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Veröffentlicht am 03.08.2017

Sommerfeeling, Emotionen und ein wenig Nachdenklichkeit

Der Sommer, als ich schön wurde
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Allgemeines:

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde
Autor: Jenny Han
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. April 2013)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423625368
ISBN-13: 978-3423625364
Seitenzahl:320 Seiten
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde
Autor: Jenny Han
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. April 2013)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423625368
ISBN-13: 978-3423625364
Seitenzahl:320 Seiten
Originaltitel: "The summer I turned pretty"
Preis: 8,99€ (Kindle-Edition)
8,95€ (Taschenbuch)


Inhalt:

Über die Kraft der Freundschaft und der Liebe

Die Sommer in Susannahs Strandhaus waren schon immer die Highlights in Bellys Leben. Und Susannahs Söhne Jeremiah und Conrad sind vielleicht das Wichtigste an den Ferien. In diesem Sommer fühlt Belly sich endlich nicht mehr wie ein kleines Mädchen, sondern wie eine attraktive junge Frau. Und endlich interessieren sich auch die Jungs für sie. Nur Conrad, in den sie schon immer heimlich verliebt war, reagiert zurückhaltender als früher. Und auch der sonst so fröhliche Jeremiah wirkt bedrückt.

Was steckt dahinter? Belly begreift, dass ihr Kindheitstraum von den gemeinsamen Strandhausferien in diesem Jahr endet. Und dass sie ihn erst loslassen muss, bevor sie bereit ist für etwas Neues....


Bewertung:

Das Buch habe ich vor einer ganzen Weile als Lückenbüßer auf meinen Reader geladen gehabt und aufgrund der eher mageren Aufmachung nicht gleich gelesen. Das Cover und auch der Titel sprechen jetzt nicht unbedingt sofort an, sodass mir diese schöne Geschichte eine Weile lang gar nicht aufgefallen ist. Irgendwann habe ich es wiedergefunden und dann doch gelesen. Und ich war wirklich überrascht von diesem Beginn einer Trilogie!


Erster Satz: "Wir waren seit geschätzten siebentausend Jahren unterwegs."


Wie gesagt finde ich der Titel ein wenig irreführend. Mir ist zwar klar, warum das Buch so genannt ist und ich kann durchaus einen Bezug zur Geschichte herstellen, man erwartet aber automatisch einen oberflächlichen Mädchenroman, was ein eher negativer Effekt ist und auch vom Cover nicht mehr gerettet werden kann. Dieses finde ich irgendwie zu sachbuchartig und schlicht für diese bunte, lebendige Geschichte und hätte eher etwas Knalligeres erwartet. Ich finde es aber nicht schlecht, da das Mädchen, das uns den Rücken zukehrt und mit gesenktem Kopf nachdenklich von einem Balkon aufs Meer blickt, eine gewisse Unschuld aber auch Bodenständigkeit ausstrahlt, was sehr gut passt. Die Kapitel sind sehr kurz, was zum schnellen Weiterlesen animiert.

Schon beim Lesen der ersten Seiten fühlt man sich in Sommer, Meer und Kindheit zurückversetzt. Viele eigene schöne Erinnerungen tauchen auf und reihen sich in die Eindrücke des Buches ein, was es gleich viel lebendiger macht. Doch es ist nicht nur ein Sommerbuch - kein oberflächlicher Jugendroman - sondern eine ganz besondere Geschichte mit viel Herz, die zwar ein paar Schwächen hatte, mir aber allgemein gesehen sehr viel Freunde bereitet hat.

Doch worum geht es eigentlich genau?
Die 16 jährige Belly ist ein ganz normaler amerikanischer Teenager. Sie geht zur Schule, bereitet sich auf ihre Collegebewerbung vor, lebt zusammen mit ihren Eltern und ihrem älteren Bruder Steve im schönen New York City und verbringt jeden Sommer in einem Sommerhaus am Strand bei Susannah und ihren Kindern Conrad und Jeremiah. Doch ihr nächster Urlaub soll anders werden als die wunderbaren Ferien, die sie dort schon erlebt hat. Es beginnt mit der Scheidung ihrer Eltern, die ihrer Vorfreude einen Knacks gibt, dann kann Steve nicht die ganze Zeit bleiben, da er sich mit seinem Vater noch Colleges anschauen muss und sie fühlt sich plötzlich mit Gefühlen konfrontiert, die sie nie hatte. Denn Belly wird langsam erwachsen und sie spürt, dass ihre Beziehung zu den beiden Jungs sich verändert hat und auch die Atmosphäre zwischen ihr und ihrer eigenen Familie wird zunehmend angespannter. Aus dem unscheinbaren Entlein, ist ein wunderschöner Schwan geworden, und keiner - nicht einmal sie selbst - kann damit umgehen. Alles beginnt sich zu ändern und es fällt ihr schwer von ihren alten Erinnerungen abzulassen, die immer wieder als Rückblenden die aktuelle Erzählung des Sommers unterbrechen und dem Leser ermöglichen, sich ein genaues Bild von ihr zu machen. Leider sind diese nicht chronologisch angeordnet, was dem Folgen der Geschichte einen kleinen Abbruch tut. Doch so sehr Belly auch versucht, an ihrem perfekten Urlaub festzuhalten, muss sie bald einsehen, dass dunkle Wolken einen Schatten auf ihr kleines Paradies werfen und sie sich mit anderen Zukunftsplänen abfinden muss, um sie zu vertreiben...


"Ich kann´s nicht glauben, dass du wirklich hier bist", sage ich. Er klingt fast scheu, als er antwortet: "Ich auch nicht." Dann zögert er. "Kommst du trotzdem mit?" Unfassbar, dass er noch fragte. Überall würde ich mit ihm hingehen. "Ja", antworte ich. Außerhalb dieses einen Wortes, dieses Moments scheint nichts zu existieren.
Es gibt nur uns. Alles, was in diesem Sommer geschehen ist und in jedem Sommer davor, alles hat darauf hingeführt.
Auf diesen Moment.
Jetzt."

Es beginnt luftig und leicht, süß und unschuldig - die Atmosphäre einer Ferienvorfreude - und endet dann eher traurig und nachdenklich. Viele verschiedene Themen werden angesprochen während wir an Bellys Entwicklung über die Jahre teilhaben dürfen. Schöne Dinge, aber auch Probleme. Es geht um Liebe, Freundschaft, Familie, die wunderbare Natur um das Sommerhaus herum, viel Gefühl, das Erwachsenwerden und die wachsende Verantwortung, den Wunsch, gesehen zu werden, aber auch um Krankheit und Trauer - ein Buch, was berührt, jedoch nie kitschig wird. Einfach echt. Man fühlt in jeder Situation mit Belle, kann aus ihr lernen und auch einiges mitnehmen. Deshalb kann ich das Buch nur allen weiblichen (und eigentlich auch männlichen) Leser zwischen 13 und 99 empfehlen, die gerne authentische, gefühlvolle Geschichten lesen, die unter die Haut gehen.

