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Veröffentlicht am 08.02.2020

Kein Thriller - eher ein solider, gut durchdachter Krimi

Cold Case - Das verschwundene Mädchen
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Auf den Roman bin ich in der Verlagsvorschau der Bastei Lübbe gestoßen und wurde sofort vom spannenden Klapptext und dem reißerischen Cover gefesselt. Was aber als "Spannung pur von Schwedens neuer Top-Thrillerautorin" ...

Auf den Roman bin ich in der Verlagsvorschau der Bastei Lübbe gestoßen und wurde sofort vom spannenden Klapptext und dem reißerischen Cover gefesselt. Was aber als "Spannung pur von Schwedens neuer Top-Thrillerautorin" angekündet war, liest sich eher wie ein zwar solider aber etwas langatmiger Kriminalroman und von Thriller-Atmosphäre ist hier nicht viel zu spüren. Nichtdestotrotz legt die eigentliche Kriminaljournalistin mit ihrem Debüt eine spannende Verbindung aus "Cold Case" und "Hot Case" vor und macht mit ihrem klaren Stil und ihren interessanten Protagonisten Lust auf mehr.

Das Cover sticht vor allem wegen der geschickten Farbgebung und des dominanten Titels ins Auge. Das Motiv - ein See, Wald und Himmel - kann erst nach dem Lesen des Buches klar dem Inhalt zugeordnet werden, regt jedoch schon beim vorherigen Betrachten die Fantasie an. Durch die dunkle, blaustichige Farbgebung wird die düstere Atmosphäre im stürmischen Winter Schwedens und das "Cold" im Titel hervorgehoben während die roten Akzente im Untertitel, Autorenname, der Schattierung und dem Boot den blutigen "Hot Case" teil repräsentieren. Besonders hilfreich sind auch die kleine Karte von Südschweden sowie das grobe Personenverzeichnis in den Leselaschen. Anstatt von Kapiteln sind die Geschehnisse nach Tagen eingeteilt während die einzelnen Abschnitte ohne Überschrift oder Nummerierung starten. Insgesamt also eine wirklich runde Gestaltung.

Ebenso spannend, wie es der Klappentext verspricht, beginnt dieser Thriller mit einer jungen Mutter, die alleine in den frühen Morgenstunden des Orkantiefs Rut gegen einen vermummten Täter um ihr Leben kämpft. Wer jedoch hofft, in diesem Tempo und mit dieser Intensität auf Verbrecherjagd zu gehen und gleichzeitig in die Wirrungen eines alten Falls einzutauchen, hat nicht die Rechnung mit Tina Frennstedt gemacht. Sie zieht es vor, zuerst ihr Cold Case- Team, ihre Protagonistin und die Gegend ausführlich vorzustellen, wodurch Handlung und Spannung sehr schnell wieder abfallen. Das erste Drittel wird vor allem auf die Einführung verwendet und wird danach vom aktiven Fall beherrscht: ein dänischer Serienvergewaltiger und -mörder der nach dem Ort seines ersten Verbrechens als "Valby-Mann" bezeichnet wird taucht nach jahrelanger Inaktivität an der Küste Südschwedens auf. Da der Täter schon seit Jahren von der dänischen Polizei erfolglos gesucht wird, tauchen auch unter der Ermittlung von Tess und ihrem Team keine neuen Spuren auf. Erst als der Valby-Mann abgelenkt einen Fehler macht und einen Fingerabdruck hinterlässt, kann Tess seine Fährte aufnehmen … und die führt sie direkt zu einem weiteren, als abschließbar geltenden Fall, der sie schon seit langem beschäftigt: das Verschwinden der jungen Annika...

Relativ bald wird klar, dass der aktuelle Fall um den Valby-Mann vor allem dazu dient, für Spannung zu sorgen während auf einer tieferen Ebene die Geschehnisse von damals wieder aufgerollt werden. Wie es einem Cold-Case-Fall oft gemein ist, stehen alte Ermittlungsfehler, mittlerweile verstorbene Zeugen, verwischte Spuren und verjährte Kleinstrafen dem Team im Weg und die Suche nach neuen Hinweisen erweist sich als alles andere als leicht. Auch wenn dieser Handlungsstrang deutlich weniger rasant anläuft als der aktuellere, hat mich das "Damals" sofort mehr gepackt, da ich den Fall um den Valby-Mann als etwas über konstruiert wahrnahm. Von dem her fand ich es sehr schade, dass die Autorin nicht, wie es der Titel impliziert, ihren Hauptfokus auf den Cold Case Fall gelegt hat sondern sich in vielen Teilen vor allem auf den "Tempomacher" im Hier und Jetzt fokussiert. Lange Zeit habe ich dann wenigstens aus einen spannenden Zusammenhang zwischen den zwei Handlungssträngen gehofft - dass die Verbindung beider Fälle im Endeffekt geradezu banal ist, ist eine weitere Sache, die mich ein wenig enttäuscht hat.

