifen und weiterführen würde. Und überraschenderweise hat mir dieser Teil tatsächlich besser gefallen als der erste, vollständig warm geworden mit der Geschichte bin ich aber leider immer noch nicht.


"Meinetwegen. Du musst gehen", sagte ich und streichelte ihre Wange. "Aber das hier ist kein Lebewohl. Diesmal werde ich dich nicht einfach so gehen lassen."


Das Cover ist mit dem großen weißen "A" auf dunkelblauem Grund und umrahmt von bunten Farbwirbeln definitiv ein Hingucker und passt perfekt zur Gestaltung des ersten Teils. Tatsächlich gefällt mir hier aber wieder die englische Originalversion besser, in der diesmal wieder ein Anhänger zu sehen ist, diesmal das "A" einer Abstinenz-Kette, das am Handgelenk eines Mannes in Lederjacke baumelt. Dass der Verlag den passenden Titel aus dem Englischen übernommen hat, ist natürlich wieder ein großer Pluspunkt! Nett ist auch, dass hier die Kapitelüberschriften alle im Stil des Titels gehalten sind, also zum Beispiel "P steht für Pläne" oder "W steht für Wiedersehen" heißen. Warum das aber nur im zweiten und nicht schon im ersten Teil so gemacht wurde, erschließt sich mir nicht ganz.


Erster Satz: "Die Musik im Club verstummte und jemand richtete einen Scheinwerfer auf mich."


Die Geschichte beginnt wie schon der erste Teil mit einem eher unschönen Beziehungsende. Wo es im ersten Band Val war, die wegen ihrer Enthaltsamkeit sitzen gelassen wurde, trifft es hier Kyle, der auf seiner eigenen Geburtstagsfeier von seiner Verlobten betrogen wird. Wie ich gehofft hatte, wird also einiges, was im Epilog des ersten Teils übergangen und übersprungen wurde, hier nochmal erläutert, sodass der zweite Teil zeitlich etwas vor dem Epilog ansetzt und auf das Wiedersehen von Val und Kyle in der Fernsehshow hinleitet, welches wir ja im Epilog schon lesen durften. Wir erfahren hier also, wie Kyle über den Betrug seiner Verlobten hinwegkommt, Cara ihre Jugendliebe Shane heiratet, Kyle nach dem Tod eines Bandmitglieds wieder langsam zur Musik findet und neu inspiriert das Bedürfnis hat, Val wiederzusehen. Nachdem die beiden in der Show aufeinandertreffen, geht alles sehr schnell, alte Gefühle kommen wieder hoch und Kyle, der durch den Verrat seiner Verlobten auf den Boden zurückgeholt wurde, gelobt für Val abstinent zu sein und mit ihr zu warten. Doch nicht nur die Abstinenz-Challenge macht dem jungen Paar zu schaffen - auch die Tatsache, dass sie sich niemals richtig kennengelernt haben, ihre vollen Terminkalender und die große räumliche Distanz zwischen ihren beiden neuen Heimatstädten erschweren ihre neue Beziehung...


"Diesmal würde alles anders werden. Dieses Lied würde Val nicht hassen. Sie würde es lieben. Die ganze Welt würde es lieben. (...) Dieser Moment, genau jetzt, war der Beginn von etwas Großem. Kyle und Val: die Fortsetzung."


Wo die Beziehung zwischen Val und Kyle im ersten Band sehr untergegangen und mehr dezentes, teilweise störendes Beiwerk war, rückt nun endlich die versprochene Liebesgeschichte in den Vordergrund und der Leser darf mit den beiden durch die Hochs und Tiefs einer neuen Beziehung gehen. Mit etwas mehr Abstand zu Vals Kampagne und dem Einblick in Kyles Gefühle und Gedanken durch die Erzählung aus seiner Perspektive, kommen auch endlich mehr Hintergründe, Tiefe und Gefühle ans Licht. Auch wenn noch weitere von Val gegründete Organisationen wie die "F is for Familie"-Stiftung, Kyles neues Album und Freunde aus der Jugendzeit vorkommen, geht es hier endlich in erster Linie nur um sie beide und ihre Beziehung zueinander. Und leider fangen hier schon wieder die Probleme an. Denn wo mir im ersten Teil viel zu viel passiert ist, sind die wirklich wichtigen Szenen hier rar gesät und die Story plätschert mehr oder weniger ziellos vor sich hin. Die beiden Protagonisten leben ziemlich viel an sich vorbei, haben ständig Termine und so hatte ich leider auch nach 200 Seiten noch das Gefühl, dass die beiden sich nicht wirklich kennen und ihre Liebe nur auf Anziehung und Chemie beruht. Es gab ein paar wirklich süße Szenen, wirklich tiefe Gefühle kamen bei mir aber einfach nicht an.


