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Veröffentlicht am 03.08.2017

Ein solides Ende einer wunderbaren Reihe

Sonnentochter - Die Nacht der Elemente 4
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Allgemeines:

Titel: Sonnentochter - Die Nacht der Elemente
Autor: Lia Haycraft
Verlag: Bookshouse
Genre: Fantasy
ISBN-13: 978-9963-53-388-6
ISBN-10: 978-9963-53-390-9 (Epub)
978-9963-53-391-6 (Mobi) ...

Allgemeines:

Titel: Sonnentochter - Die Nacht der Elemente
Autor: Lia Haycraft
Verlag: Bookshouse
Genre: Fantasy
ISBN-13: 978-9963-53-388-6
ISBN-10: 978-9963-53-390-9 (Epub)
978-9963-53-391-6 (Mobi)
Seitenzahl: 292 Seiten
Preis: 4,99€ (Kindle-Edition)
12,99€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: Mondtochter - Die Nacht der Elemente;
Mondschwinge - Die Nacht der Elemente;
Sonnenschwinge - Die Nacht der Elemente



Inhalt:

Vor neunzehn Jahren wurde Aidan jäh aus seiner Welt gerissen. Seither lebt er in der sagenumwobenen Welt Axikon, dem Land der ewigen Monde. Nun steht die ersehnte Nacht der Elemente bevor, die Tore werden sich öffnen, und Aidan kann endlich nach Hause.
Nayara, die für ihn wie eine Schwester ist, möchte ihn begleiten. Im Land des ewigen Mondes kann jeder etwas Besonderes: fliegen oder sich in Feuer oder Wind verwandeln – nur nicht Nayara. Gefangen in einem Vulkan, dessen Wärme sie am Leben erhält, wartet sie sehnsüchtig auf den Tag, an dem sich die Tore zur Erde öffnen, damit sie die Sonne sehen kann. Man nennt sie die Sonnentochter, doch nie hat solch ein Wesen lange genug überlebt, um sich zu verwandeln. Nun begleitet sie Aidan auf die Erde. Doch ist das wirklich eine gute Idee? Kann Aidan, der das Feuer beherrscht, sie auf ihrem Weg beschützen? Wird das Licht der Sonne sie verwandeln oder verbrennen? Auf ihrer Reise löst Nayara völlig neue Gefühle in Aidan aus und er sorgt sich mehr denn je um ihre Sicherheit. Als immer mehr Schatten durch das Tor strömen, wird klar: Es ist nicht nur Nayara, die er beschützen muss, es sind die Tore selbst – die Verbindung zwischen den Welten. Denn jemand will sie zerstören:
ein mächtiger Mann mit einer ganzen Armee aus Schatten ...



Bewertung:

Erster Satz: "Seit neunzehn Jahren wollte Nayara ihre Welt verlassen."

Das ist der erste Satz des letzten Bandes der "Die Nacht der Elemente" - Reihe von Lia Haycraft. Nach "Mondtochter", dem zweiten Teil, "Mondschwinge" und dem dritten Teil "Sonnenschwinge" handelt dieses Buch auch wieder von zwei anderen Charakteren, welche aber die Kinder der Protagonisten aus Band 1 und 3 sind. Ich muss gleich zu Beginn sagen, dass ich diese Reihe super finde, den vorletzten Teil aber einfach am besten finde! Bevor ich mit der Rezension beginne, möchte ich noch zwei Dinge loswerden. Erstens: vielen vielen Dank an Lia Haycraft und den Bookshouse Verlag, dass wir auch diesen vierten Teil der Reihe wieder lesen durften!!! Und Zweitens: Wer die Reihe nicht kennt, beginnt am besten mit meiner ersten Rezension, da hier definitiv Spoiler über den Inhalt der ersten Teile vorkommen.

Aber beginnen wir doch mal wieder mit dem Cover, was sich sehr hübsch in den Stil der Reihe einreiht. Wieder ist ein Mädchen zu sehen, welches meinen Vorstellungen zu Nayara recht nahe kommt, mich aber trotzdem etwas verärgert hat, da ich Models auf Cover recht ablehnend gegenüberstehe, was ihr bestimmt so langsam wisst. Dieses Mal ist sie ganz in goldenen und schwarzen Tönen gehalten und wird von aufregenden hellen Effekten umhüllt. Die Farben sind sehr passend gewählt, lehnen an Nayaras Herkunft, ihr Sonnenblut an und schaffen so eine feurige Atmosphäre. Super finde ich auch, dass man jetzt im Nachhinein feststellen kann, dass Titel und Cover der Reihe super zusammen passen. So ähneln sich Band 1 und dieser sehr im Fokus des Covers, wo es jeweils um Mondtochter und Sonnentochter geht. Die jeweiligen Himmelskörper werden durch die Farbgebung und Effekte verdeutlicht. Die zwei mittleren Bände um die Mondschwinge und die Sonnenschwinge haben beide etwas Schwungvolles und zeigen einen größeren Bildausschnitt, was auch super zusammen passt. So harmoniert die Reihe auch äußerlich miteinander, was ein süßer Zusatz zu den Verbindungen der Geschichte ist.


"Sie sah keine Lichter, kein Feuer, nur das blasse Licht zweier Monde durch das Blätterdach. Es half nichts, sie musste sich bewegen. Mühsam stemmte sich Nayara hoch und spürte die Kälte noch deutlicher, überall stach sie der Wind in die Haut, sie hatte kaum noch Gefühl in den Fingern. Mit letzter Kraft stieß Nayara einen Pfiff aus, obwohl sie sich nicht sicher war, ob es hier Ignazien gab oder sie überhaupt irgendwer würde hören können. Ihre Knie knickten ein und sie fiel auf den Boden, wo die Schwärze lauerte. "


Mal wieder sind 19 Jahre seid dem letzten Band vergangen und unsere lieben Protagonisten sind nun erwachsen. Ruben und Sotai haben selbst ein Kind: die Sonnentochter Nayara, die es gerne warm hat und deshalb gut behütet in einem Vulkan aufwächst. Doch Sotai, die wir als stürmische und abenteuerlustige junge Frau kennengelernt hatten, ist nun zur Helikoptermutter geworden, die ihre Tochter um jeden Preis beschützen will. Denn außer ihr hat noch nie eine Sonnentochter überlebt...

Auch Aidan, den wir im letzten Band schon als Freund von Raja kennengelernt hatten, treffen wir wieder. In den 19 Jahren hat er sich von Raja getrennt und wartet nun sehnlichst darauf, wieder auf die Erde zu seinen Eltern Lucija und Sander zurückkehren zu können, um endlich die Sonne wieder sehen zu können. Tja und so kommt es, dass die beiden zusammen den Weg zur Erde auf sich nehmen und sich dabei etwas näher kommen. Doch nicht nur ihre Gefühle spielen plötzlich verrückt, sondern auch die Tore, die Verbindung zwischen Axikon und der Erde, ohne die alle Arantai aufgeschmissen wären. Denn Raoul, der Liebhaber von Umbra Jones, hat zwar seinen Platz im Spiegelrat geräumt, jedoch nie vergeben und vergessen. Als die Arantai am unaufmerksamsten sind, schlägt er zu...


"Ein Ruck ging durch seinen Körper, und der Vogel hörte auf zu picken und flog auf. Stattdessen kam er zu Elfrun und setzte sich neben sie auf den Ast. Gemeinsam beobachteten sie, wie sich Raoul langsam hochrappelte. Sein Blick irrte umher, dann fand er Elfruns. In seine Augen loderte etwas, was Elfrun nicht einordnen konnte.
Wut?
Nein.
Wahnsinn!"


Dieser vierte Teil verwebt viele neue aber auch bekannte Gesichter kunstvoll zu einer einzigen Geschichte, ist dabei aber ein wenig anders als die anderen Bände. Dadurch, dass Aidans und Nayaras Eltern beide eine große Rolle in der Handlung gespielt hatten, kamen mir beide etwas weniger selbstständig und irgendwie jünger vor, wie ich die anderen Charaktere empfunden hatte. So herrscht eine andere Atmosphäre vor, irgendwie unschuldiger. Das wurde dadurch bestärkt, dass hier mehr auf die Sonne, ihr Licht und ihre Wärme eingegangen wird, anstatt auf den Mond, wie es in den anderen Teilen Großteils der Fall war. So ist die mysteriöse, dunkle Spannung, die ich mit der Reihe verbunden habe, nicht mehr so ganz vorhanden und wird stattdessen von einem eher feurigen Temperament abgelöst. Das fand ich definitiv nicht schlecht, es trat für mich aber ein bisschen aus der Reihe hinaus.