Besser noch als der aktuelle Fall konnte das Wetter der Atmosphäre einheizen. Der wütende Sturm Rut und der erbarmungslose schwedische Winter passen sehr gut zum Fall und kreieren eine eher bedrückte Stimmung. Definitiv ein kluger Schachzug der Autorin, die ansonsten eher geradlinig und ohne große stilistische Mittel schreibt. Ihre Sprache ist auch in der Übersetzung sehr zielstrebig und klar verständlich, sodass man gut den nüchternen Stil einer Journalistin herauslesen kann. Das steht jedoch ein wenig ihrer eigenen Protagonistin im Weg, der ich trotz vieler Informationen nicht wirklich nahe gekommen bin. Ganz im Gegenteil: die vielen persönlichen Probleme und Hintergründe der Ermittlerin wirkten sogar kontraproduktiv indem sie das Tempo immer wieder ausbremsten und die Aufmerksamkeit vom Fall ablenkten. Natürlich will man zu Beginn einer Krimi-Reihe die Ermittler kennenlernen, aber hier kamen viele Informationen vor, die man auch zu einem späteren Zeitpunkt hätte erwähnen können da sie weder zum Verständnis der Person noch zum Vorankommen im Fall beitragen. Sehr schön fand ich jedoch die Darstellung der Nebencharaktere im Annika-Fall. Vor allem die Perspektive von Annikas Mutter Anita, die immer wieder eine Stimme bekommt, ist sehr einfühlsam und mit teilweise mehr Tiefgang geschildert als die Protagonistin.

Spannend ist auch, dass gegen Ende immer wieder Rückblenden aus dem Jahre 2002 eingeschoben werden. Hier erfahren wir die Nacht von Annikas Verschwinden aus ihrer Ich-Perspektive oder aus der Sicht von einigen Zeugen, was Stück für Stück offenbart, was damals wirklich passiert ist. So sind wir den Ermittlern oft einen kleinen Schritt voraus und können bis zum Ende miträtseln, wer es gewesen ist. Auch wenn sich am Ende nicht alle meiner Ideen und Theorien als richtig erwiesen haben, war ich sehr zufrieden mit der Auflösung. Denn am Ende ergeben alle kleinen Andeutungen geschickt zusammen ein überraschendes aber stimmiges Gesamtbild, während außerhalb des Falles genügend Anknüpfungspunkte und Probleme für die Fortsetzung verbleiben. Auch wenn mir für einen Thriller deutlich Spannung und Atmosphäre gefehlt haben und ich den Roman also eher als Krimi verorten würde, habe ich fest vor, mich auch der Fortsetzung zu widmen und bin schon sehr gespannt, auf welche alten Geheimnisse Tess und ihr Team dann stoßen.



Fazit:

Liebhaber Skandinavischer Kriminalromane werden bekommen, was sie sich erhoffen: ein solider, gut durchdachter Krimi mit vielen Irrwegen, Finten und einer überraschenden Auflösung. Wer aber auf einen atmosphärischen Thriller hofft, wird hier enttäuscht werden - um durchgehend spannend zu sein ist das Privatleben der Figuren zu weit ausgerollt und der "Tempomacher" wirkt zu konstruiert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.02.2020

Kein Thriller - eher ein solider, gut durchdachter Krimi

Cold Case - Das verschwundene Mädchen
0

Auf den Roman bin ich in der Verlagsvorschau der Bastei Lübbe gestoßen und wurde sofort vom spannenden Klapptext und dem reißerischen Cover gefesselt. Was aber als "Spannung pur von Schwedens neuer Top-Thrillerautorin" ...

Auf den Roman bin ich in der Verlagsvorschau der Bastei Lübbe gestoßen und wurde sofort vom spannenden Klapptext und dem reißerischen Cover gefesselt. Was aber als "Spannung pur von Schwedens neuer Top-Thrillerautorin" angekündet war, liest sich eher wie ein zwar solider aber etwas langatmiger Kriminalroman und von Thriller-Atmosphäre ist hier nicht viel zu spüren. Nichtdestotrotz legt die eigentliche Kriminaljournalistin mit ihrem Debüt eine spannende Verbindung aus "Cold Case" und "Hot Case" vor und macht mit ihrem klaren Stil und ihren interessanten Protagonisten Lust auf mehr.

Das Cover sticht vor allem wegen der geschickten Farbgebung und des dominanten Titels ins Auge. Das Motiv - ein See, Wald und Himmel - kann erst nach dem Lesen des Buches klar dem Inhalt zugeordnet werden, regt jedoch schon beim vorherigen Betrachten die Fantasie an. Durch die dunkle, blaustichige Farbgebung wird die düstere Atmosphäre im stürmischen Winter Schwedens und das "Cold" im Titel hervorgehoben während die roten Akzente im Untertitel, Autorenname, der Schattierung und dem Boot den blutigen "Hot Case" teil repräsentieren. Besonders hilfreich sind auch die kleine Karte von Südschweden sowie das grobe Personenverzeichnis in den Leselaschen. Anstatt von Kapiteln sind die Geschehnisse nach Tagen eingeteilt während die einzelnen Abschnitte ohne Überschrift oder Nummerierung starten. Insgesamt also eine wirklich runde Gestaltung.