"Ich bin bereit, dieses Opfer zu bringen, weil ich denke, dass du es wert bist. Ich werde nicht alles an dir mögen, und du wirst nicht alles an mir mögen, aber das bedeutet nicht, das wir es nicht hinbekommen können." (...) "Wir haben da etwas Besonderes", sagte ich leise. "Ich kann es spüren. Und ich glaube, das kannst du auch."


Zwar sind die beiden in den vier Jahren, die uns vom ersten Teil trennen, sichtlich gereift und erwachsener geworden, doch auch hier hatte ich mit den beiden so meine Problemchen. Kyles Sympathiewert tut es sehr gut, dass er hier mal selbst zu Wort kommt und nicht nur aus Vals Sicht präsentiert wird. Ebenfalls positiv ist, dass wir hier erstmal ein bisschen Zeit bekommen, ihn kennenzulernen, bevor er wieder auf Val trifft. Leider wirkt er oftmals trotzdem immer noch ein bisschen wie ein sexgeiler Neandertaler und tritt äußerst unsensibel von einem Fettnäpfchen ins nächste, sodass ich auch hier nicht vollständig mit ihm warm wurde. Val hingegen wird von Kyle fast schon glorifiziert, sodass sie wie die Überheldin schlechthin dargestellt wird, auf der anderen Seite aber manchmal etwas distanziert und unergründlich bleibt, was wohl daher kommt, dass sie Kyle oft ein Rätsel ist und wir hier nicht in ihrer Perspektive lesen. Alles in allem fehlte mir hier also Vals Stimme, während im ersten Teil Kyle fast nur als Witzfigur am Rande vorkam, sodass es mir besser gefallen hätte, wenn wir in beiden Bänden beide Perspektiven erfahren hätten. Davon hätten beide Seiten der Geschichte, die Handlung und die Sympathiewerte der Figuren wirklich profitiert. Schön ist hingegen, dass neben Val und Kyle auch ein paar Nebenfiguren wie Cara, Shane oder Robin ein bisschen mehr Platz zugestanden wird. Der kurze und nicht sehr rühmliche Gastauftritt des männlichen Protagonisten aus "Cinder und Ella" hat mich ebenfalls sehr gefreut und zum Lachen gebracht.


"Unsere Lippen berührten sich und wir explodierten. Wir waren wie Benzin und Feuer. Jahre der unerfüllten Sehnsucht, die plötzlich entfesselt wurde. Wir waren nur noch Verlangen, Leidenschaft und Begierde. Es war episch."


Was mich an "A is for Abstinence" aber am meisten gestört hat, war das Ende. Schon während des Mittelteils, als die Beziehung zwischen Kyle und Val etwas ziellos durch Höhen und Tiefen steuerte, habe ich mich gefragt, wie die Geschichte enden soll und eine miese Vorahnung gehabt. Und tatsächlich: die Autorin schustert sich auf wenigen Seiten ein zuckersüßes Happy End zusammen, geht mit ihren Protagonisten den Weg des geringsten Widerstands und lässt damit die ganze sorgfältig aufgebaute Message des ersten Teils in sich zusammenfallen.


Fazit:


"A is for Abstinence" bringt endlich die versprochene Liebesgeschichte, beantwortet durch eine andere Schwerpunktsetzung als der erste Teil viele offene Fragen und bügelt damit vieles aus, was dieser verpasst hat. In Kombination wirken die beiden Bände also doch noch rund zusammen und ergänzen sich gut, alles in allem hatte dieser zweite Teil und auch die ganze Reihe aber zu viele Schwächen, als das sie mich wirklich überzeugen hätte können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.08.2020

Viel besser als der erste Teil, dennoch mit Schwächen!

A is for Abstinence
0

Nachdem ich "V is for Virgin" sehr zwiegespalten gegenüberstand und der erste Teil der Dilogie ja noch sehr viel Luft für den zweiten offen ließ, war ich gespannt, ob "A is for Abstinence" die verpassten ...

