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Veröffentlicht am 05.10.2017

OMG - Man muss dieses Buch einfach lieben!

Love and Confess
0

Allgemeines:

Titel: Love and Confess
Autor: Colleen Hoover
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (20. November 2015)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423740124
ISBN-13: 978-3423740128
ASIN: B016AOI8DA
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: Love and Confess
Autor: Colleen Hoover
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (20. November 2015)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423740124
ISBN-13: 978-3423740128
ASIN: B016AOI8DA
Originaltitel: Confess
Seitenzahl: 400 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12,95€ (broschiert)



Inhalt:

"Ich werde dich immer lieben, Auburn", flüsterte er an meinem Mund. "Selbst dann noch, wenn ich es nicht mehr kann."

Vor fünf Jahren hat Auburn ihre erste große Liebe in Dallas zurücklassen müssen, verbunden mit einem Schmerz, den sie bis heute nicht ganz überwunden hat. Als sie eines Abends im Schaufenster einer Kunstgalerie Briefe mit anonymen Bekenntnissen entdeckt, ist sie zutiefst berührt, denn auch sie trägt ein Geheimnis mit sich. Niemand soll von ihrer Vergangenheit wissen – vor allem nicht Owen, der junge Künstler mit den grünen Augen, der sich von den Geschichtenanderer Menschen für seine Bilder inspirieren lässt. Vom ersten Augenblick an fühlt sie sich zu ihm hingezogen und Owen geht es nicht anders. Die beiden verlieben sich mit ungeahnter Wucht ineinander. Doch auch Owen hat ein Geheimnis, das alles zu zerstören droht, was ihnen wichtig ist . . .


Bewertung:

Fast jeder Freund von Young Adult und Liebesromanen hat ihren Namen schon einmal gehört: Colleen Hoover. Diese Autorin ist einfach der Hammer - eine Frau mit einem unfassbaren Stil, die mit ihrem tollen Talent, krass emotionale, mega spannende und ultra poetische Stories in die Welt zu setzen, zu meinen absoluten Lieblingsautoren gehört. Von ihr habe ich bis jetzt fast alles gelesen und geliebt. Ihre "Will und Layken - Trilogie", "Zurück ins Leben geliebt", "Maybe Someday", "Nächstes Jahr am selben Tag", all das konnte mich begeistern, natürlich war es keine Frage, dass ich auch "Love and Confess" unbedingt lesen wollte. Ich muss zugeben, bei diesem Buch bin ich dem Hype erlegen und musste es mir einfach wünschen. Es ist dann erstmal eine Weile auf meinem SuB rumgegammelt, doch tadaaaa, ich hab´s geschafft, es doch noch recht zeitnah zu lesen. Mal wieder habe ich nur ein Wort um meinen Eindruck zu beschreiben, das diesmal witziger Weise auch sehr gut zum Inhalt passt: OMG!


Erster Satz: "In dem Wissen, dass ich heute zum letzten Mal hier sein werde, stoße ich die Schwingtür auf und trete in die Eingangshalle."


Doch beginnen wir wie immer mit dem Cover. Das Cover ist mal wieder im typischen "Colleen Hoover meets dtv Verlag Style" gehalten. Das bedeutet violette, warme Farbgebung mit dunklen Schattierungen, Farbverlauf nach oben ins Weiße, der Titel in Lila unter dem großen, dominanten Namen der Autorin. Viele ihrer Cover sind grundsätzlich so gehalten, doch dieses Mal bin ich von dieser Komposition wirklich begeistert!
Im Zentrum des Bildes ist das Profil eines Mädchens zusehen, das mit Acryl Farben in violett und Schwarz auf dem weißen Untergrund angerissen wird. Die Art, wie das Mädchen die Augen niedergeschlagen hat, passt einfach perfekt zu Auburn und auch die Art der Farben stellt eine wunderbare Verbindung zum Inhalt dar. Den Titel finde ich ebenfalls super getroffen, denn er spiegelt genau den Inhalt wieder und klingt sogar noch gut. Auffallend ist, dass die Seiten ungewöhnlich dick sind, sodass der Roman mit seinen 400 Seiten relativ dick aussieht, sich jedoch wie im Fluge weggelesen lässt. Mir gefällt das Gefühl von stabilen, dicken Seiten in den Händen sehr gut.
An dieser Stelle also ein ganz großes Lob an die Designer bei "Colleen Hoover meets dtv Verlag" - ich finde sowohl den Titel, den Klapptext als auch das Cover wunderbar und sogar besser als das Original - und dass muss etwas heißen, denn das ist auch wunderschön.


“Ich spüre seinen Blick in meinem gesamten Körper und es zieht mich mit jeder einzelnen Faser zu ihm hin. Sämtliche Zweifel (…) starren mir ins Gesicht, und ich weiß wieder, wie es sich anfühlen muss, wenn man wirklich etwas für jemanden empfindet.”


Nun gleich zu einem weiteren Punkt, den das Buch zu einem ganz besonderen Erlebnis macht: die wunderschönen, einmaligen Bilder von Künstler Danny O‘Connor, die auf berührende Art und Weise in das Buch mit eingebunden sind und die man beim Taschenbuch auf den Innenseiten der zwei Klapplaschen groß und in Farbe bewundern kann. Vor allem das großartige Porträt von Auburn (unten, mittig) passt wunderbar und ergänzt den Roman als einfach fantastische Idee der Autorin. Schon die Idee, die Gedanken eines Künstlers mit einfließen zu lassen und der schriftlichen Seite auch noch eine visuelle zur Seite zu stellen, hat mir gut gefallen. So muss man nicht alles seiner Fantasie überlassen und bekommt passende Anregungen präsentiert.

Ebenfalls ein Highlight ist Owens im Buch präsentierte Inspiration für seine Bilder. Die zahlreichen, echten Geständnisse, die zum Teil sehr interessant und bewegend, teilweise aber auch sehr erschütternd sind, machen das Buch zu etwas ganz Besonderem und lassen die Geschichte in greifbare Nähe heranrücken.


"Es gibt Geheimnisse, die niemals zu Geständnissen werden sollten!"


Jetzt habe ich schon ganz viel verraten, von Owens Kunst, Geständnissen und Auburn geredet, doch wie passt diese Geschichte, die aus so vielen interessanten Puzzlesteinen besteht, zusammen?
Eigentlich hat Auburn eine konkrete Vorstellung davon, wie ihr Leben in Zukunft verlaufen soll, jetzt da sie nach Dallas gezogen ist und ihre Ziele endlich in Sichtweite sind. Für Fehler oder Chaos ist absolut kein Platz, wo sie doch noch immer den Verlust ihrer großen Liebe Adam zu verkraften hat. Doch dann begegnet sie auf der Suche nach einem Job dem talentierten Künstler Owen, dessen einzigartige Bilder sie zutiefst berühren und der ihr Leben sowie ihre Pläne gehörig durcheinander bringt. Seit Jahren hat sie sich nicht mehr so zu jemandem hingezogen gefühlt und Owen scheint das Gleiche für sie zu empfinden. Aber die Vergangenheit legt ihrer Beziehung Steine in den Weg, denn genau wie Auburn hat auch Owen Geheimnisse. Geheimnisse, durch die Auburn verlieren könnte, was ihr in ihrem Leben am Wichtigsten ist …

"Na gut, wenn du es schwörst." Sie hält mir die Tür auf. "Aber ich warne dich trotzdem - nur für den Fall. Ich kann mindestens so laut schreien wie Jamie Lee Curtis in Halloween."
Sie zeigt mir, wo das Bad ist. Sobald ich die Tür hinter mir zugemacht habe, stütze ich mich aufs Waschbecken und starre kopfschüttelnd in den Spiegel. Ich versuche, mir zu sagen, dass alles Zufall ist: dass sie heute vor meiner Tür stand. Dass sie meine Bilder anscheinend gut findet. Dass wir beide mit zweitem Namen Mason heißen.
Aber...es könnte auch Schicksal sein."


Mal wieder haben unsere beiden Protagonisten mit schweren Schicksalen und Rückschlägen im Leben zu kämpfen. Auch Spoilergründen muss ich hier leider vage bleiben, aber es geht viel um Verantwortung, Zukunft, Drogenmissbrauch, Erpressung und Ungerechtigkeit. Schwierige Themen, die angesprochen werden und Colleen Hoover schafft es mal wieder grandios, aus ihnen eine leidenschaftliche, mitreißende und authentische Geschichten zu zaubern, die noch jedes ach so kalte Leserherz berührt. Dabei ist die Handlung eigentlich recht einfach konzipiert, anders als in ihren anderen Werken gibt es eigentlich keine so richtige Wendung, natürlich kommen unerwartete Sachen ans Licht, doch das Meiste kann man sich vorher schon durch leise Andeutungen erschließen. Doch das ist vollkommen in Ordnung, denn dieses Buch erhält seine Einzigartigkeit nicht durch die Wendungen, sondern vielmehr durch kleine, herzergreifende "OMGOMGOMG - Szenen", (wenn ich von OMG spreche meine ich natürlich Owen Mason Gentry), die den Leser dazu veranlassen, sofort zum "Binch Reading" über zu gehen und jede einzelne Seite suchtartig in sich aufzuziehen, wie ein staubtrockener Schwamm, der nach Wasser lechzt. Dieses Buch hat mich weinen lassen, lachen, mit fühlen, mich dazu gebracht zu schmunzeln, die Nase rümpfen und ein paar Mal auch dazu, es kurz wegzulegen. Doch vor allem hat es mich berührt und einfach mitgerissen!!!


“Genau das ist es, was mir Angst macht. (…) Wenn ich diesmal auf mein Herz höre, werde ich danach vielleicht nie mehr in der Lage sein, es wieder zu ignorieren.”

Colleen Hoover besitzt einfach das Talent aus wenigen Worten die größten Gefühle heraus zu locken und so eigentlich aus dem Nichts ein riesiges Gefühlschaos und Drama zu erschaffen.
Dabei schafft sie es seltsamer Weise, nie ins Kitschige abzurutschen oder zu dick aufzutragen. Einen großen Bestandteil dazu trägt natürlich der unvergleichliche Schreibstil bei. Man merkt dem Buch eindeutig an, dass es eins ihrer ersten war - gerade bei der Schilderung gewisser Dinge ist sie noch recht schüchtern, doch auch hier hat ihr Stil begeistert!
Schon so oft habe ich das geschrieben: Wenn ich ein Buch von dieser Autorin aufschlage und die ersten paar Zeilen lese, dann komme ich nach Hause. Es ist ein wohlig warmes Gefühl und ich fühle mich in der Atmosphäre jedes einzelnen Buches der Autorin absolut geborgen und möchte gar nicht mehr auftauchen. Wie gewohnt spielt die Autorin nur so mit Worten. Nicht nur die vielen immer wiederkehrenden Sprüche, die die Charaktere als Insider austauschen, nein. Sie findet in jeder Situation genau die richtigen Formulierungen, um nur so mit unseren Emotionen zu spielen und kennt dabei kein Tabu, wenn es darum geht, uns Leser zu quälen.


