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Veröffentlicht am 04.02.2018

Eine süße Detektivgeschichte für Groß und Klein

Lila Winkelbaum und das Geheimnis der Zeituhr
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Allgemeines:

Titel: Lila Winkelbaum und das Geheimnis der Zeituhr
Autor: Julian Wolf
Verlag: epubli (17. Januar 2018)
Genre: Detektivgeschichte
ISBN-10: 3745083903
ISBN-13: 978-3745083903
ASIN: B07917ZDC8
Vom ...

Allgemeines:

Titel: Lila Winkelbaum und das Geheimnis der Zeituhr
Autor: Julian Wolf
Verlag: epubli (17. Januar 2018)
Genre: Detektivgeschichte
ISBN-10: 3745083903
ISBN-13: 978-3745083903
ASIN: B07917ZDC8
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 6 - 12 Jahre
Seitenzahl: 160 Seiten
Preis: 4,99€ (Kindle-Edition)
11,49€ (Taschenbuch)
16,99€ (Gebundene Ausgabe)



Inhalt:

Gleich am ersten Tag an Lilas neuer Schule steht ein Besuch im Museum auf dem Programm. Eine Ausstellung über die Zeit – wie langweilig! Doch dann wird aus dem Museum ein wertvolles Ausstellungsstück gestohlen: eine ägyptische Sonnenuhr, mit deren Hilfe man durch die Zeit reisen kann.
Lila ist sofort Feuer und Flamme, und macht sich gemeinsam mit ihrer Freundin Jane an die Aufklärung des Diebstahls. Als dann noch ein zweiter magischer Gegenstand gestohlen wird, überschlagen sich die Ereignisse. Und dann kommen auch noch die „kleinen Freunde“ ins Spiel – geheimnisvolle Wesen aus der 5. Dimension.
Wird es Lila gelingen, dem Geheimnis der Zeituhr auf die Spur zu kommen?


Bewertung:

Auch wenn ich vielleicht nicht direkt zur Zielgruppe dieses Buches gehöre, das eher an ein etwas jüngeres Publikum adressiert ist, konnte mich diese süße Detektivgeschichte mit magischem Einschlag sehr überzeugen. Ab und zu muss es dann doch auch mal ein Kinderbuch sein, dass mit seiner schlichten Logik, geradlinigen Gefühlen und Gedanken und natürlich mit ehrlichen, kleinen Helden Erwachsenen klar macht, dass es so einfach sein kann, einfach das Richtige zu tun. Der junge Autor Julian Wolf präsentiert uns hier 160 Seiten voller Witz, Abenteuer, Spannung und Lebensfreude.


"Die Zeituhr. Der grüne Anhänger. Die geheimnisvolle Nachricht. Mr. Miller. Das Treffen. Blatt 48. Sie brannte förmlich darauf, das Rätsel endlich zu lösen. Und doch wurde sie den Gedanken nicht los, dass sie etwas übersehen haben musste."


Schon das Cover hebt sich vom Gewöhnlichen etwas ab und ist sehr kunstvoll gestaltet. Vor einer nächtlichen Kulisse, die von einem hellen Vollmond, einem dunklen Wald und einer Straße mit bunten Häusern umrahmt wird, sieht man die Rückseite unserer Protagonistin Lila, auf deren Schulter wir Hugo sehen können. Die kleinen Details wie die Vögel, die sich kontrastreich vom hellen Vollmond abheben, die blauen Wolken oder hübsche Schnörkel an den Häusern verleihen der Szene etwas Magisches und lassen sie lebendig wirken, sodass man sich sofort hineingezogen fühlt. Auch die Schnipsel der geheimen Nachricht, die Lila und ihre Freundin Jane abfangen passen wunderbar ins Bild. Die Idee, den Titel in den Vollmond zu setzten und den Namen des Autors auf einen weiteren Schnipsel zu packen, gefällt mir ebenfalls sehr gut. Neben dem Cover sind auch Buchrücken und Buchdeckel sehr ansprechend mit unaufdringlichen Wasserzeichen und Motiven gestaltet, was dazu führt, dass man die Geschichte sehr gerne zur Hand nimmt. Für meinen Geschmack insgesamt eine wunderschöne, magische Gestaltung, die besser nicht hätte sein können. Großes Lob!


Erster Satz: "Johanna Evelyn Miranda Liliane Winkelbaum?"

Mit dieser Frage der Klassenlehrerin Frau Mayer-Wackel wird Lilas größte Angst wahr. Ihre Klassenkameraden an ihrer neuen Schule erfahren gleich am ersten Tag, welch exotische Namenskreation der Vorliebe ihres Vaters für altmodische Vornamen entsprungen ist. Dabei möchte das junge Mädchen doch einfach nur einen ganz normalen Einstiegstag haben und Freunde finden. Als sie dann aber die junge Jane kennenlernt, mit der sie ihre Abneigung zu Mathe und Liebe zu Schokolade teilt, scheint ihr Tag schon viel freundlicher und auch der eher langweilige Besuch im örtlichen Museum kann ihre Laune nicht trüben. Vor allem als die gesamte Klasse dann Zeuge, eines gestohlenen Ausstellungsstücks wird ist ihr Spürsinn geweckt: wer hat die wertvolle, mit Edelsteinen besetzte ägyptische Sonnenuhr entwendet und will der Dieb wirklich damit in die Zeit reisen?
Lila und ihre neue Freundin Jane stürzen sich in die Ermittlungsarbeit ganz nach ihrem großen Vorbild Sherlock Homes und kommen, befeuert von einem zweiten Raub, dem großen Geheimnis immer näher...

Nachdem die Mädchen auf das erste Geheimnis stoßen, das es zu enthüllen gilt, können die beiden durch nichts mehr gestoppt werden. Weder eine aufmerksame Baby-Sitterin, ominöse Museumsangestellte oder eine falsche Fährte bringen die beiden von ihrer Ermittlung ab, sodass wir zügig durch die 26 Kapitel geleitet werden. Dabei halten etliche Wendungen und viele mögliche Verdächtige die Handlung spannend genug, dass auch Erwachsene mit fiebern können, der Handlungsstrang bleibt jedoch trotzdem übersichtlich genug, dass auch junge Leser ohne Schwierigkeiten den Abenteuern folgen können. Auch wenn es aus meiner Perspektive einige Logiklücken gab wie m Beispiel eine fehlende Überwachung im Museum, die Tatsache, dass Lila einfach bei einem polizeilichen Verhör dabei sein darf oder die sehr schnell wachsende Freundschaft zwischen Jane und Lila, die schon beim jeweils anderen übernachten, ohne jemals dort zu Besuch gewesen zu sein. Trotz allem ist das Abenteuer kindgerecht und mit Liebe zum Detail gestaltet, sodass ein kurzweiliges Leseerlebnis für Jung und Alt garantiert wird.


"Da läuft irgendwas und ich will verdammt sein, wenn wir nicht rauskriegen, was!" Entschlossen blickte sie zu dem großen Sherlock-Homes-Poster an der Wand. Sie fragte sich, ob ihr großes Vorbild wohl genauso vorgehen würde. (...) Ja, sagte sie sich: Sie hatte den Tatort gesichert, Indizien gesammelt und Verdächtige identifiziert. Ihr Vorgehen genügte definitiv Sherlock-Homes-Ansprüchen."


