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Veröffentlicht am 01.08.2020

Gefühlsintensiver aber dadurch ein bisschen oberflächlicher.

Marriage on Madison Avenue
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Diese Rezension muss ich wieder damit beginnen, mir selbst auf die Schulter zu klopfen, da ich mal wieder Gespür bewiesen und diese Reihe nach dem eher mittelmäßig guten ersten Band nicht abgeschrieben ...

Diese Rezension muss ich wieder damit beginnen, mir selbst auf die Schulter zu klopfen, da ich mal wieder Gespür bewiesen und diese Reihe nach dem eher mittelmäßig guten ersten Band nicht abgeschrieben habe (ich bin so gut, halleluja 😊). Während mich "Passion on Park Avenue" mit den eher farblosen Protagonisten, dem konstruierten Handlungsverlauf und den oberflächlichen Gefühlen nicht überzeugen konnte und die Fortsetzung "Love on Lexington Avenue" um Welten besser war und alles bot, was man sich von einer unterhaltsamen Liebesgeschichte wünscht, schließt "Marriage on Madison Avenue" die Reihe mit einer lockeren, unterhaltsamen Friends-to-Lovers-Geschichte ab.

Schon das Cover bereitet darauf vor und lässt eine lockere, romantische Geschichte mitten in New York, aber nicht unbedingt Tiefgang erwarten. Auch wenn die Gestaltung mit den bunten Lichtpunkten und der Skyline schön anzusehen ist, finde ich das Originalcover dennoch um WELTEN besser! Dort ist nämlich die peppige Strichzeichnung einer Frau in einem Hochzeitskleid zu sehen, die in ein Taxi einsteigt. Dieser Entwurf hat meiner Meinung nach mehr Pepp, Wiedererkennungswert und außerdem ist die Darstellung der Protagonistin weitaus aussagekräftiger als nur die Skyline allein. Schön finde ich, dass sich das Motiv in den Leselaschen fortsetzt und in der vorderen Leselasche die ganze Trilogie abgebildet ist.


Erster Satz: "Von diesem Augenblick hatte Audrey Tate Dutzende von Malen geträumt."


Auch der letzte Teil der Reihe beginnt mit einem kurzen Prolog, in dem für alle neuen Leser kurz der Hintergrund der Trilogie erläutert wird, während alle, die schon die ersten Teile kennen, sich noch mal in Erinnerung rufen können, auf was die Reihe fußt: Drei Frauen, die sich von der Beerdigung ihres Mannes, Freundes oder Liebhabers drücken, sich im Central Park durch Zufall treffen und die gleichen Schuhe tragen - das ist auf jeden Fall die beste Grundlage für eine lebenslange Freundschaft (weiß man ja auch aus "Die Schadenfreundinnen" ). Nachdem Claire, Audrey und Naomi vom selben Mann hintergangen und betrogen wurden, haben sie sich geschworen, sich gegenseitig vor weiteren Herzensbrechern zu beschützen. In "Passion on Park Avenue" hat Braydens ehemalige Geliebte Naomi im stilvollen Architekten Oliver schon ihren Traummann gefunden. Auch Braydens Witwe Claire hat der Liebe eine zweite Chance gegeben und ist nun mit dem Innendesigner Scott verheiratet. Jetzt fehlt nur noch der perfekte Mann für die dritte im Bunde: Braydens Freundin, die Influencerin Audrey Tate. Dass sie diesen schon die ganze Zeit direkt vor der Nase hatte, bemerkt sie erst, als sie durch eine gefakte Verlobung mit ihrem besten Freund Clarke, Gefühle für ihn entdeckt. Doch wie sollen sie aus der Verlobungssache wieder herauskommen, ohne ihre Freundschaft zu zerstören?


"Ob ich weiß, was ich da tue? Nicht wirklich. Will ich aufhören, mit ihm zu schlafen? Nein. Will ich die Hochzeit abblasen? Nein. Was hat das zu bedeuten? Keine Ahnung."


Tatsächlich schaffte es dieser letzte Band endlich, eine größere gefühlsmäßige Nähe zur Handlung und den Protagonisten zu vermitteln und während ich bei den ersten zwei Bänden das Geschehen noch mit ein wenig mehr Abstand betrachtet habe, konnte ich hier sehr mit Audrey und Clarke mitfiebern. Die Autorin baut die sich entwickelnde neue Spannung zwischen den beiden Freunden sehr langsam und authentisch auf und nimmt sich viel Zeit, für die neuen Gefühle. Zwar plätschert die Handlung dadurch etwas gemächlich vor sich hin, durch die Hochzeitsvorbereitungen der gefakten Verlobung ist jedoch ein klarer roter Faden zu sehen, der die einzelnen Szenen, in denen Clarke und Audrey zusammentreffen, verbindet. Zwischen die Gefühle mischen sich immer wieder Hochzeitsvorbereitungen, High-Society-Events und der Instagram-Alltag einer Influencerin mitten in New York, was für ein witziges, spritziges, romantisches Flair sorgt. Gepaart mit dem Sex-and-the-City-Touch, der ja schon dem ersten Teil anhaftete, mit Glamour, Luxus und High-Society-Events in der Stadt der endlosen Möglichkeiten und einer spaßigen Lovestory, liest sich diese Selbstfindungsgeschichte sehr schnell und locker weg und machte definitiv süchtig. Dafür sorgten auch Lauren Laynes flüssiger Schreibstil und ihre treffenden Beschreibungen, mit denen sie das Setting lebendig werden ließ. Man merkt der ganzen Reihe an, dass die Autorin selbst seit Jahren in Manhattan wohnt und deshalb die Licht- sowie die Schattenseiten der spannenden Stadt New York treffend einzufangen weiß.


"Das war kein Theater. Nicht ich war die Frau, die er brauchte. Wahrscheinlich war ich es nie. Clarke hat mich nie auf diese Weise geküsst."
"Auf welche Weise?", platzte Audrey unwillkürlich heraus.
"Als folgte er einem inneren Drang und glaubte, sterben zu müssen, wenn er es nicht täte. Als sei ich das Einzige, was zählt, das Einzige, was er sieht."