Nachdem ich "V is for Virgin" sehr zwiegespalten gegenüberstand und der erste Teil der Dilogie ja noch sehr viel Luft für den zweiten offen ließ, war ich gespannt, ob "A is for Abstinence" die verpassten Chancen und offenen Fragen des Vorgängers aufgreifen und weiterführen würde. Und überraschenderweise hat mir dieser Teil tatsächlich besser gefallen als der erste, vollständig warm geworden mit der Geschichte bin ich aber leider immer noch nicht.


"Meinetwegen. Du musst gehen", sagte ich und streichelte ihre Wange. "Aber das hier ist kein Lebewohl. Diesmal werde ich dich nicht einfach so gehen lassen."


Das Cover ist mit dem großen weißen "A" auf dunkelblauem Grund und umrahmt von bunten Farbwirbeln definitiv ein Hingucker und passt perfekt zur Gestaltung des ersten Teils. Tatsächlich gefällt mir hier aber wieder die englische Originalversion besser, in der diesmal wieder ein Anhänger zu sehen ist, diesmal das "A" einer Abstinenz-Kette, das am Handgelenk eines Mannes in Lederjacke baumelt. Dass der Verlag den passenden Titel aus dem Englischen übernommen hat, ist natürlich wieder ein großer Pluspunkt! Nett ist auch, dass hier die Kapitelüberschriften alle im Stil des Titels gehalten sind, also zum Beispiel "P steht für Pläne" oder "W steht für Wiedersehen" heißen. Warum das aber nur im zweiten und nicht schon im ersten Teil so gemacht wurde, erschließt sich mir nicht ganz.


Erster Satz: "Die Musik im Club verstummte und jemand richtete einen Scheinwerfer auf mich."


Die Geschichte beginnt wie schon der erste Teil mit einem eher unschönen Beziehungsende. Wo es im ersten Band Val war, die wegen ihrer Enthaltsamkeit sitzen gelassen wurde, trifft es hier Kyle, der auf seiner eigenen Geburtstagsfeier von seiner Verlobten betrogen wird. Wie ich gehofft hatte, wird also einiges, was im Epilog des ersten Teils übergangen und übersprungen wurde, hier nochmal erläutert, sodass der zweite Teil zeitlich etwas vor dem Epilog ansetzt und auf das Wiedersehen von Val und Kyle in der Fernsehshow hinleitet, welches wir ja im Epilog schon lesen durften. Wir erfahren hier also, wie Kyle über den Betrug seiner Verlobten hinwegkommt, Cara ihre Jugendliebe Shane heiratet, Kyle nach dem Tod eines Bandmitglieds wieder langsam zur Musik findet und neu inspiriert das Bedürfnis hat, Val wiederzusehen. Nachdem die beiden in der Show aufeinandertreffen, geht alles sehr schnell, alte Gefühle kommen wieder hoch und Kyle, der durch den Verrat seiner Verlobten auf den Boden zurückgeholt wurde, gelobt für Val abstinent zu sein und mit ihr zu warten. Doch nicht nur die Abstinenz-Challenge macht dem jungen Paar zu schaffen - auch die Tatsache, dass sie sich niemals richtig kennengelernt haben, ihre vollen Terminkalender und die große räumliche Distanz zwischen ihren beiden neuen Heimatstädten erschweren ihre neue Beziehung...


"Diesmal würde alles anders werden. Dieses Lied würde Val nicht hassen. Sie würde es lieben. Die ganze Welt würde es lieben. (...) Dieser Moment, genau jetzt, war der Beginn von etwas Großem. Kyle und Val: die Fortsetzung."