"Ist es das jetzt? Endet es so?" Ich nicke, obwohl es das Letzte ist, was ich will. Aber es ist das Ende. "Manchmal bekommen wir keine zweite Chance, Owen. Manchmal enden die Dinge einfach." Er verzieht das Gesicht. "Wir haben doch noch nicht einmal eine erste Chance gehabt!"


Die Charaktere sind dieses Mal auch wieder das Herzstück des Romans. Abwechselnd wird aus der Sicht von Owen und Auburn erzählt, die beide wunderbare und authentische Erzähler abgeben, wobei Auburn ein wenig mehr im Vordergrund steht. Schon im Prolog, der sich um ihre Vergangenheit dreht, kann man erkennen, dass es vor allem um ihre Geschichte geht.
Auburn ist 21 Jahre alt, seit kurzem Friseurin in Dallas und hat für ihre jungen Jahre schon mehr Verantwortung, als gut für sie ist. Was es damit auf sich hat, verrate ich nicht
Trotz dass sie manchmal ein kleines Problem mit ihrem Selbstbewusstsein hat, würde ich sie als taff und stark bezeichnen. Aus vielen gut ausgearbeiteten Widersprüchen, Stärken und Schwächen, ergibt sich ein absolut authentischer, gut durchdachter und liebenswerter Charakter. So ist strahlt sie im einen Moment vor selbstbewusster Ausgeglichenheit und ist die Lebenslust persönlich, während sie im nächsten Moment vor anderen Menschen kuscht und schlechte Behandlung über sich ergehen lässt, wenn etwas auf dem Spiel steht, dass ihr etwas bedeutet. Erst durch Owen, der ihr einen neuen Blickwinkel auf ihr Leben schenkt, kann sie sich weiterentwickeln und ihre Verantwortung annehmen. Wunderbar mit anzusehen!


“Es ist, als hätte sie Angst, ich könnte ihrer inneren Leinwand Pinselstriche hinzufügen, die sie für immer verändern würden, wenn ich ihr zu nahe käme. Und das kann ich gut nachvollziehen. Mir geht es nämlich umgekehrt genauso.”


Auch von Owen (Owen Mason Gentry - OMG) bin ich wirklich begeistert, so hat es Colleen Hoover mal wieder geschafft, das Abbild eines perfekten Mannes in Worte zu kleiden. Owen ist Maler und besitzt ein eigenes Atelier, in dem er die anonymen Geständnisse anderer Menschen mit Acrylfarben auf Leinwände bringt und schließlich verkauft. Damit verdient er seinen Lebensunterhalt, denn die Beziehung zu seinem reichen Anwalt-Vater ist seit einigen Jahren nicht mehr so, wie sie zwischen Vater und Sohn sein sollte. Natürlich ist er nicht nur erfolgreich, weltoffen und kreativ, sondern sieht auch noch unfassbar gut aus und hat eine wahnsinnig sympathische Art - kämpferisch, mitfühlend, selbstlos, verständnisvoll. Er weiß einfach immer und zu jederzeit das Richtige zu tun oder zu sagen, um die Herzen von Hauptfigur Auburn und dem jeweiligen Leser bzw. der Leserin hinter den Zeilen höher schlagen zu lassen. Ist das nicht ein wenig utopisch? Naja, egal, Liebesromane sind ja zum Träumen da - und das hat bei mir auch geklappt...

Neben den beiden hat das Buch noch eine ganze Reihe weiterer, toller Charaktere zu bieten. Aus Spoilergründen kann ich leider nicht viel verraten, aber mein absoluter Liebling war neben AJ Auburns Mitbewohnerin. Sie hat einfach eine ganz besondere, spießige Art, die man einfach genial finden muss.


„Es gibt Menschen, die man kennenlernt, und solche, die man schon vom ersten Moment an kennt. Owen gehörte definitiv zur zweiten Sorte.“


Ja, und dann ist das Buch auch schon wieder vorbei gewesen und das Ende war im Anmarsch. Es ging mir zum Schluss alles ein klein wenig zu schnell und zu glatt von der Bühne, doch da das Happy End dann noch mal die ganze Schnulz-Palette aufführt, war das schnell vergessen. In den letzten Seiten erfahren wir endlich Owens ominöse Verbindung zu Auburns Vergangenheit, die über all schon so unheilschwanger angedeutet wurde, obwohl die wirkliche Enthüllung eher ein unausgesprochenes Geständnis an uns Leser ist und weder für Herzschmerz noch für Probleme sorgt. Das hat mich dann wirklich beruhigt, denn noch mehr Probleme hätte ich definitiv nicht mehr verkraftet. Stattdessen bekommen wir einen Abgang präsentiert, der so voller Charme, Tragödie und Liebe ist, das jedem weiblichen Leser (und bestimmt auch männlichen) die Tränen kommen.

Ich hoffe, nach meiner ganzen Lobrede ist die Message angekommen. Wenn nicht, nun noch mal ganz deutlich: LEST DIESES BUCH!


„Ich verliere mich nicht, weil ich spüre, dass ich endlich gefunden worden bin.“



Fazit:

Kurz und knapp formuliert: Man muss dieses Buch einfach lieben!

Veröffentlicht am 05.10.2017

OMG - Man muss dieses Buch einfach lieben!

Love and Confess
1

Allgemeines:

Titel: Love and Confess
Autor: Colleen Hoover
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (20. November 2015)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423740124
ISBN-13: 978-3423740128
ASIN: B016AOI8DA
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: Love and Confess
Autor: Colleen Hoover
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (20. November 2015)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423740124
ISBN-13: 978-3423740128
ASIN: B016AOI8DA
Originaltitel: Confess
Seitenzahl: 400 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12,95€ (broschiert)
Link: Hier klicken!



Inhalt:

"Ich werde dich immer lieben, Auburn", flüsterte er an meinem Mund. "Selbst dann noch, wenn ich es nicht mehr kann."

Vor fünf Jahren hat Auburn ihre erste große Liebe in Dallas zurücklassen müssen, verbunden mit einem Schmerz, den sie bis heute nicht ganz überwunden hat. Als sie eines Abends im Schaufenster einer Kunstgalerie Briefe mit anonymen Bekenntnissen entdeckt, ist sie zutiefst berührt, denn auch sie trägt ein Geheimnis mit sich. Niemand soll von ihrer Vergangenheit wissen – vor allem nicht Owen, der junge Künstler mit den grünen Augen, der sich von den Geschichtenanderer Menschen für seine Bilder inspirieren lässt. Vom ersten Augenblick an fühlt sie sich zu ihm hingezogen und Owen geht es nicht anders. Die beiden verlieben sich mit ungeahnter Wucht ineinander. Doch auch Owen hat ein Geheimnis, das alles zu zerstören droht, was ihnen wichtig ist . . .


Bewertung:

Fast jeder Freund von Young Adult und Liebesromanen hat ihren Namen schon einmal gehört: Colleen Hoover. Diese Autorin ist einfach der Hammer - eine Frau mit einem unfassbaren Stil, die mit ihrem tollen Talent, krass emotionale, mega spannende und ultra poetische Stories in die Welt zu setzen, zu meinen absoluten Lieblingsautoren gehört. Von ihr habe ich bis jetzt fast alles gelesen und geliebt. Ihre "Will und Layken - Trilogie", "Zurück ins Leben geliebt", "Maybe Someday", "Nächstes Jahr am selben Tag", all das konnte mich begeistern, natürlich war es keine Frage, dass ich auch "Love and Confess" unbedingt lesen wollte. Ich muss zugeben, bei diesem Buch bin ich dem Hype erlegen und musste es mir einfach wünschen. Es ist dann erstmal eine Weile auf meinem SuB rumgegammelt, doch tadaaaa, ich hab´s geschafft, es doch noch recht zeitnah zu lesen. Mal wieder habe ich nur ein Wort um meinen Eindruck zu beschreiben, das diesmal witziger Weise auch sehr gut zum Inhalt passt: OMG!


Erster Satz: "In dem Wissen, dass ich heute zum letzten Mal hier sein werde, stoße ich die Schwingtür auf und trete in die Eingangshalle."


Doch beginnen wir wie immer mit dem Cover. Das Cover ist mal wieder im typischen "Colleen Hoover meets dtv Verlag Style" gehalten. Das bedeutet violette, warme Farbgebung mit dunklen Schattierungen, Farbverlauf nach oben ins Weiße, der Titel in Lila unter dem großen, dominanten Namen der Autorin. Viele ihrer Cover sind grundsätzlich so gehalten, doch dieses Mal bin ich von dieser Komposition wirklich begeistert!
Im Zentrum des Bildes ist das Profil eines Mädchens zusehen, das mit Acryl Farben in violett und Schwarz auf dem weißen Untergrund angerissen wird. Die Art, wie das Mädchen die Augen niedergeschlagen hat, passt einfach perfekt zu Auburn und auch die Art der Farben stellt eine wunderbare Verbindung zum Inhalt dar. Den Titel finde ich ebenfalls super getroffen, denn er spiegelt genau den Inhalt wieder und klingt sogar noch gut. Auffallend ist, dass die Seiten ungewöhnlich dick sind, sodass der Roman mit seinen 400 Seiten relativ dick aussieht, sich jedoch wie im Fluge weggelesen lässt. Mir gefällt das Gefühl von stabilen, dicken Seiten in den Händen sehr gut.
An dieser Stelle also ein ganz großes Lob an die Designer bei "Colleen Hoover meets dtv Verlag" - ich finde sowohl den Titel, den Klapptext als auch das Cover wunderbar und sogar besser als das Original - und dass muss etwas heißen, denn das ist auch wunderschön.


“Ich spüre seinen Blick in meinem gesamten Körper und es zieht mich mit jeder einzelnen Faser zu ihm hin. Sämtliche Zweifel (…) starren mir ins Gesicht, und ich weiß wieder, wie es sich anfühlen muss, wenn man wirklich etwas für jemanden empfindet.”


Nun gleich zu einem weiteren Punkt, den das Buch zu einem ganz besonderen Erlebnis macht: die wunderschönen, einmaligen Bilder von Künstler Danny O‘Connor, die auf berührende Art und Weise in das Buch mit eingebunden sind und die man beim Taschenbuch auf den Innenseiten der zwei Klapplaschen groß und in Farbe bewundern kann. Vor allem das großartige Porträt von Auburn (unten, mittig) passt wunderbar und ergänzt den Roman als einfach fantastische Idee der Autorin. Schon die Idee, die Gedanken eines Künstlers mit einfließen zu lassen und der schriftlichen Seite auch noch eine visuelle zur Seite zu stellen, hat mir gut gefallen. So muss man nicht alles seiner Fantasie überlassen und bekommt passende Anregungen präsentiert.