Vor allem die Charaktere sind sehr liebevoll gestaltet. Die junge Protagonistin Lila hat mit der peinlichen Andersartigkeit ihrer Familie sehr zu kämpfen. Von ihren etlichen Vornamen einmal abgesehen wohnt sie noch in einem quietschgelben Haus hat eine scheinbar perfekte große Schwester Eva, einen Möchtegern-Bodybuilder und Stinkstiefel Alex als Bruder und auch ihre Eltern reichen an der Norm vorbei. Während ihr Vater seine Familie mit experimentellen Kochversuchen terrorisiert, wobei neue Essens- und Kuchenkreationen oft gründlich in die Hose gehen, ist ihre Mutter oft bis spät in den Abend in ihrer Anwaltskanzlei und hat wenig Zeit für ihre Kinder. Mit ihrer Liebe für Detektivgeschichte, ihrer aufgeweckten Neugierde und untrüglichen Spürsinn passt die junge Lila eigentlich ganz gut ins Bild. Mit ihrer unkomplizierten, fantasievollen und mutigen Art muss man das Mädchen einfach gern haben. In vielerlei Hinsicht ist sie noch ein richtiges Kind - abenteuerlustig, voller kindlichem Tatendrang, was man an ihrer Art zu beschreiben und erzählen auch schön sehen kann. Aber manchmal blitzt ein wenig reiferes Verständnis durch und sie erscheint gewitzter, als man es ihr zutrauen würde. Insgesamt eine chaotische aber liebenswürdige Mischung einer verrückten aber eigentlich doch ganz normalen Familie.


"Zeitreisen... Sie ließ das Wort auf der Zunge zergehen. Natürlich klang das abenteuerlich - aber steckte nicht in jeder Legende ein Körnchen Wahrheit."


Janes Eltern hingegen sind getrennt und auch wenn auch aus ihrer Perspektive ab und zu erzählt wird, bleibt sie doch ein wenig blasser als Lila. Angesichts des geringen Umfangs der Geschichte und dem klar Fokus auf Lila ist das aber kein Problem. Zusammen bilden die beiden aufgeweckten Mädchen ein unschlagbares Duo, das am Ende auch siegt.

Jedoch erhalten sie unerwartete Hilfe. Bald wird klar, dass die magischen Elemente des Kriminalfalles nicht etwa von der Zeituhr mit den angeblich magischen Eigenschaften herrühren, sondern von Lilas plötzlichem "kleiner Freund", Hugo aus der fünften Dimension. Das kleine blaue Fellknäuel, das nur Lila hören und sehen kann ist einfach unfassbar niedlich und macht die Geschichte nicht nur durch seine wunderbaren Spionageeigenschaften unentbehrlich. Seine feige, faule aber absolut liebenswerte Art passt ganz wunderbar in die Geschichte.


"Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein - so unwahrscheinlich sie auch klingen mag."


Der Stil, in dem das Ganze gehalten ist, ist ebenfalls einfach wunderbar - erfrischend, humorvoll, bildreich, schlicht aber träumerisch. Gut verständlich und greifbar sind die Situationen geschildert, die Dialoge knapp und stimmig für die Altersgruppe, hin und wieder kann man ein wenig Ironie und versteckter Humor durchblitzen sehen, welche wohl für die Erwachsenen bestimmt sind. Es wird eine realistische, entdeckungslustige Stimmung kreiert, die nur in Teilen magische Einsprengsel erhält. Ein angenehmes Lesegefühl, das die spannende und überzeugende Geschichte wunderbar umrahmt.
Dafür ein riesengroßes Lob an den jungen Autor!

Da ich die ganzen Charaktere sehr ins Herz geschlossen habe, würde es mich freuen, wenn noch viele Fortsetzungen geplant wären.


Fazit:

Eine süße Detektivgeschichte für Groß und Klein: 160 Seiten voller Witz, Abenteuer, Spannung und Lebensfreude.

Veröffentlicht am 02.02.2018

Was einen Menschen wirklich blind macht...

Behalt das Leben lieb
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Allgemeines:

Titel: Behalt das Leben lieb
Autor: Jaap ter Haar
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. März 1980)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423078057
ISBN-13: 978-3423078054
ASIN: B00BFS53XU
Preis: 12,99€ (Gebundene ...

Allgemeines:

Titel: Behalt das Leben lieb
Autor: Jaap ter Haar
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. März 1980)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423078057
ISBN-13: 978-3423078054
ASIN: B00BFS53XU
Preis: 12,99€ (Gebundene Ausgabe)
5,99€ (Kindle-Edition)
7,95€ (Taschenbuch)
Seitenzahl: 144 Seiten



Inhalt:


Durch einen Unfall verliert der 13-jährige Beer sein Augenlicht. In der nächsten Zeit durchlebt er Phasen der tiefsten Niedergeschlagenheit, aber auch Augenblicke der Hoffnung. Seine Familie wird vor Probleme gestellt, die nur mit viel Einfühlungsvermögen zu bewältigen sind.


Bewertung:

Dieses Buch habe ich mir vor einigen Jahren einmal zugelegt, da die vielen Preise, die der Roman gewonnen hat und vor allem auch das Thema mich neugierig werden ließ. Als ich jetzt endlich dazu kam es zu lesen, war ich aufgrund des geringen Umfangs der Geschichte schnell wieder fertig, trotzdem konnte das Buch mich wirklich erreichen und berühren.

"Phantasie? Für Beer war es ein Erlebnis. Denn: wenn man blind war, brauchte die Welt deshalb nicht kleiner zu werden. In Gedanken konnte man sie so groß, so schön oder so hässlich machen, wie man wollte."

Der kurze Jugendroman des holländischen Autors Jaap ter Haar ist schon eine ganze Weile auf dem Markt (seit 1973) und in etlichen verschiedenen Auflagen und Ausgaben auf der ganzen Welt erschienen, die neuste Auflage von 1980 ist meiner Meinung nach jedoch die ansprechendste. Zusehen ist im Vordergrund ein Junge mit einem Fußball auf dem Schoß, der scheinbar verträumt in die Leere starrt - ein Blinder, was auch die erhobene Blindenschrift auf der rechten Seite des Coverrandes bezeugt. Darüber im hellen Himmel, der im starken Kontrast zum Vordergrund fast weiß erscheint, schwebt der Titel in verschiedenen Rottönen. Der Fußball hat hier eine symbolische Wirkung für alles, was Berend durch die Erblindung verloren hat. Denn neben dem Fußball spielen gestalten sich auch andere Dinge in seinem Alltag zukünftig als schwierig. Da der Junge ganz wunderbar zu Beer passt und sein in sich gekehrter Gesichtsausdruck auch super die nachdenkliche Atmosphäre des Romans widerspiegelt, habe ich mich diesmal auch nicht einmal an der abgebildeten Person gestört- Der Titel passt natürlich ganz wunderbar und trotz dass der Roman oft als Pflichtlektüre für 8./9. Klässler angesetzt wird, hatte ich viel Spaß beim Lesen.

Erster Satz: "Ein schreckenerregender Schrei, von Angst und rasendem Schmerz erfüllt."

Das kurze Büchlein beginnt mit Berends Unfall, bei dem der 13-jährige von einer Heugabel das Augenlicht gestohlen bekommt. Als er im Krankenhaus mit einem dicken Verband um seine Augen in ständiger Dunkelheit erwacht, ist ihm noch nicht klar, was das für sein Leben alles bedeutet. Er wird dann schließlich doch mit der Tatsache konfrontiert, dass er bis ans Ende seine Lebens blind sein wird und verliert er beinahe allen Mut. Zusammen mit seinen schrägen aber liebenswürdigen Kumpanen aus dem Krankenhaus Saal 3, der Krankenschwester Will mit einem vernarbten Gesicht, seinen Eltern und einem todgeweihten Psychologie-Studenten, schafft er es jedoch, mit seinem Schicksal zurechtzukommen. Trotz seiner Verzweiflung und Angst, erfährt Beer auch immer wieder Augenblicke der Hoffnung, die ihm Wege, sein neues Leben anzunehmen und zu meistern, aufzeigen...


"In Fieberträumen war er bewusstlos in die tiefe, unerreichbare Welt hinabgetaucht, die auf dem Grunde jedes Menschen verborgen liegt. Dort bewegte er sich in dunklen Tunneln, sah drohende Ungeheuer und geriet in eine zeitlose Angst. Do er ging in der Tiefe auch durch grüne Landschaften; und Gefühle des Glücks bewiesen, dass das Tiefste der menschlichen Seele nicht allein vom Elend erfüllt ist."