Noch einige weitere Worte zu unseren Protagonisten Nayara und Aidan.
Nayara ist ein lebendiges, wärmeliebendes junges Mädchen, das im Laufe des Buches immer mehr als Frau erscheint. Sie ist sich ihrer selbst nicht so ganz sicher und würde sich gerne verwandeln können, wie andere Arantai auch. Dass sie nicht genau weiß, was sie ist und was aus ihr werden wird, verunsichert sie sehr, wie auch ihre Mutter Sotai. So wurde sie immer sehr in Watte gepackt und isoliert und wuchs eher auf sich selbst gestellt unter vielen Feuergeistern auf. Sie ist impulsiv, mutig und sehr liebenswert.

Auch Aidan hat mir gut gefallen. Man lernt ihn ja schon vorher kennen, doch durch dieses Buch bekommt man einen ganz anderen Blick auf ihn. Ebenso wie unser Blick auf ihn, verändert sich auch sein Blickwinkel auf Nayara. Er kannte sie schon, seit sie noch ein kleines Kind war, war immer der große Bruder für sie, bis sie nun plötzlich äußerlich gleich alt sind und er beginnt das zu bemerken. Diese Altersverhältnisse haben mich schon immer verwirrt und auch hier war ich mir nicht sicher, ob man sich wirklich in jemanden verlieben kann, der so alt ist, wie die eigenen Eltern. Aber bei "Twillight" hat´s ja auch geklappt und da war Edward schon ein uralter Opi
Doch auch er bleibt (wie Ruben in "Sonnenschwinge") klar hinter Nayara zurück, auch wenn die Perspektiven wechseln und er auch zum Zug kommt.


"Ja, Nayara war tatsächlich eine Frau geworden, und ihm war es überhaupt nicht aufgefallen. Vermutlich einfach, weil er nicht richtig hingesehen hatte, weil sie sich jede Woche sahen und manchmal sogar alle paar Tage. Für ihn war sie immer die kleine Nayara gewesen, die Tochter von Sotai und Ruben. Die Sonnentochter. Und jetzt hatte sich alles verändert, in einer Nacht, durch eine einzige Frage. Es war verrückt."


Die Geschichte war nicht mega originell - ich hätte für den finalen Band etwas Spektakuläreres erwartet. Doch die Vielfalt dieses Romans macht die Atmosphäre: Neben Nayara und Aidan spielen auch Are und Elfrun eine große Rolle, die hier auch endlich zusammenfinden dürfen. Ebenso lernen wir den Vogelmann Artur ein wenig näher kenne und besuchen die Sommerinsel, was ich wirklich super fand. Dass Raoul noch mal auftaucht, hätte ich nicht erwartet, nachdem es fast schien, als hätte er Einsicht gehabt, als er abdankte und verbannt wurde. Was aber in Bezug auf ihn noch alles herauskommt, fand ich sehr schön gestaltet.

Zudem geht Lia Haycraft auch an diese Geschichte etwas ruhiger heran und lässt auch am Ende die Wogen nicht apokalyptisch hoch aufpeitschen. Das fand ich weder gut noch schlecht. Es gab eigentlich keine wirklich überraschende Wendungen oder einen wirklich spektakulären Showdown, nichtsdestotrotz, hat mich diese Geschichte gefesselt und mich bis zur letzten Seite nicht mehr losgelassen. Das hinzubekommen, ohne total viele Actionszenen, ist schon eine Leistung!


"Wabernde Dunkelheit hob Elfrun empor und trug sie in den Keller. Sie wollte schreien, aber einer der Schatten schob sich über ihr Gesicht. Nur noch ihre Nase und ihre Augen waren unverhüllt. Kalte Angst griff nach ihr."


Der Schreibstil ist locker-flockig, wie ich das auch schon gewohnt war, dieses Mal wieder mit vielen tollen Beschreibungen und in angenehmem Tempo.
Wie ich schon einige Male in vorherigen Rezensionen betont hatte, hat die Autorin die einmalige Gabe, mit ihren Worten ein Bild zu gestalten, schillernd, glänzend und geheimnisvoll wie die Welt, die sie erschaffen hat. Mit dem malerischen Stil, der sehr beschreibend und treffend das Geschehende umschreibt, ist es sehr angenehm und einfach zu lesen und die Seiten rauschten wieder nur so vorbei. Auch wenn die Handlung hier fast nur auf die Erde beschränkt ist, gibt es viele Ortswechsel und fantastische Elemente, die magisch unterhalten.


In ihrer Danksagung schreibt die Autorin, sie würde eventuell irgendwann noch einen weiteren Teil der "Nacht der Elemente - Reihe" schreiben, was mich sehr freuen würde. Ich finde es total schade, dass die Reihe jetzt wirklich zu Ende sein soll! Zu sehr liebgewonnen habe ich Axikon, die Spiegelinsel, die Portale und die ganzen Charaktere. Aber... alles Schöne endet ja irgendwann und wenn mich die Sehnsucht mal wieder packt, fange ich einfach wieder von vorne an


Fazit:

Ein solides Ende einer wunderbaren Reihe, das sich für mich ein kleines bisschen von seinen Vorgängerbüchern abhebt, aber leider hinter dem dritten Teil zurückbleibt.

Trotzdem vergebe ich wieder einmal gute 4 Sterne für diese wunderschöne Geschichte, die ich sehr gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 03.08.2017

Manchmal ist der Tod besser...

Friedhof der Kuscheltiere
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Allgemeines:

Titel: Friedhof der Kuscheltiere
Autor: Stephen King
Verlag: Heyne Verlag (2011)
Genre: Horror
ISBN: 978-3453435797
Originaltitel: Pet Sematary
Seitenzahl: 608 Seiten
Preis: 9,99€ (Taschenbuch)


Inhalt:

Manchmal ...

Allgemeines:

Titel: Friedhof der Kuscheltiere
Autor: Stephen King
Verlag: Heyne Verlag (2011)
Genre: Horror
ISBN: 978-3453435797
Originaltitel: Pet Sematary
Seitenzahl: 608 Seiten
Preis: 9,99€ (Taschenbuch)


Inhalt:

Manchmal ist der Tod besser...

Hinter dem kleinen Tierfriedhof liegt eine verwünschte indianische Grabstätte. Ob Katze oder Mensch: Wer hier beerdigt wird, wird zum Albtraum für die Hinterbliebenen.


Meine Meinung:

Zu Beginn muss ich zuerst mal sagen, dass "Friedhof der Kuscheltiere" erst der zweite Horror-Thriller ist, den ich je gelesen habe (der erste war "Es" ebenfalls von Stephen King) und obwohl es nicht wirklich mein Genre ist, konnte mich dieses Buch - auch wenn es zugegebenermaßen ziemlich verstörend war, wirklich überzeugen. Aber lest selbst.

Louis Creed ist Vater von zwei Kleinkindern und ein treuer Ehemann. Er geht mit seiner Familie nach Ludlow in Maine wo sie in ein großes, von viel Natur umgebenes Haus ziehen, vor dessen Gartentor sich allerdings eine vielbefahrene Schnellstraße befindet. Schon kurz nach ihrer Ankunft freundet sich Louis mit seinem neuen Nachbar Jud an. Dieser ist ein schon recht alter Mann, welcher in Ludlow geboren ist und schon immer dort lebt. Als der Kater der Creeds stirbt, zeigt Jud Louis einen abgelegenen Tierfriedhof, wo die beiden das tote Tier begraben. Als eben dieser Kater - in weit mehr abgestumpfter und aggressiverer Version, am nächsten Tag vor Louis' Haustür steht wird diesem klar, dass der Friedhof ein düsteres Geheimnis birgt. Schon bald muss sich Louis die Frage stellen, ob eine Wiedererweckung auch bei einem Menschen möglich wäre...

Der Protagonist Louis ist ein Mann in den mittleren Jahren, weshalb er für mich natürlich nicht die ideale Hauptperson für ein Buch ist. Trotzdem ist er durchaus sympathisch wenn auch etwas durchgedreht. Louis muss in dieser Geschichte natürlich einiges durchstehen, weshalb er - wie es sich für eine gute Gruselgeschichte gehört, leider zunehmend den Verstand verliert. Seine Frau Rachel ist eher etwas zurückhaltender aber auch sie scheint ganz nett zu sein. Ihre beiden Kinder Ellie und Gage sind noch recht klein aber für die Geschichte trotzdem sehr wichtig.

Schon im Vorwort wird sehr klar, dass dieses Buch selbst für Stephen King ziemlich brutal ist. Er schreibt selber, dass er sich nicht sicher gewesen sei, ob er die Geschichte veröffentlichen solle, da er befürchte zu weit gegangen zu sein. Meiner Meinung nach ist das Buch zwar schon ziemlich hart an der Grenze allerdings ist es nun mal ein Horror-Thriller und kann natürlich auch dementsprechend schrecklich sein.
Mal abgesehen vom irre hohen igitt-Faktor, war das Buch wirklich, wirklich fesselnd. Nicht nur Stephen Kings einzigartige Art des Schreibens sondern auch der sehr gut durchdachte, originelle Inhalt machen das Buch sehr spannend. Obwohl die Zombie-Thematik nichts neues ist, wird sie hier vom Autor sehr gut in Szene und vor allem Kontext gesetzt. Die Charaktere sind sehr lebendig und authentisch beschrieben und man kann sich erschreckend gut in ihre Lage versetzen. Zudem wird die Story durch verschiedene Handlungsorte und Erzählungen aus der Vergangenheit sehr dynamisch und weniger einseitig.