Ebenso spannend, wie es der Klappentext verspricht, beginnt dieser Thriller mit einer jungen Mutter, die alleine in den frühen Morgenstunden des Orkantiefs Rut gegen einen vermummten Täter um ihr Leben kämpft. Wer jedoch hofft, in diesem Tempo und mit dieser Intensität auf Verbrecherjagd zu gehen und gleichzeitig in die Wirrungen eines alten Falls einzutauchen, hat nicht die Rechnung mit Tina Frennstedt gemacht. Sie zieht es vor, zuerst ihr Cold Case- Team, ihre Protagonistin und die Gegend ausführlich vorzustellen, wodurch Handlung und Spannung sehr schnell wieder abfallen. Das erste Drittel wird vor allem auf die Einführung verwendet und wird danach vom aktiven Fall beherrscht: ein dänischer Serienvergewaltiger und -mörder der nach dem Ort seines ersten Verbrechens als "Valby-Mann" bezeichnet wird taucht nach jahrelanger Inaktivität an der Küste Südschwedens auf. Da der Täter schon seit Jahren von der dänischen Polizei erfolglos gesucht wird, tauchen auch unter der Ermittlung von Tess und ihrem Team keine neuen Spuren auf. Erst als der Valby-Mann abgelenkt einen Fehler macht und einen Fingerabdruck hinterlässt, kann Tess seine Fährte aufnehmen … und die führt sie direkt zu einem weiteren, als abschließbar geltenden Fall, der sie schon seit langem beschäftigt: das Verschwinden der jungen Annika...

Relativ bald wird klar, dass der aktuelle Fall um den Valby-Mann vor allem dazu dient, für Spannung zu sorgen während auf einer tieferen Ebene die Geschehnisse von damals wieder aufgerollt werden. Wie es einem Cold-Case-Fall oft gemein ist, stehen alte Ermittlungsfehler, mittlerweile verstorbene Zeugen, verwischte Spuren und verjährte Kleinstrafen dem Team im Weg und die Suche nach neuen Hinweisen erweist sich als alles andere als leicht. Auch wenn dieser Handlungsstrang deutlich weniger rasant anläuft als der aktuellere, hat mich das "Damals" sofort mehr gepackt, da ich den Fall um den Valby-Mann als etwas über konstruiert wahrnahm. Von dem her fand ich es sehr schade, dass die Autorin nicht, wie es der Titel impliziert, ihren Hauptfokus auf den Cold Case Fall gelegt hat sondern sich in vielen Teilen vor allem auf den "Tempomacher" im Hier und Jetzt fokussiert. Lange Zeit habe ich dann wenigstens aus einen spannenden Zusammenhang zwischen den zwei Handlungssträngen gehofft - dass die Verbindung beider Fälle im Endeffekt geradezu banal ist, ist eine weitere Sache, die mich ein wenig enttäuscht hat.

Besser noch als der aktuelle Fall konnte das Wetter der Atmosphäre einheizen. Der wütende Sturm Rut und der erbarmungslose schwedische Winter passen sehr gut zum Fall und kreieren eine eher bedrückte Stimmung. Definitiv ein kluger Schachzug der Autorin, die ansonsten eher geradlinig und ohne große stilistische Mittel schreibt. Ihre Sprache ist auch in der Übersetzung sehr zielstrebig und klar verständlich, sodass man gut den nüchternen Stil einer Journalistin herauslesen kann. Das steht jedoch ein wenig ihrer eigenen Protagonistin im Weg, der ich trotz vieler Informationen nicht wirklich nahe gekommen bin. Ganz im Gegenteil: die vielen persönlichen Probleme und Hintergründe der Ermittlerin wirkten sogar kontraproduktiv indem sie das Tempo immer wieder ausbremsten und die Aufmerksamkeit vom Fall ablenkten. Natürlich will man zu Beginn einer Krimi-Reihe die Ermittler kennenlernen, aber hier kamen viele Informationen vor, die man auch zu einem späteren Zeitpunkt hätte erwähnen können da sie weder zum Verständnis der Person noch zum Vorankommen im Fall beitragen. Sehr schön fand ich jedoch die Darstellung der Nebencharaktere im Annika-Fall. Vor allem die Perspektive von Annikas Mutter Anita, die immer wieder eine Stimme bekommt, ist sehr einfühlsam und mit teilweise mehr Tiefgang geschildert als die Protagonistin.

Spannend ist auch, dass gegen Ende immer wieder Rückblenden aus dem Jahre 2002 eingeschoben werden. Hier erfahren wir die Nacht von Annikas Verschwinden aus ihrer Ich-Perspektive oder aus der Sicht von einigen Zeugen, was Stück für Stück offenbart, was damals wirklich passiert ist. So sind wir den Ermittlern oft einen kleinen Schritt voraus und können bis zum Ende miträtseln, wer es gewesen ist. Auch wenn sich am Ende nicht alle meiner Ideen und Theorien als richtig erwiesen haben, war ich sehr zufrieden mit der Auflösung. Denn am Ende ergeben alle kleinen Andeutungen geschickt zusammen ein überraschendes aber stimmiges Gesamtbild, während außerhalb des Falles genügend Anknüpfungspunkte und Probleme für die Fortsetzung verbleiben. Auch wenn mir für einen Thriller deutlich Spannung und Atmosphäre gefehlt haben und ich den Roman also eher als Krimi verorten würde, habe ich fest vor, mich auch der Fortsetzung zu widmen und bin schon sehr gespannt, auf welche alten Geheimnisse Tess und ihr Team dann stoßen.