Die Erzählweise ist ruhig, gemächlich. Die Autorin nimmt sich sehr viel Zeit für Entwicklungen und ihre Figuren, schafft es aber durch den besonderen Fokus auf die Gefühle der Protagonisten, dass es dem Leser nie langweilig wird. Der Schreibstil passt super zur Atmosphäre, erst eher locker, luftig, verspielt, dann zusehends einfühlsam und stellenweise recht melancholisch. Dabei behält es aber immer einen lebendigen, humorvollen Unterton bei, sodass man kein deprimiertes, erdrückendes Gefühl transportiert bekommt, auch wenn Heftiges passiert.

Die Charaktere waren aber besonders interessant, da sie alle in gewisser Weise umdenken und sich in der veränderten Situation einfinden müssen.
Belly ist das Herzstück der Geschichte und die ganze Faszination des Buches beruht auf ihrer Wandlung und Entwicklung. Leider konnte ich sie am Anfang gar nicht leiden, da sie als unglaublich oberflächliche Person erschien, die naiv denkt, sie sei schon erwachsen und deshalb bei allem mitmachen will, was die Großen auch machen. Sie hängt Tagträumen hinterher, ist der Meinung, die ganze Welt habe sich gegen sie verschworen und hinter denkt einfach alles. Das typische Teenager-Mädchen mit mangelndem Selbstbewusstsein eben. Sie ist sprunghaft, kann sich kaum zwischen Alternativen entscheiden und ist sich ihrer Gefühle sehr unsicher. Pubertät hin oder her, ich fand, dass es ihrer Glaubwürdigkeit ein wenig geschadet hat, als sie erst nicht wusste, ob sie jetzt Jeremiah oder Connor lieber mag und dann auch noch ein dritter Junge auf der Bildfläche erscheint, was natürlich zu weiteren Verwirrungen führt. Im Laufe der Geschichte wandelt sie sich jedoch sehr, wird mutiger und glaubt mehr in sich selbst. Dass sie trotzdem Fehler macht und sich in Dingen hoffnungslos verrennt ist da natürlich vorprogrammiert...

"Der Sommer lag vor uns, mit seinen zahllosen Versprechen und Möglichkeiten."


Steven ist der typische ältere Bruder, der in seiner kleinen Schwester noch immer ein Baby sieht, das es gilt vor der Welt zu beschützen. Er will sie oft nicht dabeihaben, wenn er mit seinen Freunden weggeht, da er sie verzerrt wahrnimmt, will aber nur das Beste für sie, auch wenn er sie gerne auf liebevolle Art und Weise ärgert und zur Weißglut bringt. Während des Sommers ist er gezwungen, umzudenken.

Jeremiah ist ein Sonnyboy - offen und humorvoll trägt er sein Herz auf der Zunge. Man sieht ihn immer mit einem Lächeln auf den Lippen, als hätte er die gute Laune für sich gepachtet und hat meistens einen coolen Spruch parat. Doch auch er, der beste Freund von Belly, dem sie immer alles erzählen kann, verändert sich sehr. Er wirkt bedrückt, reagiert seltsam auf sie - was ist nur los? Im Sommerhaus verbirgt sich irgendein Geheimnis, schlussfolgert Belly und beginnt es zu suchen.

Conrad, der ältesten Sohn von Susannah, ist das genaue Gegenteil von Jeremiah, eher introvertiert und eine Leseratte. Dabei jedoch immer liebenswürdig und aufgeschlossen zu ihr. Belly hat ihn immer bewundert, doch der verschlossene Junge, den sie jetzt wiedersieht, hat kaum mehr etwas mit ihrem früheren verantwortungsvollen Schwarm gemeinsam: er raucht, trinkt oft zu viel und lässt die anderen nicht an seinen Gedanken und Gefühlen teil nehmen und reagiert oft ruppig auf Nähe.
Wenn er mal etwas sagt hat man immer das Gefühl dass er gerne aus sich herauskommen möchte, es aber irgendwie nicht wirklich schafft. Man bekommt als Leser einige alte Erinnerungen an ihn vorgesetzt und kann auch sehr schön bemerken, dass er sich verändert hat, auch wenn man nicht versteht, wieso. Belly versucht, seine Schale zu knacken und es herauszufinden, als sie Cam trifft und sich auf einen Urlaubsflirt mit ihm einlässt. So bahnen sich einige Probleme an und die Geschichte nimmt langsam ihren Lauf, bis die ernüchternde Wahrheit kommt...


"Als er fort war, fiel ich ins Wasser und ließ mich treiben. Ich hörte mein Herz wie ein Metronom in meinen Ohren schlagen. Conrad war anders als früher. Er hatte sich verändert. Und doch, seine Wirkung auf mich war dieselbe. Ganz genau wie immer fühlte es sich an. So, als säße ich hoch oben am Grizzly, der Holzachterbahn in Kinds Domino, genau an der Stelle, bevor es in die Tiefe geht."


Denn es geht nicht nur um Erwachsenwerden und erste Liebe, sondern auch um Krebs und den Umgang der Familie damit. Die Thematik passt wunderbar in die Geschichte und wirkt nicht mit Gewalt hineingepresst. Leider wird der Handlungsstrang ein wenig von Bellys Gefühlschaos überlagert. Diese Gewichtung fand ich etwas seltsam. Durch viel Emotionalität und Feingefühl wird der Geschichte aber trotzdem mehr Tiefe verliehen. Von wirklichem Tiefgang würde ich jetzt nicht unbedingt sprechen, aber wir verlassen auf jeden Fall das oberflächliche Niveau des Jugendbuchs, für das ich den Roman fälschlicherweise gehalten habe.

Wie ich oben schon erwähnt habe, ist das Buch der Auftakt einer Trilogie. Dem stehe ich relativ gleichgültig gegenüber, da ich nicht vorhabe, die weiteren Teile zu lesen. Versteht mich nicht falsch, ich fand das Buch wirklich super, aber für mich ist diese Geschichte einfach abgeschlossen und ich habe Angst, dass mir dieses Gefühl durch die Fortsetzungen versaut wird. Man kann das Buch ganz gut alleinstehend lesen, was ich auch jedem nur empfehlen kann.


Fazit:

Sommerfeeling, Emotionen und ein wenig Nachdenklichkeit zu einem schönen Mix vereint: ein Buch mit viel Herz, das berührt ohne kitschig zu sein!

Veröffentlicht am 03.08.2017

Ein Auftakt, der mitreißt und Lust auf mehr macht!