Insgesamt habe ich es doch sehr genossen, in die schrecklich schöne Welt von Stephen Kings "Friedhof der Kuscheltiere" einzutauchen. Trotz, oder gerade durch den ordentlichen Gruselfaktor, habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt.


Fazit:

Eine furchtbar schreckliche aber sehr unterhaltsame Geschichte, mit der Stephen King seinem Namen alle Ehre macht! Fast schon ein Klassiker.

Veröffentlicht am 03.08.2017

Mutig. Mutiger. Am Mutigsten.

Nichts. Was im Leben wichtig ist
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Allgemeines:

Titel: Nichts was im Leben wichtig ist
Autor: Janne Teller
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. April 2012)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423625171
ISBN-13: 978-3423625173
Seitenzahl: 144 Seiten
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: Nichts was im Leben wichtig ist
Autor: Janne Teller
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. April 2012)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423625171
ISBN-13: 978-3423625173
Seitenzahl: 144 Seiten
Originaltitel: Intet
Preis: 6,99€ (Kindle-Edition)
6,95€ (Taschenbuch)
8,95€ (Audio-CD)
!Spiegel-Bestseller 2012!



Inhalt:

Was im Leben wichtig ist

Als der 14-jährige Pierre Anthon seine Klasse mit den Worten verlässt »Nichts bedeutet irgendetwas, deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun«, stehen seine Mitschüler unter Schock. Denn kann es wirklich sein, dass nichts eine Bedeutung hat? Nicht die erste Liebe? Nicht das Lernen in der Schule? Nicht das Elternhaus, die Geschwister, der Glaube an Gott oder das eigene Land? Gemeinsam wollen die Schüler dem aufsässigen Pierre Anthon das Gegenteil beweisen und sammeln auf einem Berg der Bedeutung alles, was ihnen lieb und teuer ist. Doch was harmlos beginnt, wird bald zu einem Experiment, in dem es kein Halt und keine Grenzen mehr gibt – als selbst Tiere geopfert werden, ein Finger und die Unschuld eines Mädchens ...



Bewertung:

"Alles ist egal", schrie er eines Tages. "Denn alles fängt nur an, um aufzuhören. In demselben Moment, in dem ihr geboren werdet, fangt ihr an zu sterben..."

Dieses Buch musste ich als Lektüre im Deutschunterricht lesen, ich fand es aber so interessant, dass ich es hier gerne vorstellen würde. Schon vornweg: Dieses Buch zu rezensieren ist sehr schwierig, da es gleichzeitig abstoßend und verstörend ist, aber für mich definitiv einen Sinn macht. Ob das Buch nun aber eine Bedeutung hat, oder ob es so etwas wie einen Sinn überhaupt gibt, muss wohl jeder für sich selbst beatworten. Darauf können weder das Buch noch ich eine genaue Antwort geben.


"Warum tun alle so, als sei alles, was nicht wichtig ist, sehr wichtig, während sie gleichzeitig unheimlich damit beschäftigt sind, so zu tun, als wenn das wirklich Wichtige überhaupt nicht wichtig ist?"

Beginnen wir aber wie immer mit dem Cover. Es ist ganz in einem cremefarbenen Weiß gehalten und hat eine glänzende, weiße Hinterlegung, die den Titel buchstabiert. Der Titel wird nochmals in Lila genannt, Textsorte und Autor in Orange, was die einzigen Farbkleckse im Bild bilden. Ich finde dieses leere Weiß sehr treffend zum Thema "Nichts", hätte aber lieber den Schriftzug, der den Titel nochmals nennt, weggelassen, da er nicht so recht ins leere, nihilistische Bild zu passen scheint. Trotzdem ist das Cover definitiv ansprechend und mal etwas anderes. Ansonsten ist zur Gestaltung nur noch zu sagen, dass die Kapitel recht kurz sind und mit römischen Zahlen überschrieben sind. Die Schrift ist außerdem recht groß, weshalb man die 140 Seiten schnell lesen könnte.

Das "könnte" ist kein Fehler im Benutzen des Konjunktivs, sondern absichtlich gesetzt. Denn das Thema und die zunehmend verstörende Handlung verhindern, dass man das Buch einfach herunterlesen kann.

Zunächst wird als Art Prolog eine Aussage in den Raum gestellt, die die Protagonisten des Romans während des Plots versuchen zu widerlegen:


"Nichts bedeutet irgendetwas,
das weiß ich seit Langem.
Darum lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun.
Das habe ich gerade herausgefunden."


Diese Worte von Pierre Anton schocken seine Mitschüler einer Schulklasse in der Dänischen Provinz und bringen ihr Weltbild durcheinander. Er verlässt einfach eines schönen Tages den Klassenraum und sitzt fortan auf einem Pflaumenbaum. Und warum macht er das? Ganz einfach: Er hat begriffen, dass nichts von Bedeutung ist. Man Lebt, man arbeitet, man stirbt. Man liebt, man wird geliebt, man verlässt, man wird verlassen. Man lacht, man erschafft – es zerfällt. Man müht sich am Leben ab und das, obwohl man das Ende kennt. Tod. Die Schlussfolgerung ist offensichtlich. Hören wir auf so zu tun als ob. So zu tun als was? So zu tun, als hätte irgendetwas eine Bedeutung. Diese beunruhigenden Erkenntnisse verwirren Pierre Anthons Klasse in dem Maße, dass sie sich entschließen, ihm – und damit sich selbst – zu beweisen, dass es doch Bedeutung gibt! Der Plan ist, einen ‚Berg aus Bedeutung‘ zu erschaffen und Dinge anzuhäufen, die von unanfechtbarer Bedeutung sind. Es beginnt ganz harmlos mit alten Bildern und geliebten Gegenständen, artet jedoch aus, als Neid, Missgunst und Feind- wie Freundschaften die Schüler dazu zwingen, immer radikaler etwas zu opfern, was ihnen wichtig ist - bald ohne Rücksicht auf Leben und Tod...


"Mit gleichmütiger Miene nickte er uns zum Abschied zu und ging hinaus, ohne die Tür hinter sich zu schließen. Die Tür lächelte. Es war das erste Mal, dass ich sie das tun sah. Mir kam die angelehnte Tür wie ein breit grinsendes Maul vor, dass mich verschlingen würde, wenn ich mich dazu verlocken ließ, Pierre Anthon nach draußen zu folgen......und die Stille sagte mir, dass die anderen es auch bemerkt hatten.
Aus uns sollte etwas werden. Etwas werden bedeutete jemand werden, aber das wurde nicht laut gesagt. Es wurde auch nicht leise gesagt. Das lag einfach in de Luft oder in der Zeit oder im Zaun rings um die Schule oder in unseren Kopfkissen oder in den Kuscheltieren, die, nachdem sie ausgedient hatten, ungerechterweise irgendwo auf Dachböden oder in Kellern gelandet waren, wo sie Staub ansammelten."


Wir bekommen diese Geschichte aus der Sicht der 13jährigen Agnes erzählt. Sie fungiert hierbei als Ich-Erzähler, man erfährt jedoch nichts über sie, kaum etwas über ihre Gefühle und Gedanken und erlebt das Geschehen auf seltsam distanzierte Weise. Oft spricht sie von den Mitschülern im Plural, einem "Wir", zu dem sie sich identitätslos dazuzählt und nicht abgrenzt. Dadurch wirkt der Rausch, in den die Schüler fallen, der Gruppenzwang, der sie immer weiter antreibt, noch rücksichtsloser zu sein, noch makabrer und geschmacksloser. Während sie am Anfang nett und mitfühlend wirkt, sich ängstlich gegenüber Pierre Anthons Ausrufen zeigt, wird sie nach ihrem eigenen Opfer – ein paar grüne halbhohe Sandalen, was dem Leser recht harmlos erscheint - zunehmend herzloser und versucht, mit den Opferforderungen bewusst die wunden Punkte ihrer Mitschüler zu treffen. Von ihr gehen jeweils entscheidende Initiativen für die „Steigerung an Bedeutung“ aus. Agnes verlangt als Erste ein wenigstens nicht identisch zu ersetzendes Gut, indem sie von ihrer Mitschülerin Gerda deren Hamster als Opfer fordert. Man kann das Handeln der Kinder jedoch bis zu einem gewissen Grad gut nachvollziehen, genau wie das Dilemma, indem sie sich befinden, ausgelöst durch Pierre Anthons Sticheleien. Es ist verständlich, dass den Kindern durch die Behauptung, nichts hätte einen Sinn, eine wichtige Sicherheit genommen wird, wodurch sie stark verunsichert werden. Denn wozu etwas werden, wenn nichts etwas bedeutet? Denn das ist die Forderung der Eltern an ihre Kinder: Sie sollen jemand werden.
Die anderen Charaktere werden auch sehr distanziert und typisiert dargestellt, was auch die Adjektive zeigen, die vor einige der Namen gehängt permanent wiederholt werden. So ist zum Beispiel die Rede vom "großen Hans", der "kleinen Ingrid" oder "dem frommen Kai". Besonders hervor tritt Pierre Anthon, der als Auslöser beschuldigt wird und sich in gewisser Weise selbst widerspricht, indem er der Frage nach Bedeutung so viel Bedeutung gibt.