Dabei ist der dritte Teil aber leider wieder etwas oberflächlicher als der zweite Band und mit vielen NYC-Upper-Class-Klischees sowie viel unnötiges Drama (kupplerische Mutter, eifersüchtige Exfreundin, gemeine Internet-Klatschbasen) recht vorhersehbar. Über die "Probleme" der Reichen und Schönen muss man manchmal die Augen verdrehen, aber da sich die Geschichte selbst nicht ganz ernst zu nehmen scheint, geht das klar. Für das prickelndere Leseerlebnis sorgte auch die stimmige Chemie zwischen Audrey und Tate, von denen man schon im ersten Teil hoffte, dass sie irgendwann zusammen kommen würden.


"Er ist immerhin Clarke, nicht wahr?" Sie sagte das mit einem wissenden Lächeln, einem gemeinsamen Einverständnis zwischen zwei Frauen, die den gleichen Mann liebten. Audrey zögerte, als Elizabeth davonging. Sie machte den Mund auf, um ihr zu versichern, dass ihre Ehe mit Clarke nicht so sein würde, dass sie nicht verliebt in ihren besten Freund war. Die Worte wollten ihr nicht über die Lippen kommen. Denn tief im Herzen wusste sie bereits, dass es eine Lüge war..."


Dadurch dass beide Protagonisten als personaler Er-Erzähler abwechselnd aus ihrer Sicht erzählen, erhalten wir einen guten Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt der beiden lebendigen Personen. Audrey ist so liebenswürdig, dass man sie einfach mögen muss und Clarke ist ein klarer Fall von Playboy mit weichem Herz. Zwar kommen auch in der Charakterentwicklung einige Klischees zum Tragen und im letzten Drittel ging mir alles ein bisschen schnell aber dennoch kann die Geschichte durch eine durchaus realistische Liebesgeschichte punkten. Anders als in anderen Büchern des Genres bleibt die Autorin aber bei einer sehr "harmlosen" Beschreibung ihrer Beziehung und konzentriert sich eher auf Gefühle als auf Leidenschaft.


"Brayden war niemals mein Märchenprinz. Das war er von uns allen nicht. Er war die böse Hexe, der Troll, der Wolf im Schafspelz, aber nie der Prinz. Scott ist mein Prinz. Oliver ist Naomis Prinz. Und Clarke ist deiner"; schloss Claire sanft. Audrey wischte sich die Augen ab und blickte zwischen den beiden Frauen hin und her. Dann bekannte sie sich zu der Wahrheit, von der sie schon Gott weiß wie lange davonlief. Sie holte tief Luft: "Ich glaube, ich bin in Clarke verliebt."
Naomi seufzte und nahm sie in die Arme, tätschelte ihren Kopf: "Ach Süße. Natürlich bist du das."


Auch Naomi und Oliver, Claire und Scott und ein paar Nebencharaktere kommen natürlich wieder vor und in einigen kleinen Andeutungen werden den beiden Vorgängergeschichten noch mal ein Sahnehäubchen aufgesetzt. Insgesamt ist "Marriage on Madison Avenue" also ein sehr schöner Abschluss der Reihe.



Fazit:


Gefühlsintensiver aber dadurch ein bisschen oberflächlicher. "Marriage on Madison Avenue" ist eine typische Friends-to-Lovers-Geschichte, die mitreißt und der man den Verlauf auch vollkommen abnimmt.

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Veröffentlicht am 30.07.2020

Oberflächlich, sehr sprunghafte Entwicklungen und stereotype Protagonisten

Speed Love – Summer & Tyler
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Die Eindrücke:

Schreibstil: Karina Reiß beschreibt wie in diesem Genre üblich sehr locker-leicht das Entstehen einer Liebe aus zwei Perspektiven. Zwar ist ihr Schreibstil für die männliche Perspektive ...

Die Eindrücke:

Schreibstil:
Karina Reiß beschreibt wie in diesem Genre üblich sehr locker-leicht das Entstehen einer Liebe aus zwei Perspektiven. Zwar ist ihr Schreibstil für die männliche Perspektive manchmal ein bisschen zu blumig, dafür schafft sie es aber, die Rennsport-Atmosphäre packend einzufangen. Leider wird die ohnehin schon spärliche Sportkomponente aber häufig durch unangekündigte große Zeitsprünge noch mehr zerstückelt und die Autorin umschifft die etlichen potentiellen Probleme und handfesten Themen, die sich hier anbieten, eher als dass sie sie behandelt.

Handlung:
Ihren Titel "Speed Love" hat sich Karina Reiß wohl auch sehr zu Herzen genommen, denn die Geschichte rast auf den 200 Seiten geradezu dahin. Die schnelle Entwicklung ist dabei aber weniger im Sinne von "das Erzähltempo ist hoch" sondern mehr im Sinne von "sie sehen sich zwei mal, fallen übereinander her und plötzlich ist es Liebe" zu verstehen. Dazu kommt, dass einige Entwicklungen äußerst vorhersehbar waren (Spoiler: z.B. Tylers Unfall) und die Handlung teilweise so verkürzt anmutet, dass sich "Speed Love" mehr wie ein grobes Gerüst liest, das noch mit Inhalt ausgebaut werden müsste.

Protagonisten:
Leider hatte weder Tyler noch Summer wirklich Profil und die Beiden wirkten wie eine Zusammenstellung aller Eigenschaften, die eine weibliche oder männliche Person attraktiv machen. Gepaart mit der Tatsache, dass ich ihre Handlungen an einigen Stellen nicht nachvollziehen konnte, muss ich sagen, dass mich die Beiden und ihre Geschichte null berührt haben. Schade ist auch, dass von ihrer Anziehung und später Liebe nicht viel beim Leser ankommt.

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Das Urteil:

Oberflächlich, sehr sprunghafte Entwicklungen und stereotype Protagonisten - was Karina Reiß hier aus ihrer Geschichte macht, in der grundsätzlich viel Potential gesteckt hätte, konnte mich leider nicht überzeugen.

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Veröffentlicht am 24.07.2020

Ruhig, lebensnah, charmant und ungekünstelt!