Engelsnacht
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Allgemeines:

Titel: Engelsnacht
Autor: Lauren Kate
Verlag: Heyne Verlag (12. Dezember 2011)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3453528794
ISBN-13: 978-3453528796
Originaltitel: Fallen
Seitenzahl: 464 Seiten
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Engelsnacht
Autor: Lauren Kate
Verlag: Heyne Verlag (12. Dezember 2011)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3453528794
ISBN-13: 978-3453528796
Originaltitel: Fallen
Seitenzahl: 464 Seiten
Preis: 8,99€ (Taschenbuch)
12,95€ (gebundene Ausgabe)
3,99€ (Kindle-Edition)
Weitere Bände: Engelsmorgen;
Engelsflammen;
Engelslicht



Inhalt:

Ein Mädchen, ein Junge und eine Liebe für die Ewigkeit

Nach dem tragischen Tod ihres Freundes kommt Luce auf ein neues Internat. Nach und nach fängt die 17-Jährige an, sich einzugewöhnen, und schließt neue Freundschaften. Und dann gibt es da auch noch "ihn" – den über irdisch schönen Daniel. Luce ist sich sicher, dass sie Daniel schon einmal gesehen hat. Er behauptet allerdings, sie nicht zu kennen, und verhält sich distanziert und abweisend. Dennoch verliebt sich Luce unsterblich in ihn. Als er ihr eines Tages das Leben rettet und sie sich schließlich doch noch näherkommen, erfährt Luce, dass Daniel ein schreckliches Geheimnis verbirgt – ein Geheimnis, das eng mit ihrem eigenen Schicksal verknüpft ist ...


Bewertung:

"Zwei Liebende, immer wieder dazu verdammt, sich zu verlieben und aufs Neue zu verlieren."

Dieses Buch habe ich auf die wärmste Empfehlung meiner lieben Mitbloggerin gelesen und ihr unfehlbarer Buchgeschmack, hat sich auch hier wieder gezeigt: ich wurde nicht enttäuscht (hast grad noch mal Glück gehabt Magda ?)

Als erstes wie immer ein paar Worte zum Cover und der sonstigen Gestaltung. Ich weiß nicht, was sich deutsche Coverdesigner denken, wenn sie ein Titelbild zu einem übersetzten Buch gestalten. Ich maße mich an zu behaupten, dass sich die englischen/amerikanischen Designer bei der Gestaltung des Originalcovers viele Gedanken gemacht haben und so ein Bild geschaffen haben, das sehr gut zur Geschichte, die es verpackt, passt. In sehr vielen Fällen muss ich jedoch feststellen, dass geniale Ideen aus dem englischen nicht übernommen werden und das deutsche Cover von Fantasy-Romanen oft einen Hang dazu hat, auszusehen wie das Cover einer neuen Staffel Rosamunde Pilcher, ohne dass man eine gescheite Verbindung zur Handlung feststellen kann. Das habe ich schon sehr oft kritisiert. Deshalb hier ein riesengroßes Lob dafür, dass "Engelsnacht" in denselben wunderschönen Farben, mit demselben mystischen Mädchen und sogar demselben Layout des Titels verpackt wurde, wie es auch seine amerikanische Schwester "Fallen" ist. Durch die dunklen, aber sanft leuchtenden Farben, wirkt die Atmosphäre eher dunkel und kalt, jedoch mit einem leichten, erhabenen Hoffnungsschimmer. Dazu passt das Mädchen in dem dunklen Kleid mit den langen schwarzen Harren perfekt, das mit der Körperhaltung - gebeugt, die Hände vor dem Gesicht - eben dies ausdrückt. Die kleinen Vögel und das Setting im Wald geben dem Bild noch ein wenig mehr Mystik, sodass man es beim Ansehen kaum mehr erwarten kann, das Buch endlich zu lesen.
Auch innerhalb der Buchdeckel ist das Buch sehr hübsch gestaltet. Jeden Kapitelanfang und Absatz zieren zwei geschwungene Engelsflügel, das Buch ist in einer angenehmen Größe bedruckt.


"Der einzige Weg, die Ewigkeit zu überstehen, besteht darin, im Augenblick zu leben. Das habe ich getan, nicht mehr und nicht weniger. "


Der Schreibstil ist durchschnittlich - einem Jugendroman angemessen leicht und einfach gehalten - und somit gut zu lesen. Durch wohlplatzierte Beschreibungen und Gefühlsfarben, wird eine eher dunkle, geheimnisvolle Gothic-Atmosphäre kreiert, die super zum Cover, dem Setting und den Charakteren passt, aber leider manchmal etwas schwächelt und aufgesetzt erscheint. Es gab auch leider ein, zwei Dialoge vor allem zwischen Luce und Daniel und Luce und Cam, die mich irgendwie verwirrt, für mich keinen richtigen Sinn gegeben haben, was vielleicht an der Übersetzung liegen könnte. Ich denke, dadurch, dass viele Informationen lange unter Verschluss gehalten werden, verschleppt sich die geheimnisvolle Atmosphäre ein wenig. Außerdem erscheint die Geschichte bloß in Teilen originell, eher wie eine Neuauflage einer bekannten Engelsgeschichte in anderem Setting, weshalb ein kritischer Leser vieles an diesem Auftakt eindeutig ankreiden könnte. Doch ich bin kein allzu kritischer Leser und fand diesen ersten Teil der Reihe eindeutig interesseweckend mit vielen total guten Ansätzen, sodass viel Potential für einen spannenden weiteren Plotverlauf geschaffen wurde.


Erste Sätze: "Um Mittenacht zeichnete er dann zuletzt die Augen. Ihr Blick war der einer Raubkatze, halb zögernd, halb wild entschlossen - voller Glut. Ja, er hatte sie genau getroffen. Es waren ihre Augen."


So beginnt der Auftakt einer vierbändigen Reihe mit einem Rückblick in das Jahr 1854. In einer schicksalshaften Szene erlebt man das Problem, dass Lucinda und Daniel verfolgt: ewige Liebe, auf die immer der Tod führt. In jedem Falle. Mit diesem Vorwissen starten wir in die Geschichte, lernen die junge Lucinda kennen, die alle nur Luce nennen und die schon ihr ganzes Leben lang von merkwürdigen Schatten verfolgt wird, wabernder Dunkelheit, die sie in Angst und Schrecken versetzen und immer erscheinen, wenn etwas Schreckliches im Gange ist.. Da sie jedoch scheinbar die einzige ist, die diese Schatten sehen kann, zweifeln ihre Eltern an ihrem Geisteszustand, sodass sie als Kind so lange von Therapeut zu Therapeut geschickt wurde, bis sie schließlich einfach behauptet hat, dass sie sie nicht mehr sehen könne um diesem Teufelskreis endlich zu entkommen.
Als Luce während einer Party erneut die Schatten zu Gesicht bekommt, weiß sie sofort, dass etwas Furchtbares geschehen wird, und so passiert es: Trevor, der Junge, in den Luce verliebt war und mit dem sie sich allein zurückgezogen hatte, geht in Flammen auf und stirbt. Die Umstände seines Todes können nicht genau aufgeklärt werden, so glauben alle, dass Luce etwas damit zu tun hat, ihn vielleicht sogar getötet hat.
Daraufhin wird sie auf die "Sword & Cross" verbannt, eine Besserungsanstalt für schwererziehbare Jugendliche, die sie völlig von der Außenwelt abriegelt und unter Beobachtung stellt. Wir bekommen diese Schule als feindliche, triste Umgebung geschildert, die mehr wie ein Gefängnis, als ein Internat wirkt und stellen uns genau wie Luce die Frage, was sie dort überhaupt zu suchen hat. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Schülern hat sie ja schließlich nichts Schlimmes getan, oder? Ihre Erinnerungen an jenen Abend, an dem Trevor ums Leben kam, sind lückenhaft, doch ist sie wirklich eine Mörderin? Sie beginnt gerade, sich etwas einzuleben, Freunde zu finden, als sich die Dunkelheit erneut zu Schatten verdichten und sich ein neues Unheil zusammenbraut... Doch kann sie es diesmal aufhalten? Und wer ist der seltsame Daniel Grigori, der ihr nicht mehr aus dem Kopf geht?