Der Schreibstil ist genau wie die Erzählinstanz recht distanziert vom Geschehen und in schlichten Sätzen gehalten. Auffällig ist das Vorkommen von vielen sprachlichen Steigerungen, die die Ich-Erzählerin von sich gibt um die Situation zu beschreiben - die verlorenen Dinge der Kinder, denen mehr Bedeutung zugewiesen wird, den Drang nach der Superlative, der die Kinder drängt, die Angst vor dem Nichts. Zuerst "Ich bekam Angst. Angst vor Pierre Anthon. Angst. Mehr Angst. Am meisten Angst.“ zu den Aussagen Pierre Anthons, dann als Antwort darauf "Blau. Mehr Blau. Am meisten Blau." zu den abgeschnittenen gefärbten Haaren eines Mädchens, "Weiß. Hellrot. Rot ist tot." zu den Blutspritzern die den Boden des Sägewerks nach dem Schlachten eines geliebten Hundes zieren, "Kalt. Kälter. Frost, Eis und Schnee" zu der Miene eines Mädchens, nachdem es ihre Unschuld aufgeben musste. "Ein winziges bisschen. Weniger. Nichts" zu den Zweifeln, die die Kinder bei diesen Taten quälen und schließlich: "Alles. Nichts. Gar nichts" zu der Bedeutung, die die Kinder gefunden und gleich wieder verloren haben.
Zum literarischen Aufbau der Geschichte lässt sich noch sagen, dass alles aufeinander abgestimmt scheint. Der Pflaumenbaum, auf dem Pierre Anthon sitzt, was den Mittelpunkt der Geschichte darstellt, steht vor seinem Haus im Tæringvey 25, was gut dazu passt, dass die eigentliche Handlung genau 25 Kapitel umfasst ( Kapitel 26 ist als Epilog-ähnlicher Zusatzbericht verfasst, der acht Jahre später spielt). Spannend ist auch, dass die entscheidende Wendung dabei in Kapitel 13 geschieht, also genau in der Mitte. Das Setting ist insofern interessant, dass das kleine Dorf, in dem sich die Handlung abspielt, „Tæring“ heißt, was soviel heißt wie rosten, korrodieren, was bestens zur Atmosphäre und Grundaussage passt.
Mit Pierre Anthons Aussage zu Beginn des Buches stellt er eine wichtige Frage, die die Menschheit schon seit Jahrtausenden beschäftigt. Wir können alle möglichen Vorgänge erklären, analysieren und die Frage nach dem "Wie" ist in vielen Bereichen des Lebens wissenschaftlich geklärt. Bleibt nur die Frage nach dem "warum", die uns weiter quält. Die Frage nach dem Sinn, der Bedeutung des Lebens und des Existierens. Ich bin mir sicher, jeder war schon mal in einer Situation, in der er das Leben als sinnlos empfunden und tief gezweifelt hat. In dieser Situation befinden sich die Schüler dieses Buches, als Pierre Anthon sie von seinem Pflaumenbaum jeden Tag aufs Neue verhöhnt.


"Das Ganze ist nichts weiter als ein Spiel, das nur darauf hinausläuft, so zu tun als ob - und eben genau dabei der Beste zu sein."


Getrieben von der Angst vor diesen Zweifeln, tun sich die Kinder zusammen, um Bedeutung zu finden und anzuhäufen. Daraus entwickelt sich eine Art Spiel, bei dem sie sich Dinge, die bei Verlust Schmerz bereiten, gegenseitig wegzunehmen beginnen. Schreckliches Leid und Trauer, Scham und Angst. Dinge, die sie Überwindung kosten, die sie hart erkämpfen mussten. Die Bedeutung in den Augen der Kinder entspringt also vor allem aus Leid und Schmerz, Besitz und Verlust, nicht etwa aus schönen Dingen wie Liebe. Auf der Jagd nach Bedeutung werden die Kinder immer rücksichtsloser und gehässig, darauf aus, die anderen zu verletzen. Denn je mehr es wehtut, desto mehr bedeutet es, in ihren Augen. So landen Dinge wie ein Hundekopf, ein toter Bruder, ein abgeschnittener Finger oder die Unschuld eines Mädchens auf dem Berg der Bedeutung, der immer mehr zum Berg der Abscheulichkeit mutiert. Das wirkt auf den Leser verstörend und das ist verständlich, denn der Gedanke für die Bedeutung zu morden, stößt uns ab. Doch das ist eine große Ironie, weshalb uns das Buch auszulachen, uns für unsere seltsame Auffassung von Bedeutung zu schelten scheint. Hier geht das Buch von den Kindern, die wir kritisieren, zu unserer Gesellschaft über.


"Dämonen hatten ihren Weg nach Taering gefunden. Die Dämonen, das waren wir."


Ob wir es wollen oder nicht: Unsere alltägliche Auffassung von Bedeutung ist sehr eng verbunden mit den Begriffen Schmerz und Leid und findet sich auch in alltäglichen Floskeln wie: „Wenn du nicht hart für dein Geld gearbeitet hast, ist es nichts wert“ wieder. Genau diese Gedanken überspitzt die Autorin und führt uns vor Augen, dass wir selbst entscheiden können, welchen Dingen wir Bedeutung beimessen, indem uns das Verhalten der Kinder abstößt. Sie glauben an ihre Art der Bedeutung, für die sie hart gearbeitet haben. Denn wenn sie so viel für ihn geopfert haben, muss er doch von Bedeutung sein, oder? Doch diese Art von Bedeutung ist subjektiv, müssen sie und wir Leser feststellen. Für sie bedeuten ihre Opfer etwas, andere sehen nur Dreck und blutbespritze Gegenstände.
Das wird auch im fertigen Berg der Bedeutung interessant dargestellt, der von Kunstkritikern und Menschenrechtlern scharf diskutiert wird. Die Öffentlichkeit streitet sich, ist geteilter Meinung angesichts des Werks der Kinder. Die einen sehen sie als Auswüchse, wollen die Kinder für ihr Tun in psychiatrischen Anstalten sehen, die anderen loben sie für ihren Weg, den Sinn des Lebens einzufangen.


"Wir gewannen den Kampf um die Bedeutung...
sonderbar war nur, dass sich dieser Sieg, wie ein Verlust anfühlte..."


Als sie ihren Berg jedoch an ein Museum verkaufen wollen, meldet sich Pierre Anthon, der zu der Enttäuschung der Kinder zu ihrem Berg nur geschwiegen und gelacht hatte. Wenn der Berg wirklich Bedeutung hätte, hätten sie ihn nicht verkaufen können, wirft er ihnen nur überheblich vor. Die Schüler beginnen an der Bedeutung ihrer Opfer zu zweifeln. Und wenn der Berg keine Bedeutung hat, was dann? Hat Pierre Anthon nun doch Recht und es gibt keine Bedeutung?
Sie werden über dieser Frage an den Rand des Wahnsinns getrieben, bis sie angestachelt von Pierre Anthons weiteren Provokationen zu einer schrecklichen Tat getrieben werden. Spätestens an dieser Stelle hebt sich das Buch extrem von der Realität ab und es bleibt nur, das Buch im übertragenen Sinne weiter zu verfolgen.

Denn es wird klar, dass Bedeutung eine subjektive Angelegenheit ist, für die man keine allgemeine Definition oder Erklärung finden kann. Es ist ein Gefühl, dass die Kinder nicht genau benennen können.


"Wir weinten weil wir etwas verloren hatten und etwas anderes bekommen hatten. Weil beides wehtat, verlieren und bekommen. Und weil wir wussten, was wir verloren hatten, während wir das, was wir bekommen hatten, noch nicht benennen konnten."


