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Veröffentlicht am 26.08.2018

Definitiv nichts zum einschlafen!

Das Morpheus-Gen
0


Bewertung:

Nicht mehr schlafen müssen, für immer wach sein. Was für den ein oder anderen nach einem Traum klingt, der die doppelte Lebenszeit verspricht, bedeutet für David Berger der absolute Albtraum. ...


Bewertung:


Nicht mehr schlafen müssen, für immer wach sein. Was für den ein oder anderen nach einem Traum klingt, der die doppelte Lebenszeit verspricht, bedeutet für David Berger der absolute Albtraum. Denn: "Nicht mehr schlafen zu müssen, bedeutet gleichzeitig, nicht schlafen zu können" und in einer Welt wie dieser kann ein Tag, der niemals endet ganz schön lange sein...

Schon auf den ersten Blick verspricht Tibor Rodes neuer Thriller, eine spannende Lektüre zu sein. Insgesamt sehr düster gehalten sticht das grelle Rot des Titels und des Auges besonders stark hervor. Die schwarz-weiße Musterung der Federn der Eule im Hintergrund lässt das Bild sehr aufgeregt und bedrohlich wirken, was von dem stechenden Blick aus dem roten Auge mit der spiegelnden Pupille verstärkt wird. Ob nun die Wahl eines nachtaktiven Raubtiers als Anspielung gewollt ist oder nicht, haben wir es hier mit einem ansprechend gestalteten Thriller zu tun.

Erster Satz: "Man konnte vor dem Leben weglaufen, aber nicht vor dem Tod..."

Nachdem Rode mit einem Zitat von Homer die Geschichte eröffnet -"Der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes"-, stellt er außerdem einen kurzen, verwirrenden Prolog aus Potsdam im Jahre 1989 voran. Als er dann nach einem Kapitel, in dem gleich drei Leichen gefunden werden, deren Tatort auf den Rechtsanwalt David Berger als Täter hindeuten, einen weiteren Zeitsprung von vier Tagen wagt, in dem uns jener Verdächtiger als Hauptprotagonist vorgestellt wird, sind wohl alle Leser ein wenig ratlos. Vor allem als der junge Rechtsanwalt sich dann als kompetenter, ganz normaler US-Bürger entpuppt, der keiner Fliege etwas zu leide tun könnte. Doch als er von seinem Freund und Arbeitskollegen Alex neue, noch nicht zugelassene Tabletten zum Probieren erhält, stellt sich sein Leben komplett auf den Kopf: zuerst verlässt ihn der Schlaf, dann aus heiterem Himmel seine Freundin Sarah, nur um dann als Leiche mit Bissspuren am Hals wieder in ihrer Wohnung aufzutauchen, nachdem auch Alex ermordet wurde. Komplett verunsichert flieht David aus New York und begibt sich begleitet von der jungen Archäologin Nina auf die Spuren seines verstorbenen Vaters. Doch nicht nur die beiden wühlen in den alten Geheimnissen, auch eine geheime Bruderschaft und eine Militärorganisation haben Interesse an der Rezeptur, die nicht mehr schlafen lässt...

Es beginnt eine undurchschaubare, spannende Jagd durch New York, Berlin und Prag, die uns Leser immer wieder in Sackgassen lockt, überrascht, verstört und immer weiter in ein komplexes Konstrukt aus mehreren Handlungssträngen in Vergangenheit und Gegenwart führt. Vom New Yorker Untergrund und tückischen Geheimorganisationen über spannende Verfolgungsjagden durch Europa bis hin zu genetischer Wissenschaft und historischen Verknüpfungen hat die Geschichte einiges zu bieten. Durch viele angenehm kurz gehaltene Kapitel sind schnelle Szenenwechsel und Rückblenden in alle möglichen Zeiten und Orte möglich, die die Suche des Lesers nach dem roten Faden der verschiedenen Vorkommnisse fordern. Nach und nach fügen sich die einzelnen Szenen und die vielen Wendungen passend zu einem Gesamtbild zusammen und man erkennt nach etlichen Irrungen und Wirrungen den interessanten Hintergedanken, der diesem Thriller wirklich zugrunde liegt.

"Sein Blick wanderte zum Horizont, dem sie entgegenflogen. So sicher, wie sein bisheriges Leben nun hinter ihm lag, so unsicher war, was die Zukunft für ihn bereithielt. Dennoch hatte er das Gefühl, dass es auch eine Reise in seine Vergangenheit war. (...) Löste er ein Rätsel, würde er alle lösen."

Mit David Berger bekommen wir einen sympathischen Protagonisten vorgesetzt, mit dem wir gerne mitleiden und uns - wenn auch ein wenig skeptisch - an die Suche nach der Wahrheit anschließen. Immer wieder kamen mir Zweifel da durch Finten der Erzählweise offengehalten wird, ob er nicht doch der Mörder ist, doch je mehr wir gemeinsam herausfinden, desto mehr wird klar, dass er in ein Netz aus Geschehnissen geraten ist, die viel älter sind, als er...

Das zweite Standbein der Geschichte ist der NYPD Polizist Greg Millner, welcher aufmerksamen, treuen Lesern schon aus "Das Mona-Lisa-Virus" bekannt vorkommen könnte. Durch etliche, schillernde Nebenfiguren, deren Absichten alle nicht ganz klar sind, wird die Spannung ebenfalls angezogen.

"David hatte irgendwo einmal gelesen, der Sohn sei der verlängerte Arm des Vaters und vielleicht hatte es selten so zugetroffen wie in seinem Fall. Von nun an war er nicht mehr auf der Flucht. Er war auf einer Mission..."


Sehr gerne habe ich mich von Tibor Rodes flüssigem, einem Thriller angemessenen Schreibstil in die gut durchdachte Geschichte hineinziehen lassen. Eine allgemeine Schwäche des Genres ist jedoch, das auf Kosten der Spannung die Charaktere recht oberflächlich bleiben und an vielen Stellen Entwicklungspotential verpasst wird. Auch hier sind die Protagonisten eher statisch und aus manchen Szenen ist eindeutig nicht alles rausgeholt, was möglich gewesen wäre. Dennoch muss ich Rodes geschickte Handlungsführung, die Geschichte nach und nach zusammenzusetzen, wirklich bewundern. Die Auflösung bringt am Ende den gewünschten Aha-Effekt, ist nachvollziehbar, plausibel und macht Spaß zu Lessen.


