"Man sollte sein Leben nicht nach einem möglichen Ende ausrichten, Man sollte sein Leben lieber an den Erfahrungen ausrichten, die zu diesem Ende führen."
Fast jeder Freund des Genre Young Adult hat ihren Namen schon einmal gehört: Colleen Hoover, die mit ihrem unfassbaren Talent, krass emotionale, mega spannende und ultra poetische Stories in die Welt zu setzen, zu meinen absoluten Lieblingsautoren gehört. Von ihr habe ich bis jetzt fast alles gelesen und geliebt, natürlich war es keine Frage, dass ich ihr auch ihren neusten Roman unbedingt lesen wollte, in dem sie die Geschichte von "Maybe Someday" nochmals aufgreift und die Handlung weiterspinnt, sodass auch Maggie ihr Happy End erhält.
Das Cover passt mit den rosafarbenen Streifen und dem Bild hinter dem Titel gut zur Gestaltung von "Maybe Someday" und der Novelle "Maybe Not" und ist ansonsten im typischen Colleen-Hoover-meets-dtv-Verlag-Stil gehalten. Die Aquarellflecken von Band 1 haben mir aber deutlich besser gefallen als die Streifen hier auf der Fortsetzung. Außerdem stellt sich mir die Frage wer das Pärchen auf dem Bild sein soll, da es hier genaugenommen um drei Paare geht, die fast gleichermaßen betrachtet werden.
Erster Satz: "Ich lege den Stift auf das Blatt"
So beginnt der Prolog, währenddessen Maggie den Arzt und Adrenalinjunkie Jacob Griffin kennenlernt, der ihr Tandempartner für ihren ersten Fallschirmsprung ist. Zwischen den beiden knistert es sofort gewaltig, was nicht nur an der Aufregung über den Sprung liegt, doch Maggie kann nicht zulassen, dass ihre gemeinsame Nacht mehr bedeutet als ein abgehakter Punkt auf ihrer Bucket List. Denn nach der langjährigen Beziehung mit Ridge, von der sie sich erst kürzlich mit viel Schmerz gelöst hat, will sie ihre letzten Jahre als Single verbringen und tun und lassen was sie will. Leider macht ihr ihre Krankheit Mukoviszidose einen Strich durch die Rechnung. Auch wenn sie am liebsten unabhängig wäre und keinem zur Lasten fallen will, braucht sie doch Hilfe und so wendet sie sich an ihre einzigen gebliebenen Vertrauten, die aber leider beide ihre Exfreunde sind: Warren und Ridge. Es beginnt ein skurriles Gefühlschaos zwischen drei Pärchen, die sich miteinander arrangieren und füreinander ein Platz im Leben finden müssen...
Leider verlassen wir Maggies Handlungsstrang recht schnell nach ihrem Kennenlernen mit Jake wieder und konzentrieren uns vor allem auf Ridge und Sydney und das Chaos, das Maggie versehentlich mit ihrem Hilferuf in ihrer neuen Beziehung anrichtet. Versteht mich nicht falsch - ich mag die Geschichte der Beiden sehr und habe es wirklich genossen, nochmal über sie zu lesen. Leider wurde aber ziemlich viel in ihrer Beziehung wiederholt, sie haben sich permanent gesagt, dass sie sich lieben und waren auch ganz süß zusammen, besonders viel ist aber nicht bei mir angekommen. Ich hätte mir echt ein bisschen mehr den Fokus auf Maggie erhofft, da das auf dem Klapptext ja als "ihre Geschichte" verkauft wird und wir erst wenig Zeit mit ihr verbracht haben. Ihre Gefühle, die Anziehung zu Jake und ihre Vergangenheit werden leider nur sehr kurz behandelt - das reicht zwar um die Geschichte zu tragen, hätte aber deutlich ausführlicher ausgearbeitet werden können. Ein weiteres Problem dass ich mit dem Hauptfokus auf Ridge und Sydney hatte war, dass ich schlicht und einfach nicht mehr besonders viel von ihrer Geschichte wusste, sodass ich bei einigen Szenen nochmal überlegen musste: Hm, wer ist das denn jetzt? Oder was arbeitet die nochmal? Hä, was war am Ende des ersten Teils nochmal? Das war natürlich eher mein Fehler und nicht der der Autorin aber dennoch hat das dafür gesorgt, dass ich im Mittelteil ein wenig enttäuscht war.