Ebenfalls ein Highlight ist Owens im Buch präsentierte Inspiration für seine Bilder. Die zahlreichen, echten Geständnisse, die zum Teil sehr interessant und bewegend, teilweise aber auch sehr erschütternd sind, machen das Buch zu etwas ganz Besonderem und lassen die Geschichte in greifbare Nähe heranrücken.


"Es gibt Geheimnisse, die niemals zu Geständnissen werden sollten"


Jetzt habe ich schon ganz viel verraten, von Owens Kunst, Geständnissen und Auburn geredet, doch wie passt diese Geschichte, die aus so vielen interessanten Puzzlesteinen besteht, zusammen?
Eigentlich hat Auburn eine konkrete Vorstellung davon, wie ihr Leben in Zukunft verlaufen soll, jetzt da sie nach Dallas gezogen ist und ihre Ziele endlich in Sichtweite sind. Für Fehler oder Chaos ist absolut kein Platz, wo sie doch noch immer den Verlust ihrer großen Liebe Adam zu verkraften hat. Doch dann begegnet sie auf der Suche nach einem Job dem talentierten Künstler Owen, dessen einzigartige Bilder sie zutiefst berühren und der ihr Leben sowie ihre Pläne gehörig durcheinander bringt. Seit Jahren hat sie sich nicht mehr so zu jemandem hingezogen gefühlt und Owen scheint das Gleiche für sie zu empfinden. Aber die Vergangenheit legt ihrer Beziehung Steine in den Weg, denn genau wie Auburn hat auch Owen Geheimnisse. Geheimnisse, durch die Auburn verlieren könnte, was ihr in ihrem Leben am Wichtigsten ist …

"Na gut, wenn du es schwörst." Sie hält mir die Tür auf. "Aber ich warne dich trotzdem - nur für den Fall. Ich kann mindestens so laut schreien wie Jamie Lee Curtis in Halloween."
Sie zeigt mir, wo das Bad ist. Sobald ich die Tür hinter mir zugemacht habe, stütze ich mich aufs Waschbecken und starre kopfschüttelnd in den Spiegel. Ich versuche, mir zu sagen, dass alles Zufall ist: dass sie heute vor meiner Tür stand. Dass sie meine Bilder anscheinend gut findet. Dass wir beide mit zweitem Namen Mason heißen.
Aber...es könnte auch Schicksal sein."

Mal wieder haben unsere beiden Protagonisten mit schweren Schicksalen und Rückschlägen im Leben zu kämpfen. Auch Spoilergründen muss ich hier leider vage bleiben, aber es geht viel um Verantwortung, Zukunft, Drogenmissbrauch, Erpressung und Ungerechtigkeit. Schwierige Themen, die angesprochen werden und Colleen Hoover schafft es mal wieder grandios, aus ihnen eine leidenschaftliche, mitreißende und authentische Geschichten zu zaubern, die noch jedes ach so kalte Leserherz berührt. Dabei ist die Handlung eigentlich recht einfach konzipiert, anders als in ihren anderen Werken gibt es eigentlich keine so richtige Wendung, natürlich kommen unerwartete Sachen ans Licht, doch das Meiste kann man sich vorher schon durch leise Andeutungen erschließen. Doch das ist vollkommen in Ordnung, denn dieses Buch erhält seine Einzigartigkeit nicht durch die Wendungen, sondern vielmehr durch kleine, herzergreifende "OMGOMGOMG - Szenen", (wenn ich von OMG spreche meine ich natürlich Owen Mason Gentry), die den Leser dazu veranlassen, sofort zum "Binch Reading" über zu gehen und jede einzelne Seite suchtartig in sich aufzuziehen, wie ein staubtrockener Schwamm, der nach Wasser lechzt. Dieses Buch hat mich weinen lassen, lachen, mit fühlen, mich dazu gebracht zu schmunzeln, die Nase rümpfen und ein paar Mal auch dazu, es kurz wegzulegen. Doch vor allem hat es mich berührt und einfach mitgerissen!!!


“Genau das ist es, was mir Angst macht. (…) Wenn ich diesmal auf mein Herz höre, werde ich danach vielleicht nie mehr in der Lage sein, es wieder zu ignorieren.”

Colleen Hoover besitzt einfach das Talent aus wenigen Worten die größten Gefühle heraus zu locken und so eigentlich aus dem Nichts ein riesiges Gefühlschaos und Drama zu erschaffen.
Dabei schafft sie es seltsamer Weise, nie ins Kitschige abzurutschen oder zu dick aufzutragen. Einen großen Bestandteil dazu trägt natürlich der unvergleichliche Schreibstil bei. Man merkt dem Buch eindeutig an, dass es eins ihrer ersten war - gerade bei der Schilderung gewisser Dinge ist sie noch recht schüchtern, doch auch hier hat ihr Stil begeistert!
Schon so oft habe ich das geschrieben: Wenn ich ein Buch von dieser Autorin aufschlage und die ersten paar Zeilen lese, dann komme ich nach Hause. Es ist ein wohlig warmes Gefühl und ich fühle mich in der Atmosphäre jedes einzelnen Buches der Autorin absolut geborgen und möchte gar nicht mehr auftauchen. Wie gewohnt spielt die Autorin nur so mit Worten. Nicht nur die vielen immer wiederkehrenden Sprüche, die die Charaktere als Insider austauschen, nein. Sie findet in jeder Situation genau die richtigen Formulierungen, um nur so mit unseren Emotionen zu spielen und kennt dabei kein Tabu, wenn es darum geht, uns Leser zu quälen.


"Ist es das jetzt? Endet es so?" Ich nicke, obwohl es das Letzte ist, was ich will. Aber es ist das Ende. "Manchmal bekommen wir keine zweite Chance, Owen. Manchmal enden die Dinge einfach." Er verzieht das Gesicht. "Wir haben doch noch nicht einmal eine erste Chance gehabt!"


Die Charaktere sind dieses Mal auch wieder das Herzstück des Romans. Abwechselnd wird aus der Sicht von Owen und Auburn erzählt, die beide wunderbare und authentische Erzähler abgeben, wobei Auburn ein wenig mehr im Vordergrund steht. Schon im Prolog, der sich um ihre Vergangenheit dreht, kann man erkennen, dass es vor allem um ihre Geschichte geht.
Auburn ist 21 Jahre alt, seit kurzem Friseurin in Dallas und hat für ihre jungen Jahre schon mehr Verantwortung, als gut für sie ist. Was es damit auf sich hat, verrate ich nicht
Trotz dass sie manchmal ein kleines Problem mit ihrem Selbstbewusstsein hat, würde ich sie als taff und stark bezeichnen. Aus vielen gut ausgearbeiteten Widersprüchen, Stärken und Schwächen, ergibt sich ein absolut authentischer, gut durchdachter und liebenswerter Charakter. So ist strahlt sie im einen Moment vor selbstbewusster Ausgeglichenheit und ist die Lebenslust persönlich, während sie im nächsten Moment vor anderen Menschen kuscht und schlechte Behandlung über sich ergehen lässt, wenn etwas auf dem Spiel steht, dass ihr etwas bedeutet. Erst durch Owen, der ihr einen neuen Blickwinkel auf ihr Leben schenkt, kann sie sich weiterentwickeln und ihre Verantwortung annehmen. Wunderbar mit anzusehen!


“Es ist, als hätte sie Angst, ich könnte ihrer inneren Leinwand Pinselstriche hinzufügen, die sie für immer verändern würden, wenn ich ihr zu nahe käme. Und das kann ich gut nachvollziehen. Mir geht es nämlich umgekehrt genauso.”


Auch von Owen (Owen Mason Gentry - OMG) bin ich wirklich begeistert, so hat es Colleen Hoover mal wieder geschafft, das Abbild eines perfekten Mannes in Worte zu kleiden. Owen ist Maler und besitzt ein eigenes Atelier, in dem er die anonymen Geständnisse anderer Menschen mit Acrylfarben auf Leinwände bringt und schließlich verkauft. Damit verdient er seinen Lebensunterhalt, denn die Beziehung zu seinem reichen Anwalt-Vater ist seit einigen Jahren nicht mehr so, wie sie zwischen Vater und Sohn sein sollte. Natürlich ist er nicht nur erfolgreich, weltoffen und kreativ, sondern sieht auch noch unfassbar gut aus und hat eine wahnsinnig sympathische Art - kämpferisch, mitfühlend, selbstlos, verständnisvoll. Er weiß einfach immer und zu jederzeit das Richtige zu tun oder zu sagen, um die Herzen von Hauptfigur Auburn und dem jeweiligen Leser bzw. der Leserin hinter den Zeilen höher schlagen zu lassen. Ist das nicht ein wenig utopisch? Naja, egal, Liebesromane sind ja zum Träumen da - und das hat bei mir auch geklappt...

Neben den beiden hat das Buch noch eine ganze Reihe weiterer, toller Charaktere zu bieten. Aus Spoilergründen kann ich leider nicht viel verraten, aber mein absoluter Liebling war neben AJ Auburns Mitbewohnerin. Sie hat einfach eine ganz besondere, spießige Art, die man einfach genial finden muss.


„Es gibt Menschen, die man kennenlernt, und solche, die man schon vom ersten Moment an kennt. Owen gehörte definitiv zur zweiten Sorte“


Ja, und dann ist das Buch auch schon wieder vorbei gewesen und das Ende war im Anmarsch. Es ging mir zum Schluss alles ein klein wenig zu schnell und zu glatt von der Bühne, doch da das Happy End dann noch mal die ganze Schnulz-Palette aufführt, war das schnell vergessen. In den letzten Seiten erfahren wir endlich Owens ominöse Verbindung zu Auburns Vergangenheit, die über all schon so unheilschwanger angedeutet wurde, obwohl die wirkliche Enthüllung eher ein unausgesprochenes Geständnis an uns Leser ist und weder für Herzschmerz noch für Probleme sorgt. Das hat mich dann wirklich beruhigt, denn noch mehr Probleme hätte ich definitiv nicht mehr verkraftet. Stattdessen bekommen wir einen Abgang präsentiert, der so voller Charme, Tragödie und Liebe ist, das jedem weiblichen Leser (und bestimmt auch männlichen) die Tränen kommen.

Ich hoffe, nach meiner ganzen Lobrede ist die Message angekommen. Wenn nicht, nun noch mal ganz deutlich: LEST DIESES BUCH!