Fazit:


Definitiv nichts zum einschlafen - im Gegenteil: Tibor Rodes wilde Mischung aus Agententhriller, Wissenschaftskrimi und Road Movie sorgte bei mir für einige schlaflose Nächte.

Veröffentlicht am 26.08.2018

Definitiv nichts zum einschlafen!

Das Morpheus-Gen
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Bewertung:

Nicht mehr schlafen müssen, für immer wach sein. Was für den ein oder anderen nach einem Traum klingt, der die doppelte Lebenszeit verspricht, bedeutet für David Berger der absolute Albtraum. ...


Bewertung:


Nicht mehr schlafen müssen, für immer wach sein. Was für den ein oder anderen nach einem Traum klingt, der die doppelte Lebenszeit verspricht, bedeutet für David Berger der absolute Albtraum. Denn: "Nicht mehr schlafen zu müssen, bedeutet gleichzeitig, nicht schlafen zu können" und in einer Welt wie dieser kann ein Tag, der niemals endet ganz schön lange sein...

Schon auf den ersten Blick verspricht Tibor Rodes neuer Thriller, eine spannende Lektüre zu sein. Insgesamt sehr düster gehalten sticht das grelle Rot des Titels und des Auges besonders stark hervor. Die schwarz-weiße Musterung der Federn der Eule im Hintergrund lässt das Bild sehr aufgeregt und bedrohlich wirken, was von dem stechenden Blick aus dem roten Auge mit der spiegelnden Pupille verstärkt wird. Ob nun die Wahl eines nachtaktiven Raubtiers als Anspielung gewollt ist oder nicht, haben wir es hier mit einem ansprechend gestalteten Thriller zu tun.

Erster Satz: "Man konnte vor dem Leben weglaufen, aber nicht vor dem Tod..."

Nachdem Rode mit einem Zitat von Homer die Geschichte eröffnet -"Der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes"-, stellt er außerdem einen kurzen, verwirrenden Prolog aus Potsdam im Jahre 1989 voran. Als er dann nach einem Kapitel, in dem gleich drei Leichen gefunden werden, deren Tatort auf den Rechtsanwalt David Berger als Täter hindeuten, einen weiteren Zeitsprung von vier Tagen wagt, in dem uns jener Verdächtiger als Hauptprotagonist vorgestellt wird, sind wohl alle Leser ein wenig ratlos. Vor allem als der junge Rechtsanwalt sich dann als kompetenter, ganz normaler US-Bürger entpuppt, der keiner Fliege etwas zu leide tun könnte. Doch als er von seinem Freund und Arbeitskollegen Alex neue, noch nicht zugelassene Tabletten zum Probieren erhält, stellt sich sein Leben komplett auf den Kopf: zuerst verlässt ihn der Schlaf, dann aus heiterem Himmel seine Freundin Sarah, nur um dann als Leiche mit Bissspuren am Hals wieder in ihrer Wohnung aufzutauchen, nachdem auch Alex ermordet wurde. Komplett verunsichert flieht David aus New York und begibt sich begleitet von der jungen Archäologin Nina auf die Spuren seines verstorbenen Vaters. Doch nicht nur die beiden wühlen in den alten Geheimnissen, auch eine geheime Bruderschaft und eine Militärorganisation haben Interesse an der Rezeptur, die nicht mehr schlafen lässt...

Es beginnt eine undurchschaubare, spannende Jagd durch New York, Berlin und Prag, die uns Leser immer wieder in Sackgassen lockt, überrascht, verstört und immer weiter in ein komplexes Konstrukt aus mehreren Handlungssträngen in Vergangenheit und Gegenwart führt. Vom New Yorker Untergrund und tückischen Geheimorganisationen über spannende Verfolgungsjagden durch Europa bis hin zu genetischer Wissenschaft und historischen Verknüpfungen hat die Geschichte einiges zu bieten. Durch viele angenehm kurz gehaltene Kapitel sind schnelle Szenenwechsel und Rückblenden in alle möglichen Zeiten und Orte möglich, die die Suche des Lesers nach dem roten Faden der verschiedenen Vorkommnisse fordern. Nach und nach fügen sich die einzelnen Szenen und die vielen Wendungen passend zu einem Gesamtbild zusammen und man erkennt nach etlichen Irrungen und Wirrungen den interessanten Hintergedanken, der diesem Thriller wirklich zugrunde liegt.

"Sein Blick wanderte zum Horizont, dem sie entgegenflogen. So sicher, wie sein bisheriges Leben nun hinter ihm lag, so unsicher war, was die Zukunft für ihn bereithielt. Dennoch hatte er das Gefühl, dass es auch eine Reise in seine Vergangenheit war. (...) Löste er ein Rätsel, würde er alle lösen."

Mit David Berger bekommen wir einen sympathischen Protagonisten vorgesetzt, mit dem wir gerne mitleiden und uns - wenn auch ein wenig skeptisch - an die Suche nach der Wahrheit anschließen. Immer wieder kamen mir Zweifel da durch Finten der Erzählweise offengehalten wird, ob er nicht doch der Mörder ist, doch je mehr wir gemeinsam herausfinden, desto mehr wird klar, dass er in ein Netz aus Geschehnissen geraten ist, die viel älter sind, als er...

Das zweite Standbein der Geschichte ist der NYPD Polizist Greg Millner, welcher aufmerksamen, treuen Lesern schon aus "Das Mona-Lisa-Virus" bekannt vorkommen könnte. Durch etliche, schillernde Nebenfiguren, deren Absichten alle nicht ganz klar sind, wird die Spannung ebenfalls angezogen.

"David hatte irgendwo einmal gelesen, der Sohn sei der verlängerte Arm des Vaters und vielleicht hatte es selten so zugetroffen wie in seinem Fall. Von nun an war er nicht mehr auf der Flucht. Er war auf einer Mission..."


Sehr gerne habe ich mich von Tibor Rodes flüssigem, einem Thriller angemessenen Schreibstil in die gut durchdachte Geschichte hineinziehen lassen. Eine allgemeine Schwäche des Genres ist jedoch, das auf Kosten der Spannung die Charaktere recht oberflächlich bleiben und an vielen Stellen Entwicklungspotential verpasst wird. Auch hier sind die Protagonisten eher statisch und aus manchen Szenen ist eindeutig nicht alles rausgeholt, was möglich gewesen wäre. Dennoch muss ich Rodes geschickte Handlungsführung, die Geschichte nach und nach zusammenzusetzen, wirklich bewundern. Die Auflösung bringt am Ende den gewünschten Aha-Effekt, ist nachvollziehbar, plausibel und macht Spaß zu Lessen.