Für eine Nacht sind wir unendlich
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"Für eine Nacht sind wir unendlich" ist mein erstes Buch von Lea Coplin, wird aber auf keinen Fall mein letztes gewesen sein. Denn Lea Coplin schreibt hier spritzig, emotional, aber nicht mit übertriebener ...

"Für eine Nacht sind wir unendlich" ist mein erstes Buch von Lea Coplin, wird aber auf keinen Fall mein letztes gewesen sein. Denn Lea Coplin schreibt hier spritzig, emotional, aber nicht mit übertriebener Dramatik von einer Nacht voller unendlicher Möglichkeiten und die Angst im Nacken, sie nicht ausreichend zu nutzen. Dank des Verlags, der mir schon vor Wochen ein Vorabexemplar zur Verfügung gestellt hat, kann ich euch heute, pünktlich zum Erscheinungstermin von meinen Gedanken dazu berichten.


Jonah: "Manchmal muss man eben einen Schritt zu weit gehen, um etwas zu bewirken. Weil man sonst kein Gehör bekommt."


Das Cover ist aufgeregt, dunkel, bunt und schimmernd - also genau wie die Geschichte, die dahinter verbogen liegt. Auch wenn der blau-pinke Lichtrahmen und das spiegelnde Quadrat einen Eye-Catcher-Effekt hervorrufen, ist mir das in Kombination mit dem Hintergrundmotiv ein bisschen zu viel, zu aufgeregt. Außerdem habe ich mir Liv und Jonah ganz anders vorgestellt, als hier abgebildet. Toll ist, dass ich in meiner Vorab-Box tolle Polaroid-Bilder mit Eindrücken aus Glastonbury, ein Festivalarmband mit dem Titel des Buchs, farbig passende Knicklichter, ein personalisierter Brief sowie die Playlist zum Buch als Zusätze erhalten habe.


Erster Satz: "Ich hatte schon bessere Tage, so viel ist sicher."


Die Geschichte beginnt am letzten Tag des berühmt-berüchtigten Festivals in Glastonbury, bei dem sich Jonah und Liv zum ersten Mal begegnen. Während Jonah von seinen Freunden überredet wurde, mitzugehen, von seiner Exfreundin angenervt ist und es kaum erwarten kann, zurück nach Frankfurt zu fahren, will Liv endlich ein bisschen etwas von dem Festival sehen, das sie bislang nur vom Foodtruck ihrer Tante aus miterleben konnte. Als die Beiden sich das erste Mal sehen, ist sofort eine gegenseitige Faszination zu spüren und auch wenn sie wissen, dass sich ihre Wege bald wieder trennen würden, wollen sie den anderen noch nicht gehen lassen. So ziehen sie gemeinsam los und sehen das Festival in seinen letzten Zügen plötzlich mit ganz anderen Augen, öffnen sich langsam füreinander und verschenken entgegen besseren Wissens vorsichtig ihr Herz...


Liv: "Er zuckt mit den Schultern. Und als wäre das Zugeständnis genug, machen wir uns gemeinsam auf den Weg dorthin. Zwei zufällig zusammengewürfelte Teilchen, von denen noch niemand sagen kann, ob sie sich anziehen oder abstoßen werden."


Ich habe in meiner "Lesekarriere" schon wirklich eine Menge New-Adult-Bücher gelesen und immer wieder das übertriebene Drama, die vielen Klischees und die aufgesetzten Probleme kritisiert, die leider oft mit emotionalen Geschichten des Genres einhergehen. Ganz dagegen gefeit ist "Für eine Nacht sind wir unendlich" natürlich auch nicht, dennoch gefielen mir die ruhigere Erzählweise, die lebensnahen Protagonisten und deren authentische Probleme sehr gut. Dadurch dass die gesamte Handlung nur an einem Tag passiert und die Protagonisten kaum 24 Stunden miteinander verbringen, ist das, was sie teilen intensiver, spontaner und ungehemmter. Die wenigen Seiten der Geschichte täuschen: durch die kompakte Erzählweise und das kurze Erzählintervall passiert hier eine ganze Menge und es wird garantiert nicht langweilig. Ein fröhliches Prickeln, kaum Zeit zum Nachdenken, die ständige Gegenwart des anderen und eine sich schleichend einstellende Nähe - So entwickelt sich die Liebe zwischen ihnen langsam Schritt für Schritt, sodass trotz der vielen Ereignisse eine gemütliche Ruhe über die Geschichte liegt.


Liv: "Wenn er lächelt, wirkt es fast wir ein Sonnenaufgang auf seinem Gesicht. Er schiebt sich sorgsam darüber, bringt alles zum Strahlen, leuchtet, mitten in mein Herz."


Wunderbar untermauert wird die sich langsam entwickelnde Liebesgeschichte durch das wundervolle Setting. Das Glastonbury Festival (das es übrigens wirklich gibt), ist ein lebendiges, buntes, chaotisches, weitläufiges Festival, das so voller Vielfalt und Lebensfreude strotzt, dass ich mich mehrmals während dem Lesen dort hin gewünscht habe. Gerade weil der Festival-Sommer dieses Jahr leider ausfallen muss, ist dieses Buch ein tröstlicher Ersatz und ich habe es sehr genossen mit Liv und Jonah den Duft der Foodtrucks zu riechen, die magische Atmosphäre des altehrwürdigen Glastonburys zu genießen, die wilde Euphorie der Live-Konzerte zu fühlen, gemütlich auf einer sommerlichen Wiese zu liegen, zu den Klängen von Meditaionsgongs einzuschlafen und mich von einer Erfahrung zur nächsten treiben zu lassen.


Jonah: "Sie gibt einen frustrierten Laut von sich, und womöglich ist das der Moment, in dem ich mich ein kleines bisschen in Liv Forest verliebe. Weil sie unglaublich ist. Und keine Ahnung davon hat. Weil sie ... sie ist. Vermutlich ist es so einfach. Oder weil wir gemeinsam wir sind."