Was für mich etwas bedeutet, ist für andere belanglos. Das bezieht sich auf die kleinen Dinge im Leben, aber auch auf größere wie zum Beispiel Religion, für die manche sogar Töten, um ihr mehr Bedeutung zu verleihen, während andere in dieser Tat nur den Mord sehen, der sie im Grunde genommen ist. Was genau also Bedeutung ist, und ob es sie gibt, wird nicht geklärt. Es scheint, als ob die Kinder am Ende ein ungefähres Gefühl für die Bedeutung bekommen haben, genau wie auch wir Leser. Dieses Buch bietet also keine Lösung für die Frage nach dem Sinn, kritisiert und aber und regt auf jeden Fall zum weiteren Nachdenken an. Wir überlegen, was uns selbst etwas bedeutet, was auf unserem Berg der Bedeutung liegt und wie wir das nächste Mal reagieren, wenn wir in eine Situation kommen, in der uns ein imaginärer Pierre Anthon in unseren Gedanken sagt, das Leben wäre sinnlos. Und die unausgesprochene Frage, ob das Leben einen Sinn hat, wandelt sich in die Überlegung, was für einen Sinn wir dem Leben geben sollten. Nicht den Dingen Bedeutung zuzuweisen, wenn man sie verliert, sondern sie schon vorher als wichtig anzuerkennen und durch Positives sinngeben. Ist unser Leben dann nicht sinnvoll?


"Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Freude, Traurigkeit, Liebe, Hass, Geburt, leben, Tod.
Es war ja doch alles dasselbe.
Dasselbe. Das Gleiche. Nichts."


Pierre Anthon schafft es, seine ganze Klasse und uns zum Nachdenken zu bringen. Mit diesem Buch ist es wie mit dem Berg der Bedeutung selbst: Die einen lieben es, die anderen hassen es. Es hat international viele renommierte Preise gewonnen und wird in zahlreichen Schulen als Pflichtlektüre eingesetzt; es wurde aber auch schon an Schulen verboten, wie z.B. ursprünglich im Heimatland der Autorin, Dänemark. Auf Amazon gibt es 109 5-Sterne-Bewertungen, aber auch 59 1-Stern-Bewertungen. Also: Ob nun von Bedeutung oder nicht, das Buch hat zumindest berührt und zur Meinungsbildung der Rezensenten angeregt.


Fazit:

"Nichts was im Leben wichtig ist" ist ein erschreckend brutales, aber auch sehr lehrreiches Buch, das den Leser dazu bringt über denn Sinn des Lebens nachzudenken und darüber, was für einen von Bedeutung ist - schonungslos, unerbittlich, aber auch sehr bewegend. Und vor allem Mutig. Mutiger. Am Mutigsten.
Bedeutung oder nicht Bedeutung? No-go oder Must-Read? Keine Ahnung, deshalb von mir eine komplett neutrale Bewertung bei 2,5 Sterne.

Veröffentlicht am 03.08.2017

Eine überzeugend realistische und berührende Robinson-Crusoe-Geschichte

Der Marsianer
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Allgemeines:

Titel: Der Marsianer - Rettet Mark Watney
Autor: Andy Weir
Verlag: Heyne Verlag (14. September 2015)
Genre: Science-Fiction
ISBN-10: 3453316916
ISBN-13: 978-3453316911
Originaltitel: The ...

Allgemeines:

Titel: Der Marsianer - Rettet Mark Watney
Autor: Andy Weir
Verlag: Heyne Verlag (14. September 2015)
Genre: Science-Fiction
ISBN-10: 3453316916
ISBN-13: 978-3453316911
Originaltitel: The Martian
Seitenzahl: 512 Seiten
Preis: 3,99€ (Kindle-Edition)
9,99€ (Taschenbuch)
11,49€ (Audio-CD)



Inhalt:

Gestrandet auf dem Mars
Bei einer Expedition auf dem Mars gerät der Astronaut Mark Watney in einen Sandsturm und wird bewusstlos. Als er aus seiner Ohnmacht erwacht, ist er allein. Auf dem Mars. Ohne Nahrung. Ohne Ausrüstung. Und ohne Crew, denn die ist bereits auf dem Weg zurück zur Erde. Für Mark Watney beginnt ein spektakulärer Überlebenskampf …


Bewertung:

„Ich werde sogar meinen Urin elektrolytisch aufspalten … Wenn ich das hier überlebe, werde ich den Leuten erzählen, dass ich Raketentreibstoff gepinkelt habe.“

Man muss es einfach sagen: an diesem Buch kommt man als Science-Fiction-Liebhaber und aufmerksamer Verfolger von Trends kaum vorbei. "Der Marsianer" hat zuerst als Roman und dann als Film die Herzen und Regale der Welt erobert. Als ich das Buch dann in einem Kaufhaus reduziert entdeckt habe, musste ich es einfach kaufen und mir selbst eine Meinung zu der Geschichte machen. Als ich etwa in der Hälfte des Buches war, habe ich mir gleich noch den Film besorgt, das sagt als Fazit ja schon mal recht viel aus

Doch wie immer das Cover zuerst: Eigentlich hasse ich großgedruckte Gesichter auf Cover, doch hier passt es wirklich unwahrscheinlich gut. Das Gesicht im EVA-Anzug hat so einen ganz bestimmten Gesichtsausdruck, der sich perfekt mit den Hauptemotionen Mark Watneys deckt: ernst, konzentriert, aber auch ein wenig herausfordernd. Ein schöner Effekt, der das ganze Abrundet ist die Spiegelung der Marsoberfläche im Visier des Helmes. Auch der Titel passt natürlich haargenau. Deshalb zur Gestaltung einen großen Daumen nach oben! Ich finde nur, auf dem Cover steht ein wenig zu viel drauf, die ganzen Aufschriften mit Titel, Untertitel, Genre, Autor, Verlag und zwei Vermarktungssprüchen sind für meinen Geschmack ein wenig zu viel. Auch dass auf meinem Exemplar noch zwei Aufkleber waren, einer mit "Jetzt im Kino", der anderen mit "Der New York Times- Bestseller", fand ich etwas Zuviel des Guten. Aber das nur am Rande.

Der Marsianer - der exzentrische aber liebenswerte Botaniker mit den durchgeknallten Ideen, der auf dem Mars vergessen wird. Die perfekte Grundlage für eine packende Heldengeschichte. Und das ist Mark Watney definitiv - ein Held.
Doch beginnen wir doch am Anfang.


Erste Sätze: "Ich bin so was von im Arsch.
Das ist meine wohlüberlegte Meinung.
Im Arsch."


Mark Watney bleibt nach einem Unfall, bei dem die Crewmitglieder ihn für tot hielten, alleine auf dem Mars zurück. Als er aufwacht und bemerkt, dass alle weg sind und ihn zurückgelassen haben, beschließt er, zu überleben und den Planeten zu besiegen. Eigentlich ein hoffnungsloses Unterfangen, doch er käme nie auf die Idee zu verzagen, beginnt sofort sämtliche Lösungsansätze abzuwägen und berechnet wie lange er mit den Nahrungs- sowie Wasservorräten durchhalten würde, denn in 4 Jahren ist in 3200km Entfernung die nächste Ares Mission geplant, die ihn retten könnte. Genau hier setzt die Geschichte an. Er ist nicht tot. Und doch ist er, wie er es so treffend auf der ersten Seite formuliert: „im Arsch“, denn wie soll er es in den 3200km entfernten Schiaparelli-Krater schaffen und 4 Jahre mit der Ausrüstung überleben, die für 30 Tage hätte reichen sollen? Jetzt heißt es durchhalten, doch was macht man 4 Jahre in einer kleinen Wohnkuppel in feindlicher Atmosphäre, ... so ganz alleine...?


"Mein heutiger Tag begann mit einer Kartoffel, die ich mit etwas Marskaffee hinuntergespült habe. So nenne ich heißes Wasser mit einer aufgelösten Koffeinpille. Der echte Kaffee ist mir schon vor Monaten ausgegangen."

...Abwarten und Kaffee trinken? Nein! So alleine in der lebensfeindlichen Umgebung der Mars gibt es viel zu tun. Das Buch erzählt in fast täglichen Logbucheinträgen Watneys, mit welchen Problemen er zu kämpfen hat und wie er sie lösen will. So wird es dem Leser Schritt für Schritt ermöglicht in die Materie einzutauchen und mit Mark an Lösungen zu "basteln". Und so beginnt Andy Weirs Robinson Crusoe Version für gestrandete Astronauten: Ob es nun um eine explodierte Luftschleuse, um Wassermangel, die Langweiligkeit von Disco-Musik oder um die Einsamkeit geht - Mark verzagt nie und findet immer eine Lösung. Das ist wohl vorrangig das beeindruckende an diesem Roman: das unerschöpflich positive und konstruktive Denken Mark Watneys, ohne welches er niemals alleine überlebt hätte. Man merkt im deutlich an, dass ihm die Einsamkeit zu schaffen macht, lenkt sich jedoch erfolgreich selbst von der Tatsache ab, dass nur ein hochtechnisiertes Zelt und ein Haufen Kartoffeln ihn vom Tod trennt. Man könnte meinen, nur auf ihn zu blicken würde irgendwann langweilig werden, er ist jedoch so erfrischend, geerdet (haha, versteht ihr den Wortwitz ) und lebendig gezeichnet, dass man sich gut mit ihm identifizieren kann und gut unterhalten wird. Immer wieder hat er mich verblüfft mit durchgeknallten Ideen und die gedrückte Atmosphäre immer wieder gekonnt durch Witz und Sarkasmus aufgelockert. Es scheint, als wollte er sich selbst ab und zu etwas aufheitern, versuchen über die abstruse Situation zu lachen, um nicht durchzudrehen, gleichzeitig auch dem Leser seines Logbuches keine deprimierende Überlebensgeschichte liefern. Das hat er geschafft, der liebe Mark, ich habe mehrmals herzlich gelacht! So ist die Geschichte erstaunlich wenig düster, für eine Story, in der jemand einsam auf einem anderen Planeten versucht nicht zu sterben...