Fazit:


Definitiv nichts zum einschlafen - im Gegenteil: Tibor Rodes wilde Mischung aus Agententhriller, Wissenschaftskrimi und Road Movie sorgte bei mir für einige schlaflose Nächte.

Veröffentlicht am 22.07.2018

Ein Lied von Freiheit und Sehnsucht....

Elian und Lira – Das wilde Herz der See
0

Allgemeines:

Titel: Elian und Lira - Das wilde Herz der See
Autor: Alexandra Christo
Verlag: dtv (20. Juli 2018)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3423762209
ISBN-13: 978-3423762205
ASIN: B07D2ZZZYN
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: Elian und Lira - Das wilde Herz der See
Autor: Alexandra Christo
Verlag: dtv (20. Juli 2018)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3423762209
ISBN-13: 978-3423762205
ASIN: B07D2ZZZYN
Originaltitel: To Kill a Kingdom
Seitenzahl: 384 Seiten
Preis: 16,99€ (Kindle-Edition)
18,95€ (Gebundene Ausgabe)



Inhalt:

"Lügen sind keine Antwort."
"Aber sie klingen viel besser als die Wahrheit"

Lira ist die Tochter der Meereskönigin. Jahr für Jahr ist sie dazu verdammt, einem Prinzen das Herz zu rauben. Doch dann begeht sie einen Fehler und ihre Mutter verwandelt sie zur Strafe in die Kreatur, die sie am meisten verabscheut – einen Menschen. Und sie stellt Lira ein Ultimatum: Bring mir das Herz von Prinz Elian oder bleib für immer ein Mensch.
Elian ist der Thronerbe eines mächtigen Königreichs. Doch das Meer ist der einzige Ort, an dem er sich wirklich zu Hause fühlt. Er macht Jagd auf Sirenen, vor allem auf die eine, die so vielen Prinzen bereits das Leben genommen hat. Als er eines Tages eine junge Frau aus dem Ozean fischt, ahnt er zunächst nicht, wen er da an Bord geholt hat.
Bald wird aus Misstrauen jedoch Leidenschaft und das Unerwartete geschieht – die beiden verlieben sich ineinander.


Bewertung:



Schon immer hatten Geschichten, die die Verlockung des Meeres, den Ruf des Abenteuers in sich hatten, eine besondere Anziehungskraft auf mich. Schon als ich das Cover dieser Geschichte zum ersten Mal sah war mir klar: dieses Buch muss ich lesen! Insgesamt erwartete mich eine wundervolle, atmosphärische Geschichte voller Abenteuer und Leidenschaft, die jedoch auch einige Schwächen aufweist.


"In den Abgründen unserer Seele sind Elian und ich gar nicht so verschieden. Zwei Königreiche erlegen uns beiden Verantwortung auf, der wir uns nicht gewachsen fühlen. Wir sind gefesselt: er an ein Land und ein vorgezeichnetes Leben, ich an das mörderische Erbe meiner Mutter. Und beide vernehmen wir den Lockruf des Ozeans: ein Lied von Freiheit und Sehnsucht."


Das Cover ist auf den ersten Blick ein wahrhaftiger Eye-Catcher und in der Gesamtkonstruktion definitiv stimmig, je länger ich es jedoch betrachte, desto weniger gefällt es mir. Natürlich ist da zum einen das Bild eines Mädchens, das mit den blauen Augen, den Sommersprossen und den roten Haaren wohl Lira darstellen soll. Wie schon so oft erwähnt stören mich Modelbilder auf Buchcover immer, außerdem finde ich nicht, dass auf Lira in der Geschichte ein besonderer Fokus liegt. Auf dem Bild links sieht es zum anderen aus, als würden feine, blau-weiße Linien das Mädchen als Wellen umspielen. In echt sind es jedoch breite, glitzernde Streifen, die relativ wenig mit Wellen gemein haben. Nichtsdestotrotz gefallen mir die düstere Ausstrahlung des Covers und die große, gefächerte Muschel, die jedes Kapitel überschreibt. Vielleicht wäre es hier aber eine Bereicherung gewesen, motivisch näher am Original zu bleiben.


Erster Satz: "Ich habe ein Herz für jedes Jahr meines Lebens."


Mit diesem treffenden und eingängigen Satz steigen wir in das Schicksal der Sirene Lira ein, die weit im ganzen Reich als "Fluch der Prinzen" bekannt ist, da sie jedes Jahr im Monat ihres Geburtstages das Herz eines jungen Prinzen raubt. Als sie auf der Jagd mit ihrer Cousine Kahlia ihre Sammlung aus 17 Herzen zu früh um ein weiteres ausbaut, zieht sie den Zorn ihrer Mutter auf sich. Eigentlich kein Problem, wäre diese nicht die allmächtige Meereskönigin, die auf Unterordnung durch Furcht und Schrecken baut, anstatt auf Treue und Loyalität durch Akzeptanz und Respekt. Als sie daraufhin ihres Gesangs, ihrer unglaublichen Schönheit und Stärke beraubt als schwacher Mensch auftaucht, ist das Meer nicht länger ihr Freund, sie nicht länger auf der Jagd und der Sirenenjäger und Prinz Elian nicht länger ihre Beute sondern ihr Retter. Als dieser die wehrlose, junge Frau aus dem Meer fischt, ahnt er nicht, dass sich hinter dem hübschen Gesicht und der großen Klappe in Wahrheit das Monster verbirgt, dass zu jagen er sich zur Aufgabe gemacht hat. Doch als Lira immer menschlicher wird und Eigenschaften wie Treue, Hilfsbereitschaft und Freundschaft nicht länger als Schwäche abtun kann, erkennt sie die Tragweite der Schreckensherrschaft ihrer Mutter und muss sich entscheiden, wer sie sein will...


"Keto schuf uns als wildes Kriegsvolk, aber erst die Meeresköniginnen gaben ihren Hass als Erbe an uns weiter. Königinnen wie meine mutter, die ihre Kinder zu seelenlosen Kriegerinnen formte. (…) Ist es das, was Menschsein bedeutet? Sich in Gefahr begeben, um jemand anderen zu schützen?"


Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich wirklich beeindruckt davon bin, wie viel Handlung, Entwicklung und Emotion Alexandra Christo in diesen kurzen 382 Seiten unterbekommt. Selbstverständlich sind einige Lücken im Setting zu finden und viele der interessanten Königreiche werden nur kurz genannt, mit einer groben Charakterisierung abgetan, die oft fast schon klischeehaft wirkt. Außerdem gehen auch viele Nebencharaktere im Sog der Handlung ein wenig unter, die Liebesgeschichte, die Entwicklung von Hass zu Leidenschaft - ging mir zu plötzlich und schnell von statten und gerade am Ende tauchen ein paar Handlungen der Protagonisten auf, die für mich nicht logisch waren.