Maggie:
"Wenn er mich jetzt nicht bereits ins Wohnzimmer ziehen würde, um dort die anderen zu treffen, würde ich ihn bitten zu warten, bis ich mir einen Stift geholt und einen weiteren Punkt zu meiner Bucket-List hinzugefügt hätte. Es wären nur zwei Worte.
Jake Griffin."
Dadurch dass abwechselnd aus der Sicht von Sydney, Ridge, Maggie und Jake erzählt wird, bekommen wir einen allgemeinen Einblick in die Gefühlswelt der einzelnen Protagonisten und sehen, dass Ridge und Sydney, die ja erst ganz frisch ein Paar sind immer noch mit einigen Hindernissen zu kämpfen haben. Eines dieser Probleme ist ihre Kommunikation. Trotz dass Sydney die Gebärdensprache lernt und Ridge das Sprechen sind sie für ernste Gespräche immer noch auf technische Hilfsmittel angewiesen und wir bekommen auch hier wieder viele Chats zu lesen. Das zweite Problem - so gemein das auch klingen mag - ist Maggie, die schlicht und einfach wegen ihrer Krankheit Hilfe von Ridge benötigt. Und da Ridge ein (Achtung: Zitat Warren) "elefantengroßes Herz" hat, ist sich Sydney nicht sicher, ob er nicht doch am Ende zu ihr zurückkehren wird.
Jake:
"Es war dumm von mir, mit achtzehn mit Chrissy zu schlafen, obwohl wir kein Kondom hatten, nur weil es so aufregend war du wir einfach davon ausgingen dass schon nichts passieren würde.
Es war dumm von mir, mich mit dreiundzwanzig rückwärts von einer Klippe in Cancum zu stürzen, die ich nicht genau kannte, und dabei den Nervenkitzel zu genießen, nicht zu wissen, ob da Felsen unter der Wasseroberfläche sind oder nicht.
Und es wäre dumm von mir, mit neunundzwanzig eine Frau dazu zu drängend, sich kopfüber in eine Beziehung zu stürzen, die möglicherweise die wahnsinnige Liebe wäre, nach der sich mich schon mein ganzes Leben sehne. Wenn man sich ganz und gar auf eine so tiefe Liebe einlässt, dann kommt man auch nicht mehr heraus, selbst wenn sie vorbei ist. Das ist wie Treibsand. Man steckt für immer fest, da komme, was wolle. Ich glaube Maggie weiß das. Und ich in sicher, dass sie mich genau deswegen fortschickt."
So ergibt sich ein komisches Wirrwarr an Gefühlen, das noch dadurch angeheizt wird, dass auch Warren, der mit seiner Freundin Bridgette ebenfalls in der WG von Ridge lebt, mal was mit Maggie hatte und das der etwas eigenwilligen, starrköpfigen und brutal ehrlichen Bridgette gar nicht zusagt. Ihr könnt euch also auf jede Menge verklemmte Gespräche, schwierige Dilemmas, gefühlvolle Entschuldigungen, wilde Streits und einen Haufen Drama freuen. Aufgepeppt wird diese Mischung noch durch die witzigen Streiche, die sich die Bewohner der (Achtung: Zitat Warren) "abgedrehtesten WG aller Zeiten" gegenseitig spielen und die Absurditäten mit denen sie sich gegenseitig und den Leser zum Lachen bringen. So wird schon mal ein Käse mit der Seife in der Dusche vertauscht, der danach genüsslich verspeist wird, eine Glitzerbombe wird als harmloses Päckchen getarnt, man bedient sich getarnt als Hotelgast am reichlichen Frühstückbuffet eines Nobelhotels, improvisiert in Gebärdensprache einfach mal die Worte "Brücke, Wolke, Pickel" wenn einem nichts anderes einfällt, sucht verzweifelt den Porno in dem Bridgette mal mitgespielt hat oder bestellt Pizza mit absolut allem darauf, was der Lieferant in der Küche stehen hat. Colleen Hoover gibt mal wieder alles um den Leser mit total skurrilen Situationen zum Lachen zu bringen und mit abstrusen Ideen zu verwirren.