Die kurze Geschichte zeigt den Weg eines Jungen auf, der versucht mit seiner plötzlichen Behinderung klarzukommen, denn das ist die Blindheit definitiv. Dinge, die vorher ganz natürlich waren und zum Alltag gehörten, werden plötzlich schwer: lesen, schreiben, laufen, sich waschen, essen, ... all das kann er ohne fremde Hilfe zunächst nicht mehr tun. Auch Hobbys wie Fahrrad fahren oder Fußball spielen fallen nun flach, was ihn zuerst in eine tiefe Krise stürzt. Auf sehr berührende und mitreißende Art und Weise wird dargestellt, wie Berend es schließlich schafft, der Niedergeschlagenheit und vieler Rückschläge zu trotzen und neu anzufangen. Er entdeckt, dass es für fast jedes Problem eine Möglichkeit gibt, damit richtig umzugehen, wenn man nur genügend Hilfe bekommt und sich gegen falsches Mitleid und Depressionen wehrt. Und wenn man eines schafft: das Leben lieb zu behalten.


"Wenn sogar der Tod dein Freund sein kann, dann kann auch die Blindheit ein guter Kamerad werden, Ich möchte so gern, dass du das Leben lieb behältst, wenn es auch manchmal enttäuscht!"


Zusammen mit dem Studenten kommt der Junge auf jede Menge Gedanken, fast schon weise Erkenntnisse und lernt, Menschen neu wahrzunehmen. Auch wenn diese Erkenntnisse manchmal ein wenig aufgesetzt schlau wirken und gezwungenermaßen cleverer wirken als die mancher Erwachsener, hat es mir sehr viel Spaß gemacht, die Entwicklung um den jungen Berend und seine Familie und Freunde zu verfolgen, was man nicht zuletzt auch dem packenden Schreibstil zuschreiben kann, der die schnelle Geschichte, die aus vielen kurzen Einzelszenen besteht, gut zusammenhält.


"Mann", sagte Beer erleichtert. Wenn er auch blind geworden war, das Wichtigste war dennoch nicht verloren gegangen. Menschen konnte man auch mit verschlossenen Augen lieben."


Die Geschichte kann dabei als kleine Parabel auf das Leben gesehen werden. Der totkranke Student zeigt uns, dass es immer noch schlimmere Schicksale gibt, als das eigene und dass man auch im Unglück noch dankbar sein kann. Die vernarbte Schwester Will und die hübsche aber unerträgliche Schwester Annie, zeigen uns, dass es die inneren Werte sind, die zählen. Beer erklärt uns, blind wir sehenden manchmal sein können, wo wir doch das Offensichtliche oft übersehen und wie eine Reduzierung auf andere Sinne weitsichtiger machen kann. Insgesamt erinnert das Buch uns daran, wie schön das Leben eigentlich ist und wie glücklich man sich schätzen kann, wenn es einem gut geht. Ständig kommt dabei die Frage aus: Wie würde ich mit der plötzlichen Behinderung umgehen? Und man kann sich automatisch mit Berend und seinem ganzen Umfeld identifizieren.


"Es wurde eine verzweifelt lange, dunkle Nacht für Beer. Er hatte das Gefühl, seine ganze Existenz liege in Scherben und es fehle ihm die Kraft, die Scherben zusammenzufegen."


Denn wenn wir ehrlich sind: haben wir nicht auch immer wieder Tage, an denen wir fest davon überzeugt sind, unser Leben ist am Ende und uns fühlen, als würden wir in einem riesigen, dunklen Loch verschwinden. Dieses Buch macht Mut, daraus herauszuklettern, auch wenn man blind ist, Angst hat oder von anderen Problemen geplagt wird - es gibt immer einen Weg hinaus ans Licht!


Zum Abschluss noch mein Lieblingszitat:

"Beer lief zum offenen Fenster und atmete die Frühlingsluft tief ein. Und es war, als trüge ihm der ware Wind die Worte des Studenten zu: "Beer, was einen Menschen wirklich blind macht und lähmt, das sind Misstrauen, Angst und Auflehnung. Die machen alles dunkel. Aber mit ein bisschen Guben, ein bisschen Mut und ein bisschen Lebensbejahung bleibt es hell!" (...)
"Ja", sagte Beer laut. Er hatte das Licht in seiner Hand."



Fazit:

Eine einfühlsame und lebensbejahende Geschichte, die uns Lesern zeigt, wie schön das Leben eigentlich ist und wie glücklich man sich schätzen kann, wenn es einem gut geht. Kurz, klug und kraftvoll

Veröffentlicht am 02.02.2018

Was einen Menschen wirklich blind macht...

Behalt das Leben lieb
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Allgemeines:

Titel: Behalt das Leben lieb
Autor: Jaap ter Haar
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. März 1980)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423078057
ISBN-13: 978-3423078054
ASIN: B00BFS53XU
Preis: 12,99€ (Gebundene ...

Allgemeines:

Titel: Behalt das Leben lieb
Autor: Jaap ter Haar
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. März 1980)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423078057
ISBN-13: 978-3423078054
ASIN: B00BFS53XU
Preis: 12,99€ (Gebundene Ausgabe)
5,99€ (Kindle-Edition)
7,95€ (Taschenbuch)
Seitenzahl: 144 Seiten



Inhalt:


Durch einen Unfall verliert der 13-jährige Beer sein Augenlicht. In der nächsten Zeit durchlebt er Phasen der tiefsten Niedergeschlagenheit, aber auch Augenblicke der Hoffnung. Seine Familie wird vor Probleme gestellt, die nur mit viel Einfühlungsvermögen zu bewältigen sind.


Bewertung:

Dieses Buch habe ich mir vor einigen Jahren einmal zugelegt, da die vielen Preise, die der Roman gewonnen hat und vor allem auch das Thema mich neugierig werden ließ. Als ich jetzt endlich dazu kam es zu lesen, war ich aufgrund des geringen Umfangs der Geschichte schnell wieder fertig, trotzdem konnte das Buch mich wirklich erreichen und berühren.

"Phantasie? Für Beer war es ein Erlebnis. Denn: wenn man blind war, brauchte die Welt deshalb nicht kleiner zu werden. In Gedanken konnte man sie so groß, so schön oder so hässlich machen, wie man wollte."

Der kurze Jugendroman des holländischen Autors Jaap ter Haar ist schon eine ganze Weile auf dem Markt (seit 1973) und in etlichen verschiedenen Auflagen und Ausgaben auf der ganzen Welt erschienen, die neuste Auflage von 1980 ist meiner Meinung nach jedoch die ansprechendste. Zusehen ist im Vordergrund ein Junge mit einem Fußball auf dem Schoß, der scheinbar verträumt in die Leere starrt - ein Blinder, was auch die erhobene Blindenschrift auf der rechten Seite des Coverrandes bezeugt. Darüber im hellen Himmel, der im starken Kontrast zum Vordergrund fast weiß erscheint, schwebt der Titel in verschiedenen Rottönen. Der Fußball hat hier eine symbolische Wirkung für alles, was Berend durch die Erblindung verloren hat. Denn neben dem Fußball spielen gestalten sich auch andere Dinge in seinem Alltag zukünftig als schwierig. Da der Junge ganz wunderbar zu Beer passt und sein in sich gekehrter Gesichtsausdruck auch super die nachdenkliche Atmosphäre des Romans widerspiegelt, habe ich mich diesmal auch nicht einmal an der abgebildeten Person gestört- Der Titel passt natürlich ganz wunderbar und trotz dass der Roman oft als Pflichtlektüre für 8./9. Klässler angesetzt wird, hatte ich viel Spaß beim Lesen.

Erster Satz: "Ein schreckenerregender Schrei, von Angst und rasendem Schmerz erfüllt."