"Wir sind Splitter desselben Spiegels. Zwischen uns liegen Welten, doch (…) die Grenzen sind verschwommen. Dies hat Elian in einer einzigen Sekunde geschafft, mit etwas, das ihm so leichtfällt wie das Atmen: Er hat gelächelt. Nicht, weil ich Qualen litt, vor ihm den Kopf neigte oder mich seinen Launen unterwarf wie bei meiner Mutter. Er hatte gelächelt, weil er mich gesehen hat, wie ich frei und dem Tod entronnen zu ihm zurückkehren wollte."


Doch was erwarte ich von solch einem kurzen Roman? Eine ausgearbeitete Herr-der-Ringe-Welt mit zig Handlungssträngen und Hintergrundgeschichten? Nein! Es ist bei Fantasy dieser Kürze immer eine große Herausforderung eine Welt aufzubauen, die mehr ist, als bloße Kulisse der Handlung, während genügend von letzterer vorhanden ist und auch Zeit bleibt, die Protagonisten zu entwickeln. Und das schafft die Autorin wunderbar, sodass ihr noch die Zeit bleibt, viele der erzählten Legenden über die Königshäuser als Lüge aufzudecken und großpolitischen Angelegenheiten und Intrigen anzusprechen. In vielen kurzen Szenen und dem daraus resultierenden hohen Tempo entführt sie uns in ein Reich voller bunter Völker, düsterer Legenden von blutrünstigen Monstern und strahlenden Helden, die einen unerbittlichen Kampf zwischen Meer und Land ausfechten. Gerade durch die vielen Gegensätze von glänzenden Königshäuser über die Sirenenjagd auf rauer See, auf einer abenteuerlichen Reise auf dem Piratenschiff Saad bis zum höchsten Punkt des Landes, zu einem der größten Schätze der Welt wird die Geschichte spannend gehalten, auch wenn ihr Ausgang schon recht früh kein Rätsel mehr ist.


"Ein Prinz darf von Mythen und Legenden umrankt sein", erklärt er mir. "Aber er kann nicht in ihnen leben. Er muss in der echten Welt leben und dort den Stoff für die Erzählungen liefern." Er sieht mich ernst an. "Du solltest weniger auf Märchen hören, Elian, sonst wirst du am Ende selbst nichts weiter sein als ein Märchen."


Die Geschichte wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Elian und Lira erzählt, was jedoch nur mit einem Schriftartwechsel angekündigt wird. Das ist zum Teil recht verwirrend, da hätte ich mir eine eindeutigere Kennzeichnung gewünscht. Die beiden Protagonisten haben mir aber sehr gut gefallen. Obwohl sie auf unterschiedlichen Seiten stehen, sind sie gar nicht so verschieden. Beiden werden ihre Freiheit und die Möglichkeit zur vollständigen Entfaltung durch die Verantwortung ein Reich zu führen und dessen Ansprüchen zu genügen gehemmt. Lira wurde von ihrer Mutter, der Meereskönigin, von klein auf zu einem Monster gemacht: Der Fluch der Prinzen. Zwischen dem Bedürfnis, ihre Mutter stolz zu machen, eine würdige Nachfolgerin zu sein und dem Ruf ihres Gewissens und der Gewissheit, etwas ändern zu wollen fühlt sie sich zunehmend hin und her gerissen, bis sie entscheidet, dass sie kein Monster mehr sein will. Doch ohne ihre Grausamkeit, ihre Kraft, ihr Gesang - was bleibt denn da noch übrig?


"Ich dachte, ich müsse meinem Reich etwas beweisen. Aber was? Dass ich genauso bin wie sie? Das Tod und Grausamkeit mir mehr bedeuten als Gnade? Dass ich an jedem Verrat begehe, auch wenn er noch so treu ist? (…) Ich denke an Crestell, die Kahlia vor mich beschützt und ihr eigenes Leben geopfert hat. "Werde die Königin, die wir brauchen."


Elian ist ebenfalls der nächste Thronfolger seines Königreichs, dem goldenen Midas. Doch anstatt sich mit ätzenden Hofangelegenheit zu langweilen, folgt er dem Ruf des Meeres tief in seinem Herzen und zieht als Sirenenjäger durch die Meere. Auch wenn die Welt ihn als den Piratenprinz sieht, der als hoffnungsloser Abenteurer verlacht ist, hat er in seiner Crew eine Familie, in der Saad ein Zuhause, in dem Dasein als Pirat ein Frieden gefunden, den er in seiner wirklichen Heimat nie gefühlt hat. Doch als er sich um sein größtes Ziel zu erreichen auf schmutzige Deals einlassen muss, die ihn sein Königreich kosten könnten, muss er sich entscheiden, wer er sein will: Pirat oder Prinz, oder vielleicht doch etwas Besonderes dazwischen...?


"Glaubst du wirklich daran, dass Mörder aufhören können, Mörder zu sein?"
"Ich möchte es glauben." Seine Stimme klingt so anders als die des selbstbewussten Prinzen bei unserer ersten Begegnung. Er ist nicht der Mann, der ein Schiff kommandiert, oder der Sohn, der ein Land regieren soll. Er ist weder das eine noch das andere, und doch ist er beides zugleich. Sein wahres Ich ist irgendwo dazwischen, wo nur ich es sehen kann."


Durch den jeweils anderen schaffen die beiden es, sich ihrer Rolle bewusst zu werden und frei zu entscheiden, was sie tun und lassen wollen. Auch wenn die Liebesgeschichte sich erst gar nicht und dann sehr schnell entwickelt, mochte ich das sarkastische Zusammenspiel der beiden und habe sehr gerne zugesehen, wie die beiden sich selbst und dem jeweils anderen immer näher kommen.


"Nur damit du es weißt", sage ich zu Lira. "Wenn du mich belügst, werde ich dich vielleicht töten."
Lira streckte das Kinn vor. Ihr Blick ist rebellisch und ihre gen sind zu blau, um ihnen standzuhalten. Im ersten Moment bin ich mir nicht sicher, ob sie eine Antwort parat hat, aber dann fährt sie mit der Zunge über die Lippen und ich weiß, dass sie den süßen Vorgeschmack auf das genießt, was sie mir gleich an den Kopf werfen wird.
"Vielleicht", sagt sie, währen das schummrige Licht sich an ihre Haut schmiegt, "töte ich dich zuerst."