Sehr charmant und authentisch sind auch die beiden Protagonisten, die wir parallel zu ihrem Annähern besser kennenlernen und zu Beginn getroffene Urteile durch neue Offenbarungen immer wieder überdenken müssen. Dadurch, dass sie abwechselnd in teilweise sehr kurzen Kapiteln aus ihrer Perspektive erzählen, bekommen wir hautnah alles mit, was sich innerhalb der 24 Stunden auf der Handlungsebene aber auch in ihren Köpfen und Herzen ereignet und fühlen uns dadurch, als wären wir tatsächlich vor Ort. Liv erscheint zu Beginn sehr lebenslustig, offen, spontan und selbstbewusst, offenbart aber immer mehr Komplexe und Unsicherheiten, die sie seit Jahren bekämpfen muss. Erst als Jonahs Präsenz in ihr ein Kribbeln auslöst, kann sie sich eingestehen, dass sie in ihren Freund Laurent weniger verliebt ist, als in die Vorstellung, einen Freund zu haben und begehrt zu werden. Auch der düstere aber warmherzige Jonah hatte bislang nur Beziehungen, weil sie sich so ergeben haben und er schlecht allein sein kann. Außerdem versteckt Jonah noch eine dunkle Wahrheit, die endlich an die Oberfläche drängt... (Spoiler: Ja gut, dramaturgisch war das gut eingefädelt aber warum immer alle ein schlimmes Geheimnis, ein Trauma im NA-Genre haben müssen, ist mir nicht ganz klar).


Liv: "Vielleicht ziert irgendein nicht für jeden sichtbares Zeichen meine Stirn, das nur diese Bitches lesen können und das sie dazu auffordert, gemeinschaftlich fies zu mir zu sein. Vielleicht ist es aber auch die Tatsache, dass es mir mit meinem kurvigeren Körper scheinbar durchaus gelingt, eine Konkurrenz darzustellen für die Annikas dieser Welt, die wochenlange Buttermilchdiäten sauer gemacht haben. Ich bin nicht fett. Dass ich nicht dürr bin, bedeutet noch längst nicht, dass ich fett bin."


Zuzusehen, wie sich die beiden Schritt für Schritt füreinander öffnen und dabei vor der Zeit davonlaufen, ist wirklich herzzerreißend. Wie sie zu Beginn noch ihre Unsicherheiten überspielen, Peinlichkeit bei unangenehmen Redepausen empfinden und nach und nach immer losgelöster werden, zusammen den Moment genießen und ungekünstelte Gespräche führen, ist spannend mitanzusehen. Egal ob Gespräche über Greta-Thunberg, die Zerstörung des Hymens, die perfekte Konsistenz von Scones oder unglückliche Liebschaften: hier wirkt trotz gelegentlich absurden Entwicklungen nichts konstruiert. Mir gefällt, dass hier alles im Fluss ist - die Geschichte, die Beziehung, die Charaktere, die Dialoge - hier gibt es keine schlagfertigen Wortgefechte, die sich lesen, als hätten sie die Autorin Tage gekostet, sie sich auszudenken oder schwülstige Liebeserklärungen. Stattdessen schreibt Lea Coplin charmant, modern, einfühlsam und einfach ECHT, sodass man ihr jede Wendung abnimmt, bis man mit dem offenen aber realistischen, perfekten Ende die Geschichte abschließt.


Jonah: "Ich lasse Liv nicht los. Ich war mit Annika zusammen, weil sie gerade da war, doch ich halte an Liv fest, weil sie mir etwas gibt, das mir bis dahin noch niemand gegeben hat; das Gefühl, nicht allein zu sein."




Fazit:


Ruhiger, lebensnäher, authentischer - Lea Coplin erzählt charmant und ungekünstelt die Geschichte zweier liebenswerter Protagonisten, die inmitten des kunterbunten Chaos´ des Glastonbury Festivals die Liebe finden.

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Veröffentlicht am 24.07.2020

Ruhig, lebensnah, charmant und ungekünstelt!

Für eine Nacht sind wir unendlich
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"Für eine Nacht sind wir unendlich" ist mein erstes Buch von Lea Coplin, wird aber auf keinen Fall mein letztes gewesen sein. Denn Lea Coplin schreibt hier spritzig, emotional, aber nicht mit übertriebener ...

"Für eine Nacht sind wir unendlich" ist mein erstes Buch von Lea Coplin, wird aber auf keinen Fall mein letztes gewesen sein. Denn Lea Coplin schreibt hier spritzig, emotional, aber nicht mit übertriebener Dramatik von einer Nacht voller unendlicher Möglichkeiten und die Angst im Nacken, sie nicht ausreichend zu nutzen. Dank des Verlags, der mir schon vor Wochen ein Vorabexemplar zur Verfügung gestellt hat, kann ich euch heute, pünktlich zum Erscheinungstermin von meinen Gedanken dazu berichten.


Jonah: "Manchmal muss man eben einen Schritt zu weit gehen, um etwas zu bewirken. Weil man sonst kein Gehör bekommt."


Das Cover ist aufgeregt, dunkel, bunt und schimmernd - also genau wie die Geschichte, die dahinter verbogen liegt. Auch wenn der blau-pinke Lichtrahmen und das spiegelnde Quadrat einen Eye-Catcher-Effekt hervorrufen, ist mir das in Kombination mit dem Hintergrundmotiv ein bisschen zu viel, zu aufgeregt. Außerdem habe ich mir Liv und Jonah ganz anders vorgestellt, als hier abgebildet. Toll ist, dass ich in meiner Vorab-Box tolle Polaroid-Bilder mit Eindrücken aus Glastonbury, ein Festivalarmband mit dem Titel des Buchs, farbig passende Knicklichter, ein personalisierter Brief sowie die Playlist zum Buch als Zusätze erhalten habe.


Erster Satz: "Ich hatte schon bessere Tage, so viel ist sicher."


Die Geschichte beginnt am letzten Tag des berühmt-berüchtigten Festivals in Glastonbury, bei dem sich Jonah und Liv zum ersten Mal begegnen. Während Jonah von seinen Freunden überredet wurde, mitzugehen, von seiner Exfreundin angenervt ist und es kaum erwarten kann, zurück nach Frankfurt zu fahren, will Liv endlich ein bisschen etwas von dem Festival sehen, das sie bislang nur vom Foodtruck ihrer Tante aus miterleben konnte. Als die Beiden sich das erste Mal sehen, ist sofort eine gegenseitige Faszination zu spüren und auch wenn sie wissen, dass sich ihre Wege bald wieder trennen würden, wollen sie den anderen noch nicht gehen lassen. So ziehen sie gemeinsam los und sehen das Festival in seinen letzten Zügen plötzlich mit ganz anderen Augen, öffnen sich langsam füreinander und verschenken entgegen besseren Wissens vorsichtig ihr Herz...