Das kurze Büchlein beginnt mit Berends Unfall, bei dem der 13-jährige von einer Heugabel das Augenlicht gestohlen bekommt. Als er im Krankenhaus mit einem dicken Verband um seine Augen in ständiger Dunkelheit erwacht, ist ihm noch nicht klar, was das für sein Leben alles bedeutet. Er wird dann schließlich doch mit der Tatsache konfrontiert, dass er bis ans Ende seine Lebens blind sein wird und verliert er beinahe allen Mut. Zusammen mit seinen schrägen aber liebenswürdigen Kumpanen aus dem Krankenhaus Saal 3, der Krankenschwester Will mit einem vernarbten Gesicht, seinen Eltern und einem todgeweihten Psychologie-Studenten, schafft er es jedoch, mit seinem Schicksal zurechtzukommen. Trotz seiner Verzweiflung und Angst, erfährt Beer auch immer wieder Augenblicke der Hoffnung, die ihm Wege, sein neues Leben anzunehmen und zu meistern, aufzeigen...


"In Fieberträumen war er bewusstlos in die tiefe, unerreichbare Welt hinabgetaucht, die auf dem Grunde jedes Menschen verborgen liegt. Dort bewegte er sich in dunklen Tunneln, sah drohende Ungeheuer und geriet in eine zeitlose Angst. Do er ging in der Tiefe auch durch grüne Landschaften; und Gefühle des Glücks bewiesen, dass das Tiefste der menschlichen Seele nicht allein vom Elend erfüllt ist."


Die kurze Geschichte zeigt den Weg eines Jungen auf, der versucht mit seiner plötzlichen Behinderung klarzukommen, denn das ist die Blindheit definitiv. Dinge, die vorher ganz natürlich waren und zum Alltag gehörten, werden plötzlich schwer: lesen, schreiben, laufen, sich waschen, essen, ... all das kann er ohne fremde Hilfe zunächst nicht mehr tun. Auch Hobbys wie Fahrrad fahren oder Fußball spielen fallen nun flach, was ihn zuerst in eine tiefe Krise stürzt. Auf sehr berührende und mitreißende Art und Weise wird dargestellt, wie Berend es schließlich schafft, der Niedergeschlagenheit und vieler Rückschläge zu trotzen und neu anzufangen. Er entdeckt, dass es für fast jedes Problem eine Möglichkeit gibt, damit richtig umzugehen, wenn man nur genügend Hilfe bekommt und sich gegen falsches Mitleid und Depressionen wehrt. Und wenn man eines schafft: das Leben lieb zu behalten.


"Wenn sogar der Tod dein Freund sein kann, dann kann auch die Blindheit ein guter Kamerad werden, Ich möchte so gern, dass du das Leben lieb behältst, wenn es auch manchmal enttäuscht!"


Zusammen mit dem Studenten kommt der Junge auf jede Menge Gedanken, fast schon weise Erkenntnisse und lernt, Menschen neu wahrzunehmen. Auch wenn diese Erkenntnisse manchmal ein wenig aufgesetzt schlau wirken und gezwungenermaßen cleverer wirken als die mancher Erwachsener, hat es mir sehr viel Spaß gemacht, die Entwicklung um den jungen Berend und seine Familie und Freunde zu verfolgen, was man nicht zuletzt auch dem packenden Schreibstil zuschreiben kann, der die schnelle Geschichte, die aus vielen kurzen Einzelszenen besteht, gut zusammenhält.


"Mann", sagte Beer erleichtert. Wenn er auch blind geworden war, das Wichtigste war dennoch nicht verloren gegangen. Menschen konnte man auch mit verschlossenen Augen lieben."


Die Geschichte kann dabei als kleine Parabel auf das Leben gesehen werden. Der totkranke Student zeigt uns, dass es immer noch schlimmere Schicksale gibt, als das eigene und dass man auch im Unglück noch dankbar sein kann. Die vernarbte Schwester Will und die hübsche aber unerträgliche Schwester Annie, zeigen uns, dass es die inneren Werte sind, die zählen. Beer erklärt uns, blind wir sehenden manchmal sein können, wo wir doch das Offensichtliche oft übersehen und wie eine Reduzierung auf andere Sinne weitsichtiger machen kann. Insgesamt erinnert das Buch uns daran, wie schön das Leben eigentlich ist und wie glücklich man sich schätzen kann, wenn es einem gut geht. Ständig kommt dabei die Frage aus: Wie würde ich mit der plötzlichen Behinderung umgehen? Und man kann sich automatisch mit Berend und seinem ganzen Umfeld identifizieren.


"Es wurde eine verzweifelt lange, dunkle Nacht für Beer. Er hatte das Gefühl, seine ganze Existenz liege in Scherben und es fehle ihm die Kraft, die Scherben zusammenzufegen."


Denn wenn wir ehrlich sind: haben wir nicht auch immer wieder Tage, an denen wir fest davon überzeugt sind, unser Leben ist am Ende und uns fühlen, als würden wir in einem riesigen, dunklen Loch verschwinden. Dieses Buch macht Mut, daraus herauszuklettern, auch wenn man blind ist, Angst hat oder von anderen Problemen geplagt wird - es gibt immer einen Weg hinaus ans Licht!


Zum Abschluss noch mein Lieblingszitat:

"Beer lief zum offenen Fenster und atmete die Frühlingsluft tief ein. Und es war, als trüge ihm der ware Wind die Worte des Studenten zu: "Beer, was einen Menschen wirklich blind macht und lähmt, das sind Misstrauen, Angst und Auflehnung. Die machen alles dunkel. Aber mit ein bisschen Guben, ein bisschen Mut und ein bisschen Lebensbejahung bleibt es hell!" (...)
"Ja", sagte Beer laut. Er hatte das Licht in seiner Hand."



Fazit:

Eine einfühlsame und lebensbejahende Geschichte, die uns Lesern zeigt, wie schön das Leben eigentlich ist und wie glücklich man sich schätzen kann, wenn es einem gut geht. Kurz, klug und kraftvoll.

Veröffentlicht am 31.01.2018

Ein mitreißender Abschluss, der unter die Haut geht!

Verliere mich. Nicht.
0

Allgemeines:

Titel: Verliere mich. Nicht
Autor: Laura Kneidl
Verlag: LYX (26. Januar 2018)
Genre: Young Adult
ISBN-10: 3736305494
ISBN-13: 978-3736305496
ASIN: B07281Q61P
Seitenzahl: 480 Seiten
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Verliere mich. Nicht
Autor: Laura Kneidl
Verlag: LYX (26. Januar 2018)
Genre: Young Adult
ISBN-10: 3736305494
ISBN-13: 978-3736305496
ASIN: B07281Q61P
Seitenzahl: 480 Seiten
Preis: 12,90€ (Broschiert)
9,99€ (Kindle-Edition)
Weitere Bände: "Berühre mich. Nicht"




Inhalt:


Sie fürchtet sich vor der Liebe. Doch noch mehr fürchtet sie, ihn zu verlieren ...

Mit Luca war Sage glücklicher als je zuvor in ihrem Leben. Er hat ihr gezeigt, was es bedeutet, zu vertrauen. Zu leben. Und zu lieben. Doch dann hat Sage' dunkle Vergangenheit sie eingeholt - und ihr Glück zerstört. Sage kann Luca nicht vergessen, auch wenn sie es noch so sehr versucht. Jeder Tag, den sie ohne ihn verbringt, fühlt sich an, als würde ein Teil ihrer selbst fehlen. Aber dann taucht Luca plötzlich vor ihrer Tür auf und bittet sie, zurückzukommen. Doch wie soll es für die beiden eine zweite Chance geben, wenn so viel zwischen ihnen steht?