Durch den zielsicheren Schreibstil der jungen Autorin bekommt jede Szene eine eindeutige Funktion und wir werden durch die bildhafte Sprache immer tiefer ins wilde Herz der See gezogen, bis wir -wie ein Matrose dem Gesang einer Sirene- dem Bann der Geschichte erliegen. Dabei wird eine recht düstere, spannungsgeladene, abenteuerliche, mitreißende Atmosphäre geschaffen, die jedoch an einigen Stellen etwas bröckelt, wenn sich seltsame "Lücken", Unstimmigkeiten in Szenen, auftun, die holprig wirkten. Das kann ich leider nicht besser in Worte fassen, es könnte auch an der Übersetzung liegen. Nichtsdestotrotz wird uns hier eine düstere Adaption des Kunstmärchens "Die kleine Meerjungfrau" von Hans Christian Andersen präsentiert. Mit einem Unterschied: die Liebe, die eigentlich nicht erwidert werden kann, gewinnt hier nach einem epischen Kampf am Ende doch.



Fazit:


Alexandra Christos düstere Adaption des Kunstmärchens "Die kleine Meerjungfrau" entführt in ein Reich voller bunter Völker, dunkler Legenden von blutrünstigen Monstern und strahlenden Helden, die einen unerbittlichen Kampf zwischen Meer und Land ausfechten. Eine atmosphärische Geschichte voller Abenteuer und Leidenschaft

Veröffentlicht am 22.07.2018

Ein Lied von Freiheit und Sehnsucht...

Elian und Lira – Das wilde Herz der See
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Allgemeines:

Titel: Elian und Lira - Das wilde Herz der See
Autor: Alexandra Christo
Verlag: dtv (20. Juli 2018)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3423762209
ISBN-13: 978-3423762205
ASIN: B07D2ZZZYN
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: Elian und Lira - Das wilde Herz der See
Autor: Alexandra Christo
Verlag: dtv (20. Juli 2018)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3423762209
ISBN-13: 978-3423762205
ASIN: B07D2ZZZYN
Originaltitel: To Kill a Kingdom
Seitenzahl: 384 Seiten
Preis: 16,99€ (Kindle-Edition)
18,95€ (Gebundene Ausgabe)



Inhalt:

"Lügen sind keine Antwort."
"Aber sie klingen viel besser als die Wahrheit"

Lira ist die Tochter der Meereskönigin. Jahr für Jahr ist sie dazu verdammt, einem Prinzen das Herz zu rauben. Doch dann begeht sie einen Fehler und ihre Mutter verwandelt sie zur Strafe in die Kreatur, die sie am meisten verabscheut – einen Menschen. Und sie stellt Lira ein Ultimatum: Bring mir das Herz von Prinz Elian oder bleib für immer ein Mensch.
Elian ist der Thronerbe eines mächtigen Königreichs. Doch das Meer ist der einzige Ort, an dem er sich wirklich zu Hause fühlt. Er macht Jagd auf Sirenen, vor allem auf die eine, die so vielen Prinzen bereits das Leben genommen hat. Als er eines Tages eine junge Frau aus dem Ozean fischt, ahnt er zunächst nicht, wen er da an Bord geholt hat.
Bald wird aus Misstrauen jedoch Leidenschaft und das Unerwartete geschieht – die beiden verlieben sich ineinander.


Bewertung:



Schon immer hatten Geschichten, die die Verlockung des Meeres, den Ruf des Abenteuers in sich hatten, eine besondere Anziehungskraft auf mich. Schon als ich das Cover dieser Geschichte zum ersten Mal sah war mir klar: dieses Buch muss ich lesen! Insgesamt erwartete mich eine wundervolle, atmosphärische Geschichte voller Abenteuer und Leidenschaft, die jedoch auch einige Schwächen aufweist.


"In den Abgründen unserer Seele sind Elian und ich gar nicht so verschieden. Zwei Königreiche erlegen uns beiden Verantwortung auf, der wir uns nicht gewachsen fühlen. Wir sind gefesselt: er an ein Land und ein vorgezeichnetes Leben, ich an das mörderische Erbe meiner Mutter. Und beide vernehmen wir den Lockruf des Ozeans: ein Lied von Freiheit und Sehnsucht."


Das Cover ist auf den ersten Blick ein wahrhaftiger Eye-Catcher und in der Gesamtkonstruktion definitiv stimmig, je länger ich es jedoch betrachte, desto weniger gefällt es mir. Natürlich ist da zum einen das Bild eines Mädchens, das mit den blauen Augen, den Sommersprossen und den roten Haaren wohl Lira darstellen soll. Wie schon so oft erwähnt stören mich Modelbilder auf Buchcover immer, außerdem finde ich nicht, dass auf Lira in der Geschichte ein besonderer Fokus liegt. Auf dem Bild links sieht es zum anderen aus, als würden feine, blau-weiße Linien das Mädchen als Wellen umspielen. In echt sind es jedoch breite, glitzernde Streifen, die relativ wenig mit Wellen gemein haben. Nichtsdestotrotz gefallen mir die düstere Ausstrahlung des Covers und die große, gefächerte Muschel, die jedes Kapitel überschreibt. Vielleicht wäre es hier aber eine Bereicherung gewesen, motivisch näher am Original zu bleiben.


Erster Satz: "Ich habe ein Herz für jedes Jahr meines Lebens."


Mit diesem treffenden und eingängigen Satz steigen wir in das Schicksal der Sirene Lira ein, die weit im ganzen Reich als "Fluch der Prinzen" bekannt ist, da sie jedes Jahr im Monat ihres Geburtstages das Herz eines jungen Prinzen raubt. Als sie auf der Jagd mit ihrer Cousine Kahlia ihre Sammlung aus 17 Herzen zu früh um ein weiteres ausbaut, zieht sie den Zorn ihrer Mutter auf sich. Eigentlich kein Problem, wäre diese nicht die allmächtige Meereskönigin, die auf Unterordnung durch Furcht und Schrecken baut, anstatt auf Treue und Loyalität durch Akzeptanz und Respekt. Als sie daraufhin ihres Gesangs, ihrer unglaublichen Schönheit und Stärke beraubt als schwacher Mensch auftaucht, ist das Meer nicht länger ihr Freund, sie nicht länger auf der Jagd und der Sirenenjäger und Prinz Elian nicht länger ihre Beute sondern ihr Retter. Als dieser die wehrlose, junge Frau aus dem Meer fischt, ahnt er nicht, dass sich hinter dem hübschen Gesicht und der großen Klappe in Wahrheit das Monster verbirgt, dass zu jagen er sich zur Aufgabe gemacht hat. Doch als Lira immer menschlicher wird und Eigenschaften wie Treue, Hilfsbereitschaft und Freundschaft nicht länger als Schwäche abtun kann, erkennt sie die Tragweite der Schreckensherrschaft ihrer Mutter und muss sich entscheiden, wer sie sein will...