Liv: "Er zuckt mit den Schultern. Und als wäre das Zugeständnis genug, machen wir uns gemeinsam auf den Weg dorthin. Zwei zufällig zusammengewürfelte Teilchen, von denen noch niemand sagen kann, ob sie sich anziehen oder abstoßen werden."


Ich habe in meiner "Lesekarriere" schon wirklich eine Menge New-Adult-Bücher gelesen und immer wieder das übertriebene Drama, die vielen Klischees und die aufgesetzten Probleme kritisiert, die leider oft mit emotionalen Geschichten des Genres einhergehen. Ganz dagegen gefeit ist "Für eine Nacht sind wir unendlich" natürlich auch nicht, dennoch gefielen mir die ruhigere Erzählweise, die lebensnahen Protagonisten und deren authentische Probleme sehr gut. Dadurch dass die gesamte Handlung nur an einem Tag passiert und die Protagonisten kaum 24 Stunden miteinander verbringen, ist das, was sie teilen intensiver, spontaner und ungehemmter. Die wenigen Seiten der Geschichte täuschen: durch die kompakte Erzählweise und das kurze Erzählintervall passiert hier eine ganze Menge und es wird garantiert nicht langweilig. Ein fröhliches Prickeln, kaum Zeit zum Nachdenken, die ständige Gegenwart des anderen und eine sich schleichend einstellende Nähe - So entwickelt sich die Liebe zwischen ihnen langsam Schritt für Schritt, sodass trotz der vielen Ereignisse eine gemütliche Ruhe über die Geschichte liegt.


Liv: "Wenn er lächelt, wirkt es fast wir ein Sonnenaufgang auf seinem Gesicht. Er schiebt sich sorgsam darüber, bringt alles zum Strahlen, leuchtet, mitten in mein Herz."


Wunderbar untermauert wird die sich langsam entwickelnde Liebesgeschichte durch das wundervolle Setting. Das Glastonbury Festival (das es übrigens wirklich gibt), ist ein lebendiges, buntes, chaotisches, weitläufiges Festival, das so voller Vielfalt und Lebensfreude strotzt, dass ich mich mehrmals während dem Lesen dort hin gewünscht habe. Gerade weil der Festival-Sommer dieses Jahr leider ausfallen muss, ist dieses Buch ein tröstlicher Ersatz und ich habe es sehr genossen mit Liv und Jonah den Duft der Foodtrucks zu riechen, die magische Atmosphäre des altehrwürdigen Glastonburys zu genießen, die wilde Euphorie der Live-Konzerte zu fühlen, gemütlich auf einer sommerlichen Wiese zu liegen, zu den Klängen von Meditaionsgongs einzuschlafen und mich von einer Erfahrung zur nächsten treiben zu lassen.


Jonah: "Sie gibt einen frustrierten Laut von sich, und womöglich ist das der Moment, in dem ich mich ein kleines bisschen in Liv Forest verliebe. Weil sie unglaublich ist. Und keine Ahnung davon hat. Weil sie ... sie ist. Vermutlich ist es so einfach. Oder weil wir gemeinsam wir sind."


Sehr charmant und authentisch sind auch die beiden Protagonisten, die wir parallel zu ihrem Annähern besser kennenlernen und zu Beginn getroffene Urteile durch neue Offenbarungen immer wieder überdenken müssen. Dadurch, dass sie abwechselnd in teilweise sehr kurzen Kapiteln aus ihrer Perspektive erzählen, bekommen wir hautnah alles mit, was sich innerhalb der 24 Stunden auf der Handlungsebene aber auch in ihren Köpfen und Herzen ereignet und fühlen uns dadurch, als wären wir tatsächlich vor Ort. Liv erscheint zu Beginn sehr lebenslustig, offen, spontan und selbstbewusst, offenbart aber immer mehr Komplexe und Unsicherheiten, die sie seit Jahren bekämpfen muss. Erst als Jonahs Präsenz in ihr ein Kribbeln auslöst, kann sie sich eingestehen, dass sie in ihren Freund Laurent weniger verliebt ist, als in die Vorstellung, einen Freund zu haben und begehrt zu werden. Auch der düstere aber warmherzige Jonah hatte bislang nur Beziehungen, weil sie sich so ergeben haben und er schlecht allein sein kann. Außerdem versteckt Jonah noch eine dunkle Wahrheit, die endlich an die Oberfläche drängt... (Spoiler: Ja gut, dramaturgisch war das gut eingefädelt aber warum immer alle ein schlimmes Geheimnis, ein Trauma im NA-Genre haben müssen, ist mir nicht ganz klar).


Liv: "Vielleicht ziert irgendein nicht für jeden sichtbares Zeichen meine Stirn, das nur diese Bitches lesen können und das sie dazu auffordert, gemeinschaftlich fies zu mir zu sein. Vielleicht ist es aber auch die Tatsache, dass es mir mit meinem kurvigeren Körper scheinbar durchaus gelingt, eine Konkurrenz darzustellen für die Annikas dieser Welt, die wochenlange Buttermilchdiäten sauer gemacht haben. Ich bin nicht fett. Dass ich nicht dürr bin, bedeutet noch längst nicht, dass ich fett bin."