"Die Flügel wirbelten in allen Farben der Welt um sie herum, dass ihr der Kopf davon schmerzte. Sie suchte mit den Augen nach einem Halt, aber da waren nur noch das glühende Rot des Sonnenuntergangs und das dunkler werdende Blau des Abendhimmels. Dann sah sie nach unten. Der Boden unter ihren Füßen. Unendlich tief unter ihr."


Obwohl der Roman eindeutig in die Sparte "Fantasy" fällt, beginnt er sehr ruhig und realitätsnah. Durch den Titel weiß man als Leser zwar von Anfang an, dass sie die Handlung in irgendeiner Form um Engel drehen wird. Trotzdem bleibt die ganze Geschichte bis zum Ende hin sehr geheimnisvoll und nur Andeutungen verraten, wer übermenschliche Kräfte haben könnte. Wer sich also auf viel Aktion oder viele Paranormal-Romance-Elemente freut, wird erstmal enttäuscht. Das erste Drittel des Buches wird erstmal dafür verwendet, uns ganz langsam Lucindas Situation zu verdeutlichen und uns die einzelnen Charaktere vorzustellen. Das zieht sich ein kleines bisschen, ist aber auch sehr interessant! Viele andere Rezensenten, die dieses Buch scharf kritisierten, brachten als Argument vor allem hervor, die Protagonisten seien oberflächlich und denkbar schlecht ausgearbeitet. Dagegen kann ich nur sagen, dass diese Reihe ein Mehrteiler ist und es absolut langweilig wäre, wenn die Charaktere schon im ersten Teil vollends ausgearbeitet wären. Stattdessen ist es die Aufgabe eines Auftaktes, einem die Hauptcharaktere grob vorzustellen, sie einzusortieren und sympathisch zu machen, deshalb wirkte auf mich auch niemand oberflächlich oder platt, sondern schlicht unfertig, so als hätte man von einem Bild nur einen kleinen Ausschnitt zu sehen bekommen. Der Rest wird dann sicher mit den Folgebändern klarer...


"Sie stand halb drinnen, halb draußen, an der Schwelle zwischen dem groben Asphalt des Parkplatzes und dem verwahrlosten, von Gräsern und Unkraut überwucherten Gräberfeld. Löwenzahn wuchs hinter dem Tor, und Luce wollte ihn schon fast abpflücken, sich einen Wunsch ausdenken und blasen. Früher hätte sie das gemacht, aber jetzt nicht mehr. Ihre Wünsche passten nicht mehr zu einer zarten, leichten Pusteblume."


Luce ist unumstritten die Protagonistin und erzählt als personaler Erzähler aus der Vergangenheit. Wir müssen uns mit Luce in der neuen Umgebung mit den vielen rätselhaften, neuen Gestalten zurechtfinden und werden in ihre Vergangenheit eingeführt. Nach und nach erfahren wir, aus was für einem Grund sie in der "Sword & Cross" gelandet ist und sind natürlich auch neugierig auf die Schicksale der anderen Schüler. Kameras überall, sie ganz alleine in der Mitte von Verbrechern, der Unterricht ist furchtbar und dann wird sie in der Kantine auch noch grundlos von einer anderen Schülerin attackiert und vor der ganzen Schule gedemütigt. Da ist natürlich klar, dass es um ihr Selbstbewusstsein und ihre Zufriedenheit nicht allzu gut steht. Trotzdem mutiert sie nicht zu einem Jammerlappen, sondern steht zu sich und gibt nicht auf! Zwar handelt sie manchmal etwas naiv lässt sich vorrangig von ihren Gefühlen leiten und versinkt auch mal im Selbstmitleid, ist aber trotzdem authentisch und liebenswürdig dargestellt. Vor nichts hat sie mehr Angst, als die Kontrolle zu verlieren, anderen etwas anzutun und nicht zu wissen, ob sie nun wirklich zu einem Mord fähig wäre oder nicht. Zudem quält sie die Einsamkeit immer mehr. Als sie denkt, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, retten sie die furchtlose Arriane und die schüchterne Penn aus ihrer Isolation und zwischen ihnen entwickelt sich schnell eine Freundschaft. Es sind also gute Grundsteine für eine Charakterentwicklung gelegt, ich erwarte, dass sie in den weiteren Bänden reifer wird und mehr versteht.

Doch ihr Außenseiterposten ist längst nicht ihr einziges und schon gar nicht größtes Problem!
Neben dem Unterricht muss Luce sich vor allem mit dem anderen Geschlecht herum schlagen, obwohl sie nach der Sache mit Trevor eigentlich auf keinen Fall eine neue Beziehung eingehen wollte.

"Daniel? Cam? Wie lange war sie jetzt an dieser Schule? Einen halben Vormittag? Und sie zerbrach sich schon über zwei Jungen den Kopf"


Einerseits lernt sie Cam kennen, den coolen und beliebten Jungen, der Luce vom ersten Tag an umschwärmt und sich um sie bemüht. Er kümmert sich um sie, als keiner sich für sie interessiert, lädt sie zu Partys ein und macht ihr sogar Geschenke. Sie fühlt sich dadurch begehrt und geschmeichelt, weshalb sie sich auch ein wenig zu ihm hingezogen fühlt. Doch dem Leser ist vom ersten Moment an klar, dass das mit den beiden nichts werden kann. Doch Luce sieht das anders - es ist also viel Verwirrung und Herzschmerz vorprogrammiert! Denn auch er ist mehr, als er vorzugeben versucht...