Fazit:

Liebhaber Skandinavischer Kriminalromane werden bekommen, was sie sich erhoffen: ein solider, gut durchdachter Krimi mit vielen Irrwegen, Finten und einer überraschenden Auflösung. Wer aber auf einen atmosphärischen Thriller hofft, wird hier enttäuscht werden - um durchgehend spannend zu sein ist das Privatleben der Figuren zu weit ausgerollt und der "Tempomacher" wirkt zu konstruiert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.02.2020

Eine süße wenn auch recht oberflächliche und vorhersehbare Geschichte für zwischendurch.

Legal Love – An deiner Seite
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Die Eindrücke:

Handlung: Die Rahmenhandlung mitsamt Ausgang der Liebesgeschichte ist schon nach wenigen Seiten relativ vorhersehbar und auch viele "Wendungen" schafften es nicht, mich zu überraschen. ...

Die Eindrücke:

Handlung: Die Rahmenhandlung mitsamt Ausgang der Liebesgeschichte ist schon nach wenigen Seiten relativ vorhersehbar und auch viele "Wendungen" schafften es nicht, mich zu überraschen. Ein netter Zusatz, der einen geheimnisvollen Schwung in die Handlung bringt ist hingegen die Hintergrundgeschichte über Noras Kindheit, die Geheimnisse um ihre Mutter und Davids Geschichte, die alle mit einer zur Zeit der Geschichte bereits verstorbenen Person zusammenzuhängen scheinen: Noras Mentor und Mitgründer der Kanzlei William Padget. In erster Linie geht es jedoch um die Beziehung zwischen Nora und David, die leider von viel Altlasten, Misstrauen und Missverständnissen geprägt ist und da die Dynamik zwischen den Beiden vor allem aus nervtötendem Hin und Her zwischen Abneigung und Verlangen besteht, habe ich definitiv schon bessere Storys gelesen. Dennoch: mit dem ungewohnten Blick in die Welt der Anwälte ist der Roman eine interessant und mitreißend ausgearbeitete Liebesgeschichte für Zwischendurch.

Charaktere: Mit Nora lernen wir eine engagierte, emanzipierte, zielstrebige, ordentliche Anwältin kennen, die auf der Karriereleiter nach oben klettern, dabei aber ihren Prinzipien treu bleibt. Sie war mir mit ihrer Integrität und Loyalität sehr sympathisch auch wenn ich des Öfteren die Augen verdreht habe, als sie sich in Davids Gegenwart in einen sabbernden Teenie verwandelte. Eben jener blieb mir die meiste Zeit leider ein wenig suspekt und undurchschaubar, da er nicht selten unsympathisch auftrat und trotzdem von Nora auf eine Art Podest gestellt wird.

Schreibstil: J. T. Sheridan sorgt mit einem lockerer Schreibstil und tollem, subtilen Humor dafür, dass die 252 Seiten wie im Flug vergehen. Leider wird das Setting in London durch den sehr starken Fokus auf Nora und David so wie ihre Arbeit in der Kanzlei nicht so lebendig wie es vielleicht hätte sein können (außer dass hier ständig Gurkensandwiches, Scones und Steaks mit Bohnen gegessen werden). Schöner ausgearbeitet ist da dann doch Noras und Davids Sehnsuchtsort Cornwall. Alles in allem ist "Legal Love" also wirklich nett und unterhaltsam zu lesen, verschaffte mir aber keine schlaflosen Nächte

__________________________
Das Urteil:

Eine süße wenn auch recht oberflächliche und vorhersehbare Geschichte für zwischendurch. Überzeugt hat mich vor allem die Hintergrundgeschichte um William Padget und der Einblick in die Welt der Rechtsberatung, eher wenig anfangen konnte ich mit dem männlichen Protagonisten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.02.2020

Zu depressiv, zu einseitig, zu distanzlos und unnötig explizit

Three Women – Drei Frauen
1

Bestsellerlisten, breite Rezeption von fulminanter Begeisterung bis zum totalen Verriss, Preise, Diskussionen und zahlreiche Übersetzungen - Lisa Taddeo hat mit ihrem Debüt "Three Women" in den USA für ...

Bestsellerlisten, breite Rezeption von fulminanter Begeisterung bis zum totalen Verriss, Preise, Diskussionen und zahlreiche Übersetzungen - Lisa Taddeo hat mit ihrem Debüt "Three Women" in den USA für Aufsehen gesorgt. Der Hype hat mich neugierig gemacht genau wie all die wundervollen Blogger-Bilder auf Instagram und als der Piper-Verlag dann damit warb, es sei "das Buch der Stunde über weibliche Sexualität zwischen Lust und Macht", habe ich mit großer Neugier ein Rezensionsexemplar angefragt. Leider muss ich mich jetzt - 416 Seiten später - dreierlei fragen: Geht es hier wirklich vordergründig um die weibliche Sexualität oder nicht eher um Leid in Abhängigkeit und Selbstaufgabe? Ist der Blick wirklich weit genug gewählt um als "Buch der Stunde" betitelt werden zu können? Und vor allem: was will das Buch sein? Sachliche Reportage oder spannender Roman?