Zuzusehen, wie sich die beiden Schritt für Schritt füreinander öffnen und dabei vor der Zeit davonlaufen, ist wirklich herzzerreißend. Wie sie zu Beginn noch ihre Unsicherheiten überspielen, Peinlichkeit bei unangenehmen Redepausen empfinden und nach und nach immer losgelöster werden, zusammen den Moment genießen und ungekünstelte Gespräche führen, ist spannend mitanzusehen. Egal ob Gespräche über Greta-Thunberg, die Zerstörung des Hymens, die perfekte Konsistenz von Scones oder unglückliche Liebschaften: hier wirkt trotz gelegentlich absurden Entwicklungen nichts konstruiert. Mir gefällt, dass hier alles im Fluss ist - die Geschichte, die Beziehung, die Charaktere, die Dialoge - hier gibt es keine schlagfertigen Wortgefechte, die sich lesen, als hätten sie die Autorin Tage gekostet, sie sich auszudenken oder schwülstige Liebeserklärungen. Stattdessen schreibt Lea Coplin charmant, modern, einfühlsam und einfach ECHT, sodass man ihr jede Wendung abnimmt, bis man mit dem offenen aber realistischen, perfekten Ende die Geschichte abschließt.


Jonah: "Ich lasse Liv nicht los. Ich war mit Annika zusammen, weil sie gerade da war, doch ich halte an Liv fest, weil sie mir etwas gibt, das mir bis dahin noch niemand gegeben hat; das Gefühl, nicht allein zu sein."




Fazit:


Ruhiger, lebensnäher, authentischer - Lea Coplin erzählt charmant und ungekünstelt die Geschichte zweier liebenswerter Protagonisten, die inmitten des kunterbunten Chaos´ des Glastonbury Festivals die Liebe finden.

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Veröffentlicht am 20.07.2020

Eine unfassbar vielseitige und komplexe Geschichte, die man einfach lieben muss!

Elias & Laia - In den Fängen der Finsternis
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Da die ersten beiden Bände der "Elias und Laia"-Reihe von Sabaa Tahir zu meinen absoluten Jahreshighlights zählten, war ich vor Beginn des dritten Teils mehr als gespannt, wie die Autorin diese Geschichte ...

Da die ersten beiden Bände der "Elias und Laia"-Reihe von Sabaa Tahir zu meinen absoluten Jahreshighlights zählten, war ich vor Beginn des dritten Teils mehr als gespannt, wie die Autorin diese Geschichte weiterspinnen würde. Das Ergebnis ist noch düsterer, doch undurchsichtiger und noch spannender - dennoch bleibt dieser dritte Teil aufgrund der Fülle der hier angegangenen Problemen etwas hinter den beiden ersten Teilen zurück.


Helena: "Ein Mädchen, das im einen Augenblick erscheint und im nächsten verschwindet. Eine Kundige, von den Toten auferstanden, die Rache am Imperium nimmt. Es war kein Gespenst, es war ein Mädchen. Ein Mädchen und eine Komplizin mit einer einzigartigen Gabe. Wir starren einander an, sie und ich. Laia von Serra ist durch und durch leidenschaftlich. Voller Gefühl. Alles, was sie denkt, steht ihr ins Gesicht geschrieben. Ich frage mich, ob sie überhaupt begreift, was Pflichterfüllung ist."


Das Cover ist wieder ein ganz nett gestaltetes aber typisches Jugendbuch-Dystopie-Cover. Zu sehen sind ein Teil eines weiblichen Gesichts mit geflochtenen, blonden Haaren und einer silbernen Maske, sowie die Andeutung einer sandigen Wüstenstadt im unteren Teil des Bildes. Beide Elemente passen zur Handlung und durch die Hell-Dunkel-Kontraste und die warmen Farbtöne wird die düstere Atmosphäre des Wüstensettings gut transportiert. Das wir hier Helena von Aquilla sehen, nachdem die Gesichter auf den ersten beiden Bänden vermutlich Elias und Laia darstellten, ist ebenfalls treffend, da in diesem Teil der Hauptfokus auf ihr und ihrer Entwicklung liegt. Besonders gefreut hat mich, dass hier nun ENDLICH mit Karten gearbeitet wird, um das doch sehr komplexe Setting leichter greifbar zu machen. Ich hatte das in meinen Rezensionen zu den ersten beiden Teilen immer wieder kritisiert und zu meiner freudigen Überraschung habe ich beim Aufschlagen dieser Fortsetzung nicht nur eine, sondern gleich drei toll gestaltete, übersichtliche Karten gefunden, die mir sehr geholfen haben, bei den vielen geografischen Sprüngen der Handlung nicht den Überblick zu verlieren. Die Detailansicht der beiden großen Städte Antium und Navium, in denen unter anderen zwei Schlachten stattfinden sind dabei genauso wichtig für das Verfolgen der Ereignisse wie die Gesamtübersicht des Imperiums, das bei den Reisen kreuz und quer durch die beschriebene Welt hilft. Also ein kräftiges Halleluja für die Einsicht des Verlags!


Erster Satz: "Ihr liebt zu sehr, mein König."


Der dritte Teil der großen Elias-und-Laia-Saga startet kurze Zeit nach dem zweiten Band nach einem kurzen Einschub aus der Perspektive des Nachtbringers mit dem Überfall auf einen Geisterwagen, bei dem Laia, Darin, Afya und Elias versuchen, Kundige zu befreien. Auch hier ist wieder auffallend, dass Sabaa Tahir nur wenige Rückblenden und Erinnerungshilfen miteinfließen lässt, um Leser den Wiedereinstieg zu erleichtern und Vergangenes wieder in die Erinnerung zu holen. Das hat mich nicht groß gestört, da ich den zweiten Teil erst einen Tag zuvor beendet hatte. Für Leser, die lange auf den dritten Band gewartet haben, könnte ich mir den Einstieg ohne Handlungshilfe aber schwer vorstellen. Stattdessen geht es gleich rasant weiter mit einem Hinterhalt und dem Zusammentreffen der wichtigsten erzählenden Protagonisten dieser Fortsetzung: Elias, Laia, Helena und ... der Nachtbringer. Denn wie als wäre die Geschichte noch nicht komplex und abwechslungsreich genug, fügt Sabaa Tahir dem komplexen Erzählgeflecht noch eine neue Perspektive hinzu, die so anders ist als die der gewohnten Protagonisten, doch wunderbar ins Geschehen passt.


Nachtbringer: "Denn ich wurde geboren, um zu lieben. Es war meine Berufung, mein Daseinszweck. Nun ist es mein Fluch. Ich kenne die Liebe besser als jede andere lebende Kreatur. Und gewiss besser als ein Mädchen, das sein Herz jedem schenkt, der zufällig des Weges kommt."