„Ich verliere mich nicht, weil ich spüre, dass ich endlich gefunden worden bin.“



Fazit:

Kurz und knapp formuliert: Man muss dieses Buch einfach lieben!

Veröffentlicht am 04.10.2017

Eine einzige Enttäuschung

Auf der Suche nach dir - Stadtrivalen 2
0

Allgemeines:

Titel: Stadtrivalen - Auf der Suche nach dir
Autor: C. Carelly
Verlag: bookshouse (30. März 2017)
Genre: Romantasy
ISBN-10: 9963536085
ISBN-13: 978-9963536085
ASIN: B06XY1QPRH
Seitenzahl: ...

Allgemeines:

Titel: Stadtrivalen - Auf der Suche nach dir
Autor: C. Carelly
Verlag: bookshouse (30. März 2017)
Genre: Romantasy
ISBN-10: 9963536085
ISBN-13: 978-9963536085
ASIN: B06XY1QPRH
Seitenzahl: 387 Seiten
Preis: 3,99€ (Kindle-Edition)
13,99€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: Stadtrivalen - An deiner Seite



Inhalt:

"Sie haben uns die Zukunft gestohlen. Alle Möglichkeiten, die wir im Laufe des gemeinsamen Lebens hätten ausschöpfen können."
- Dorian


Eine einzige Nacht hat die Kleinstadt, in der Lia lebt, auf den Kopf gestellt. Gezeichnet von der schweren Schlacht unter der Erde, verfällt Lia in Depressionen. Erst nach und nach flammt Hoffnung in ihr auf. Vielleicht ist doch nicht alles verloren. Beflügelt von der Idee, die Zukunft zu beeinflussen und ihren Liebsten und sich zu retten, schließt sie sich erneut den Rivalen an. Sie jagen wieder Roumen, bis ein missglücktes Experiment fast alle Lebewesen erstarren lässt. Plötzlich gibt es nur noch Roumen und Rivalen. Bald stellen die Freunde fest, dass sie in einer Welt, in der keine Gesetze mehr gelten, nicht nur die Roumen fürchten müssen.


Bewertung:


Ich habe dieses Geständnis schon bei meiner Rezension zu Band 1 "Stadtrivalen - An deiner Seite" vorweggestellt: wenn dieses Buch kein Rezi-Exemplar gewesen wäre, hätte ich es nie angefangen, oder zu Ende gelesen. Am Ende des ersten Teiles war ich dann doch froh gewesen, es gelesen zu haben und hatte mir deshalb vorgenommen, auch dem zweiten Teil eine Chance zu geben, doch dieser Roman konnte mich einfach nicht überzeugen. Ich sage deshalb nicht, dass er grundsätzlich schlecht ist, ich konnte nur nichts damit anfangen und das finde ich wirklich von Herzen schade, denn ich hatte wirklich sehr viel Potential und viele gute Ideen in der Geschichte gesehen!

Beginnen wir doch mal wieder mit dem Cover, welches ich schon beim ersten Teil (siehe Bild links) schrecklich fand. Da das Cover des zweiten Teiles (siehe Bild rechts) genau dasselbe Bild in genau demselben Stil zeigt, ist es nicht verwunderlich, dass ich auch diesmal keine lobenden Worte finden werde. Dasselbe rennende Mädchen in dem weiten weißen Kleid, das absolut gestellt aussieht und gar nicht zur Handlung passt (die Hauptperson würde nie so in einem Kleid durch die Stadt rennen) ist vor einem dunklen Hintergrund abgebildet und scheint eine Treppe hochzurennen. Dass sie so seltsam den Mund offen hat und die Arme zu gestellt ausstreckt hat auch nicht dazu beigetragen, dass ich mich mehr gefreut habe...
Zusammen mit dem Streifen auf dem das Genre steht und dem seltsamen Lichteffekt im Hintergrund, welche wohl die Aelumina, die innovativen Lichterscheinungen des Buches, darstellen sollen, für mich aber absolut gar nicht passen (sie sind eigentlich bunt und schillern sanft) und dem verschnörkelte Titel, ergibt sich eine alles in allem recht passende Komposition, die aber eher billig als magisch aussieht und so gar nicht meinen Geschmack trifft. Auch der Titel ist erstmal verwirrend. Der Reihentitel "Stadtrivalen" passt sehr gut, doch der Untertitel "Auf der Suche nach dir" lässt auf eine Handlung hoffen, die niemals abläuft. Aber darüber will ich mich nachher nochmal ausführlich beschweren.


Erster Satz: "Irgendetwas stimmt nicht."


Dem stimme ich absolut zu. Irgendetwas hat für mich von Anfang an nicht gestimmt. Nach dem Ende des ersten Teiles war ich erstmal unglaublich überrascht, da ich mit einem Happy End oder zumindest einem Cliffhanger gerechnet, jedoch niemals gedacht hatte, dass die Autorin wirklich Dorian sterben lässt. Spätestens in diesem Moment habe ich mich dann dazu entschieden, den zweiten Teil unbedingt zu lesen! Nicht nur weil ich glaubte, dass noch sehr viel Potential in dieser Geschichte steckt, sondern auch einfach weil ich wissen wollte, ob die Autorin sich dieses Ende wirklich getraut hat. Wie es sich sehr bald herausstellt - nein! Das, was die Geschichte für mich noch gerettet hatte, löst sich sehr bald und lächerlich unspektakulär in Luft auf.

Doch zunächst alles wie gedacht: Lia hat die Silvester Nacht und somit die letzte Schlacht mit den Roumen geradeso überstanden und konnte den mächtigen Prim Oreol aufhalten, hat aber dabei schwere Verluste erlitten: ihre Liebe Dorian starb. Den Sinn ihres Lebens beraubt verfällt sie mehr und mehr in eine Depression. Nach unsagbar ätzenden, jedoch durchaus authentisch beschrieben 50 Seiten, in denen sie versucht, sich aufzuraffen und es dann auch endlich schafft, auf andere Gedanken zu kommen, in dem sie sich wieder den Rivalen anschließt, geht der Kampf gegen die Roumen weiter. Hier habe ich schon wieder begonnen, mich aufzuregen, da ich eigentlich dachte, dass sie das Kapitel ihres Lebens, voller sinnloser und von Sammelwut dominierter Gewalt, endlich hinter sich hat. Aber anscheinend nicht.


"All die Zeit über hatte ich vergessen, dass ich zwar seelisch und körperlich Narben davongetragen hatte, dass ich jedoch weitgehend fit war, ein Dach über dem Kopf hatte und von Menschen umgeben war, die mich liebten. Überwältigt von der Trauer hatte ich aus den Augen verloren, dass ich lebte ... und dass mein Schicksal in meiner Hand lag."


Die sich ständig wiederholenden Kampfszenen, in denen die Hauptpersonen nichts anderes tun, als Roumen zu verprügeln, so lange auf sie eindreschen, bis sie sich auflösen und ein Aelumina aus ihnen austritt, um das sie sich dann danach wieder streiten, haben mich schon in Band 1 genervt. Natürlich gehört das zur Geschichte, aber die vielen Szenen haben die Handlung nicht weitergebracht und könnten doch auch etwas abwechslungsreicher beschrieben sein. Es gab außerdem einige Situationen, die ich einfach nicht richtig verstanden habe und die seltsam konstruiert wirkten, vielleicht hätte also die Verarbeitung der Idee ein wenig sorgfältiger sein können. Ich hatte dann auf ein bisschen Festigung in den folgenden Teilen gehofft, doch statt die Handlung komplexer zu machen, rücken die teilweise echt hirnlosen Kämpfe zwischen den Rivalen und Roumen nur noch mehr in den Hintergrund. Das ganze geschieht vor einer apokalyptischen Atmosphäre, die aus Versehen von den Hauptpersonen erschaffen wurden. Durch einen Ausrutscher beim mit der Zeit spielen, ist die Welt, wie Lia sie kannte in einem tiefen Schlaf versunken, nur Rivalen und Roumen sind noch wach. Lia muss sich ihrer Trauer stellen und im Kampf für eine Zukunft ihren Freunden zur Seite stehen. Ob es eine Zukunft geben wird ist ungewiss. Denn dieses Mal ist die Welt so ganz anders als man sie kennt. Selbstverständliches gibt es nicht mehr und jeder erfährt dies am eigenen Leib. Die Freunde versuchen alles, um die Welt in ihren alten Zustand zu versetzen. Nur, wie einfach ist das, wenn es Leute gibt, denen die Welt ohne Regeln besser gefällt und alles daran setzen, das sich nichts wieder ändert?

Ich muss sagen, die apokalyptisch angehauchte Stimmung hat mir recht gut gefallen, ebenso wie die vielen neuen Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben. Was passiert, wenn praktisch die Zeit stillsteht und nur noch Einzelne die Macht über die Welt besitzen, ist wirklich interessant beschrieben: eine Welt aus Anarchie, ohne Grenzen und Gesetze. Dieses Mal geht man mit Lia und ihren Freunden auf eine Abenteuerreise durch die Stadt und Orte um die Stadt herum. Spannend ist, dass man nie weiß, ob sie gleich angegriffen werden und von wem. Ernüchterung bringen aber immer wieder schlecht konstruierte Szenen oder Lücken in der Handlung. So konnte ich mich nie ganz in der Handlung versinken lassen.


"Wie ist das...?", setzte ich an, aber meine Stimme versagte. Ich bin übermüdet und fantasiere.
"Lia", keuchte er.
"Dorian..." Meine Augen weiteten sich langsam. "... du bist doch gestorben", brachte ich schließlich hervor.
"Ich bin hier, Lia. ich bin hier!"



Als ich mich dann gerade damit zurecht gefunden habe, dass dieser Band nicht -wie von mir durch Klapptext, Titel und Ende des ersten Teiles erwartet- von ihrer Suche nach dem jüngeren Dorian und einer möglichen Reise durch die Zeit handelt, sondern von einer ganz anderen Handlung geprägt wird - steht Dorian einfach wieder da. Einfach so, ach ja, er ist nicht tot, hat sein Ableben nur vorgetäuscht. Tada. Und das war´s. Es gibt noch nicht einmal eine wirkliche Erklärung oder zumindest eine schöne Wiedersehensszene. Er ist einfach wieder da und Lia nimmt das auch einfach hin. Die Liebesgeschichte entwickelt sich dann völlig unromantisch und verkümmert zu einer lächerlichen Nebenhandlung. Das hat mich wirklich enttäuscht.