Es beginnt schon bei Cover und Genrebezeichnung. Während das Originalcover stilsicher aber zurückhalten Obst zeigt, hat sich der Piper Verlag für ein alternatives Motiv mit einer dunkelhaarigen Frau in Spitzenbustier entschieden, wodurch ich leider in Zusammenhang mit dem schwarzen Hintergrund und dem gelben Titel an einen Unterwäschekatalog erinnert wurde. Während der Originalverlag das Werk als "Sachbuch" verkaufte, ist "Three Women - Drei Frauen" in Deutschland als "Roman" klassifiziert. Genau diese Trennung ist wohl der Hauptgrund, weshalb ich lange nicht wusste, wie ich dieses Buch bewerten soll und eben diese Bewertung nach längerem Nachdenken nicht so positiv ausfällt, wie ich es vielleicht anfangs gehofft hatte. Denn im Endeffekt scheitert das "Three Women - Drei Frauen" an den Ansprüchen beider Genres: für einen Roman sind Schreibstil, Aufbau und Erzählweise sind nicht trickreich genug, um als Reportage oder Sachbuch durchzugehen sind aber hingegen die Grenzen zwischen Autorin und Erzählerinnen viel zu verwischt.


Erster Satz: "Als meine Mutter jung war, folgte ihr jeden Morgen ein Mann zur Arbeit, der nur wenige Meter hinter ihr masturbierte."


Um zu erklären, was ich mit "nicht trickreich genug" meine, schauen wir uns doch zuerst einmal an, wie sich das Buch als Roman schlägt. Lisa Taddeo erzählt episodenartig die Geschichte dreier Frauen jeweils aus deren Perspektive und springt dabei in der Zeit vor und zurück, sodass wir ihre drei Protagonistinnen immer wieder aus einer anderen Perspektive kennenlernen und gegen Ende einen umfassenden Eindruck ihres Lebens, ihrer Persönlichkeit und ihrer aktuellen Erlebnisse erhalten haben. Dabei ist es wichtig klarzustellen, dass wir hier keine rasante, stringent erzählte Liebes-/ oder Erotikgeschichte lesen. Stattdessen versucht sich Lisa Taddeo an einer Psychografie und gewährt dem Leser einen tiefen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonistinnen. Positiv daran ist, dass wir so Mitgefühl, Verständnis und Wut über die Nöte und die Bedürfnisse der Frauen entwickeln können und die eindrücklichen Geschehnisse mit dem Wissen, dass es sich hier um echte Geschichten handelt, noch mehr unter die Haut gehen. Die negative Kehrseite an der Intensität und Authentizität ist, dass die Autorin uns so schonungslos tief in die Köpfe von Sloane, Maggie und Lina blicken lässt, dass die düsteren, negativen Gefühle, die wir dort vorfinden, kaum zu ertragen sind. Es gab mehrere Stellen, an denen ich das Buch zur Seite legen und etwas anderes tun musste, weil mich das Geschilderte so mitgenommen und deprimiert hat. Dazu beigetragen hat auch die oft explizite, teilweise fast schon ekelhafte Darstellung von Sex-Szenen, in denen die Autorin oft abstoßende, tierische Vergleiche benutzt.


"Solange ihr nicht dieselben Schmerzen habt wie ich, solltet ihr mich nicht verurteilen. Frauen sollten sich nicht gegenseitig verurteilen, solange sie nicht durch das Feuer der anderen gegangen sind."


Ich empfand es von Beginn an als sehr schwierig, das Buch zu lesen, da es im Großen und Ganzen weder amüsant, noch schön, noch spannend ist, sondern einfach nur... intensiv. Die Autorin schreibt im Nachwort, die seit acht Jahre lang den Geschichten der drei Frauen gefolgt, habe Gespräche mit ihnen geführt, war teilweise selbst bei Geschehnissen anwesend und ist in die Städte gezogen, in denen die Frauen lebten, weil nur so Intensität möglich sei. Ich für meinen Teil hätte mir aber stattdessen eher ein wenig mehr Distanz zu den Dreien gewünscht und die Intensität liebend gerne gegen ein wenig Struktur und Spannung eingetauscht. Denn mich stieß die Geschichte an manchen Stellen nicht nur ab, triggerte oder überforderte mich - sie langweilte mich leider auch an einigen Stellen da viele ähnliche Szenen, Wiederholungen, Vorgriffe und Spoiler die Spannung zerstören. Ein weiteres Problem mit dem Selbstverständnis als Roman ist, dass die Geschichte nicht konsequent zu Ende erzählt ist. Das ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Geschichten der drei echten Frauen ja auch nach der erzählten Zeit noch weitergingen, selbstverständlich. Aber dennoch frustriert es als Leser sehr und wirklich herunterziehen wenn wir keine wirkliche Entwicklung beobachten, keinen Ausweg entdecken können und die Frauen am Ende einfach mit ihren Problemen alleine lassen müssen.