Insgesamt ermöglicht die Kombination der Erzählstränge wieder einen umfassenden Blick auf verschiedene Geschehnisse im Imperium. Während Laia und ihr Bruder Darin nach einer Prophezeiung von der Seelenfängerin nach Marinn reisen, um dort den geheimnisvollen Bienenzüchter zu treffen, der ihnen helfen soll, den Nachtbringer aufzuhalten, webt dieser seine Intrigen über das Imperium, die ihn dazu befähigen sollen, an das letzte Stück des Sterns zu kommen, seine Brüder und Schwestern aus dem Dschinnhain zu befreien und endlich Rache an den Kundigen zu nehmen. Helena Aquilla, alias der Blutgreif, versucht unterdessen, die Kommandantin auszuschalten und die bröckelnde Macht des Imperators Marcus zu stärken, um ihre Schwester Livia zu retten, die Marcus als Druckmittelt geheiratet hat. Auch wenn Elias seine Geliebte Laia gerne in ihrem Kampf unterstütze würde, hat er doch ganz andere Sorgen und muss all seine Kraft auf seinen eigenen Kampf konzentrieren: durch das bestialische Morden der Martialen sammeln sich immer mehr Geister in der Zwischenstatt an, die gegen die brüchigen Barrieren des Dämmerwalds anrennen. Doch um die Kraft zu haben, sie alle weiterzuleiten und sich endlich mit der Magie Mauth zu vereinen, muss er aufgeben, für was er am meisten gekämpft hat: seine Menschlichkeit, Freiheit und seine Liebe...


Elias: "Das hier ist nicht das Ende für uns, Laia von Serra." Ich kann nicht aufgeben. was wir hätten haben können. Es kümmert mich nicht, was für einen Schwur ich geleistet habe. "Hörst du mich? Das hier ist nicht unser Ende."


In dieser Fortsetzung läuft die Story weniger eindeutig auf ein Ziel zu, so wie in den ersten Bänden, sondern erscheint mehr wie ein undurchsichtiger Strudel von Ereignissen, der sich langsam zuspitzt und sich auf ein Finale zubewegt: die große Entscheidung am Kornmond. Mit verschiedenen handelnden Agenten, Motiven, Geheimnissen, Prophezeiungen, Schlachten und einigen magischen Gegenspielern ist die Geschichte wieder so undurchsichtig, dass viele spannende Wendungen mir kurzfristig den Atem geraubt haben. Zusätzlich baut Sabaa Tahir die magischen Elemente weiter aus und vor allem die Geschichte die Geschichte vom Niedergang der Dschinn, der Racheplan des Nachtbringers und der Preis der Beherrschung des Totenreichs im Dämmerwald werden ausführlich behandelt. Neben der Magie bekommen auch etliche Nebenprotagonisten mehr Tiefe, indem ihre Geschichte erzählt wird. So erfahren wir zum Beispiel endlich mehr über die Vergangenheit der Kommandantin oder Laias Mutter, Mirra von Serra, die Löwin des Widerstands. Dabei wird die Spannung auch mal wieder durch viele Hindernisse, Probleme und Misserfolge hochgehalten. Der dritte Teil besticht demnach nicht nur mit mehr Hintergrundinformationen zum Setting, der Geschichte des Landes und neuen Begegnungen, sondern ist auch deutlich temporeicher, als der erste Teil und der zweite Teil. Politische Intrigen, Verfolgungen, Befreiungsaktionen, Schlachten und magische Duelle... was will man mehr?


Helena: "Verflucht sei diese Welt dafür, was sie den Müttern antut, was sie den Töchtern antut. Verflucht sei sie dafür, dass sie uns durch Verlust und Schmerz stark macht und uns immer wieder das Herz aus der Brust reißt. Verflucht sei sie dafür, dass sie uns zum Aushalten zwingt."


Nun ja, vor allem hätte ich mir ein bisschen mehr Kontinuität gewünscht. Im Mittelteil liest hat man kaum den Eindruck, man lese eine durchgängige Geschichte, sondern springt vielmehr von Kapitel zu Kapitel zwischen den Perspektiven und versucht, die vielen Geschehnisse einzuordnen. Außerdem wird man als Leser von Seite zu Seite entmutigter, weil eigentlich alles kontinuierlich den Bach heruntergeht. Und zwar in JEDEM Handlungsstrang! Ich habe schon in den ersten Bänden sehr viel erdulden und mit den Protagonisten leiden müssen. Doch hier werden nicht nur wieder tausende Kundige abgeschlachtet und das Blut von Unschuldigen vergossen, sondern auch Laia das Herz gebrochen, Elias die Menschlichkeit und Helena die Seele genommen. Wie soll man das bitte ertragen?!? Neben den großen Konstrukten wie Unterdrückung, Rassismus und Imperialismus und der ganz konkreten Gewalt, die auch zuvor schon kaum auszuhalten war, ist dieser Teil nun auch noch emotional sehr brutal. Ich kann es also nur nochmal wiederholen: Egal ob an Konzentrationslager erinnernde Zellen in Kauf, Folter von Kindern, dem Homizid an den Kundigen oder der willkürlichen Hinrichtung von Familienmitgliedern - die Grausamkeit der fiktiven Szenen übersteigt bei Weitem das, was ich 14jährigen Lesern (Altersempfehlung des Verlags) zumuten würde.


Laia: "Warum triftt es immer uns? All diese Leute, so viele Kinder - verfolgt und misshandelt und gequält. Auseinandergerissene Familien, zerstörte Leben. Sie kommen den ganzen Weg hierher, um erneut abgewiesen, vor die Stadtmauer verbannt zu werden, um in undichten Zelten zu schlafen, sich um armselige Essensreste zu schlagen, zu hungern und zu frieren und weiterzuleiden. Und man erwartet von uns, dass wir dankbar dafür sind. Uns darüber freuen. Viele tun das - ich weiß es. Sie freuen sich, in Sicherheit zu sein. Am Leben zu sein. Aber das ist nicht genug - nicht für mich."