Auch die Charaktere konnten es wieder mal nicht rausreißen. Die Protagonisten sind so gut beschrieben, wie es das auf guten 80 Seiten eben möglich ist (das ergibt sich wenn man die 200 Seiten Kampfszenen abzieht) und gerade die Hauptfigur Lia versinkt immer mehr im Kontroversen Zu Beginn wirkte sie wie eine geschlagene Frau auf mich, dann versucht sie sich wieder zusammenzureißen, um die anderen nicht zu enttäuschen. Doch als sie dann erfährt, dass sie nicht die Tochter des Sternenwindes ist, scheint sie aller Kampfgeist zu verlassen und sie mutiert wieder zu einem oberflächlichen, ängstlichen und eifersüchtigen Mädchen. Von dem kleinen Rebell, der gerne mal bei anderen aneckt, dem sensiblen Mädchen, dass sich hinter dem Sarkasmus versteckt, und dem Mädchen, dass erst ein Mitläufer war, aber langsam beginnt, selbst nachzudenken und ihren eigenen Weg zu gehen, kann man nicht mehr viel erkennen. Auch die anderen Charaktere werden nicht besser sondern enttäuschen nur noch mehr.

Wieder muss ich jedoch ganz klar sagen, dass ich von den neuen, kreativen Ideen beeindruckt war, was der einzige Grund darstellte, warum ich das Buch überhaupt zu Ende gelesen habe - ohne gemein klingen zu wollen. Eigentlich wird ein Szenario dargestellt, dass nicht ganz unbekannt erscheint. Eine böse Rasse, die Schaden in einer Stadt anrichtet und von besonderen Jägern eliminiert werden muss. Egal ob Dämonenjäger, Vampirjäger, Schattenjäger oder Geisterjäger - so etwas hat man schon mal gehört. Eine Gruppe, die sich findet, ein Mitglied, das neu in diese Welt eingeführt werden muss und dann gemeinsam mit den Freunden die absolute Gefahr bekämpfen muss, jemanden aufhalten muss, bevor er alles zerstört. Mittendrin wird natürlich noch herausgefunden, dass diese eine Hauptperson, die neu dazukommt, der oder die Auserwählte ist, eine mächtige Person, die alle retten wird, blablabla. Jaja, man kennt das und nach genau diesem Schema ist auch dieses Buch aufgebaut.


"Schau mal, Annie." Ich deutete auf die aufgetürmten Wolken. "Siehst du diesen Strahl, der sich durch die Wolken stiehlt?"
Annie folgte meinem Blick. Ich lächelte. "Vielleicht ist noch nicht alles verloren."



Was aber wirklich toll ist, sind die vielen neuen Ideen, die hier mit eingemischt sind. Zum einen sind die Roumen, Einzahl Roumin, eine neue, kreative Idee von Monster. Eine bleiche, undefinierbare organische Masse, die zunehmend menschliche Gestalt annimmt, wenn sie menschliche oder rivalische Energie stiehlt und konsumiert, bis ein sogenannter Prim daraus geworden ist, ein vollständig ausgebildeter Roumin, der einem Menschen bis zu einem gewissen Grad ähnelt. Ihnen wohnt eine besondere dunkle Energie inne, aus der sie entstehen und die sie beim Sterben wieder freisetzen: Aelumina. Eine aufputschende Lichterscheinung, gehandelt und konsumiert wie eine Droge unter den Rivalen, die alle in einen gefährlichen Sammelrausch fallen. Das hat mir wirklich sehr gut gefallen! Mal etwas anderes auf jeden Fall! Auch dass sich relativ bald herausstellt, dass Lia gar nicht wie angenommen die Tochter des Sternenwindes und somit die Auserwählte ist, sondern einfach nur eine ganz normale Rivalen, fand ich eine interessante Entwicklung, die ich so noch nirgends gelesen habe. Aufgeregt hat mich dann aber wiederum, dass diese ganze Sache so aufgebauscht wird, dass sie beispielsweise extrem eifersüchtig auf die Auserwählte reagiert und auch die Offenbarung dieser Entwicklung eher schlecht als recht kreiert ist...

Der Schreibstil ist -wie so oft in diesem Genre - sehr schlicht, beschreibend und recht temporeich. Nicht schlecht, aber auch nichts Besonderes. In der Mitte des Buches erlebte ich wieder eine kleine Leseflaute, weil nichts Neues passierte und sich Lia immer weiter in etwas verrannte, was eindeutig nicht gutgehen konnte und immer unsympathischer wurde, doch der rasante Stil hat mich recht gut darüber hinweggebracht.

Das Ende schaffte es nicht, mich wie beim ersten Teil nochmal zu begeistern, auch wenn ich von der Wendung nochmal überrascht war. Wieder werden wir mit einem schonungslosen Endsatz konfrontiert, der dann doch dazu motivieren soll, den nächsten Teil mit Freude zu erwarten. Bei mir hat das dann aber definitiv nicht mehr geklappt!


Fazit:

Eine einzige Enttäuschung und für mich deutlich schlechter ausgearbeitet als der erste Teil. Trotzdem eine spannende Geschichte mit einer interessanten neuen Idee, sodass recht anspruchslose Genreleser bestimmt unterhalten werden können. Ich aber leider nicht.

Veröffentlicht am 29.09.2017

Leise Töne, außergewöhnliche Charaktere, atmosphärische Landschaften und eine seltsam-gute Stimmung

Die Schlange von Essex
1

Allgemeines:

Titel: Die Schlange von Essex
Autor: Sarah Perry
Verlag: Eichborn Verlag, Imprint der Bastei Lübbe AG (29. September 2017)
Genre: Historischer Roman
ISBN-10: 3847900307
ISBN-13: 978-3847900306
ASIN: ...

Allgemeines:

Titel: Die Schlange von Essex
Autor: Sarah Perry
Verlag: Eichborn Verlag, Imprint der Bastei Lübbe AG (29. September 2017)
Genre: Historischer Roman
ISBN-10: 3847900307
ISBN-13: 978-3847900306
ASIN: B07143NJZZ
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
Originaltitel: The Essex Serpent
Seitenzahl: 496 Seiten
Preis: 24€ (gebundene Ausgabe)
17,99€ (Kindle-Edition)
Link: Hier klicken!
!Britischer Buchpreis für den besten Roman des Jahres 2016!



Inhalt:

London im Jahr 1893:

Nach dem Tod ihres Mannes verlässt Cora Seaborne die Hauptstadt und reist gemeinsam mit ihrem Sohn Francis in den Küstenort Aldwinter. Als Cora Seaborne vom Gerücht hört, der mythische Lindwurm von Essex sei zurückgekehrt und fordere die ersten Menschenleben, muss sie sich das unbedingt ansehen. Cora, eine Anhängerin der provokanten Thesen Charles Darwins, vermutet hinter dem Sagengeschöpf eine bislang unbekannte Tierart. Auch der Vikar von Aldwinter, William Ransome, glaubt den Gerüchten nicht, und versucht, seine Gemeinde zu beruhigen. Zwischen Cora und Will entspinnt sich eine besondere Beziehung und obwohl sie in rein gar nichts einer Meinung sind, fühlen sie sich unausweichlich zueinander hingezogen...


Bewertung:

DISCLAIMER: Vielen Dank an die Verlagsgruppe Lübbe für das Bereitstellen eines Vorableseexemplars!!!

Seltsam! Das war das Wort, das mir schon beim Betrachten des Covers durch den Kopf ging, sich während des Lesens des ersten Satzes bestätigt und mich durch das ganze Buch hinweg begleitet hat. Dabei wechselten sich gleichermaßen in positiven wie auch negativem Sinne interessant-seltsame, gruselig-seltsame sowie nervig-seltsame Situationen ab, die aber insgesamt ein so stimmiges und spezielles Gesamtbild ergeben, sodass ich nicht wirklich weiß, wie ich diesen Roman bewerten soll.

Denn dies ist absolut kein Buch, dass man einfach für Zwischendurch mal schnell lesen kann - teilweise ist das Vorrankommen schon fast Arbeit und ich habe auch über zwei Wochen an den gerade mal 500 Seiten gelesen, was für mich eine ellenlange Zeit ist. Um nicht den Anschluss in den poetischen, verschnörkelten Darstellungen zu verlieren, muss man ganz genau aufpassen, zwischen den Zeilen lesen und viel darüber nachdenken, wie etwas gemeint sein könnte. Dabei gehen schillernde Außergewöhnlichkeit und atmosphärische Widersprüche so einzigartig einher, dass man von all den Eindrücken geradezu erschlagen wird. Gerade dafür hat das englischsprachige Original den Preis für das beste Buch des Jahres bekommen und die deutsche Leserschaft erwartet die Veröffentlichung am heutigen Tag gespannt. Ich bin noch am Überlegen, ob ich dieses Werk nun wirklich genial und des Preises würdig sehen oder als mir persönlich zu seltsam abtun soll, doch Genialität und Verrücktheit liegen ja oft sehr nah beieinander...


Erster Satz: "Ein junger Mann geht unter dem kalten Vollmond am Ufer des Blackwaters spazieren."


Doch beginnen wir wie immer mit dem Cover, dass mit seinem wilden, einzigartigen und doch irgendwie friedlich wirkendem Muster perfekt ins Gesamtbild passt. Ich würde es nicht wirklich als schön bezeichnen - mit den orangenen Pflanzen und der grünen Schlange auf dem schwarzen Untergrund wirkt es mir irgendwie zu unruhig - doch es hat etwas hypnotisierendes, etwas einzigartiges, was auch das Buch an sich hat. Man fühlt sich sofort an die rauen Salzwiesen Aldwinters erinnert, an das Ungeheuer, das dort droht. Es ist dem englischen Original und allen anderen Übersetzungen sehr ähnlich gestaltet. Auch der Titel passt sehr gut und ist dem englischen direkt nachempfunden. Unter dem bedruckten Schutzumschlag der gebundenen Ausgabe findet man einen dunkelgrünen Buchdeckel mit geriffeltem Schlangenmuster zusehen, wenn man das buch in der Hand hält, kann man die einzelnen Schuppen spüren. Unterstrichen wird der Gesamteindruck dann noch durch das orangene Lesebändchen und die weißen Blumenranken auf orangenem Untergrund, die ähnlich denen auf dem Cover, die Innenseite des Buches verzieren. Eine wirklich wunderbar runde und besondere Gestaltung! Ob so etwas sein muss, damit das Buch dann 24€ kosten darf, ist eine andere Frage, über die man diskutieren könnte...