"Wir geben vor, Dinge zu wollen, die wir nicht wollen, damit niemand sieht, dass wir nicht bekommen, was wir brauchen.“


Auch wenn man einräumt, die Geschichte eher als Reportage verstehen zu wollen, wodurch die stilistischen Mängel weniger ins Gewicht fallen würden, ergeben sich einige Probleme. Mir persönlich war die Geschichte in Zeiten, in denen die weibliche Sexualität hitzig und kontrovers diskutiert wird, zu einseitig, zu deprimierend und zu unsachlich. Zuerst stellt sich natürlich die Frage, ob die drei Frauen und ihre Geschichten als wirklich repräsentativ für das Frausein im 21. Jahrhundert betrachtet werden können, wo doch zwei von ihnen katholisch, alle weiß und mittelständische Amerikanerinnen sind. An zweiter Stelle gibt es häufiger Stellen, an denen ich mich fragte, wer da gerade spricht: ist es die Autorin oder ist es ihre Protagonistin? Ist es die Erzählende oder das erzählte Medium? Durch die auktoriale Erzählperspektive und den häufigen plötzlichen Wechsel ins innere "Du" verschwimmen die Grenzen zwischen der Autorin und ihren Protagonistinnen ständig. Das ist insofern verständlich dass sie über acht Jahre hinweg mit vielen persönlichen Begegnungen für diesen Roman recherchiert hat und deshalb eine gewisse Distanz schwierig zu halten ist. Ich habe großen Respekt vor der Leistung, dem Einfühlungsvermögen und der umfangreichen Recherchearbeit der Autorin, doch wenn sie aber wie beispielsweise im Prolog und im Epilog eigene Erfahrungen in der Ich-Perspektive mit einfließen lässt, bleibt offen, als wie sachlich und reliabel die nacherzählten Perspektiven der Frauen nun wirklich betrachtet werden können.


"Selbst wenn Frauen Gehör finden, müssen es die richtigen Frauen sein, damit man ihnen zuhört. Weiße Frauen. Reiche Frauen. Schöne Frauen. Junge Frauen. Am besten all das in einem."


Etwas verwirrt war ich auch, dass es gar nicht wirklich in erster Linie um die weibliche Sexualität geht, sondern die gesellschaftliche Unterdrückung von Frauen im Vordergrund steht. Die Autorin setzt sich hier mit den immer noch existierenden Rollenbildern der Frau, mit sexueller Gewalt, weiblicher Solidarität, toxischer Männlichkeit, Machtmissbrauch, Depression und Abhängigkeitsverhältnissen kritisch auseinander. Statt wie erhofft ermutigend feministisch über Selbstbestimmung und Selbstbefreiung zu schreiben, zeichnet sie hier drei tragische Geschichten, in denen Frauen aus Liebe, Begehren oder dem Bedürfnis gewollt zu werden, sich selbst aufgeben und unter ihrer Unterwerfung leiden. Ob diese pessimistische Sicht der reinen Objektivierung von Frauen wirklich gerechtfertigt ist, sei man offen gelassen. Ich hätte mir aber auf jeden Fall gewünscht, hier eine starke, weibliche Perspektive erkennen zu können und nicht nur durch Leiden und den Druck der Gesellschaft wieder nur einen männlichen Blick. Wir wissen nun relativ genau, was Frauen nicht wollen, was immer noch falsch läuft und was gesellschaftlich noch geändert werden muss. Aber was weibliches Begehren nun wirklich ausmacht... Keine Ahnung.


"Männer haben die Frauen schon immer auf eine ganz bestimmte Art und Weise gebrochen. Sie lieben sie oder lieben sie so halb und fühlen sich irgendwann ausgelaugt und ziehen sich innerlich über Wochen und Monate zurück, verschanzen sich in ihrer Höhle, verdrücken eine letzte Träne und rufen dann nie wieder an. Die Frauen aber warten."


Und genau dieses "keine Ahnung" bringt meine Erfahrung mit dem Buch ziemlich genau auf den Punkt. Hat es mir gefallen? Nein, um Gottes willen. Fand ich es spannend? Naja. Fand ich es aufschlussreich? Hm, geht so. Fand ich es wichtig? Ja, schon. War es tiefgründig und gut recherchiert. Oh ja, keine Frage. Wie also bewerte ich es?
Keine Ahnung


Fazit:


"Three Women - Drei Frauen" weiß nicht so genau, ob es Roman oder Reportage sein will und scheitert schlussendlich an den Ansprüchen beider Genres. Auch wenn die Intensität und Einfühlungsvermögen wirklich beeindrucken, kann ich mich dem Hype nicht anschließen - zu depressiv, zu einseitig, zu distanzlos und unnötig explizit empfand ich den Umgang mit der Thematik.

Veröffentlicht am 02.02.2020

Zu depressiv, zu einseitig, zu distanzlos und unnötig explizit

Three Women – Drei Frauen
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Bestsellerlisten, breite Rezeption von fulminanter Begeisterung bis zum totalen Verriss, Preise, Diskussionen und zahlreiche Übersetzungen - Lisa Taddeo hat mit ihrem Debüt "Three Women" in den USA für ...