Auf der anderen Seite ist da aber auch noch Daniel, der unglaublich umwerfend gutaussehende Typ, den sie schon immer zu kennen scheint, der aber so herzlich zu ihr ist, wie ein frostiger Kühlschrank. Obwohl er sich ihr gegenüber immer abweisender und widersprüchlich verhält, zieht es sie immer wieder zu ihm hin und auch er taucht immer wieder in ihrer Nähe auf, als könnten sie beide nichts gegen die unsichtbare Anziehung zwischen ihnen tun. Im Gegensatz zu Cam, der Luce offen seine Gefühle zeigt, ist Daniel sehr schwer zu durchschauen. Immer, wenn er sich Luce ein wenig genähert hat, stößt er sie wieder von sich, was ihn anfangs ziemlich unsympathisch erscheinen lassen hat. Ich mochte ihn dann aber immer mehr, als klar wurde, wie sehr er auch leidet und nur das Beste für sie will. Seine Motive und sein Innenleben, bleiben - genau wie sein großes Geheimnis - mehr oder weniger bedeckt, so dass er das große Mysterium des Buches ist, was auch leider noch nicht aufgedeckt wird, wodurch er noch etwas blass wirkt. Doch es liegen ja noch 3 Bände vor mir, man darf sich also auf einiges freuen!


"Manchmal glaube ich, nur ein Schutzengel kann mich noch retten. Aber ich habe niemals an Engel geglaubt. Bis ich ihn traf."


Luce beginnt zusammen mit ihrer Freundin Penn und der netten Bibliothekarin Miss Sophia etwas genauer nachzuforschen, was Daniel Grigoris Geheimnis anbelangt, doch hinter den Fassaden der Schüler verbirgt sich noch viel mehr, als sie gedacht hat! Und immer mehr bekommt sie die Ahnung, dass sich alles immer wieder wiederholt. Doch diesmal ist etwas anders!
An Nebencharakteren mochte ich vor allem die etwas durchgeknallte aber lebendig fröhliche Arriane und die Superbarbie Gabbe, die wie eine perfekte Blondie scheint, sich dann aber als mehr entpuppt. Das hat mir sehr gut gefallen!

Vor allem das Ende nimmt dann mit einigen neuen Erkenntnissen nochmal Tempo auf und die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen. Man erfährt endlich etwas mehr über die Beziehung Luce und Daniels, die anderen Schüler und spätestens ab dem Kampf zwischen Gut und Böse kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Leider wird auch hier nicht viel verraten, was aber auch seine gute Seite hat: Spannung auf den nächsten Teil, der zum Glück schon bei mir im Schrank steht


"Ich habe schon viel zu lange warten müssen" "Wie lange?", fragte Luce. "Nicht so lange, um zu vergessen, dass du es wert bist. Jedes Opfer. Jeden Schmerz!"


Der Epilog ist dann nochmal ein kurzer OMG-Moment, wie auch schon der Prolog und macht Lust auf mehr.


Fazit:

Ein Auftakt, der mitreißt und Lust auf mehr macht, sein Potential jedoch nicht ganz ausschöpft. Für Fans von Engeln und Liebesgeschichten auf jeden Fall empfehlenswert - ich bin sehr gespannt auf die Folgebände!!

Veröffentlicht am 03.08.2017

Nichts für sonnige Gemüter!

Fünf Minuten
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Allgemeines:

Titel: Fünf Minuten - Ein Tagebuch
Autor: Ian Cushing
Verlag: neobooks (5. Juni 2017)
Genre: Kurzgeschichte
ASIN: B072K5TCJS
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 73 Seiten
Preis: 1,99€ (Ebook) ...

Allgemeines:

Titel: Fünf Minuten - Ein Tagebuch
Autor: Ian Cushing
Verlag: neobooks (5. Juni 2017)
Genre: Kurzgeschichte
ASIN: B072K5TCJS
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 73 Seiten
Preis: 1,99€ (Ebook)



Inhalt:

"Das ganze Leben ist eine Reise."

"Fünf Minuten – Ein Tagebuch" ist ein zutiefst verstörendes Tagebuch, welches einen Einblick in das Leben des namenlosen Protagonisten gewährt. Er blickt zurück und lässt den Leser gleichzeitig an seinem Leben und seiner Metamorphose teilhaben.
"Fünf Minuten – Ein Tagebuch" beschreibt die Verzweiflung und Gedanken eines Mittvierzigers mithilfe des Existenzialismus, der zur Religion -und somit zum Erlöser und zur Geißel- des Protagonisten geworden ist; in seinen sowohl ausführlichen, als auch mitunter fragmentarischen Einträgen finden sich ebenso Elemente des Thrillers wieder, die den Geschehnissen in seinem Leben Rechnung tragen. Diese Geschichte ist definitiv nichts für sonnige Gemüter.


Bewertung:

DISCLAIMER: Vielen Dank an Ian Cushing für das Rezensionsexemplar!

Mal wieder eine Kurzgeschichte, die es in sich hat und bei deren Bewertung ich mir schwer tue:
Was ist das Leben? Welchen tieferen Sinn hat es? Diese Fragen stellen wir uns als Menschheit häufig und es gibt verschiedene Antworten und Wege, sich der Frage zu stellen. Über diese Sinn-Thematik macht sich auch der anonyme Verfasser eines Tagesbuch Gedanken und antwortet auf die Frage ganz im Sinne des Existenzialismus: Keinen. Somit hat diese Kurzgeschichte eine sehr drückende, düstere Stimmung, - eine traurige Geschichte, die immer weiter auf die Eskalation zusteuert, in Form eines Tagebuchs.


Erster Satz: "Ich habe mich entschlossen, eine Art Tagebuch zu führen und meine Gedanken aufzuschreiben."


Das Tagebuch geht über gute zwei Jahre, von 2015 bis 2017. In 21 Einträgen berichtet der Schreiber von seiner Kindheit und seiner aktuellen Situation und reflektiert dabei sein Dasein. Der Protagonist ist ein Mann Mitte Vierzig mit einem unspektakulären Job, sonst weiß man nichts über ihn. In Form von Tagebucheinträgen aus der Ich-Perspektive lässt er uns an seinen Gedanken über das Leben teilhaben. Durch Situationen existenzieller Art wird er zu spontanen Entscheidungen gezwungen und verändert sich langsam. Ob er in den meisten Situationen zu weit geht, oder einfach logisch einen weiteren Schritt tut, muss wohl jeder Leser selbst entscheiden.

Der Sprachstil ist ruhig und niveauvoll gehalten und spiegelt die nüchternde, bedrückende Lebenshaltung des Tagebuchschreibers wieder. Das lyrische-Ich stellt sich selbst viele Fragen und findet im Laufe der Geschichte seine eignen Antworten darauf. Ich stimme diesen fast durchgängig zwar nicht zu, finde aber, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss, seine Strategie um mit dem Leben klarzukommen, und wenn das die Tatsache ist, dass nichts etwas bedeutet, dann meinetwegen.