Bewertung:


"Dieses Buch bricht einem das Herz und setzt es anschließend liebevoll wieder zusammen.", sagt Bestsellerautorin Mona Kasten über diese Fortsetzung des Überraschungserfolgs von "Berühre mich. Nicht" von Laura Kneidl und ich schließe mich sehr gerne an diese treffende Beschreibung an. Wie auch schon bei Band 1 gibt es eine enorme Kontroverse an Meinungen zu dieser Fortsetzung. Die einen lieben sie, die anderen hassen sie und sind einfach nur enttäuscht. Ich muss zugeben, dass ich mich von der ersteren Gruppe, zu der ich nach Teil 1 eindeutig angehört habe, ein wenig wegbewegt habe. Meine hohen Erwartungen konnte das Buch nicht ganz erfüllen, trotzdem wird mal wieder eine berührende, mitreißende und absolut herzzerreißende Geschichte gezeichnet.

Das Cover, welches sich vom vorhergegangenen nur durch die dominierende Farbe des Hintergrundbildes unterscheidet, finde ich wieder ganz wundervoll! Das leuchtende türkis-grün wirkt zwar ein wenig kälter als das einladende rot-rosa des ersten Teiles, trotzdem hat das Lyx-Team einen absoluten Hingucker geschaffen, der optisch perfekt zum ersten Teil passt. Beim ersten Hinsehen fallen zuerst die dicken weißen Balken auf, die sich durch das Bild ziehen und ein Muster ergeben. Diese Balken wirken irgendwie ein wenig störend und aufdringlich, wie sie das wunderbar geblümte Hintergrundbild so eiskalt durchschneiden. Das passt aber eigentlich wunderbar zu der zarten Sage, die innerlich schon zerbrochen und fast zerstört ist. Die zierlichen Blumen im Hintergrund stehen in einem krassen Gegensatz zu den klaren geometrischen Formen, geben dem Cover aber eine weiche, romantische Ausstrahlung. Besonders gut gefällt mir, dass die Hintergrundfarben wieder in jedem Licht ein wenig anders wirken und den Titel im Mittelpunkt wunderbar zur Geltung bringen.
Der Titel hat mir auch wieder wunderbar gefallen. Schon hier wird deutlich, in welch zwiespältigen Gefühlen sich Sage bald wiederfindet.


Erster Satz: "Ich starrte auf die zerkratzte Tür mit dem abgesprungenen Lack und zögerte, den Schlüssel umzudrehen"


Nachdem Sage nach ihrer überstürzten Flucht ins weit entfernte Nevada an ihrem 18. Geburtstag, bei der sie alles zurücklässt, was ihr Leben ausgemacht hat: ihr Zuhause, ihre Familie, ihre beste Freundin, ihre Sicherheit und Unterstützung, um ihm zu entkommen den wunderbaren Luca kennengelernt hat, findet sie sich in einem ganz neuen Strudel an verwirrenden Gefühlen wieder. Ihre Angst, die sich ihr immer wieder in den Weg stellt, Erinnerungen, die sich nicht durch 3000 Meilen Distanz abschütteln lassen und neuerlichen Drohungen von Alan bringen sie dazu, an Weihnachten Luca überstürzt zu verlassen, ihre Beziehung zu beenden und ihnen beiden das Herz zu brechen. An genau diesem Punkt nach dem miesesten Cliffhanger der Weltgeschichte (so fühlte es sich zumindest an ), setzt die Handlung der Fortsetzung an. Doch anders als ich dachte, kehrt Sage nicht nach Maine zurück um sich mit ihrer Vergangenheit zu konfrontieren, der Konflikt wird nicht dramatisiert und auch sonst scheint sich kaum etwas geändert zu haben. Die Handlung beschränkt sich auf das schon bekannte Hin-und-Her zwischen Sage und Luca, die mit gebrochenem Herzen umeinander herum tänzeln.


"Als ich vor fünf Monaten in Melview angekommen war, ohne Dach über dem Kopf und mit leerem Konto, hat sich das unglaublich gut und befreiend angefühlt. Ich hatte ein leeres Blatt vor mir gesehen, mit der Chance, meine Zukunft nach meinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Heute stand ich weder vor dem Nichts aber dieses Mal erschien mir die Leere einsam und erdrückend."


An dieser Stelle muss ich echt sagen, dass ich mir eigentlich eine neue Richtung der Handlung gewünscht hätte, ein Ereignis, dass die Geschichte auf bisher unbekannte Pfade lenkt und ein wenig enttäuscht war, dass alles in altbekannter Manier vor sich hinplätscherte. Nach Band 1 hatte ich noch Luft nach oben gesehen und mich auf eine dramatische Story gefreut, was die Autorin aus klischeebehafteten Schein-Dramen herausholen zu versucht, ging aber an meiner Erwartung ein wenig vorbei. Während ich nach Band 1 hinter dem bekannten New-Adult-Stereotyp, das insofern zutrifft, dass beide Charaktere von starken Problemen gezeichnet sind und es von Anfang an klar ist, dass sie zusammenkommen werden, etwas Besonderes gesehen habe, das die Geschichte von anderen Storys des Genres abhebt, gingen die ersten 150 Seiten sehr in einem einzigen Gefühlschaos unter.
Es geht hier nicht zwar nur um Liebe, sondern in erster Linie um die Bewältigung von Ängsten und der Wichtigkeit von Freundschaft und Bestätigung, trotzdem hat Laura Kneidl das Genre New Adult hier keinen falls neu erfunden -wer wirklich bahnbrechende, neue Ideen sucht, der wird dies auch in "Verliere mich. Nicht" nicht finden.


"Solange wir nicht miteinander redeten konnte ich noch bangen.
Hoffen.
Träumen."


Auch wenn mich das ein wenig enttäuscht hat, will ich dem Roman auf keinen Fall die Spannung und Anziehungskraft absprechen, welche trotz allem auf jeden Fall vorhanden ist. Von meinen unerfüllten Erwartungen und der recht schleichenden, sich wiederholenden Handlung ist nämlich auch dieses Buch mal wieder sehr schön gestaltet und geht vor allem durch Sages Entwicklung wieder sehr ans Herz. Nachdem sie es geschafft hat, ganz langsam und mit Hilfe ihrer neuen Freunden ein wenig Vertrauen, Hoffnung auf Besserung, Freundschaft, Selbstwertgefühl, Liebe auf zarte und manchmal auch schmerzvolle Art und Weise zu entwickeln, ist sie noch lange nicht am Ende angelangt. Als sie geheimnisvolle Geschenke und weitere Nachrichten von Alan erhält und er schließlich sogar wieder vor ihrer Haustür steht, muss sie feststellen, dass sie ihre Ängste noch lange nicht überwunden hat. Ihre neue Selbsthilfegruppe mit Dr. Montry hilft ihr auch ein wenig, eine Angststörung lässt sich aber nicht in wenigen Monaten heilen. Und genau das wird hier so ausgezeichnet dargestellt: es gibt keine "einfache Lösung" für das "große Problem", das dann nach riesigem, aufgebauschtem Drama durch die Liebe geheilt und gelöst wird. Nein, dieser Roman zeichnet den harten, alltäglichen Kampf, den Sage ausfechten muss, die vielen kleinen Schritte, Gesten und die Zeit, die sie braucht, um zu heilen und sich besser zu fühlen. Ein Kampf, der auch nach der dargestellten Zeit des Romans noch weitergehen wird.


"Alans plötzliches Auftauchen hatte mich bis an den Rand der Klippe getrieben und mich zum Sprung gezwungen, vor dem ich mich all die Wochen und Monate gefürchtet hatte. Ich war gefallen - und Luca hatte mich aufgefangen."


Durch den unglaublich detaillierten und emotionslastigen Schreibstil, der mir schon in Band 1 sehr gut gefallen hat, schafft Laura Kneidl es, den Roman gleichzeitig spannend, ruhig, aufwühlend, beruhigend, berührend und aufklärend zu erzählen, sodass wir komplett von der Story gefangen genommen werden, auch wenn eigentlich nicht viel passiert. So werden selbst Serien-Abende auf der Couch spannend zu lesen und man verzeiht dem Roman auch, wenn die Charaktere zum gefühlt hundertsten Mal überlegen, welches Fastfood sie heute essen wollen oder einfach lange ausschlafen und nichts tun.