Bestsellerlisten, breite Rezeption von fulminanter Begeisterung bis zum totalen Verriss, Preise, Diskussionen und zahlreiche Übersetzungen - Lisa Taddeo hat mit ihrem Debüt "Three Women" in den USA für Aufsehen gesorgt. Der Hype hat mich neugierig gemacht genau wie all die wundervollen Blogger-Bilder auf Instagram und als der Piper-Verlag dann damit warb, es sei "das Buch der Stunde über weibliche Sexualität zwischen Lust und Macht", habe ich mit großer Neugier ein Rezensionsexemplar angefragt. Leider muss ich mich jetzt - 416 Seiten später - dreierlei fragen: Geht es hier wirklich vordergründig um die weibliche Sexualität oder nicht eher um Leid in Abhängigkeit und Selbstaufgabe? Ist der Blick wirklich weit genug gewählt um als "Buch der Stunde" betitelt werden zu können? Und vor allem: was will das Buch sein? Sachliche Reportage oder spannender Roman?

Es beginnt schon bei Cover und Genrebezeichnung. Während das Originalcover stilsicher aber zurückhalten Obst zeigt, hat sich der Piper Verlag für ein alternatives Motiv mit einer dunkelhaarigen Frau in Spitzenbustier entschieden, wodurch ich leider in Zusammenhang mit dem schwarzen Hintergrund und dem gelben Titel an einen Unterwäschekatalog erinnert wurde. Während der Originalverlag das Werk als "Sachbuch" verkaufte, ist "Three Women - Drei Frauen" in Deutschland als "Roman" klassifiziert. Genau diese Trennung ist wohl der Hauptgrund, weshalb ich lange nicht wusste, wie ich dieses Buch bewerten soll und eben diese Bewertung nach längerem Nachdenken nicht so positiv ausfällt, wie ich es vielleicht anfangs gehofft hatte. Denn im Endeffekt scheitert das "Three Women - Drei Frauen" an den Ansprüchen beider Genres: für einen Roman sind Schreibstil, Aufbau und Erzählweise sind nicht trickreich genug, um als Reportage oder Sachbuch durchzugehen sind aber hingegen die Grenzen zwischen Autorin und Erzählerinnen viel zu verwischt.


Erster Satz: "Als meine Mutter jung war, folgte ihr jeden Morgen ein Mann zur Arbeit, der nur wenige Meter hinter ihr masturbierte."


Um zu erklären, was ich mit "nicht trickreich genug" meine, schauen wir uns doch zuerst einmal an, wie sich das Buch als Roman schlägt. Lisa Taddeo erzählt episodenartig die Geschichte dreier Frauen jeweils aus deren Perspektive und springt dabei in der Zeit vor und zurück, sodass wir ihre drei Protagonistinnen immer wieder aus einer anderen Perspektive kennenlernen und gegen Ende einen umfassenden Eindruck ihres Lebens, ihrer Persönlichkeit und ihrer aktuellen Erlebnisse erhalten haben. Dabei ist es wichtig klarzustellen, dass wir hier keine rasante, stringent erzählte Liebes-/ oder Erotikgeschichte lesen. Stattdessen versucht sich Lisa Taddeo an einer Psychografie und gewährt dem Leser einen tiefen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonistinnen. Positiv daran ist, dass wir so Mitgefühl, Verständnis und Wut über die Nöte und die Bedürfnisse der Frauen entwickeln können und die eindrücklichen Geschehnisse mit dem Wissen, dass es sich hier um echte Geschichten handelt, noch mehr unter die Haut gehen. Die negative Kehrseite an der Intensität und Authentizität ist, dass die Autorin uns so schonungslos tief in die Köpfe von Sloane, Maggie und Lina blicken lässt, dass die düsteren, negativen Gefühle, die wir dort vorfinden, kaum zu ertragen sind. Es gab mehrere Stellen, an denen ich das Buch zur Seite legen und etwas anderes tun musste, weil mich das Geschilderte so mitgenommen und deprimiert hat. Dazu beigetragen hat auch die oft explizite, teilweise fast schon ekelhafte Darstellung von Sex-Szenen, in denen die Autorin oft abstoßende, tierische Vergleiche benutzt.


"Solange ihr nicht dieselben Schmerzen habt wie ich, solltet ihr mich nicht verurteilen. Frauen sollten sich nicht gegenseitig verurteilen, solange sie nicht durch das Feuer der anderen gegangen sind."


Ich empfand es von Beginn an als sehr schwierig, das Buch zu lesen, da es im Großen und Ganzen weder amüsant, noch schön, noch spannend ist, sondern einfach nur... intensiv. Die Autorin schreibt im Nachwort, die seit acht Jahre lang den Geschichten der drei Frauen gefolgt, habe Gespräche mit ihnen geführt, war teilweise selbst bei Geschehnissen anwesend und ist in die Städte gezogen, in denen die Frauen lebten, weil nur so Intensität möglich sei. Ich für meinen Teil hätte mir aber stattdessen eher ein wenig mehr Distanz zu den Dreien gewünscht und die Intensität liebend gerne gegen ein wenig Struktur und Spannung eingetauscht. Denn mich stieß die Geschichte an manchen Stellen nicht nur ab, triggerte oder überforderte mich - sie langweilte mich leider auch an einigen Stellen da viele ähnliche Szenen, Wiederholungen, Vorgriffe und Spoiler die Spannung zerstören. Ein weiteres Problem mit dem Selbstverständnis als Roman ist, dass die Geschichte nicht konsequent zu Ende erzählt ist. Das ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Geschichten der drei echten Frauen ja auch nach der erzählten Zeit noch weitergingen, selbstverständlich. Aber dennoch frustriert es als Leser sehr und wirklich herunterziehen wenn wir keine wirkliche Entwicklung beobachten, keinen Ausweg entdecken können und die Frauen am Ende einfach mit ihren Problemen alleine lassen müssen.