Ich gebe ganz offen zu, dass ich mich beim Anfragen dieses Buches auf meinen ersten Eindruck und auf den erhaltenen Preis verlassen habe und nach dem ersten Drittel recht enttäuscht war.
Die Geschichte von Cora, William und der Schlange von Essex beginnt sehr langsam und wird in sehr ruhigen und intensiven Tönen erzählt. Zuerst befasst ich die Autorin damit, uns ihre sehr speziellen und einzigartigen (man kann auch "seltsamen" sagen) Charaktere nahezubringen, ohne sie uns jemals durchschauen zu lassen. Auch wenn der Einstieg durchaus gut gemacht ist, habe ich sehr lange gebraucht, bis ich wirklich in der Geschichte angekommen bin. Wir werden der starrsinnigen Witwe Cora Seaborne zur Seite gestellt, die versucht, sich nach dem Tod ihres Mannes selbst zu verwirklichen. Zusammen mit ihrer sozialistisch überzeugten Freundin und Haushälterin Martha und ihrem leicht autistischen Sohn zieht es sie aufs Land hinaus, wo sie ihre neuen Freiheiten zu genießen versucht. Als überzeugte Hobby- Paläontologin entpuppt sich Essex, bald als Goldgrube, denn dort wird ein Volksmärchen anscheinend lebendig: im Blackwater soll eine gruselige Kreatur hausen, die Kinder klaut, Männer ertränkt und die Bewohner von Aldwinter für ihre Sünden büßen lassen soll - die Schlange von Essex. Ganz zum Leiden des Aldwinter Pfarrers William Ransome, der diese Geschichte für Unfug hält und Cora anhält, seine Gemeinde nicht mit solchen Spinnereien zu verunsichern. Aus einer ersten Meinungsverschiedenheit entwickelt sich bald eine Beziehung in der redegewandten Opposition und unausgesprochenen Anziehungskraft miteinander ringen...

Durchaus spannend geht es nach dem Einstieg weiter - dabei hat dieser historische Roman nichts von einem Abenteuer, mehr von einem leisen Selbstfindungsbuch einer Frau, die nicht in die Gesellschaft passen zu scheint. Eigentlich nicht so ganz mein Genre - etwas hat mich aber so fasziniert, dass ich es trotzdem spannend fand. Diese sonderbare Art und Weise des Feingefühls, mit dem die Autorin Szenen kreiert, sodass sie gleichzeitig sehr fremd und fern, wie auch vertraut und berührend wirken, ist wirklich einzigartig. Durch die eigenwillige Erzählweise, in der die Szenen ineinander übergehen, die Perspektiven so fließend wechseln, große Zeitspannen schnell überbrückt werden und die Handlung so schnell vorbeizieht, dass man es gar nicht bemerkt, ist es sehr schwierig mit dem Lesen aufzuhören und nicht zu vermeiden, dass man dann irgendwie doch hinabgezogen wird, in die Dunkelheit Aldwinters und die geheimnisvollen Tiefen des Blackwaters. Das Buch lebt nicht von der packenden Handlung, sondern viel mehr von den sehr speziellen und einzigartigen Charakteren, die Sarah Perry mit sehr viel Liebe, Kreativität und Engagement erschaffen hat. Sarah Perry hat keinen wilden, spannungsgeladenen „Page Turner“ geschrieben, sondern einen sehr atmosphärischen und bisweilen düsteren, ungewöhnlichen historischen Roman, der einem noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Der Schreibstil der Autorin ist wirklich einmalig und ich denke im englischen Original viel eindrucksvoller. So sind einige Kleinigkeiten etwas seltsam übersetzt und man stockt ein wenig, wenn von "die Strand" die Rede ist, was dann eine Straße meint oder irgendwelche Zeitkugeln herunterfallen. Ansonsten werden vor allem Landschaften sehr atmosphärisch beschrieben und zeitweise verdichtete schon poetisch anmutende Formulierungen entführen uns in das kleine Städtchen Aldwinter.


"Wichtig ist nicht, was ich sehe, sondern was ich fühle. Ich kann den Äther nicht sehen, und doch spüre ich ihn bei jedem Atemzug und brauche ihn zum Leben. Ich fühle es, da kommt etwas auf uns zu, früher oder später; merken Sie sich meine Worte. Es war schon einmal hier, wie Sie selbst wissen, und es wird sich wieder zeigen - wenn nicht zu meinen Lebzeiten, dann zu Ihren, oder denen Ihrer Kinder oder Kindeskinder; und deshalb werde ich mich rüsten, Hochwürden, und ich würde Ihnen raten, es mir gleichzutun."


Das Geheimnis der Schlange in Essex nimmt leider nur eine gewisse Nebenrolle ein. Ich habe mich natürlich die ganze Zeit über gefragt, was es denn jetzt mit diesem mysteriösen Ungeheuer auf sich hat, das Cover, Titel und Klapptext so eindeutig beschreibt. Gibt es sie wirklich, oder ist sie nur ein Sinnbild für die Angst der Leute, die eine Erklärung für die Geschehnisse brauchen, die sie sich nicht erklären können. Seit der Entdeckung eines Ertrunkenen an Neujahr, fühlt sich das Dorf unsicher und unter Beobachtung. Warum ist die Schlange, die der Legende nach die Gegend schon 1669 mit seinen ledernen Flügeln und schnappendem Schnabel terrorisierte, nun zurückgekehrt? Was haben die Dorfbewohner falsch gemacht? Wo haben sie sich versündigt? An dieser Stelle nutzt Perry die symbolische Wirkung ihres Ungeheuers aus, um eine Gesellschaft zu zeichnen, die immer noch weit hinter der Aufklärung zurück hängt und charakterisiert durch die Reaktionen auf sie die Charaktere.

Für Cora, die gerne ein echtes Ungeheuer sehen würde, verkörpert die Schlange ein Wenig von der Überraschung, dem Entzücken, der Freiheit, der Entlassung aus der Welt, die nun durch den Tod ihres Mannes greifbar scheint. Für Will hingehen bedeutet die Schlange nur Ärger, ebenso wie die Wissenschaft. Menschen bräuchten die Sicherheit der Religion, oder sie beginnen, Dämonen zu erfinden - Geologie und Evolution seien nur in Mode, Theorien kommen und gehen, Gott bleibt. So ist es nicht verwunderlich, dass sie ständig aneinander geraten, der gläubige, gebildete Dorfpfarrer mit dem gesicherten Leben und die modern denkende Cora, die zwar reich und attraktiv ist, sich aber kleidet wie ein Mann und gerne im Dreck herumwühlt.

Ihre angeregten Konversationen und Diskussionen werden dem Leser zu einem großen Teil in Briefform präsentiert. Das verleiht der Handlung noch einmal einen sehr viel persönlicheren Charakter, und wir erfahren viel über Cora und ihre Person, da der Briefwechsel nicht nur zwischen William und ihr, sondern auch zwischen Cora und ihren anderen Freunden stattfindet. Dieser rege Briefwechsel ermöglicht es, größere Zeitspannen elegant zu überbrücken und zeigt außerdem, welchen Stellenwert Freundschaft einnehmen kann, wenn die Auffassungen grundverschieden sind. Denn trotz der vielen Diskussionen fliegen bald die Funken zwischen den beiden, wie wir natürlich von Anfang an geahnt hatten.


"Was suchen Sie hier?" "Das weiß ich noch nicht. Meine Freiheit vielleicht. Ich habe zu lange mit Hemmnissen gelebt. Sie fragen mich, warum ich im Schlamm wühle? Weil ich es aus meiner Kindheit kenne. Ich habe kaum jemals Schuhe getragen, ich habe Ginster für den Kräuterlikör gepflückt und Teiche gesehen, die vor Frösche brodelten. Aber dann kam Michael... (..) Aber jetzt bin ich frei!"


Gut gefallen hat mir, dass wir hier nicht die typische Liebesgeschichte präsentiert bekommen, denn Will ist glücklich verheiratet und auch Cora nicht gewillt eine Beziehung einzugehen - es ist von Anfang an klar, dass da nichts daraus werden kann.
In ihren verzweifelten Versuchen, die Anziehungskraft zwischen ihnen zu leugnen, bringen die beiden auch ihre Freunde durcheinander und immer wieder wird gezeigt, dass Liebe auch zerstören kann: Luke Garrett, Londons bester junger Chirurg, verliert in seiner verzweifelten Verliebtheit zu Cora seine operativen Fähigkeiten bei einem Unfall; George Spencer, der reiche Freund Lukes versucht, sich durch den Sozialismus Coras Begleiterin Martha zu nähern, deren Herz nur für die Gerechtigkeit schlägt; Williams schöne Ehefrau Stella, die an einer Krankheit sterbend die Herzen ihrer Familie bricht; Martha, die Cora auf eine gewisse Art liebt und Angst hat, sie als Freundin zu verlieren, Charles und Katherine Ambrose, die konservativen Freunde aus der High Society, die großzügig ihr Bestes tun, um ihren Freunden zu helfen und mitleiden müssen, Francis, Coras autistischer Sohn, der mit Liebe und Verständnis wenig anfangen kann und sich gerne mit seinen gesammelten Kostbarkeiten zurückzieht,... die verschiedenen Arten von Liebe, die hier in diesem Buch gezeigt werden sind vielfältig und haben doch alle etwas gemeinsam: sie verursachen viel Schmerz.

Im Mittelpunkt des Ganzen stehen also eindeutig Cora und ihre Beziehungen zu verschiedenen Leuten, die alle auf sehr verschiedene Art und Weisen intensiv sind. Cora an sich ist eine super Protagonistin - hier ein großes Lob an die Autorin, die es geschafft hat einen Charakter zu kreieren, der gleichzeitig echt, widersprüchlich, eigenwillig, liebenswert, seltsam, störrisch, schön, hässlich und einfach nur glaubwürdig erscheint. Ihre Vergangenheit ist höchst fragwürdig, es gibt einige Andeutungen, die aber nie ganz geklärt werden. Früh ist sie an einen älteren Mann geraten, der sie nach seinen Wünschen formen wollte und es sogar geschafft hat. Obwohl er Cora nicht gut behandelt hat, hat sie ihn auf ihre Art geliebt, was sie nicht davon abhält, eine gewisse Art der Erleichterung zu verspüren, als er verstirbt. Denn jetzt kann sie endlich sich selbst sein. Dass sie noch nicht so genau weiß, wer dieser neue Jemand sein soll, stellt man allzu bald fest, denn sich widerspricht ich ständig selbst, lässt sich nur von ihren Gefühlen leiten und bringt dadurch ihr ganzes Umfeld ganz schön durcheinander.

Auch die anderen Charaktere sind sehr gut und authentisch dargestellt, alle verkörpern ein kleines Stück der Mentalität dieser Zeit um 1893 herum - dem Viktorianischen Zeitalter. Immer wieder springt das Buch zwischen der Stadt London mit seinen zivilisierten Gesellschaftsregeln und Problemen und den Salzwiesen Aldwinters umher. Dabei wird medizinischer Fortschritt im Gegensatz zum Glauben thematisiert, Feminismus, aber auch die sozialistische Ideen, die nach der Industrialisierung entstanden. Man bekommt viele Armenviertel gezeigt, sieht dass die Beziehung zwischen Arbeiter und Unternehmer leidet, Wohnungen fehlen, hat aber auch einen Einblick in das Leben der reicheren und in ihre Gedanken. So redet zum Beispiel Charles Ambrose, der sonst ein anständiger Mann ist, von den niedrigen Wesen, die es zu nichts besserem gebracht haben, und eine andere Art behandelt zu werden gar nicht verdienen.