"Ich bin auf dem Mars gestrandet und kann weder mit der Hermes noch mit der Erde Kontakt aufnehmen. Alle halten mich für tot. Ich sitze in einer Wohnkuppel, die einunddreißig Tage stabil bleiben soll. Wenn der Oxygenator versagt, ersticke ich. Wenn der Wasseraufbereiter versagt, verdurste ich. Wenn die Wohnkuppel nicht hält, explodiere ich einfach. Wenn das alles nicht passiert, geht mir einfach irgendwann der Proviant aus und ich verhungere. Also bin ich wohl im Arsch."


Doch der Roman ist bei weitem nicht nur etwas für Science-Fiction-Liebhaber, denn als typischen Vertreter dieses Genres würde ich dieses Buch nicht beschreiben. Anstatt von krassen Raumschiffen und zig neuen Galaxien wie andere Lebensformen zu phantasieren gibt der Roman eher eine gut durchachte Vorschau auf eine baldige, recht reale Zukunft. Denn die ersten Marsmissionen sind längst kein Traum unrealistischer Autoren mehr: Ob ihrs glaubt oder nicht, die niederländische Organisation, Mars One, plant 2024 zum ersten Mal Menschen zum Mars zufliegen. Auch wenn der Autor nicht immer auf die Realität zurückgreift, erklärt und belegt er die Geschehnisse so überzeugend, dass man ihm jedes Wort als Fakt aus der Hand frisst. Hier verstehe ich die vielen Kritiker nicht, die an der Glaubwürdigkeit der Fakten im Buch herumnörgeln - es ist immer noch Fiktion, und die darf alles, solange man es als Leser glaubt und der Autor es nicht in echt als Fakt deklariert ist also alles in Ordnung.
Um die Lösungen zum Überleben auf dem Mars zu belegen, geht Andy Weir oftmals auf mathematische, physikalische oder chemische Phänomene und Grundlagen ein, die interessant und verständlich erklärt sind. Man muss definitiv ein wenig Interesse den Naturwissenschaften gegenüber mitbringen, sonst wird man in diesem Buch vor Langweile sterben, muss aber nicht viel wissen um alles zu verstehen.


"Ein Problem habe ich nicht bedacht: das Wasser.
Nach ein paar Millionen Jahren auf der Marsoberfläche enthält der Staub keinerlei Feuchtigkeit mehr. Dank meines Abschlusses in Botanik bin ich ziemlich sicher, dass Pflanzen zum Wachsen feuchte Erde brauchen."

Der Schreibstil des Buches ist sehr einfach und schlicht - Umgangssprache eines Logbucheintrags eben. Dabei wird immer ein positiver Umgangston behalten. Trotz der Schlichtheit der Sätze sind Details, die den Mars betreffen sehr genau und gut vorstellbar erklärt, sodass man bald ein detailliertes Bild seines Daseins vor Augen hat. Dazu hilft auch die Marskarte, die am Anfang des Buches beifügt ist.
Besonders interessant an seiner Art, durch Logbucheinträge das Geschehen zu erklären ist, dass er sich bewusst zu sein scheint, dass das jemand liest und den Leser oft direkt anspricht und für ihn technische Details einfach erklärt, sodass es jeder verstehen würde. Das ist ein sehr raffinierter Kniff des Autors. Mark Watney sagte einmal, wenn er wieder auf die Erde zurückkomme, würde sein Logbuch ein Bestseller werden. Hat ja ganz gut geklappt...


"(12.04) NASA: Übrigens, hüten Sie bitte Ihre Zunge. Alles, was Sie tippen, wird live auf der ganzen Erde verbreitet.
(12.15) WATNEY: Seht mal da! Zwei Titten -> (.Y.)"


Doch die Geschichte hat seinen Fokus nicht alleine auf Watney gelegt, bloß eine Person in einem Buch wäre ja auch ein wenig trist, selbst wenn diese eine Person erfrischend und abwechslungsreich charakterisiert wurde. So wechselt die Logbuch-Ich-Perspektive ab etwa einem Fünftel des Romans zeitweise auf die Erde zur NASA. Ein Haufen schlauer Köpfe, die es schafft, Watney von einigen Lichtsekunden Entfernung aus zu unterstützen. Ein Haufen guter Leute, die ihn nicht aufgeben und immer wieder nach neuen Lösungen suchen, ihn zurückzuholen. Es wird aus der Sicht verschiedener NASA-Mitarbeiter berichtet. Sei es aus der Sicht des NASA-Chefs, des Leiters der Mars-Mission, oder einer kleinen, anfangs unbedeutenden Mitarbeiterin, die schließlich den alles entscheidenden Hinweis liefert, der Marks Rettung in Gang bringt - es lockert Marks One-Man-Show deutlich auf. Auch die Crew begleitet man zwischendurch und es wird geschildert, wie die Mitglieder mit dem vermeintlichen Tod von Watney umgehen. Wir können außerdem verfolgen, was die Nachricht eines Satellitenbildes, das Watney lebendig zeigt, in der Bevölkerung auslösen kann. Es ist mega interessant zu beobachten, was die Erde schaffen kann, wenn sie sich zusammentut um ein Menschenleben zu retten. Das bringt einen dazu darüber nachzudenken, wie viel ein einzelnes Menschenleben wert ist. Wie groß darf der finanzielle Aufwand sein um eine einzige Person zu retten - wo ist die Grenze? Darf ich fünf Menschenleben in Gefahr bringen, um einen Menschen (vielleicht) zu retten?


"Was ich im Überfluss besitze sind Plastiksäcke. Sie unterscheiden sich kaum von normalen Mülleimerbeuteln, aber da sie für die NASA angefertigt wurden, kosten sie vermutlich 50.000$. Außerdem habe ich Klebeband. Gewöhnliches Klebeband, wie man es im Baumarkt bekommt. Anscheinend kann nicht einmal die NASA Klebeband aus dem Baumarkt verbessern."


Spannend? Ja auf jeden Fall! Wir erleben zusammen mit Mark viele Abenteuer, die dafür sorgen, dass auch das Warten auf dem Mars nicht langweilig wird. Zeitweise gibt es auf den guten 500 Seiten kurze Löcher, durch die man sich ein bisschen angestrengt durchlesen muss, doch der Drang zu erfahren, was am Ende mit Mark passiert, hat mich immer wieder dazu gebracht, weiterzulesen. Und da man nie weiß, dass er in Sicherheit ist, kann man sich nie zurücklehnen. Immer, wenn man denkt, dass er in Sicherheit ist oder einen großen Schritt Richtung Rettung geschafft hat, dann passiert etwas, das ihn wieder meilenweit zurückwirft. Zwischendurch stand ich kurz vor der Verzweiflung, da ich mir nicht vorstellen konnte, wie Mark da wieder rauskommen sollte. Krass, wie doch die einfachsten Dinge, die wir als selbstverständlich ansehen, auf einem anderen Planten wie der Erde zu einem riesigen Problem werden können. Lebenserhaltung - Luft, Wasser, Druck - über so etwas habe ich mir nie Gedanken gemacht, weil unser Heimatplanet das alles perfekt für uns bereithält. So denkt man viel mehr über unsere Erde als Heimat nach, während man die Geschichte eines Mannes liest, der sich weit abgeschottet und alleine in einer lebensfeindlichen Staubwüste aufhalten muss.

Das Ende ist dann verblüffend gut, actionreich aber auch irgendwie berührend. Es hat für mich perfekt gepasst. Ich werde ganz sicher nochmal was von Andy Weir lesen!

Und noch mein Lieblingszitat zum Schluss:


"Er wandte sich An Venkat. "Ich frage mich, was er gerade denkt."
Logbuch Sol 61: Wie kommt es, dass Aquaman Wale kontrollieren kann? Sie sind Säugetiere. Das ist doch Unsinn."