Wir kommen dem Protagonisten zwar sehr nahe - er lässt uns an seinen Gefühlen und Gedanken teilhaben -, wirklich identifizieren können wir uns mit dem Protagonisten aber nicht, er wird eher als Anti-Held dargestellt und bleibt analytisch fern und fremd. Trotz seiner distanzierten und leeren Art ist er sehr hilfsbereit, nimmt sich andererseits selber sehr zurück und ist wahrscheinlich depressiv. Er ist Existenzialist, verehrt Camus, Sartre und Hesse und erwartet nicht viel vom Leben. Genauer gesagt denkt er, dass das Leben an sich sinnlos ist. Diese Auffassung teile ich absolut nichts, weshalb es schwierig für mich war, dieses Buch zu lesen. Auf der anderen Seite wird abschreckend aber interessant dargestellt, was mit einem Menschen passieren kann, wenn er den Glauben an die Bedeutung des Lebens verliert: er verliert auch den Respekt davor und schreckt vor schrecklichen Taten nicht zurück. Er beschreibt anschaulich einen Seelenzustand, mit dem vermutlich jeder in seinem Leben schon einmal Bekanntschaft gemacht hat - Sinnlosigkeit, Selbstzweifel. Es ist das Gefühl von "kosmischer Verlorenheit" – die schier unheilbare Empfindung von Einsamkeit und Fremdheit, überhaupt von der Absurdität des Lebens. Wider Willen ist man auf diese gottverdammte Welt geworfen worden, und niemand, von den Eltern vielleicht abgesehen, hat auf einen gewartet. Existenzialismus, so könnte man sagen, ist ein Daseins-Schmerz, dem sich – ganz nebenbei – große Werke in Musik und Malerei, in Literatur und Philosophie verdanken.


"Was, wenn man merkt, dass alles keinen Sinn macht? Wenn man versteht, dass alles, was man während seines Lebens macht und schafft, am großen Tod scheitern wird? Wenn man nicht gerade Goethe, Hesse oder Metallica heißt und der Geschichte somit etwas hinterlässt, sind Milliarden Leben sinnlos. So wie meines. Im kleinsten Kreis kann man das Leben seiner Familie, Freunde und Kollegen beeinflussen und bestenfalls bereichern, aber wenn ich nicht da wäre, wäre es ein anderer."


Hier wurde ich stark an die Grundidee von Janne Tellers stark umstrittenem Roman "Nichts was im Leben wichtig ist" erinnert, der von jungen Menschen handelt, die aus Angst vor dieser Frage versuchen, einen Haufen aus Bedeutung anzusammeln und dabei vor nichts mehr zurückschrecken. Ich finde es unnötige Mühe zu versuchen, sich krampfhaft eine große Menge an geheuchelter Bedeutung an zuschaufeln, wie das viele Menschen mit materiellen Dingen tun, vertrete aber trotzdem klar die Meinung, dass es so etwas wie Bedeutung klar gibt.

Im Klapptext steht, die Geschichte sei "definitiv nichts für sonnige Gemüter", was ich auf jeden Fall genauso sehe. Leider - oder eigentlich zum Glück - habe ich ein eher sonniges Gemüt, weshalb die Geschichte mir etwas suspekt blieb. Dennoch konnte mich die Geschichte ab der Mitte etwa richtig mitreißen. Zuerst dachte ich, die Story werde ein trübsinniger, depressiver Ausflug in die Philosophie, doch dann nimmt die Geschichte Fahrt auf und wandelt sich in einen spannenden Lebenskrimi. Um die Geschichte wirklich zu verstehen, muss man sich allerdings wirklich mit der Philosophie beschäftigen und sich auch selbst hinterfragen können. Für mich war´s nichts, aber es ist auf jeden Fall eine interessante Geschichte, die dazu bringt, kritisch über das Leben nachzudenken.

Noch ein paar Worte zur Gestaltung. Das Cover passt meiner Meinung nach perfekt zur Geschichte - dunkel, trostlos und kalt. Der Totenkopf aus Eis oder Glas im Zentrum verleiht dem Bild Atmosphäre und auch der Titel passt gut. Also insgesamt eine gute Komposition!

Zum Abschluss noch ein schönes Zitat:

"Wieder lichtete sich der Nebel eines universalen, religiösen und philosophischen Problems: Gut und Böse in Form von zwei Gegenspielern existieren nicht. Du kannst alles sein, was du willst; es liegt alles in dir."


Fazit:

Wenn ihr Zeit habt, schenkt diesem Buch 5 Minuten, vielleicht kann es euch mehr erreichen als mich.

Veröffentlicht am 03.08.2017

"Die Revolution ist wie Saturn. Sie frisst ihre eigenen Kinder!"

Die Bluthunde von Paris
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Allgemeines:

Titel: Die Bluthunde von Paris
Autor: Christina Geiselhart
Verlag: epubli (31. Dezember 2016)
Genre: Historischer Roman
ISBN-10: 3741880485
ISBN-13: 978-3741880483
Seitenzahl: 522 Seiten
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Die Bluthunde von Paris
Autor: Christina Geiselhart
Verlag: epubli (31. Dezember 2016)
Genre: Historischer Roman
ISBN-10: 3741880485
ISBN-13: 978-3741880483
Seitenzahl: 522 Seiten
Preis: 12,99€ (Taschenbuch)
14€ (gebundene Ausgabe)
4,99€ (Kindle-Edition)




Inhalt:

Frankreich und Paris Ende des 18. Jahrhunderts:

Revolution, hetzerische Debatten im Konvent, Krieg an den Fronten, blutige Aufstände im Landesinnern, Verrat und Hunger bestimmen den Alltag und Philippines Kindheit und Jugend. Ihr Vater ist Folterer, ihr Onkel der berühmte Henker von Paris, Charles-Henri Sanson. Inmitten dieses Hexenkessels und einer Mutter, die Hure und Mörderin zugleich ist, bewahrt sich das Mädchen seine edle Seele, entwickelt sich zu einer starken, gebildeten Frau und findet jenen wieder, den sie als Kind getroffen und sofort geliebt hat. Auf das Glück der beiden jedoch wirft das Blutgerüst seinen drohenden Schatten.


Bewertung:

DISCLAIMER: Vielen Dank an Christina Geiselhart und ihr Team für das Rezensionsexemplar!

"Liberté, Égalite, Fraternité" - Man lernt es in der Schule, die Grundzüge des folgenreichsten Ereignisses der neuzeitlichen europäischen Geschichte. Die Französische Revolution war eine harte Zeit mit vielen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen, welche im Roman "Die Bluthunde von Paris" deutlich vorgebracht werden. Demnach ist es bei weitem kein sonniges Buch, sondern das Porträt der Gewalt zu dieser Zeit vielen politischen Kalküls gemischt mit einer romantischen Liebesgeschichte.


Erster Satz: "Als Philippine zur Welt kam, war ihr Vater im Begirff die Waden eines Häftlings zwischen die Eisenplatten des Spanischen Stiefels zu spannen."