"Unvorstellbar, dass er jahrelang den ihm zugewiesenen Platz eingenommen und sich ohne zu Murren in die riesige malmende Maschinerie namens London eingefügt hatte. Wenn er heute um sich blickte, sah er einen kranken Körper in den letzten Fieberzuckungen - die Krankheit strömte durch Verkehrsadern zu Wasser und zu Lande, und in den Hallen und Fabriken sammelt sich das Gift. Nun war er aufgewacht."


Auch gesellschaftliche Strukturen, von denen Cora absolut kein Freund ist, werden thematisiert. Sehr interessant ist, dass Cora, die eigentlich offen gegen diese Strukturen und Rollenbilder rebelliert, indem sie unanständige Dinge tun, sich unweiblich kleidet, manchmal aber wieder davon eingeholt zu werden scheint und dann ein Seidenkleid trägt und Dinner Partys veranstaltet - sie also Anflüge von Scham empfindet, eben weil sie sich nicht verhält oder nicht so fühlt, wie von ihr erwartet wird. Und wie sie das wiederum dann so lächerlich findet, dass sie diese Gedanken wieder verwirft.

Insgesamt ergibt sich also ein vielfältiges Bild, die diese vergangene Zeit nicht nur als verklemmte und von Religion und Etikette versklavten Ära darstellt, sondern auch hervorhebt, dass es viele Menschen gab, die begonnen haben anders zu denken und einen Sinn für das Absonderliche entwickelt haben.

Und nur durch diesen Sinn für das Absonderliche muss ich schlussendlich auch sagen, dass ich das Buch doch faszinierend und empfehlenswert fand, auch wenn es wirklich seltsam ist. Gerade das sehr unkonventionelle Ende hat mir wieder sehr gut gefallen. Also zählt hier auch, was wir von den tausend komischen Schullektüren aus den vorherigen Jahrhunderten mitgenommen haben: Gute Literatur muss eben manchmal ein wenig abstrus sein!



Fazit:

Leise Töne, außergewöhnliche Charaktere, atmosphärische Landschaften und eine seltsam-gute Stimmung - eine etwas andere Darstellung des Viktorianischen Zeitalters, die ich nur jedem empfehlen kann!

Veröffentlicht am 29.09.2017

Leise Töne, außergewöhnliche Charaktere, atmosphärische Landschaften und eine seltsam-gute Stimmung

Die Schlange von Essex
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Allgemeines:

Titel: Die Schlange von Essex
Autor: Sarah Perry
Verlag: Eichborn Verlag, Imprint der Bastei Lübbe AG (29. September 2017)
Genre: Historischer Roman
ISBN-10: 3847900307
ISBN-13: 978-3847900306
ASIN: ...

Allgemeines:

Titel: Die Schlange von Essex
Autor: Sarah Perry
Verlag: Eichborn Verlag, Imprint der Bastei Lübbe AG (29. September 2017)
Genre: Historischer Roman
ISBN-10: 3847900307
ISBN-13: 978-3847900306
ASIN: B07143NJZZ
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
Originaltitel: The Essex Serpent
Seitenzahl: 496 Seiten
Preis: 24€ (gebundene Ausgabe)
17,99€ (Kindle-Edition)
!Britischer Buchpreis für den besten Roman des Jahres 2016!



Inhalt:

London im Jahr 1893:

Nach dem Tod ihres Mannes verlässt Cora Seaborne die Hauptstadt und reist gemeinsam mit ihrem Sohn Francis in den Küstenort Aldwinter. Als Cora Seaborne vom Gerücht hört, der mythische Lindwurm von Essex sei zurückgekehrt und fordere die ersten Menschenleben, muss sie sich das unbedingt ansehen. Cora, eine Anhängerin der provokanten Thesen Charles Darwins, vermutet hinter dem Sagengeschöpf eine bislang unbekannte Tierart. Auch der Vikar von Aldwinter, William Ransome, glaubt den Gerüchten nicht, und versucht, seine Gemeinde zu beruhigen. Zwischen Cora und Will entspinnt sich eine besondere Beziehung und obwohl sie in rein gar nichts einer Meinung sind, fühlen sie sich unausweichlich zueinander hingezogen...


Bewertung:

Seltsam! Das war das Wort, das mir schon beim Betrachten des Covers durch den Kopf ging, sich während des Lesens des ersten Satzes bestätigt und mich durch das ganze Buch hinweg begleitet hat. Dabei wechselten sich gleichermaßen in positiven wie auch negativem Sinne interessant-seltsame, gruselig-seltsame sowie nervig-seltsame Situationen ab, die aber insgesamt ein so stimmiges und spezielles Gesamtbild ergeben, sodass ich nicht wirklich weiß, wie ich diesen Roman bewerten soll.

Denn dies ist absolut kein Buch, dass man einfach für Zwischendurch mal schnell lesen kann - teilweise ist das Vorrankommen schon fast Arbeit und ich habe auch über zwei Wochen an den gerade mal 500 Seiten gelesen, was für mich eine ellenlange Zeit ist. Um nicht den Anschluss in den poetischen, verschnörkelten Darstellungen zu verlieren, muss man ganz genau aufpassen, zwischen den Zeilen lesen und viel darüber nachdenken, wie etwas gemeint sein könnte. Dabei gehen schillernde Außergewöhnlichkeit und atmosphärische Widersprüche so einzigartig einher, dass man von all den Eindrücken geradezu erschlagen wird. Gerade dafür hat das englischsprachige Original den Preis für das beste Buch des Jahres bekommen und die deutsche Leserschaft erwartet die Veröffentlichung am heutigen Tag gespannt. Ich bin noch am Überlegen, ob ich dieses Werk nun wirklich genial und des Preises würdig sehen oder als mir persönlich zu seltsam abtun soll, doch Genialität und Verrücktheit liegen ja oft sehr nah beieinander...


Erster Satz: "Ein junger Mann geht unter dem kalten Vollmond am Ufer des Blackwaters spazieren."


Doch beginnen wir wie immer mit dem Cover, dass mit seinem wilden, einzigartigen und doch irgendwie friedlich wirkendem Muster perfekt ins Gesamtbild passt. Ich würde es nicht wirklich als schön bezeichnen - mit den orangenen Pflanzen und der grünen Schlange auf dem schwarzen Untergrund wirkt es mir irgendwie zu unruhig - doch es hat etwas hypnotisierendes, etwas einzigartiges, was auch das Buch an sich hat. Man fühlt sich sofort an die rauen Salzwiesen Aldwinters erinnert, an das Ungeheuer, das dort droht. Es ist dem englischen Original und allen anderen Übersetzungen sehr ähnlich gestaltet. Auch der Titel passt sehr gut und ist dem englischen direkt nachempfunden. Unter dem bedruckten Schutzumschlag der gebundenen Ausgabe findet man einen dunkelgrünen Buchdeckel mit geriffeltem Schlangenmuster zusehen, wenn man das buch in der Hand hält, kann man die einzelnen Schuppen spüren. Unterstrichen wird der Gesamteindruck dann noch durch das orangene Lesebändchen und die weißen Blumenranken auf orangenem Untergrund, die ähnlich denen auf dem Cover, die Innenseite des Buches verzieren. Eine wirklich wunderbar runde und besondere Gestaltung! Ob so etwas sein muss, damit das Buch dann 24€ kosten darf, ist eine andere Frage, über die man diskutieren könnte...

Ich gebe ganz offen zu, dass ich mich beim Anfragen dieses Buches auf meinen ersten Eindruck und auf den erhaltenen Preis verlassen habe und nach dem ersten Drittel recht enttäuscht war.
Die Geschichte von Cora, William und der Schlange von Essex beginnt sehr langsam und wird in sehr ruhigen und intensiven Tönen erzählt. Zuerst befasst ich die Autorin damit, uns ihre sehr speziellen und einzigartigen (man kann auch "seltsamen" sagen) Charaktere nahezubringen, ohne sie uns jemals durchschauen zu lassen. Auch wenn der Einstieg durchaus gut gemacht ist, habe ich sehr lange gebraucht, bis ich wirklich in der Geschichte angekommen bin. Wir werden der starrsinnigen Witwe Cora Seaborne zur Seite gestellt, die versucht, sich nach dem Tod ihres Mannes selbst zu verwirklichen. Zusammen mit ihrer sozialistisch überzeugten Freundin und Haushälterin Martha und ihrem leicht autistischen Sohn zieht es sie aufs Land hinaus, wo sie ihre neuen Freiheiten zu genießen versucht. Als überzeugte Hobby- Paläontologin entpuppt sich Essex, bald als Goldgrube, denn dort wird ein Volksmärchen anscheinend lebendig: im Blackwater soll eine gruselige Kreatur hausen, die Kinder klaut, Männer ertränkt und die Bewohner von Aldwinter für ihre Sünden büßen lassen soll - die Schlange von Essex. Ganz zum Leiden des Aldwinter Pfarrers William Ransome, der diese Geschichte für Unfug hält und Cora anhält, seine Gemeinde nicht mit solchen Spinnereien zu verunsichern. Aus einer ersten Meinungsverschiedenheit entwickelt sich bald eine Beziehung in der redegewandten Opposition und unausgesprochenen Anziehungskraft miteinander ringen...

Durchaus spannend geht es nach dem Einstieg weiter - dabei hat dieser historische Roman nichts von einem Abenteuer, mehr von einem leisen Selbstfindungsbuch einer Frau, die nicht in die Gesellschaft passen zu scheint. Eigentlich nicht so ganz mein Genre - etwas hat mich aber so fasziniert, dass ich es trotzdem spannend fand. Diese sonderbare Art und Weise des Feingefühls, mit dem die Autorin Szenen kreiert, sodass sie gleichzeitig sehr fremd und fern, wie auch vertraut und berührend wirken, ist wirklich einzigartig. Durch die eigenwillige Erzählweise, in der die Szenen ineinander übergehen, die Perspektiven so fließend wechseln, große Zeitspannen schnell überbrückt werden und die Handlung so schnell vorbeizieht, dass man es gar nicht bemerkt, ist es sehr schwierig mit dem Lesen aufzuhören und nicht zu vermeiden, dass man dann irgendwie doch hinabgezogen wird, in die Dunkelheit Aldwinters und die geheimnisvollen Tiefen des Blackwaters. Das Buch lebt nicht von der packenden Handlung, sondern viel mehr von den sehr speziellen und einzigartigen Charakteren, die Sarah Perry mit sehr viel Liebe, Kreativität und Engagement erschaffen hat. Sarah Perry hat keinen wilden, spannungsgeladenen „Page Turner“ geschrieben, sondern einen sehr atmosphärischen und bisweilen düsteren, ungewöhnlichen historischen Roman, der einem noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Der Schreibstil der Autorin ist wirklich einmalig und ich denke im englischen Original viel eindrucksvoller. So sind einige Kleinigkeiten etwas seltsam übersetzt und man stockt ein wenig, wenn von "die Strand" die Rede ist, was dann eine Straße meint oder irgendwelche Zeitkugeln herunterfallen. Ansonsten werden vor allem Landschaften sehr atmosphärisch beschrieben und zeitweise verdichtete schon poetisch anmutende Formulierungen entführen uns in das kleine Städtchen Aldwinter.