Fazit:

Eine überzeugend realistische und berührende Robinson-Crusoe-Geschichte über den Überlebenskampf eines einfallsreichen und positiven Astronauten auf dem Mars. Ein Muss für jedermann!

Veröffentlicht am 03.08.2017

LESEN! LESEN! LESEN!

Erwacht
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Allgemeines:

Titel: Erwacht
Autor: Jessica Shirvington
Verlag: cbt (18. April 2011)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3570380114
ISBN-13: 978-3570380116
Seitenzahl: 480 Seiten
Originaltitel: The Violet Eden Chapters ...

Allgemeines:

Titel: Erwacht
Autor: Jessica Shirvington
Verlag: cbt (18. April 2011)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3570380114
ISBN-13: 978-3570380116
Seitenzahl: 480 Seiten
Originaltitel: The Violet Eden Chapters # 1 - Embrace
Preis: 7,99€ (Kindle-Edition)
8,99€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: Verlockt; Gebannt; Entbrannt; Vereint




Inhalt:
Gefallene Engel, unmögliche Liebe und ein Kampf gegen dunkle Mächte

An Violet Edens 17. Geburtstag gerät ihre Welt aus den Fugen. Sie erhält einen Brief ihrer verstorbenen Mutter und erfährt: Sie ist eine Grigori, ein Wächter-Engel – genau wie der unglaublich attraktive, nur leider so unnahbare Lincoln, für den sie schwärmt. Mit siebzehn erwachen ihre Fähigkeiten und rufen gefährliche Gegner auf den Plan. Nun muss sie sich entscheiden, ob sie ihre Gabe annimmt in einer Welt, in der Engel des Lichts und Engel der Finsternis einen schrecklichen Kampf führen ...



Bewertung:

Nur um das mal gleich klarzustellen: Ich LIEBE diese Reihe! Ich lese viele Fantasy Reihen und bin auch recht einfach zu begeistern, gebe ich zu, aber diese Reihe hat mich richtig umgehauen, sodass ich sie einfach nochmal komplett lesen musste. Also, überlegt euch, der Reihe eine Chance zu geben, sie hat definitiv viel zu wenig Aufmerksamkeit!

Die Reihe ist mitten im Vampirhype entstanden und hat den Trend, diese durch Engel abzulösen mit gesettet. Zuerst dachte ich, es sei eine Fantasy-Reihe wie jede andere auch, mitten im Hype, oberflächlich aber amüsant, eine Abklatsche, die schon hundertfach existiert, doch ich wurde rasch eines besseren belehrt. Ich kann es schlecht sagen, was der Reihe den absolut besonderen, mitreißenden Touch verleiht - sind es die unglaublich authentischen Gefühlsdarstellungen, die vielen innovativen Ideen, die tollen Charaktere oder doch er Schreibstil? -, doch er ist definitiv da und verzaubert den Leser.


Erster Satz: "Bilder von Morgen und Abend flimmerten vor meinen Augen, blendeten mich."


Die Geschichte beginnt spannend und reißt von der ersten Seite an mit. Wir werden zuerst in das chaotische Leben der 16 jährigen Violet Eden eingeführt, die bei ihrem Vater lebt und schon ewig für den 22 jährigen Lincoln schwärmt, was leider nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Als "Sportfreund", der mit ihr trainiert wirkt er viel zu desinteressiert und zu alt für sie. Alles ändert sich jedoch an ihrem 17. Geburtstag, als sie von ihrem Dad ein Kästchen bekommt, das ihr ihre Mutter, die bei ihrer Geburt gestorben ist, vermacht hat. Darin sind Briefe und ein silbernes Armband. Am Tag ihres Geburtstages feiert sie mit ihrer besten Freundin Steph, Lincoln und ihrem Dad in einer Bar, und zum ersten Mal zeigt Lincoln so etwas wie Gefühle, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick. Als Violet ihn am nächsten Tag aufsuchen möchte, um über die Situation vom Vortag zu reden, belauscht sie ein Gespräch zwischen Lincoln und noch einer Person und sie erfährt eine Nachricht, die ihr ganzes Leben ins Wanken zu bringen droht: Violet ist eine Grigori, eine Art Wächterengel und Lincoln ist ihr Grigori Partner, Griffin ihr Anführer. Ihr Schicksal hat sie nun aber selbst in der Hand: Sie kann ihre Bestimmung annehmen, oder sich davor verstecken. Um alles verarbeiten zu können zieht sich Violet erst einmal zurück, denn nicht nur dass ihr alles zu viel ist, auch dass Lincoln sie all die Jahre angelogen hat, macht ihr zu schaffen. In ihrer Trauerphase steht ihr der mysteriöse Phoenix, ein Verbannter der sie seit ihrem Geburtstag verfolgt, zur Seite. Trotz dass Verbannte von Natur aus Feinde der Grigori sind, scheint er ihr nicht feindlich gesinnt zu sein - im Gegenteil. Nun muss sich Violet entscheiden wer oder was sie sein möchte, und wem nun ihre Liebe gehört....

Die Autorin hat, von ihrem einfachen und doch gleichermaßen tiefgründigen Schreibstil abgerundet, eine Welt erschaffen, die einen ganz anderen Blick auf die Engelswesen wirft, in der ein ewiger Kampf tobt und Gutes nicht sofort von Bösem unterschieden werden kann. Durch gewaltige Bilder und phänomenale Gefühlsbeschreibungen wird man geradezu gezwungen, sich in den Plot hineinzuversetzen und wird infiziert mit dem unbändigen Drang, schnell weiterzulesen.
Es tun sich immer neue Abgründe auf, Violet bekommt immer tiefere Einblicke in ihre und die gesamte Vergangenheit der Gregori. Somit bleibt das Buch ständig spannend, auch wenn es ganz klar als Einleitung in die Reihe fungiert und viel erklärt wird. So wird man mit ihr langsam in die Welt der Grigori eingeführt und bekommt einige Appetithäppchen vorgesetzt, die Lust auf mehr machen!

Die Person Vilolet Eden ist ein Phänomen für sich! In erster Linie lernen wir sie hier als selbstbewusste junge Frau kennen, die ihren Weg im Leben gehen will und mit einigen Problemen zu kämpfen hat, wodurch ihr Kämpferherz schon gleich deutlich wird. Ihr Vater hat den Tod der Mutter kurz nach ihrer Geburt scheinbar nie richtig überwunden. Er vergräbt sich in Arbeit und Violet ist irgendwie für ihre Erziehung selbst verantwortlich, doch hat sogar ihr Vater mal den ein oder anderen lichten Moment und benimmt sich auch wie ein Dad. Neben ihrer zeitweisen Einsamkeit muss sie noch mit einem schweren Übergriff eines Lehrers klarkommen. Viel Sicherheit und Kraft zieht sie aus ihrer Freundschaft zu Steph, die einfach genial ist, die wir aber leider erst in den Folgebänden genauer kennenlernen dürfen. Ihre Kraft und ihr Vertrauen stehen also auf recht wackligen Beinen, sodass die Offenbarung über ihre wahre Bestimmung sie trifft wie ein Blitzschlag. Sie ist verwirrt, aber vor allem wütend: Sie will keine Grigori sein, keine Verbannten jagen, nicht Lincolns Partnerin sein und deshalb niemals als Frau für ihn in Frage kommen, sie will nur ein ganz normales Leben führen, mit ihrer besten Freundin Steph shoppen gehen, Kunstkurse belegen, erwachsen werden. Da ist es natürlich klar, dass sie unsicher und verletzt reagiert, als sie bemerkt, dass ihr Schwarm und bester Freund sie schon immer belogen hat und ihr gesamtes Weltbild zusammenklappt wie ein Kartenhaus. Ihre seltsamen Stimmungsschwankungen und zeitweise Hassattacken kann man sich als Leser jedoch nicht erklären, so ist sie doch eine liebenswürdige und friedfertige Person. Hier kommt der geheimnisvolle Verbannte Phoenix ins Spiel, der ihr Leben immer mehr durcheinander bringt und ihr eine Alternative zu ihrem Grigori Dasein weist. Doch was verbirgt sich hinter ihm wirklich und wer will sie überhaupt sein?


"An irgendeinem Punkt müssen wir alle versuchen, ein wenig darauf zu vertrauen, dass sich selbst hinter dem Chaos irgendein Sinn verbirgt."


Doch natürlich geht es nicht nur um Liebe, aber was wäre solch eine Geschichte ohne? Es geht vorrangig um Violets Kämpfe, die sich über die gesamten Bände ziehen und sich immer wieder wandeln. Kämpfe mit Engeln, gegen Verbannte, gegen das Schicksal, gegen Freunde, gegen Feinde, gegen die Zeit und auch gegen sich selbst. Sie kämpft und leidet und liebt und kämpft... Ich habe gelacht, gebangt, gehofft, gejubelt, geweint und war immer irgendwo zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Selten sind die Emotionen während des Lesens so mit mir durchgegangen. Sie entwickelt sich immer weiter und muss schließlich entdecken, dass sie Teil einer großen Entwicklung ist, die viel gewaltiger ist, als sie es sich jemals vorstellen konnte...