Dass die Autorin einen sehr eindrücklichen, plastischen Schreibstil hat, ist in dieser Hinsicht für den sensiblen Leser mehr Fluch als Segen. Da ist es dann eine willkommene Abwechslung, wenn sie statt einer Hinrichtung schillernde Sonnenaufgänge, bunte Märkte oder wilde Feste beschreibt. Ganz unverhofft kommen immer wieder wunderschöne Beschreibungen, Feststellungen oder Dialoge, sodass ich hier mal wieder so viele Zitate markiert habe, dass ich sie gar nicht alle hier miteinfließen lassen kann. Neben dem unverändert bildreichen Setting und der düsteren Atmosphäre, sind auch die Protagonisten gewohnt einfühlsam charakterisiert. Laias Entwicklung von einem anfangs schwachen Opfer zu einer selbstbewussten und starken jungen Frau, die es versteht zu kämpfen und unsere Herzen zu bewegen, geht hier weiter. Sie erfährt auch hier wieder Verrat, Leid, Angst, Ungewissheit aber auch viel Liebe, Unterstützung und Bewunderung, was sie weiter wachsen lässt. Man merkt jedoch, dass sie durch den verschobenen Fokus auf die neuen Protagonisten ein wenig mehr in den Hintergrund tritt und nun nur noch eine der Hauptprotagonisten und nicht mehr die Haupterzählstimme ist. Auch Elias tritt zugunsten der anderen Erzählstränge und durch seine neue Aufgabe als Seelenfänger in den Hintergrund. Dennoch habe ich ihm seinen Kampf gegen die kalte Distanz, die Mauths Macht mit sich bringt, zu jedem Zeitpunkt der Geschichte abgenommen und fand es herzzerreißend, dass er nach all dem, was er schon für das Imperium und seine Liebe getan hat, auch noch seine Menschlichkeit opfern muss...


Elias: "Sie sieht aus, wie ich mich fühle: gebrochen. Ich muss sie loslassen. Such den Nachtbringer, sollte ich sagen. Gewinne. Finde Freunde. Behalte mich in Erinnerung. Denn warum sollte sie hierher zurückkehren? Ihre Zukunft liegt in der Welt der Lebenden."


Am spannendsten in diesem Teil fand ich jedoch wieder die Entwicklung von Helena, in deren Kopf wir hier wieder blicken können. Sie ist zunehmend zwischen ihren eigenen Gefühlen und Prinzipien und ihrer Verantwortung gegenüber dem Imperium hin und her gerissen und weiß schon bald nicht mehr, wie sie als Blutgreif Stärke und Unbeugsamkeit repräsentieren, sich selbst aber treu bleiben soll. Nachdem sie sich in Band 2 ganz ihrem Amt ergeben hat, wird sie hier konsequent auch in der Erzählperspektive "Blutgreif" genannt. Man spürt aber immer wieder ihre Liebe zu ihrem Land und ihrem Volk aufblitzen, die ihre kalte Fassade Lügen strafen. Als dann mitten in Chaos, Krieg und Schadensbegrenzung auch noch eine neue Liebe zwischen ihr und ihrem Stellvertreter Avitas Harper aufflammt, ist ihr Interessenskonflikt perfekt. Mit all ihren Facetten, Abgründen und ihrer Charakterstärke ist sie wohl einer der tiefgründigsten, ambivalentesten Protagonisten, von denen ich im Bereich Fantasy jemals gelesen habe.


Helena: "Du wirst uns nicht töten." Er klingt nicht ganz sicher. Du hast mich früher einmal gekannt, denke ich. Aber du kennst mich nicht mehr. Ich kenne mich nicht mehr. "Es gibt Schlimmeres als den Tod", erwidere ich. "Sollen wir zusammen herausfinden, was das ist?"


Besonders gefreut hat mich auf der Einblick in die Geschichte des Nachtbringers. Dadurch, dass wir immer mehr von seiner Aufgabe, seiner Vergangenheit und seinen Gefühlen erfahren, wird er von Kapitel zu Kapitel zu einem hintergründigen Charakter, dem man eigentlich gar nicht böse sein kann, weil er alles nur aus Liebe tut. So bleibt als wirklicher Antagonist und Projektionsfeld für all die angestaute Frustration während dem Lesen eigentlich nur noch die Kommandantin übrig. Wenn mir diese dann im nächsten Teil auch noch ans Herz wächst, bin ich endgültig hilflos Auch die Nebenprotagonisten bringen wieder ordentlich Pepp in die Handlung und trösten und darüber hinweg, dass Sabaa Tahir auch hier wieder nicht gerade zaghaft mit liebgewonnenen Protas umgeht und der Verlust wieder groß ist...


Nachtbringer: "Als ich meine Hände auf den Stern lege, steht die Welt still. Ich schließe die Augen. Tausend Jahre Einsamkeit. Tausend Jahre Falschheit. Tausend Jahre Ränke und Pläne und Sühne. Alles für diesen Moment."


Und dann kommt das Ende, puhhhh. Nach einem heftigen, spannenden, epischen und einfach unglaublichen Showdown, bei dem ich immer wieder schlucken musste, kommt doch tatsächlich der erste miese Cliffhanger der Reihe - ausgerechnet dann, wenn ich noch ein Jahr auf den nächsten Band warten muss. Vielen Dank auch, Sabaa Tahir!


Zum Abschluss noch mein Lieblingszitat:


Laia: "Liebe. Ich seufze. Liebe ist Freude gekoppelt mit Elend, Euphorie vereint mit Verzweiflung. Sie ist ein Feuer, das mich freundlich heranwinkt und dann verbrennt, wenn ich ihm zu nahe komme. ich hasse die Liebe. Ich sehne mich nach ihr. Und sie treibt mich in den Wahnsinn."





Fazit:


Zieht euch warm an, denn diese Fortsetzung ist noch grausamer, brutaler, spannender und schonungsloser, als die ersten beiden Bände. Zwar hätte ich mir im Mittelteil ein bisschen mehr Kontinuität gewünscht, dennoch erzählt auch dieser dritte Teil eine unfassbar vielseitige und komplexe Geschichte, die man einfach lieben muss!

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