Sydney:
"Alles was zwischen den Leuten hier am Tisch abgeht, sprengt ohnehin schon lange jede Definition von "normal". Warren hat schon früher einmal zu mir gesagt: "Willkommen in der abgedrehtesten WG aller Zeiten." Inzwischen ist mir klar, was er damit gemeint hat."
Auch die ernsteren Themen wie Ridges Taubheit und Maggies Umgang mit ihrer Krankheit, die ihre Lebensdauer drastisch verkürzen wird, geht sie locker, leicht, authentisch und mit viel Gefühl an. Colleen Hoover besitzt einfach das Talent aus wenigen Worten die größten Gefühle heraus zu locken und so eigentlich aus dem Nichts ein riesiges Gefühlschaos und Drama zu erschaffen. Nicht umsonst wird sie die "Queen of Hearts" genannt. Doch statt wie in manchen ihrer anderen Bücher ein schmerzhaftes Problemthema anzugehen, wird diese Geschichte mehr zum Wohlfühlbuch, das man in einem Rutsch lesen und in das man sich einfach verlieben kann. Wenn ich ein Buch von dieser Autorin aufschlage und die ersten paar Zeilen lese, dann komme ich nach Hause. Es ist ein wohlig warmes Gefühl und ich fühle mich in der Atmosphäre jedes einzelnen Buches der Autorin absolut geborgen und möchte gar nicht mehr auftauchen. Wie gewohnt spielt die Autorin dabei nur so mit Worten. Nicht nur die vielen immer wiederkehrenden Sprüche, die die Charaktere als Insider austauschen. Nein, sie findet in jeder Situation genau die richtigen Formulierungen, um nur so mit unseren Emotionen zu spielen und kennt dabei kein Tabu, wenn es darum geht, uns Leser zu quälen. Dieses Buch hat mich weinen lassen, lachen, mitfühlen, mich dazu gebracht zu schmunzeln, die Nase rümpfen und ein paar Mal auch dazu, es kurz wegzulegen. Doch vor allem hat es mich berührt und einfach mitgerissen!!!
Ganz besonders gefallen hat mir neben der Message das Leben zu genießen und immer einen Kompromiss zu finden, in dem man auf andere zugeht, die Darstellung der Musik. Schon in "Maybe Someday" hat mich beeindruckt, wie wir durch Ridges Taubheit wertschätzen lernen, dass wir hören können und feststellen, dass Musik viel mehr ist als nur Geräusche: Musik ist ein Gefühl, das wir mit anderen teilen können. Ganz wundervoll sind auch wieder die passenden Songtexte, die immer wieder in den Text mit eingeflochten werden, wenn Ridge, Brennan und Sydney an einem neuen Song arbeiten. Und - zum Glück!!! - sind sie nicht übersetzt, sodass wir sie in ihrem echten Klang genießen dürfen. Außerdem nochmal die Empfehlung an alle, euch den Song "Maybe Someday" von Griffin Peterson anzuhören, der in Kooperation mit Colleen Hoover zu dieser Reihe entstanden ist.
Ridge:
"Feels like we made it
Got something of our own
Maybe it´s predictable
But I can´t complain
With you and me
All I need is more of the same
More of the same"
Am Ende laufen alle Fäden der Geschichte gekonnt zusammen und auch wenn mir der große Zeitsprung und das etwas übertriebene Happy End nur bedingt gefallen haben, konnte ich den Roman mit dem wohligen Gefühl zur Seite legen, dass die Geschichte nun beendet ist.
Fazit:
Ein Wohlfühlbuch, das über das skurrile Gefühlschaos zwischen drei Pärchen erzählt, die sich miteinander arrangieren und füreinander ein Platz im Leben finden müssen. Spannend, humorvoll und locker erzählt Colleen Hoover von der "abgedrehtesten WG aller Zeiten", gerade im Mittelteil hätte ich mir aber ein bisschen mehr Neues und einen klareren Handlungsverlauf gewünscht.