"Keto schuf uns als wildes Kriegsvolk, aber erst die Meeresköniginnen gaben ihren Hass als Erbe an uns weiter. Königinnen wie meine mutter, die ihre Kinder zu seelenlosen Kriegerinnen formte. (…) Ist es das, was Menschsein bedeutet? Sich in Gefahr begeben, um jemand anderen zu schützen?"


Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich wirklich beeindruckt davon bin, wie viel Handlung, Entwicklung und Emotion Alexandra Christo in diesen kurzen 382 Seiten unterbekommt. Selbstverständlich sind einige Lücken im Setting zu finden und viele der interessanten Königreiche werden nur kurz genannt, mit einer groben Charakterisierung abgetan, die oft fast schon klischeehaft wirkt. Außerdem gehen auch viele Nebencharaktere im Sog der Handlung ein wenig unter, die Liebesgeschichte, die Entwicklung von Hass zu Leidenschaft - ging mir zu plötzlich und schnell von statten und gerade am Ende tauchen ein paar Handlungen der Protagonisten auf, die für mich nicht logisch waren.


"Wir sind Splitter desselben Spiegels. Zwischen uns liegen Welten, doch (…) die Grenzen sind verschwommen. Dies hat Elian in einer einzigen Sekunde geschafft, mit etwas, das ihm so leichtfällt wie das Atmen: Er hat gelächelt. Nicht, weil ich Qualen litt, vor ihm den Kopf neigte oder mich seinen Launen unterwarf wie bei meiner Mutter. Er hatte gelächelt, weil er mich gesehen hat, wie ich frei und dem Tod entronnen zu ihm zurückkehren wollte."


Doch was erwarte ich von solch einem kurzen Roman? Eine ausgearbeitete Herr-der-Ringe-Welt mit zig Handlungssträngen und Hintergrundgeschichten? Nein! Es ist bei Fantasy dieser Kürze immer eine große Herausforderung eine Welt aufzubauen, die mehr ist, als bloße Kulisse der Handlung, während genügend von letzterer vorhanden ist und auch Zeit bleibt, die Protagonisten zu entwickeln. Und das schafft die Autorin wunderbar, sodass ihr noch die Zeit bleibt, viele der erzählten Legenden über die Königshäuser als Lüge aufzudecken und großpolitischen Angelegenheiten und Intrigen anzusprechen. In vielen kurzen Szenen und dem daraus resultierenden hohen Tempo entführt sie uns in ein Reich voller bunter Völker, düsterer Legenden von blutrünstigen Monstern und strahlenden Helden, die einen unerbittlichen Kampf zwischen Meer und Land ausfechten. Gerade durch die vielen Gegensätze von glänzenden Königshäuser über die Sirenenjagd auf rauer See, auf einer abenteuerlichen Reise auf dem Piratenschiff Saad bis zum höchsten Punkt des Landes, zu einem der größten Schätze der Welt wird die Geschichte spannend gehalten, auch wenn ihr Ausgang schon recht früh kein Rätsel mehr ist.


"Ein Prinz darf von Mythen und Legenden umrankt sein", erklärt er mir. "Aber er kann nicht in ihnen leben. Er muss in der echten Welt leben und dort den Stoff für die Erzählungen liefern." Er sieht mich ernst an. "Du solltest weniger auf Märchen hören, Elian, sonst wirst du am Ende selbst nichts weiter sein als ein Märchen."


Die Geschichte wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Elian und Lira erzählt, was jedoch nur mit einem Schriftartwechsel angekündigt wird. Das ist zum Teil recht verwirrend, da hätte ich mir eine eindeutigere Kennzeichnung gewünscht. Die beiden Protagonisten haben mir aber sehr gut gefallen. Obwohl sie auf unterschiedlichen Seiten stehen, sind sie gar nicht so verschieden. Beiden werden ihre Freiheit und die Möglichkeit zur vollständigen Entfaltung durch die Verantwortung ein Reich zu führen und dessen Ansprüchen zu genügen gehemmt. Lira wurde von ihrer Mutter, der Meereskönigin, von klein auf zu einem Monster gemacht: Der Fluch der Prinzen. Zwischen dem Bedürfnis, ihre Mutter stolz zu machen, eine würdige Nachfolgerin zu sein und dem Ruf ihres Gewissens und der Gewissheit, etwas ändern zu wollen fühlt sie sich zunehmend hin und her gerissen, bis sie entscheidet, dass sie kein Monster mehr sein will. Doch ohne ihre Grausamkeit, ihre Kraft, ihr Gesang - was bleibt denn da noch übrig?


"Ich dachte, ich müsse meinem Reich etwas beweisen. Aber was? Dass ich genauso bin wie sie? Das Tod und Grausamkeit mir mehr bedeuten als Gnade? Dass ich an jedem Verrat begehe, auch wenn er noch so treu ist? (…) Ich denke an Crestell, die Kahlia vor mich beschützt und ihr eigenes Leben geopfert hat. "Werde die Königin, die wir brauchen."


Elian ist ebenfalls der nächste Thronfolger seines Königreichs, dem goldenen Midas. Doch anstatt sich mit ätzenden Hofangelegenheit zu langweilen, folgt er dem Ruf des Meeres tief in seinem Herzen und zieht als Sirenenjäger durch die Meere. Auch wenn die Welt ihn als den Piratenprinz sieht, der als hoffnungsloser Abenteurer verlacht ist, hat er in seiner Crew eine Familie, in der Saad ein Zuhause, in dem Dasein als Pirat ein Frieden gefunden, den er in seiner wirklichen Heimat nie gefühlt hat. Doch als er sich um sein größtes Ziel zu erreichen auf schmutzige Deals einlassen muss, die ihn sein Königreich kosten könnten, muss er sich entscheiden, wer er sein will: Pirat oder Prinz, oder vielleicht doch etwas Besonderes dazwischen...?