Die Geschichte beginnt in den frühen Anfängen der Französischen Revolution 1774 mit der Geburt der Protagonistin Philippine Sanson. Das wunderschöne Kind hat zwei Makel: ein verkrüppelter Fuß und ihre verkommene Familie. Der Vater ist Verhörvollstrecker, der Onkel der Henker von Paris, die Mutter baut mit ihrer anderen Tochter ein florierendes Hurengeschäft auf, ihre weiteren Schwestern haben allesamt sichtbare Makel, sei es eine Hasenscharte, fleckige Haut oder verdorrte Hände. Doch zu ihrem Glück sieht die habgierige Mutter in dem wunderschönen Mädchen eine Tür in eine bessere Welt, sie soll Lea durch eine gute Heirat zu Reichtum verhelfen. So schickt sie sie zur Schule und kauft ihr das Pferd Vraem, das bald ihre beste Freundin wird. Um ihrem schrecklichen Elternhaus zu entkommen unternimmt sie auf ihrem Pferd immer mehr Streifzüge durch den Wald, wodurch sie auf ein verlassenes Herrenhaus stößt und einen geheimnisvollen, jungen Mann kennenlernt, der sich dort versteckt und sie mit seinen flammenden Reden über eine Abschaffung der Monarchie und dem Aufbau einer Republik begeistert. Fortan trifft sich das Mädchen täglich mit dem Mann und lernt mehr und mehr über Politik und die Untergrundszene. In Philippine reift eine junge Liebe zu Maxence heran, doch der Mann sieht in ihr nur ein Mädchen aus der Unterschicht, die seines Standes nicht würdig wäre… Doch als er nach Paris aufbricht, folgt sie ihm. Und gerät in den Strudel der kochenden Revolution, die ihre Kinder frisst...

Der erste Teil des Buches ist relativ heftig und derb erzählt. Später wird die Handlung etwas zivilisierter, doch nicht minder blutig und gewalttätig. Die Autorin hat eine Altersempfehlung von 18 Jahren angesetzt, was ich auch auf jeden Fall bekräftigen würde. Ich selbst bin zwar noch keine 18 und habe es trotzdem verkraftet, doch das Buch hat wirklich dermaßen abstoßende und verstörende Züge, sodass ich auf jeden Fall sagen kann, es ist nicht für zart besaitete Leser zu empfehlen. Die Beschreibungen von Folter, Gewalt, Vergewaltigung und anderen Leiden des normalen Alltags sind sehr plastisch erzählt und schrecken vor nichts zurück. Das Buch gibt wirklich jeden Zustand der damaligen Zeit völlig ungeschönt wieder. Was mich aber sehr gestört hat ist, dass eine gehörige Portion an Sexszenen und Gewalt an Frauen die Geschichte durchsetzt und mit Fortschreiten Leas Gewerbes und Beschreibung der Prostitution das Buch teilweise fast abstoßend pornographische Züge entwickelt. Die Bilder, die durch die anschaulichen Beschreibungen in den Köpfen des Lesers entstehen, machten es mir schwer, mich dem Buch emotional irgendwie zu nähern. Dazu hat dann auch noch der beschreibende und fließende Schreibstil beigetragen. Manchmal wollte ich gar nicht erst weiterlesen. Es ist wirklich beeindruckend, wie gekonnt die Autorin die brutalen und erschreckenden Zustände der damaligen Epoche mit den fundierten historischen und geschichtlichen Aspekten und Ereignissen zu Beginn der Französischen Revolution verwebt, meiner Meinung nach ist sie an manchen Stellen aber entschieden und übertrieben zu weit gegangen!

Gut gefallen hat mir an der Darstellung des Buches, dass man wirklich einen besseren Einblick in die Motive und die Stimmung des Landes erhält. Revolution heißt nicht nur Stürzen der Regierung, hetzerische Debatten im Konvent, Krieg an den Fronten, sondern auch blutige Aufstände im Landesinnern, Verrat und Hunger der Bevölkerung. Man sieht, dass es nicht immer die Lösung ist, die Regierung zu stürzen und nicht leicht danach selbst zu regieren. Das Buch ist in drei große Abschnitte geteilt, die hauptsächlich die drei Teile der Revolution untergliedern, ebenso wie wichtige Abschnitte in Philippines Leben.
Die erste Phase von etwa 1789 bis 1791 stand im Zeichen des Kampfes für bürgerliche Freiheitsrechte und für die Schaffung einer konstitutionellen Monarchie.
Die zweite Phase von 1792 bis 1794 führte angesichts der inneren wie äußeren gegenrevolutionären Bedrohung zur Errichtung einer Republik mit radikaldemokratischen Zügen und zur Ausbildung einer Revolutionsregierung, die mit Mitteln des Terrors und der Guillotine alle „Feinde der Revolution“ verfolgte.
In der dritten Phase, der Direktorialzeit von 1795 bis 1799, behauptete eine von besitzbürgerlichen Interessen bestimmte politische Führung die Macht nur mühsam gegen Volksinitiativen.


"Das Volk regiert. Jetzt muss nur noch einer kommen und Feuer an die Zorneslunte legen, dann geht alles in die Luft. Am 12. Juni 1789 kam so einer..."


Gut fand ich auch, dass viele wichtige Namen und Personen, die in Zusammenhang mit der Revolution fallen genannt und manchmal auch genauer charakterisiert werden. Ich habe an vielen Stellen das Gefühl bestätigt bekommen, die Autorin hat sehr gute Recherchearbeit geleistet. Dennoch muss man sich sehr gut auskennen, um an der ganzen Flut aus Informationen und Fakten nicht erschlagen zu werden. Ich denke, ich kann von mir behaupten, ein recht gutes Allgemeinwissen zu haben, doch während ausgiebigen Politik Diskussionen der Hauptcharaktere, seltsamen Andeutungen über geheimnisvolle Untergruppen oder revolutionäre Zusammenhänge wurde ich zunehmend verwirrter. Wer waren jetzt noch mal die Sansculotten oder die Girondisten, die Jakobiner, welche der tausend Charaktere des Konvents mit den verwirrenden französisch-adeligen Namen gehörten zu welcher Gruppe und was zum Teufel wollten die eigentlich? Ich habe irgendwann angefangen zu googeln, wurde aber nicht viel schlauer daraus, sondern nur zunehmend überfordert. Die Hälfte der Informationen, gut erklärt und in Zusammenhang gestellt hätte gereicht, Großteils habe ich mich aber über die Darstellung der Fakten gefreut.