Wo die Beziehung zwischen Val und Kyle im ersten Band sehr untergegangen und mehr dezentes, teilweise störendes Beiwerk war, rückt nun endlich die versprochene Liebesgeschichte in den Vordergrund und der Leser darf mit den beiden durch die Hochs und Tiefs einer neuen Beziehung gehen. Mit etwas mehr Abstand zu Vals Kampagne und dem Einblick in Kyles Gefühle und Gedanken durch die Erzählung aus seiner Perspektive, kommen auch endlich mehr Hintergründe, Tiefe und Gefühle ans Licht. Auch wenn noch weitere von Val gegründete Organisationen wie die "F is for Familie"-Stiftung, Kyles neues Album und Freunde aus der Jugendzeit vorkommen, geht es hier endlich in erster Linie nur um sie beide und ihre Beziehung zueinander. Und leider fangen hier schon wieder die Probleme an. Denn wo mir im ersten Teil viel zu viel passiert ist, sind die wirklich wichtigen Szenen hier rar gesät und die Story plätschert mehr oder weniger ziellos vor sich hin. Die beiden Protagonisten leben ziemlich viel an sich vorbei, haben ständig Termine und so hatte ich leider auch nach 200 Seiten noch das Gefühl, dass die beiden sich nicht wirklich kennen und ihre Liebe nur auf Anziehung und Chemie beruht. Es gab ein paar wirklich süße Szenen, wirklich tiefe Gefühle kamen bei mir aber einfach nicht an.


"Ich bin bereit, dieses Opfer zu bringen, weil ich denke, dass du es wert bist. Ich werde nicht alles an dir mögen, und du wirst nicht alles an mir mögen, aber das bedeutet nicht, das wir es nicht hinbekommen können." (...) "Wir haben da etwas Besonderes", sagte ich leise. "Ich kann es spüren. Und ich glaube, das kannst du auch."


Zwar sind die beiden in den vier Jahren, die uns vom ersten Teil trennen, sichtlich gereift und erwachsener geworden, doch auch hier hatte ich mit den beiden so meine Problemchen. Kyles Sympathiewert tut es sehr gut, dass er hier mal selbst zu Wort kommt und nicht nur aus Vals Sicht präsentiert wird. Ebenfalls positiv ist, dass wir hier erstmal ein bisschen Zeit bekommen, ihn kennenzulernen, bevor er wieder auf Val trifft. Leider wirkt er oftmals trotzdem immer noch ein bisschen wie ein sexgeiler Neandertaler und tritt äußerst unsensibel von einem Fettnäpfchen ins nächste, sodass ich auch hier nicht vollständig mit ihm warm wurde. Val hingegen wird von Kyle fast schon glorifiziert, sodass sie wie die Überheldin schlechthin dargestellt wird, auf der anderen Seite aber manchmal etwas distanziert und unergründlich bleibt, was wohl daher kommt, dass sie Kyle oft ein Rätsel ist und wir hier nicht in ihrer Perspektive lesen. Alles in allem fehlte mir hier also Vals Stimme, während im ersten Teil Kyle fast nur als Witzfigur am Rande vorkam, sodass es mir besser gefallen hätte, wenn wir in beiden Bänden beide Perspektiven erfahren hätten. Davon hätten beide Seiten der Geschichte, die Handlung und die Sympathiewerte der Figuren wirklich profitiert. Schön ist hingegen, dass neben Val und Kyle auch ein paar Nebenfiguren wie Cara, Shane oder Robin ein bisschen mehr Platz zugestanden wird. Der kurze und nicht sehr rühmliche Gastauftritt des männlichen Protagonisten aus "Cinder und Ella" hat mich ebenfalls sehr gefreut und zum Lachen gebracht.


"Unsere Lippen berührten sich und wir explodierten. Wir waren wie Benzin und Feuer. Jahre der unerfüllten Sehnsucht, die plötzlich entfesselt wurde. Wir waren nur noch Verlangen, Leidenschaft und Begierde. Es war episch."


Was mich an "A is for Abstinence" aber am meisten gestört hat, war das Ende. Schon während des Mittelteils, als die Beziehung zwischen Kyle und Val etwas ziellos durch Höhen und Tiefen steuerte, habe ich mich gefragt, wie die Geschichte enden soll und eine miese Vorahnung gehabt. Und tatsächlich: die Autorin schustert sich auf wenigen Seiten ein zuckersüßes Happy End zusammen, geht mit ihren Protagonisten den Weg des geringsten Widerstands und lässt damit die ganze sorgfältig aufgebaute Message des ersten Teils in sich zusammenfallen.


Fazit:


"A is for Abstinence" bringt endlich die versprochene Liebesgeschichte, beantwortet durch eine andere Schwerpunktsetzung als der erste Teil viele offene Fragen und bügelt damit vieles aus, was dieser verpasst hat. In Kombination wirken die beiden Bände also doch noch rund zusammen und ergänzen sich gut, alles in allem hatte dieser zweite Teil und auch die ganze Reihe aber zu viele Schwächen, als das sie mich wirklich überzeugen hätte können.

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