"Glaubst du wirklich daran, dass Mörder aufhören können, Mörder zu sein?"
"Ich möchte es glauben." Seine Stimme klingt so anders als die des selbstbewussten Prinzen bei unserer ersten Begegnung. Er ist nicht der Mann, der ein Schiff kommandiert, oder der Sohn, der ein Land regieren soll. Er ist weder das eine noch das andere, und doch ist er beides zugleich. Sein wahres Ich ist irgendwo dazwischen, wo nur ich es sehen kann."


Durch den jeweils anderen schaffen die beiden es, sich ihrer Rolle bewusst zu werden und frei zu entscheiden, was sie tun und lassen wollen. Auch wenn die Liebesgeschichte sich erst gar nicht und dann sehr schnell entwickelt, mochte ich das sarkastische Zusammenspiel der beiden und habe sehr gerne zugesehen, wie die beiden sich selbst und dem jeweils anderen immer näher kommen.


"Nur damit du es weißt", sage ich zu Lira. "Wenn du mich belügst, werde ich dich vielleicht töten."
Lira streckte das Kinn vor. Ihr Blick ist rebellisch und ihre gen sind zu blau, um ihnen standzuhalten. Im ersten Moment bin ich mir nicht sicher, ob sie eine Antwort parat hat, aber dann fährt sie mit der Zunge über die Lippen und ich weiß, dass sie den süßen Vorgeschmack auf das genießt, was sie mir gleich an den Kopf werfen wird.
"Vielleicht", sagt sie, währen das schummrige Licht sich an ihre Haut schmiegt, "töte ich dich zuerst."


Durch den zielsicheren Schreibstil der jungen Autorin bekommt jede Szene eine eindeutige Funktion und wir werden durch die bildhafte Sprache immer tiefer ins wilde Herz der See gezogen, bis wir -wie ein Matrose dem Gesang einer Sirene- dem Bann der Geschichte erliegen. Dabei wird eine recht düstere, spannungsgeladene, abenteuerliche, mitreißende Atmosphäre geschaffen, die jedoch an einigen Stellen etwas bröckelt, wenn sich seltsame "Lücken", Unstimmigkeiten in Szenen, auftun, die holprig wirkten. Das kann ich leider nicht besser in Worte fassen, es könnte auch an der Übersetzung liegen. Nichtsdestotrotz wird uns hier eine düstere Adaption des Kunstmärchens "Die kleine Meerjungfrau" von Hans Christian Andersen präsentiert. Mit einem Unterschied: die Liebe, die eigentlich nicht erwidert werden kann, gewinnt hier nach einem epischen Kampf am Ende doch.



Fazit:


Alexandra Christos düstere Adaption des Kunstmärchens "Die kleine Meerjungfrau" entführt in ein Reich voller bunter Völker, dunkler Legenden von blutrünstigen Monstern und strahlenden Helden, die einen unerbittlichen Kampf zwischen Meer und Land ausfechten. Eine atmosphärische Geschichte voller Abenteuer und Leidenschaft!

Veröffentlicht am 18.07.2018

Ein hochaktueller Thriller: Spannend, nachdenklich, provokant!

Hass im Fadenkreuz
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Allgemeines:

Titel: Hass im Fadenkreuz
Autor: Tatjana Flade
Verlag: edition oberkassel (5. Juli 2018)
Genre: Romantischer Thriller
ISBN-10: 3958131409
ISBN-13: 978-3958131408
ASIN: B07DPTKNS3
Seitenzahl: ...

Allgemeines:

Titel: Hass im Fadenkreuz
Autor: Tatjana Flade
Verlag: edition oberkassel (5. Juli 2018)
Genre: Romantischer Thriller
ISBN-10: 3958131409
ISBN-13: 978-3958131408
ASIN: B07DPTKNS3
Seitenzahl: 300 Seiten
Preis: 7,99€ (Kindle-Edition)
12€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: "Herz im Fadenkreuz)


Inhalt:

Nachdem die illegale Anti-Terroreinheit IFFAR aufgeflogen ist, ist Scharfschütze Lysander (Lys) in Kambodscha untergetaucht. In Berlin schwimmt ein rechtspopulistischer Parteichef auf einer Erfolgswelle und bereitet sich auf die nächsten Wahlen vor. Deshalb beschließen die ehemaligen Auftraggeber der IFFAR, die Einheit zu reaktivieren. Lys erklärt sich zu diesem letzten Auftrag bereit, auch um Esther wiederzusehen. Esther aber gerät ins Visier der rechtsradikalen Terrororganisation »Thule Kämpfer«, weil die sich an Lys und seinen Kameraden rächen wollen …


Bewertung:

Nachdem mich Tatjana Flade schon mit ihrem Fantasy-Roman "Im Zeitschatten von Mondthal" überzeugen konnte und nach dem ersten Teil der Reihe "Herz im Fadenkreuz" noch einige Fragen offen blieben, war es für mich keine Frage, ob ich dieses Buch lesen werde. Und nach spannenden, mitreißenden 300 Seiten, auf denen ich mitgelitten, mich gefreut und ab und zu auch gegruselt habe, kann ich auch für die Fortsetzung der Geschichte meine Leseempfehlung aussprechen.

Das Cover ist ganz im Stil des ersten Bandes gehalten. War bei Teil 1 noch "Pützchens Markt" in Bonn im Fadenkreuz der Waffe zu sehen, zeigt das Gewehr nun auf ein junges Pärchen, das angedeutet im Hintergrund zusehen ist. Der Titel sticht auf dem verschwommenen Hintergrund mit der klaren, weißen Schrift sofort ins Auge und komplettiert die Gestaltung, die schon gleich auf den ersten Blick Spannung weckt.


Erster Satz: "Draußen klapperte es, Schlüssel klirrten und der Riegel schepperte."


Die Fortsetzung beginnt einige Wochen nach dem letzten Teil mit einer kurzen aber aufsehenerregenden Szene aus der Justizvollzugsanstalt Straubing. Mit dem Mord an dem Rechtsterroristen geht die Geschichte um linken und rechten Terror, Gewalt und Gewalteinsatz um Gewalt zu verhindern und das zwischen den Fronten verwirrte Deutschland weiter.
Nachdem vereitelten Anschlag auf den Jahrmarkt in Bonn wurde die illegale Antiterroreinheit IFFAR aufgelöst und Lys musste in Kambodscha untertauchen. Als die Wogen um den IFFAR Skandal sich zu glätten beginnen und der rechtspopulistische Parteichef Daniel Kraußler immer beliebter wird, beschließt der ehemalige Auftraggeber, die Einheit zu reaktivieren. Lys ist das gerade recht, denn er leidet sehr unter der Trennung mit Esther, die in Bonn zurück blieb. Während Lys und Esther versuchen, wie ein normales Paar zusammen zu sein, tritt die rechtsradikale Terrororganisation "Thule Kämpfer" wieder auf den Plan. Denn nach dem vereitelten Anschlag hat der Anführer Voigt noch eine Rechnung mit Lys offen. Und wer wäre da ein geeigneteres Ziel als die unschuldige Esther...