Obwohl ich also selbst handlungslose Stellen eigentlich gerne gelesen habe, finde ich, dass man sich -gerade in einem zweiten Teil der Reihe- die vielen inhaltlichen Wiederholungen hätte sparen können. Natürlich ist mir klar, dass es für die Glaubwürdigkeit der Geschichte notwendig ist, dass man in langsamem Tempo an die Geschichte angeht, gerade weil die sich langsam entwickelnden, authentischen Beziehungselementen für eine kribbelnde, angenehme Stimmung sorgen. Eine kleine inhaltliche Steigerung zum ersten Teil hätte ich trotzdem nicht schlecht gefunden. Das Eskalationspotential des heiklen Themas wurde vorrangig verschenkt und erst ganz am Ende kommt der gewünschte Effekt auf.


"Ich habe keine Angst.
Die Angst ist nicht real!"


Wunderbar fand ich jedoch wieder, wie der ernste, tragische Hintergrund von familiärem Missbrauch, häuslicher Gewalt und Angststörungen auf realistische Weise angesprochen werden. Wenn man eine wirkliche Message sucht, wird man wohl nur mit Mühe eine finden. Als wirklich tiefgründig würde ich das Buch also nicht gerade bezeichnen, die Gefühle der betroffenen Figuren werden aber stets sehr nachvollziehbar geschildert und sensibilisieren so für das Thema. Zwar werden wir auch hier nicht mit wirklichen Fakten konfrontiert, nur einzelne Erinnerungsfetzen und Sages Angstzustände lassen darauf schließen, was ihr Stiefvater ihr angetan hat, doch was wirklich geschah ist für die Geschichte eigentlich auch nicht wichtig. Es steht im Mittelpunkt, wie Sage damit umgeht und wie sie es schafft, dem mächtigen Würgegriff der Angst, der den Blick für die Realität eintrübt, zu entkommen, in dem sie sich stellt, anstatt nur zu fliehen und zu verdrängen.


"Du solltest schlafen", sagte April dicht neben meinem Ohr. "Morgen sieht die Welt schon viel besser aus!" Ich nickte. Nicht weil ich ihr glaubte, sondern weil ich mir sehnlichst wünschen, sie würde recht haben."


Sage, die auch hier wieder aus ihrer Ich-Perspektive erzählen darf, war mir von Angang an sympathisch. Natürlich hat sie immer wieder Rückfälle, Komplexe und unnachvollziehbare Gedanken, diese kann man ihr als Leser aber zugestehen, da sie ihre Widersprüchlichkeit durch ihre traumatischen Ereignisse erhalten hat, die sie auf ihrem Weg weit zurück werfen. Dafür hat sie meinen vollsten Respekt, wenn sie sich immer wieder trotz ihrer Angst und zerstörten Hoffnung hochkämpft und schließlich lernt, anderen zu vertrauen, sich nicht aufzugeben und ihr Leben in die Hand zu nehmen um einen Neuanfang zu starten. Auch wenn sie am Anfang sehr in Selbstmitleid versinkt und unheilbare Anfälle von Naivität hat, werden ihre Gefühle und Gedanken realistisch dargestellt.


"Luca hatte dabei geholfen, etwas in mir zusammenzusetzen, das Alan zerbrochen hatte. Da waren noch immer Risse und Sprünge, aber allmählich war auch wieder ein Bild zu erkennen. Es würde nie perfekt sein, nie ebenmäßig oder glatt, dennoch konnte es wieder schön werden und das hatte ich zu großen Teilen Luca zu verdanken. Einen Dank, den ich nie in Worte würde fassen können."


Meine Meinung zu Luca hat sich eigentlich kaum verändert. Auch wenn er eigentlich ein wandelndes Klischee ist, mochte ich ihn trotzdem. Seine Probleme mit seiner Mutter, die mir zuerst noch sehr unnötig erschien da sie eigentlich bloß genutzt werden, um seine zahlreichen, belanglosen Bettgeschichten zu rechtfertigen, durch welche das Macho/Bad-Boy- Klischee aufrechterhalten wird, bekommen hier endlich ein wirkliches Gesicht, als sie auftaucht: Jennifer, die Eiskönigin und Mutter. Mit seinem Respekt für Sages Grenzen, seiner Ordnungsliebe zu Listen, seiner an Fanatismus grenzenden Obsession mit Büchern (hat mich irgendwie ein wenig an mich selbst erinnert ^^), seiner scheinbar grenzenlosen Fürsorge und Hilfsbereitschaft ist er mir sehr ans Herz gewachsen. Das konnte auch nicht davon geändert werden, dass er am Anfang als kalt und gefühlslos dastehen sollte. Hat nicht so ganz geklappt, diese vorhersehbare Wendung, dafür lieben wir ihn alle viel zu sehr, oder nicht?


"Sage." Der Klang meines Namens aus seinem Mund ließ mich erschaudern. (...) Alles war perfekt gewesen, bis ich uns zerstört hatte. (...)
Luca war mir nahe. Zu nahe. Und doch nicht nah genug."


Neben den beiden, auf die sich die Geschichte doch sehr fixiert sind mir gerade im ersten Teil schon die vielen bunten Nebencharaktere ihrer Clique ans Herz gewachsen. Dass sie eigentlich kaum mehr als 2% der Handlung dominieren hat mich dort noch nicht gestört, doch während sich die Stimmung zwischen Sage und Luca immer weiter zuspitzt, fand ich es sehr schade, dass wir kaum mehr etwas über Megan, April, Cameron, Connor, Gavin oder Aaron erfahren. Ihre Probleme und Liebes-/Lebensgeschichten werden zwar ganz schön umrissen, gerade am Ende fehlt aber eindeutig die Auflösung. Kommen Connor und Aaron nun zusammen und was ist mit April und Megan, wer von ihnen kann Cameron nun glücklich machen? Mir blieben solche Fragen einfach zu offen. Wenn man Nebenhandlungsstränge beginnt, sollte man sie auch bitteschön zu Ende führen!

Ansonsten hat mir gerade das Ende sehr gut gefallen! Nach einem kurzen aber spannenden Aufklärungsmoment steuert die Geschichte mit Vollgas aufs Happy End zu und wird dann von einem kurzen Epilog abgerundet.


"Millimeter vor seinem Mund hielt ich inne - und wartete. Auf ihn. Hoffend. Fragend. Bittend, ließ ich ihm die Wahl. Und er traf die richtige Entscheidung."



Fazit:

Auch wenn leider nicht alles Potential ausgenutzt wurde und sich viele Wiederholungen zum ersten Teil finden lassen wird die Reihe um Sage und Luca mit "Verliere mich. Nicht" zu einem mitreißenden Abschluss gebracht, der mal wieder unter die Haut geht.

Veröffentlicht am 31.01.2018

Ein mitreißender Abschluss, der unter die Haut geht!

Verliere mich. Nicht.
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Allgemeines:

Titel: Verliere mich. Nicht
Autor: Laura Kneidl
Verlag: LYX (26. Januar 2018)
Genre: Young Adult
ISBN-10: 3736305494
ISBN-13: 978-3736305496
ASIN: B07281Q61P
Seitenzahl: 480 Seiten
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Verliere mich. Nicht
Autor: Laura Kneidl
Verlag: LYX (26. Januar 2018)
Genre: Young Adult
ISBN-10: 3736305494
ISBN-13: 978-3736305496
ASIN: B07281Q61P
Seitenzahl: 480 Seiten
Preis: 12,90€ (Broschiert)
9,99€ (Kindle-Edition)
Weitere Bände: "Berühre mich. Nicht"




Inhalt:


Sie fürchtet sich vor der Liebe. Doch noch mehr fürchtet sie, ihn zu verlieren ...