"Wir geben vor, Dinge zu wollen, die wir nicht wollen, damit niemand sieht, dass wir nicht bekommen, was wir brauchen.“


Auch wenn man einräumt, die Geschichte eher als Reportage verstehen zu wollen, wodurch die stilistischen Mängel weniger ins Gewicht fallen würden, ergeben sich einige Probleme. Mir persönlich war die Geschichte in Zeiten, in denen die weibliche Sexualität hitzig und kontrovers diskutiert wird, zu einseitig, zu deprimierend und zu unsachlich. Zuerst stellt sich natürlich die Frage, ob die drei Frauen und ihre Geschichten als wirklich repräsentativ für das Frausein im 21. Jahrhundert betrachtet werden können, wo doch zwei von ihnen katholisch, alle weiß und mittelständische Amerikanerinnen sind. An zweiter Stelle gibt es häufiger Stellen, an denen ich mich fragte, wer da gerade spricht: ist es die Autorin oder ist es ihre Protagonistin? Ist es die Erzählende oder das erzählte Medium? Durch die auktoriale Erzählperspektive und den häufigen plötzlichen Wechsel ins innere "Du" verschwimmen die Grenzen zwischen der Autorin und ihren Protagonistinnen ständig. Das ist insofern verständlich dass sie über acht Jahre hinweg mit vielen persönlichen Begegnungen für diesen Roman recherchiert hat und deshalb eine gewisse Distanz schwierig zu halten ist. Ich habe großen Respekt vor der Leistung, dem Einfühlungsvermögen und der umfangreichen Recherchearbeit der Autorin, doch wenn sie aber wie beispielsweise im Prolog und im Epilog eigene Erfahrungen in der Ich-Perspektive mit einfließen lässt, bleibt offen, als wie sachlich und reliabel die nacherzählten Perspektiven der Frauen nun wirklich betrachtet werden können.


"Selbst wenn Frauen Gehör finden, müssen es die richtigen Frauen sein, damit man ihnen zuhört. Weiße Frauen. Reiche Frauen. Schöne Frauen. Junge Frauen. Am besten all das in einem."


Etwas verwirrt war ich auch, dass es gar nicht wirklich in erster Linie um die weibliche Sexualität geht, sondern die gesellschaftliche Unterdrückung von Frauen im Vordergrund steht. Die Autorin setzt sich hier mit den immer noch existierenden Rollenbildern der Frau, mit sexueller Gewalt, weiblicher Solidarität, toxischer Männlichkeit, Machtmissbrauch, Depression und Abhängigkeitsverhältnissen kritisch auseinander. Statt wie erhofft ermutigend feministisch über Selbstbestimmung und Selbstbefreiung zu schreiben, zeichnet sie hier drei tragische Geschichten, in denen Frauen aus Liebe, Begehren oder dem Bedürfnis gewollt zu werden, sich selbst aufgeben und unter ihrer Unterwerfung leiden. Ob diese pessimistische Sicht der reinen Objektivierung von Frauen wirklich gerechtfertigt ist, sei man offen gelassen. Ich hätte mir aber auf jeden Fall gewünscht, hier eine starke, weibliche Perspektive erkennen zu können und nicht nur durch Leiden und den Druck der Gesellschaft wieder nur einen männlichen Blick. Wir wissen nun relativ genau, was Frauen nicht wollen, was immer noch falsch läuft und was gesellschaftlich noch geändert werden muss. Aber was weibliches Begehren nun wirklich ausmacht... Keine Ahnung.


"Männer haben die Frauen schon immer auf eine ganz bestimmte Art und Weise gebrochen. Sie lieben sie oder lieben sie so halb und fühlen sich irgendwann ausgelaugt und ziehen sich innerlich über Wochen und Monate zurück, verschanzen sich in ihrer Höhle, verdrücken eine letzte Träne und rufen dann nie wieder an. Die Frauen aber warten."


Und genau dieses "keine Ahnung" bringt meine Erfahrung mit dem Buch ziemlich genau auf den Punkt. Hat es mir gefallen? Nein, um Gottes willen. Fand ich es spannend? Naja. Fand ich es aufschlussreich? Hm, geht so. Fand ich es wichtig? Ja, schon. War es tiefgründig und gut recherchiert. Oh ja, keine Frage. Wie also bewerte ich es?
Keine Ahnung


Fazit:


"Three Women - Drei Frauen" weiß nicht so genau, ob es Roman oder Reportage sein will und scheitert schlussendlich an den Ansprüchen beider Genres. Auch wenn die Intensität und Einfühlungsvermögen wirklich beeindrucken, kann ich mich dem Hype nicht anschließen - zu depressiv, zu einseitig, zu distanzlos und unnötig explizit empfand ich den Umgang mit der Thematik.

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