"Wichtig ist nicht, was ich sehe, sondern was ich fühle. Ich kann den Äther nicht sehen, und doch spüre ich ihn bei jedem Atemzug und brauche ihn zum Leben. Ich fühle es, da kommt etwas auf uns zu, früher oder später; merken Sie sich meine Worte. Es war schon einmal hier, wie Sie selbst wissen, und es wird sich wieder zeigen - wenn nicht zu meinen Lebzeiten, dann zu Ihren, oder denen Ihrer Kinder oder Kindeskinder; und deshalb werde ich mich rüsten, Hochwürden, und ich würde Ihnen raten, es mir gleichzutun."


Das Geheimnis der Schlange in Essex nimmt leider nur eine gewisse Nebenrolle ein. Ich habe mich natürlich die ganze Zeit über gefragt, was es denn jetzt mit diesem mysteriösen Ungeheuer auf sich hat, das Cover, Titel und Klapptext so eindeutig beschreibt. Gibt es sie wirklich, oder ist sie nur ein Sinnbild für die Angst der Leute, die eine Erklärung für die Geschehnisse brauchen, die sie sich nicht erklären können. Seit der Entdeckung eines Ertrunkenen an Neujahr, fühlt sich das Dorf unsicher und unter Beobachtung. Warum ist die Schlange, die der Legende nach die Gegend schon 1669 mit seinen ledernen Flügeln und schnappendem Schnabel terrorisierte, nun zurückgekehrt? Was haben die Dorfbewohner falsch gemacht? Wo haben sie sich versündigt? An dieser Stelle nutzt Perry die symbolische Wirkung ihres Ungeheuers aus, um eine Gesellschaft zu zeichnen, die immer noch weit hinter der Aufklärung zurück hängt und charakterisiert durch die Reaktionen auf sie die Charaktere.

Für Cora, die gerne ein echtes Ungeheuer sehen würde, verkörpert die Schlange ein Wenig von der Überraschung, dem Entzücken, der Freiheit, der Entlassung aus der Welt, die nun durch den Tod ihres Mannes greifbar scheint. Für Will hingehen bedeutet die Schlange nur Ärger, ebenso wie die Wissenschaft. Menschen bräuchten die Sicherheit der Religion, oder sie beginnen, Dämonen zu erfinden - Geologie und Evolution seien nur in Mode, Theorien kommen und gehen, Gott bleibt. So ist es nicht verwunderlich, dass sie ständig aneinander geraten, der gläubige, gebildete Dorfpfarrer mit dem gesicherten Leben und die modern denkende Cora, die zwar reich und attraktiv ist, sich aber kleidet wie ein Mann und gerne im Dreck herumwühlt.

Ihre angeregten Konversationen und Diskussionen werden dem Leser zu einem großen Teil in Briefform präsentiert. Das verleiht der Handlung noch einmal einen sehr viel persönlicheren Charakter, und wir erfahren viel über Cora und ihre Person, da der Briefwechsel nicht nur zwischen William und ihr, sondern auch zwischen Cora und ihren anderen Freunden stattfindet. Dieser rege Briefwechsel ermöglicht es, größere Zeitspannen elegant zu überbrücken und zeigt außerdem, welchen Stellenwert Freundschaft einnehmen kann, wenn die Auffassungen grundverschieden sind. Denn trotz der vielen Diskussionen fliegen bald die Funken zwischen den beiden, wie wir natürlich von Anfang an geahnt hatten.


"Was suchen Sie hier?" "Das weiß ich noch nicht. Meine Freiheit vielleicht. Ich habe zu lange mit Hemmnissen gelebt. Sie fragen mich, warum ich im Schlamm wühle? Weil ich es aus meiner Kindheit kenne. Ich habe kaum jemals Schuhe getragen, ich habe Ginster für den Kräuterlikör gepflückt und Teiche gesehen, die vor Frösche brodelten. Aber dann kam Michael... (..) Aber jetzt bin ich frei!"


Gut gefallen hat mir, dass wir hier nicht die typische Liebesgeschichte präsentiert bekommen, denn Will ist glücklich verheiratet und auch Cora nicht gewillt eine Beziehung einzugehen - es ist von Anfang an klar, dass da nichts daraus werden kann.
In ihren verzweifelten Versuchen, die Anziehungskraft zwischen ihnen zu leugnen, bringen die beiden auch ihre Freunde durcheinander und immer wieder wird gezeigt, dass Liebe auch zerstören kann: Luke Garrett, Londons bester junger Chirurg, verliert in seiner verzweifelten Verliebtheit zu Cora seine operativen Fähigkeiten bei einem Unfall; George Spencer, der reiche Freund Lukes versucht, sich durch den Sozialismus Coras Begleiterin Martha zu nähern, deren Herz nur für die Gerechtigkeit schlägt; Williams schöne Ehefrau Stella, die an einer Krankheit sterbend die Herzen ihrer Familie bricht; Martha, die Cora auf eine gewisse Art liebt und Angst hat, sie als Freundin zu verlieren, Charles und Katherine Ambrose, die konservativen Freunde aus der High Society, die großzügig ihr Bestes tun, um ihren Freunden zu helfen und mitleiden müssen, Francis, Coras autistischer Sohn, der mit Liebe und Verständnis wenig anfangen kann und sich gerne mit seinen gesammelten Kostbarkeiten zurückzieht,... die verschiedenen Arten von Liebe, die hier in diesem Buch gezeigt werden sind vielfältig und haben doch alle etwas gemeinsam: sie verursachen viel Schmerz.

Im Mittelpunkt des Ganzen stehen also eindeutig Cora und ihre Beziehungen zu verschiedenen Leuten, die alle auf sehr verschiedene Art und Weisen intensiv sind. Cora an sich ist eine super Protagonistin - hier ein großes Lob an die Autorin, die es geschafft hat einen Charakter zu kreieren, der gleichzeitig echt, widersprüchlich, eigenwillig, liebenswert, seltsam, störrisch, schön, hässlich und einfach nur glaubwürdig erscheint. Ihre Vergangenheit ist höchst fragwürdig, es gibt einige Andeutungen, die aber nie ganz geklärt werden. Früh ist sie an einen älteren Mann geraten, der sie nach seinen Wünschen formen wollte und es sogar geschafft hat. Obwohl er Cora nicht gut behandelt hat, hat sie ihn auf ihre Art geliebt, was sie nicht davon abhält, eine gewisse Art der Erleichterung zu verspüren, als er verstirbt. Denn jetzt kann sie endlich sich selbst sein. Dass sie noch nicht so genau weiß, wer dieser neue Jemand sein soll, stellt man allzu bald fest, denn sich widerspricht ich ständig selbst, lässt sich nur von ihren Gefühlen leiten und bringt dadurch ihr ganzes Umfeld ganz schön durcheinander.

Auch die anderen Charaktere sind sehr gut und authentisch dargestellt, alle verkörpern ein kleines Stück der Mentalität dieser Zeit um 1893 herum - dem Viktorianischen Zeitalter. Immer wieder springt das Buch zwischen der Stadt London mit seinen zivilisierten Gesellschaftsregeln und Problemen und den Salzwiesen Aldwinters umher. Dabei wird medizinischer Fortschritt im Gegensatz zum Glauben thematisiert, Feminismus, aber auch die sozialistische Ideen, die nach der Industrialisierung entstanden. Man bekommt viele Armenviertel gezeigt, sieht dass die Beziehung zwischen Arbeiter und Unternehmer leidet, Wohnungen fehlen, hat aber auch einen Einblick in das Leben der reicheren und in ihre Gedanken. So redet zum Beispiel Charles Ambrose, der sonst ein anständiger Mann ist, von den niedrigen Wesen, die es zu nichts besserem gebracht haben, und eine andere Art behandelt zu werden gar nicht verdienen.


"Unvorstellbar, dass er jahrelang den ihm zugewiesenen Platz eingenommen und sich ohne zu Murren in die riesige malmende Maschinerie namens London eingefügt hatte. Wenn er heute um sich blickte, sah er einen kranken Körper in den letzten Fieberzuckungen - die Krankheit strömte durch Verkehrsadern zu Wasser und zu Lande, und in den Hallen und Fabriken sammelt sich das Gift. Nun war er aufgewacht."


Auch gesellschaftliche Strukturen, von denen Cora absolut kein Freund ist, werden thematisiert. Sehr interessant ist, dass Cora, die eigentlich offen gegen diese Strukturen und Rollenbilder rebelliert, indem sie unanständige Dinge tun, sich unweiblich kleidet, manchmal aber wieder davon eingeholt zu werden scheint und dann ein Seidenkleid trägt und Dinner Partys veranstaltet - sie also Anflüge von Scham empfindet, eben weil sie sich nicht verhält oder nicht so fühlt, wie von ihr erwartet wird. Und wie sie das wiederum dann so lächerlich findet, dass sie diese Gedanken wieder verwirft.

Insgesamt ergibt sich also ein vielfältiges Bild, die diese vergangene Zeit nicht nur als verklemmte und von Religion und Etikette versklavten Ära darstellt, sondern auch hervorhebt, dass es viele Menschen gab, die begonnen haben anders zu denken und einen Sinn für das Absonderliche entwickelt haben.

Und nur durch diesen Sinn für das Absonderliche muss ich schlussendlich auch sagen, dass ich das Buch doch faszinierend und empfehlenswert fand, auch wenn es wirklich seltsam ist. Gerade das sehr unkonventionelle Ende hat mir wieder sehr gut gefallen. Also zählt hier auch, was wir von den tausend komischen Schullektüren aus den vorherigen Jahrhunderten mitgenommen haben: Gute Literatur muss eben manchmal ein wenig abstrus sein!



Fazit:

Leise Töne, außergewöhnliche Charaktere, atmosphärische Landschaften und eine seltsam-gute Stimmung - eine etwas andere Darstellung des Viktorianischen Zeitalters, die ich nur jedem empfehlen kann!