Mit Luca war Sage glücklicher als je zuvor in ihrem Leben. Er hat ihr gezeigt, was es bedeutet, zu vertrauen. Zu leben. Und zu lieben. Doch dann hat Sage' dunkle Vergangenheit sie eingeholt - und ihr Glück zerstört. Sage kann Luca nicht vergessen, auch wenn sie es noch so sehr versucht. Jeder Tag, den sie ohne ihn verbringt, fühlt sich an, als würde ein Teil ihrer selbst fehlen. Aber dann taucht Luca plötzlich vor ihrer Tür auf und bittet sie, zurückzukommen. Doch wie soll es für die beiden eine zweite Chance geben, wenn so viel zwischen ihnen steht?


Bewertung:


"Dieses Buch bricht einem das Herz und setzt es anschließend liebevoll wieder zusammen.", sagt Bestsellerautorin Mona Kasten über diese Fortsetzung des Überraschungserfolgs von "Berühre mich. Nicht" von Laura Kneidl und ich schließe mich sehr gerne an diese treffende Beschreibung an. Wie auch schon bei Band 1 gibt es eine enorme Kontroverse an Meinungen zu dieser Fortsetzung. Die einen lieben sie, die anderen hassen sie und sind einfach nur enttäuscht. Ich muss zugeben, dass ich mich von der ersteren Gruppe, zu der ich nach Teil 1 eindeutig angehört habe, ein wenig wegbewegt habe. Meine hohen Erwartungen konnte das Buch nicht ganz erfüllen, trotzdem wird mal wieder eine berührende, mitreißende und absolut herzzerreißende Geschichte gezeichnet.

Das Cover, welches sich vom vorhergegangenen nur durch die dominierende Farbe des Hintergrundbildes unterscheidet, finde ich wieder ganz wundervoll! Das leuchtende türkis-grün wirkt zwar ein wenig kälter als das einladende rot-rosa des ersten Teiles, trotzdem hat das Lyx-Team einen absoluten Hingucker geschaffen, der optisch perfekt zum ersten Teil passt. Beim ersten Hinsehen fallen zuerst die dicken weißen Balken auf, die sich durch das Bild ziehen und ein Muster ergeben. Diese Balken wirken irgendwie ein wenig störend und aufdringlich, wie sie das wunderbar geblümte Hintergrundbild so eiskalt durchschneiden. Das passt aber eigentlich wunderbar zu der zarten Sage, die innerlich schon zerbrochen und fast zerstört ist. Die zierlichen Blumen im Hintergrund stehen in einem krassen Gegensatz zu den klaren geometrischen Formen, geben dem Cover aber eine weiche, romantische Ausstrahlung. Besonders gut gefällt mir, dass die Hintergrundfarben wieder in jedem Licht ein wenig anders wirken und den Titel im Mittelpunkt wunderbar zur Geltung bringen.
Der Titel hat mir auch wieder wunderbar gefallen. Schon hier wird deutlich, in welch zwiespältigen Gefühlen sich Sage bald wiederfindet.


Erster Satz: "Ich starrte auf die zerkratzte Tür mit dem abgesprungenen Lack und zögerte, den Schlüssel umzudrehen"


Nachdem Sage nach ihrer überstürzten Flucht ins weit entfernte Nevada an ihrem 18. Geburtstag, bei der sie alles zurücklässt, was ihr Leben ausgemacht hat: ihr Zuhause, ihre Familie, ihre beste Freundin, ihre Sicherheit und Unterstützung, um ihm zu entkommen den wunderbaren Luca kennengelernt hat, findet sie sich in einem ganz neuen Strudel an verwirrenden Gefühlen wieder. Ihre Angst, die sich ihr immer wieder in den Weg stellt, Erinnerungen, die sich nicht durch 3000 Meilen Distanz abschütteln lassen und neuerlichen Drohungen von Alan bringen sie dazu, an Weihnachten Luca überstürzt zu verlassen, ihre Beziehung zu beenden und ihnen beiden das Herz zu brechen. An genau diesem Punkt nach dem miesesten Cliffhanger der Weltgeschichte (so fühlte es sich zumindest an ), setzt die Handlung der Fortsetzung an. Doch anders als ich dachte, kehrt Sage nicht nach Maine zurück um sich mit ihrer Vergangenheit zu konfrontieren, der Konflikt wird nicht dramatisiert und auch sonst scheint sich kaum etwas geändert zu haben. Die Handlung beschränkt sich auf das schon bekannte Hin-und-Her zwischen Sage und Luca, die mit gebrochenem Herzen umeinander herum tänzeln.


"Als ich vor fünf Monaten in Melview angekommen war, ohne Dach über dem Kopf und mit leerem Konto, hat sich das unglaublich gut und befreiend angefühlt. Ich hatte ein leeres Blatt vor mir gesehen, mit der Chance, meine Zukunft nach meinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Heute stand ich weder vor dem Nichts aber dieses Mal erschien mir die Leere einsam und erdrückend."


An dieser Stelle muss ich echt sagen, dass ich mir eigentlich eine neue Richtung der Handlung gewünscht hätte, ein Ereignis, dass die Geschichte auf bisher unbekannte Pfade lenkt und ein wenig enttäuscht war, dass alles in altbekannter Manier vor sich hinplätscherte. Nach Band 1 hatte ich noch Luft nach oben gesehen und mich auf eine dramatische Story gefreut, was die Autorin aus klischeebehafteten Schein-Dramen herausholen zu versucht, ging aber an meiner Erwartung ein wenig vorbei. Während ich nach Band 1 hinter dem bekannten New-Adult-Stereotyp, das insofern zutrifft, dass beide Charaktere von starken Problemen gezeichnet sind und es von Anfang an klar ist, dass sie zusammenkommen werden, etwas Besonderes gesehen habe, das die Geschichte von anderen Storys des Genres abhebt, gingen die ersten 150 Seiten sehr in einem einzigen Gefühlschaos unter.
Es geht hier nicht zwar nur um Liebe, sondern in erster Linie um die Bewältigung von Ängsten und der Wichtigkeit von Freundschaft und Bestätigung, trotzdem hat Laura Kneidl das Genre New Adult hier keinen falls neu erfunden -wer wirklich bahnbrechende, neue Ideen sucht, der wird dies auch in "Verliere mich. Nicht" nicht finden.


"Solange wir nicht miteinander redeten konnte ich noch bangen.
Hoffen.
Träumen."


Auch wenn mich das ein wenig enttäuscht hat, will ich dem Roman auf keinen Fall die Spannung und Anziehungskraft absprechen, welche trotz allem auf jeden Fall vorhanden ist. Von meinen unerfüllten Erwartungen und der recht schleichenden, sich wiederholenden Handlung ist nämlich auch dieses Buch mal wieder sehr schön gestaltet und geht vor allem durch Sages Entwicklung wieder sehr ans Herz. Nachdem sie es geschafft hat, ganz langsam und mit Hilfe ihrer neuen Freunden ein wenig Vertrauen, Hoffnung auf Besserung, Freundschaft, Selbstwertgefühl, Liebe auf zarte und manchmal auch schmerzvolle Art und Weise zu entwickeln, ist sie noch lange nicht am Ende angelangt. Als sie geheimnisvolle Geschenke und weitere Nachrichten von Alan erhält und er schließlich sogar wieder vor ihrer Haustür steht, muss sie feststellen, dass sie ihre Ängste noch lange nicht überwunden hat. Ihre neue Selbsthilfegruppe mit Dr. Montry hilft ihr auch ein wenig, eine Angststörung lässt sich aber nicht in wenigen Monaten heilen. Und genau das wird hier so ausgezeichnet dargestellt: es gibt keine "einfache Lösung" für das "große Problem", das dann nach riesigem, aufgebauschtem Drama durch die Liebe geheilt und gelöst wird. Nein, dieser Roman zeichnet den harten, alltäglichen Kampf, den Sage ausfechten muss, die vielen kleinen Schritte, Gesten und die Zeit, die sie braucht, um zu heilen und sich besser zu fühlen. Ein Kampf, der auch nach der dargestellten Zeit des Romans noch weitergehen wird.