"Der Schmerz, der einem anderen Menschen zugefügt wird, kann mehr wehtun als der eigene."


Die Geschichte wird in kurzen Abschnitten aus verschiedenen Perspektiven an verschiedenen Orten auf der Welt erzählt und springt zwischen den Fronten genauso sehr wie zwischen unseren beiden Hauptpersonen Esther und Lys. Gerade zu Beginn lassen sich die Bedeutungen mancher Handlungsstränge noch nicht ganz nachvollziehen und zusammen mit dem eher gemächlichen Tempo ergibt sich ein eher langsamer Start in die Geschichte. Nachdem dann aber die ersten Ereignisse losgetreten wurden, nimmt der Thriller sowohl zwischenmenschlich, moralisch, politisch als auch handlungsmäßig immer mehr Fahrt auf, bis sie auf ein unvermeidlich scheinendes Ende zusteuert...


"Ich habe Angst", flüsterte sie.
"Du musst keine Angst haben. Es ist alles in Ordnung."
"Das stimmt nicht. Ich habe das Gefühl, dass alles auseinanderbricht. Gestern kam die Nachricht von der Ermordung des Grünen-Politikers. Als ich am Mittwochabend nach Hause gefahren bin, haben zwei Männer Obdachlose in der U-ahn attackiert. Die Demo in Bonn wurde zur Massenschlägerei. Überall ist diese Gewalt, ich halte das nicht mehr aus." (…)
"Und du bist auch ein Teil dieser Gewalt."


Durch die vielen Perspektivwechsel und kurzen Einblicke in das Leben verschiedener Menschen wird langsam immer mehr Spannung aufgebaut, was durch Tatjana Flades schmucklosen aber präzisen Stil unterstützt wird. Dabei bekommen wir immer wieder Appetithäppchen anderer Perspektiven vorgesetzt, haben jedoch einen deutlichen Fokus auf die beiden Hauptpersonen, die abwechselnd als personale Erzähler berichten. Sehr schön finde ich außerdem, dass wir mehr über Lys´ Vergangenheit erfahren und auch Esther sich weiter entwickelt. Auch wenn sie gegen jegliche Art von Terror ist, unterstützt sie die Vorgehensweise der IFFAR in keinster Weise. Sie liebt Lys zwar, erträgt jedoch die ständige Angst um ihn, die Vorstellung, dass er Menschen ermordet und die ganzen Geheimnisse nicht länger. Während ihre Liebe sie in Band 1 noch relativ blind hat werden lassen, traut sie sich hier mehr, Lys die Meinung zu sagen und zeigt dabei eine lobenswerte Haltung, Werte und viel Mut als es hart auf hart kommt.


"Ich halte diesen Hass nicht mehr aus!"


Auch Lys´ Beweggründe kann man als Leser durchaus nachvollziehen. So handelt er, wo der Rechtsstaat gehemmt ist und geht mit Gewalt gegen den Rechtsterror vor - seiner Meinung nach die letzte und einzige Möglichkeit. Doch Esther ist sich ganz und gar nicht sicher, ob Gewalt wirklich eine Lösung sein kann, ob Terror zur Terrorbekämpfung eingesetzt werden darf, wann oder ob überhaupt Morde legitim sein können und ob es nicht sogar notwendig für eine Demokratie ist, dass sie auch Rechtspopulisten aushalten kann, ohne dass das System zusammenbricht. Ihr seht, es kommen eine Menge diskutabler Grundsätze auf und in mitten des politischen Kreuzfeuers steht das junge Paar, das unter dem ständigen Schweigen, den Geheimnissen, der Ungewissheit und den unterschiedlichen Wertvorstellungen zu leiden hat.


"Manche Dinge müssen getan werden, ob sie uns gefallen oder nicht", flüsterte er. Sie wollte seine Umarmung abschütteln und gleichzeitig wollte sie, dass er sie noch fester hielt. Angst, Wut und Hilflosigkeit vermischten sich und brachen wie eine Welle über sie herein."


Allgemein hat für mich die unheimliche Aktualität des Themas die Anziehungskraft der Geschichte ausgemacht. Mit Terroranschlägen, der Bedrohung durch Rechtsradikale, Problem-Parteien und viel Misstrauen und Gewalt gegen alles, was anders ist als die Norm, ist die Zukunft, die die Autorin wohl gesehen hat, als sie das Buch schrieb, doch sehr nahe gerückt. Es ist wirklich traurig, wie man immer wieder allzu bekannte Situationen wiedererkennen muss, Gedankengänge und Handlungen präsentiert bekommt, die von der Realität nicht weit entfernt liegen. Und so hat es mich noch viel mehr berührt und betroffen zurück gelassen, wenn Lys und seine Freunde einen Parteitag der rechtsradikalen "Partei für ein sauberes Bayern" in Blut und Asche aufgehen lassen oder planen, den Parteichef und Spitzenkandidat der "Deutsche Partei für Recht und Freiheit" zu ermorden. Denn insgeheim werden sich viele Leser dabei erwischen, die Taten der IFFAR nicht ganz so abwegig zu finden, wie man das eigentlich sollte. Insgesamt wird also die Frage aufgeworfen, wie wir alle mit der wachsenden rechten Gesinnung und Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung umgehen sollen. Natürlich hat die Geschichte darauf keine Antwort, aber durch dieses nur wenig überspitze Szenario wird uns klargemacht, wie wichtig es ist, genau hinzuschauen. Den Rest müssen wir wohl selbst herausfinden... Und wer darauf keine Lust hat - es gibt wahrscheinlich auch noch eine weitere Fortsetzung!


"Warum laufen Kraußler und seiner Partei so viele Leute nach?" "Weil er einfache Rezepte und schnelle Lösungen verspricht." (…) "Die Leute nehmen die Gefahr nicht ernst genug und dann ist es zu spät!"




Fazit:


Ein hochaktueller Thriller über ein junges Paar zwischen Gewalt, Hass und Terror. Spannend, nachdenklich, provokant!