Neben Violet sind noch vor allem ihre beiden männliche Freunde ausschlaggebend für die Genialität des Buches. Zum einen ist da Lincoln, der sehr schwer einschätzbar ist. Man merkt fast von Anfang an, das Violet mehr als nur ein Freundin für ihn ist, dass er sich jedoch zurück nimmt. Durch Vilotes Augen wird er als geradezu perfekt beschrieben - gutaussehend, geheimnisvoll, stark, sportlich, intelligent, treu, sympathisch -, macht jedoch auch viele Fehler in seinem Drang, Violet zu beschützen. Er versucht, das Beste für sie zu tun, auch wenn er damit in einigen Fällen total daneben liegt. Die gesamte Zeit wohnt ihm eine gewisse Zerrissenheit inne. Einerseits will er sie bei sich haben, als seine Grigori-Partnerin, ihr seine Welt zeigen, andererseits will er sich auch von allem fernhalten und beschützen. Man kann seinen inneren Kampf und seine Verletztheit im Laufe der Geschichte ist fast mit den Händen greifen, was ihn wirklich sympathisch macht. An manchen Stellen ist vielleicht etwas zu dick aufgetragen und sein ganzes Heldengedöns kann schon ein kleines bisschen übertrieben wirken, doch das gehört eben zu dieser Art von Fantasy-Buch auch ein bisschen dazu

„Du warst gestern Abend im Hades!"
Er klopfte mit den Fingern auf den Tisch.
„Ich fragte mich schon, wann du dich an unseren Tanz erinnern würdest. Normalerweise vergisst man mich nicht so leicht.“
Ich ignorierte den Kommentar. Ich würde mich nicht von seinem großen Ego ablenken lassen."


Der zweite Typ, mit dem sich Violet herumschlagen muss ist der geheimnisvolle Phoenix. Der umwerfend schöne Verbannte mit dem violett schimmernden Haar ist der widersprüchlichste Charakter, über den ich jemals gelesen habe. Dass er keiner der "Guten" ist, merkt man fast vom ersten Wort an, doch wirklich böse scheint er auch nicht zu sein. Es scheint, als ob er selbst sich auch noch nicht so ganz sicher wäre, was er sein will. Ich war von Anfang an eigentlich "Team Lincoln" und habe versucht, Phoenix nicht zu mögen, der sich mit bösen Tricks versucht, einen Weg in Violets Leben zu erschleichen, doch irgendwie wird immer mehr klar, dass er wirklich mehr für Violet empfindet als er sollte und wollte. Und immer mehr kommt die Frage auf, was er mit Hintergedanken bloß spielt, und was wirklich echt ist. So wird sein Charakter sehr rätselhaft, düster aber gleichzeitig auch ein wenig einsam und verletzt gezeichnet - eine geniale Mischung, die ihn deutlich interessanter als Lincoln macht, aber es ist von Anfang an klar, dass das mit ihm und Violet nicht gut enden kann.
So ist zwar klar, dass er ein sehr dunkles Geheimnis in sich trägt, doch man hofft bis zum Ende, dass er sich doch noch einen Ruck gibt und sich für die richtige Seite entscheidet.

Eigentlich hasse ich Dreiecks-Beziehungen wirklich wie die Pest, da sie oft oberflächlich und ungenügend ausgearbeitet sind und als unnötige Problemquelle für den Plot missbraucht werden. Doch in diesem Fall war sie einfach nur WOW. Die Beziehung von Violet und Lincoln erinnert an eine tiefe Verbundenheit, fast so etwas wie Seelenverwandtschaft, während die Beziehung zwischen Phoenix und Violet auf einer ganz anderen Ebene stattfindet. Hier spielen vor allem starke Anziehungskräfte eine Rolle, auch Beeinflussung und Täuschungen, Lust und Hass und irgendwie auch ... Freundschaft? Somit sind die Fäden ihrer Beziehungen ein wichtiger Grundstein für die Story, nicht nur ein nerviger Nebeneffekt und aus den vielen Emotionen entwickeln sich die meisten Motive, Antriebe und Handlungen heraus.


"Wenn Verbannte des Lichts einen menschlichen Körper erhalten, ist es so, als würde man einem Sektenführer zusagen. Bei Verbannten der Finsternis ist es eher so, als würde man einen Serienmörder übers Wochenende aus dem Gefängnis entlassen und ihm eine Knarre mitgeben."


Dass die Geschichte niemals ins Kitschige abrutscht verhindert alleine schon der geniale Humor, der immer wieder hervorblitzt. Die Geschichte strahlt eine solche Lebendigkeit aus, dass man gar nicht hängen bleiben kann. Vor allem im zweiten Teil, als dann... huch, ich fange an zu Spoilern
Die Geschichte rund um die Engel fand ich allgemein sehr spannend. Auch wenn das Thema Engel schon unzählige Male von Autoren wieder und wieder verwendet wird, finde ich die Lösung von Jessica Shirvington alles andere als durchgekaut und abgeschaut. In ihrer Interpretation der Engel gibt es im Engelsreich die Engel des Lichts und der Finsternis, die zusammen existieren, wie zwei Seiten der Medaille und auch nicht unbedingt Feinde sind. Alles braucht seinen Gegenpart, das Gleichgewicht wird fast heilig dargestellt. Also kein Himmel-Hölle-Verhältnis, sondern vielmehr eine freundschaftliche Koexistenz. Aufgefrischt wird die Story durch etliche Bibelzitate, die die Story zu jedem Zeitpunkt gekonnt unterstreichen und immer passen. Dabei schafft es die Autorin, nicht religiös rüberzukommen, sondern sie verwendet die vorhandenen Legenden und Tatsachen so, dass sie perfekt zur Geschichte passen, was des Öfteren eine Gänsehaut auslöst.

Hier so ein Zitat für euch:

"Unsere Pflicht ist es, nützlich zu sein. Nicht entsprechend unseren Wünschen, sondern entsprechend unseren Fähigkeiten."
-Henri-Frédéric Amiel

Neben den alltäglichen Problemen der 17-Jährigen und all den neuen, ungewöhnlichen Veränderungen die mit Violet einhergehen, wird auch vor allem das Thema "Gut und Böse" sehr stark thematisiert. Wirklich interessant fand ich, dass die Autorin es schafft, wirklich klar zu machen, dass Engel des Lichts nicht immer gut sind und Engel der Finsternis nicht immer nur böse. Kein Schwarz-Weiß-Denken wird hier vermittelt, alles gibt es nur im Doppelpack und beide Seiten sind wichtig. Das ist ein sehr interessanter Gedanke.

Das Ende ist nochmal total gut gemacht und lässt einen mit Spannung dem nächsten Teil entgegenfiebern.
Mehr will ich auch gar nicht dazu sagen: Lest selbst.
Nun noch einige Worte zu Cover und Gestaltung: Das Cover ist zwar an sich mit dem dunklen Hintergrund, dem Mädchen mit den Flügeln und der leuchtenden Schrift ganz hübsch, passt für mich aber nur eher schlecht als recht zur Reihe. Die Flügel sind zwar ein Bezug zur Thematik: Engel, doch jene haben im Buch gar keine Flügel. Das verschlungene Tattoo passt eigentlich auch, aber die beweglichen Symbole erstrecken sich nicht über Violets gesamten Arm, sondern nur über ihre Handgelenke…Das Mädchen-Model passt für mich persönlich auch gar nicht auf Violet. Ich hätte mir ein etwas neutraleres Cover gewünscht, vielleicht mit einer angedeuteten Silhouette. Das Originalcover finde ich in dem Fall leider auch nicht passender, also will ich aufhören zu motzen und noch zu den positiven Anmerkungen kommen. Gut gefallen haben mir nämlich wie gesagt die vielen gut ausgewählten Zitate und Bibelstellen, ebenso wie die Übersichtsgrafik am Ende des Buches, die ein wenig Klarheit in die Engelshierarchie gebracht hat. Und - ich geb´s ja zu - mit dem dunklen Hintergrund und dem Flügel sieht das Cover gar nicht mal sooo schlecht aus... Als Titel hätte sich der Verlag aber eindeutig etwas Kreativeres ausdenken können. Es gibt gefühlt tausende Bücher mit dem Namen "Erwacht", "Gebannt", "Verliebt" und dieses ganzen Kalibers. Diese Reihe hätte etwas Innovatives verdient, das lange in Erinnerung bleibt und bei dem keine Verwechslungsgefahr besteht!


Fazit:

Ein toller Auftakt einer wahnsinns-Reihe, die viel zu wenig Aufmerksamkeit genießt.
LESEN! LESEN! LESEN!