"Alans plötzliches Auftauchen hatte mich bis an den Rand der Klippe getrieben und mich zum Sprung gezwungen, vor dem ich mich all die Wochen und Monate gefürchtet hatte. Ich war gefallen - und Luca hatte mich aufgefangen."


Durch den unglaublich detaillierten und emotionslastigen Schreibstil, der mir schon in Band 1 sehr gut gefallen hat, schafft Laura Kneidl es, den Roman gleichzeitig spannend, ruhig, aufwühlend, beruhigend, berührend und aufklärend zu erzählen, sodass wir komplett von der Story gefangen genommen werden, auch wenn eigentlich nicht viel passiert. So werden selbst Serien-Abende auf der Couch spannend zu lesen und man verzeiht dem Roman auch, wenn die Charaktere zum gefühlt hundertsten Mal überlegen, welches Fastfood sie heute essen wollen oder einfach lange ausschlafen und nichts tun.

Obwohl ich also selbst handlungslose Stellen eigentlich gerne gelesen habe, finde ich, dass man sich -gerade in einem zweiten Teil der Reihe- die vielen inhaltlichen Wiederholungen hätte sparen können. Natürlich ist mir klar, dass es für die Glaubwürdigkeit der Geschichte notwendig ist, dass man in langsamem Tempo an die Geschichte angeht, gerade weil die sich langsam entwickelnden, authentischen Beziehungselementen für eine kribbelnde, angenehme Stimmung sorgen. Eine kleine inhaltliche Steigerung zum ersten Teil hätte ich trotzdem nicht schlecht gefunden. Das Eskalationspotential des heiklen Themas wurde vorrangig verschenkt und erst ganz am Ende kommt der gewünschte Effekt auf.


"Ich habe keine Angst.
Die Angst ist nicht real!"


Wunderbar fand ich jedoch wieder, wie der ernste, tragische Hintergrund von familiärem Missbrauch, häuslicher Gewalt und Angststörungen auf realistische Weise angesprochen werden. Wenn man eine wirkliche Message sucht, wird man wohl nur mit Mühe eine finden. Als wirklich tiefgründig würde ich das Buch also nicht gerade bezeichnen, die Gefühle der betroffenen Figuren werden aber stets sehr nachvollziehbar geschildert und sensibilisieren so für das Thema. Zwar werden wir auch hier nicht mit wirklichen Fakten konfrontiert, nur einzelne Erinnerungsfetzen und Sages Angstzustände lassen darauf schließen, was ihr Stiefvater ihr angetan hat, doch was wirklich geschah ist für die Geschichte eigentlich auch nicht wichtig. Es steht im Mittelpunkt, wie Sage damit umgeht und wie sie es schafft, dem mächtigen Würgegriff der Angst, der den Blick für die Realität eintrübt, zu entkommen, in dem sie sich stellt, anstatt nur zu fliehen und zu verdrängen.


"Du solltest schlafen", sagte April dicht neben meinem Ohr. "Morgen sieht die Welt schon viel besser aus!" Ich nickte. Nicht weil ich ihr glaubte, sondern weil ich mir sehnlichst wünschen, sie würde recht haben."


Sage, die auch hier wieder aus ihrer Ich-Perspektive erzählen darf, war mir von Angang an sympathisch. Natürlich hat sie immer wieder Rückfälle, Komplexe und unnachvollziehbare Gedanken, diese kann man ihr als Leser aber zugestehen, da sie ihre Widersprüchlichkeit durch ihre traumatischen Ereignisse erhalten hat, die sie auf ihrem Weg weit zurück werfen. Dafür hat sie meinen vollsten Respekt, wenn sie sich immer wieder trotz ihrer Angst und zerstörten Hoffnung hochkämpft und schließlich lernt, anderen zu vertrauen, sich nicht aufzugeben und ihr Leben in die Hand zu nehmen um einen Neuanfang zu starten. Auch wenn sie am Anfang sehr in Selbstmitleid versinkt und unheilbare Anfälle von Naivität hat, werden ihre Gefühle und Gedanken realistisch dargestellt.


"Luca hatte dabei geholfen, etwas in mir zusammenzusetzen, das Alan zerbrochen hatte. Da waren noch immer Risse und Sprünge, aber allmählich war auch wieder ein Bild zu erkennen. Es würde nie perfekt sein, nie ebenmäßig oder glatt, dennoch konnte es wieder schön werden und das hatte ich zu großen Teilen Luca zu verdanken. Einen Dank, den ich nie in Worte würde fassen können."


Meine Meinung zu Luca hat sich eigentlich kaum verändert. Auch wenn er eigentlich ein wandelndes Klischee ist, mochte ich ihn trotzdem. Seine Probleme mit seiner Mutter, die mir zuerst noch sehr unnötig erschien da sie eigentlich bloß genutzt werden, um seine zahlreichen, belanglosen Bettgeschichten zu rechtfertigen, durch welche das Macho/Bad-Boy- Klischee aufrechterhalten wird, bekommen hier endlich ein wirkliches Gesicht, als sie auftaucht: Jennifer, die Eiskönigin und Mutter. Mit seinem Respekt für Sages Grenzen, seiner Ordnungsliebe zu Listen, seiner an Fanatismus grenzenden Obsession mit Büchern (hat mich irgendwie ein wenig an mich selbst erinnert ^^), seiner scheinbar grenzenlosen Fürsorge und Hilfsbereitschaft ist er mir sehr ans Herz gewachsen. Das konnte auch nicht davon geändert werden, dass er am Anfang als kalt und gefühlslos dastehen sollte. Hat nicht so ganz geklappt, diese vorhersehbare Wendung, dafür lieben wir ihn alle viel zu sehr, oder nicht?


"Sage." Der Klang meines Namens aus seinem Mund ließ mich erschaudern. (...) Alles war perfekt gewesen, bis ich uns zerstört hatte. (...)
Luca war mir nahe. Zu nahe. Und doch nicht nah genug."


Neben den beiden, auf die sich die Geschichte doch sehr fixiert sind mir gerade im ersten Teil schon die vielen bunten Nebencharaktere ihrer Clique ans Herz gewachsen. Dass sie eigentlich kaum mehr als 2% der Handlung dominieren hat mich dort noch nicht gestört, doch während sich die Stimmung zwischen Sage und Luca immer weiter zuspitzt, fand ich es sehr schade, dass wir kaum mehr etwas über Megan, April, Cameron, Connor, Gavin oder Aaron erfahren. Ihre Probleme und Liebes-/Lebensgeschichten werden zwar ganz schön umrissen, gerade am Ende fehlt aber eindeutig die Auflösung. Kommen Connor und Aaron nun zusammen und was ist mit April und Megan, wer von ihnen kann Cameron nun glücklich machen? Mir blieben solche Fragen einfach zu offen. Wenn man Nebenhandlungsstränge beginnt, sollte man sie auch bitteschön zu Ende führen!

Ansonsten hat mir gerade das Ende sehr gut gefallen! Nach einem kurzen aber spannenden Aufklärungsmoment steuert die Geschichte mit Vollgas aufs Happy End zu und wird dann von einem kurzen Epilog abgerundet.


"Millimeter vor seinem Mund hielt ich inne - und wartete. Auf ihn. Hoffend. Fragend. Bittend, ließ ich ihm die Wahl. Und er traf die richtige Entscheidung."



Fazit:

Auch wenn leider nicht alles Potential ausgenutzt wurde und sich viele Wiederholungen zum ersten Teil finden lassen wird die Reihe um Sage und Luca mit "Verliere mich. Nicht" zu einem mitreißenden Abschluss gebracht, der mal wieder unter die Haut geht.