Neben all den Informationen und Entwicklungen dieser Zeit, die an sich schon ein ganzes Buch füllen könnten, gehen die Charaktere und vor allem die Geschichte der jungen Philippine leider ein wenig unter. Sie verschönern (naja außer vielleicht Lea) zwar die Geschichte, machen sie zu einem Roman, rücken aber leider ein wenig in den Hintergrund. Das könnte dann auch der Grund gewesen sein, warum ich den Drang, weiterzulesen an manchen Stellen kurzzeitig verloren habe, auch wenn ich durch die düstere, blutige Atmosphäre angespornt wurde und wissen wollte, wie es weitergeht.


"Hier unter den Kastanienbäumen wollte sie träumen. Von einer besseren Zeit und von ihrem Leben mit Maxence. Sie malte sich die Hochzeit aus, dachte an Kinder - ein Junge und ein Mädchen - und sah sich im Geiste tanzen. Irgendwann wird dies alles vorbei sein, dachte sie. Wir werden alle genug zu essen haben und in Frieden zusammen leben. Die Guillotine wird verschwinden und mit ihr die Todesangst. Irgendwann."


Denn die Story, die wir verfolgen ist wirklich sehr passend und gut durchdacht in das historische Konstrukt eingebaut. Die Charaktere sind aus der allwissenden Perspektive geschildert, wobei ich hier meine Probleme hatte sie alle an mich heran zu lassen und zu mögen.

Philippine ist der einzige Lichtblick inmitten von halbwilden Barbaren, so scheint es immer wieder. Wir lernen das Mädchen von klein auf kennen und schätzen vor allem ihren hellen und edlen Charakter, ihre fröhliche, wissbegierige und ehrliche Art, mit der sie ihre düstere Umgebung aufhellt.
Im Laufe der Story macht sie eine unglaubliche Entwicklung durch. Sie erscheint zunächst unterwürfig und kindlich naiv; verliebt in einen Mann, den sie nicht haben kann, setzt alles daran Maxence zu beeindrucken und seine Liebe zu gewinnen, um mit ihm zusammen leben zu können. Doch sie bildet sich fortlaufend weiter, lernt und liest, nimmt an Diskussionen im Konvent teil und entwickelt sich zu einer selbstbewussten Frau mit einer eigenen Meinung und einem gebildeten Blick auf die Welt, die ich bewundert habe


"Schweigend sahen sie dem Eintreten des Abends zu. Die Luft war nicht mehr klar wie am Tag, in ihr hing ein feiner Schleier, der sich langsam auf den Garten herabsenkte und ihn vergoldete. Ein schimmerndes Netz lag auf dem frischen Gras, den jungen Blättern, fiel von den Wipfeln der Bäume über das Dach des Hauses. Philippine hatte sich Maxence gegenüber gesetzt und das Gesicht zum Himmel erhoben. Sie wünschte sich, in dieses Netzt eingesponnen zu werden."


Über den adligen Revolutionär Maxence Vergniaud hingegen konnte ich oft nur den Kopf schütteln. Seine Argumentations- und Denkweise empfand ich oft als unlogisch und auch einige seiner Handlungen nicht wirklich nachvollziehen. Deshalb konnte ich Philippines Begeisterung ihm gegenüber nicht wirklich verstehen.

Erwähnen mag ich noch zwei etwas seltsame Nebenfiguren, die mir trotz ihrer etwas rohen Art sehr ans Herz gewachsen sind. Zum einen war das Philippines Onkel, der Henker von Paris Charles-Henri Sanson, bei dem sie unterkommt, nachdem ihr Vater Karl den Hurenbetrieb seiner Frau Lea und seiner Tochter Frida aufgedeckt hat. Trotz seines grausamen, blutigen Berufes zeigt er sehr menschliche, gebildete Züge. Durch Philippine kommt ein wenig Leben in sein Haus, was ihn sehr berührt und ihn nachdenken lässt. Ebenso liebgewonnen habe ich seine Großmutter Marthe. Eine robuste, redselige Frau, die sich niemals den Mund verbieten ließ und für mich ein wenig das Gewissen aller handelnden Personen darstellte, weil sie das sagte, was die anderen sich vielleicht nicht mal zu denken wagten. Insgeheim war sie mein persönlicher Liebling!


"Eine Veränderung ging in ihm vor. Er hatte das Gefühl, entweder bald zu sterben, oder ein ganz anderer Mensch zu werden."


Um zur Gestaltung zu kommen: Ich finde das Cover irgendwie passend. Durch das dreckige grau-beige wird die Atmosphäre des Buches sehr gut widergespiegelt. Dazu passen auch das berühmte Bild der Hinrichtung Ludwigs XVI. durch die Guillotine und die Zeichnungen der drei Personen in der Mitte, auch wenn ich sie nicht wirklich eindeutig zuordnen konnte. Die Frau links sollte wohl Philippine sein, in meinen Augen passt sie aber gar nicht. Die Schreibweise des Titels ist ebenso passend - geschwungene Schnörkel, die sich immer wieder im Buch wiederfinden. Den Titel fand ich erst einmal etwas verwirrend, weil ich nicht genau wusste, was die Bluthunde jetzt mit der Geschichte einer jungen Dame, die ihr Glück in Paris sucht, zu tun haben soll. Als ich dann aber verstanden habe, dass das Buch keineswegs eine lockere Story über das Leben dieses jungen Mädchens darstellt, erschloss sich auch der Titel für mich. Die Revolutionäre, Jakobiner, ihre Henker und Folterer Familie, alle sind sie blutgierig und gewalttätig - gebeutelt von dieser schwierigen Zeit.
Das Ende hat mir sehr gut gefallen, nicht kitschig und unrealistisch auf Happyend getrimmt, sondern einfach, klar aber doch positiv. Ein guter Abschluss, denn irgendwie war klar, dass es noch jemanden kosten musste.

"Die Revolution ist wie Saturn. Sie frisst ihre eigenen Kinder!"


Fazit:

Auch wenn ich das Buch an einigen Stellen zu übertrieben abstoßend empfand und mit einigen Fakten überfordert war, muss man das Geschick loben, mit dem Christina Geiselhart diese Geschichte aufgesetzt hat. Auch wenn ich das Buch nicht unbedingt schön fand, habe ich mich mehr mit der Zeit der Französischen Revolution auseinandergesetzt und vor Augen geführt bekommen, was für ein blutiges Opfer die Franzosen bringen mussten, damit wir heute die Idee einer freien Gesellschaft leben können.

Veröffentlicht am 03.08.2017

"Die Revolution ist wie Saturn. Sie frisst ihre eigenen Kinder!"

Die Bluthunde von Paris
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Allgemeines:

Titel: Die Bluthunde von Paris
Autor: Christina Geiselhart
Verlag: epubli (31. Dezember 2016)
Genre: Historischer Roman
ISBN-10: 3741880485
ISBN-13: 978-3741880483
Seitenzahl: 522 Seiten
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Die Bluthunde von Paris
Autor: Christina Geiselhart
Verlag: epubli (31. Dezember 2016)
Genre: Historischer Roman
ISBN-10: 3741880485
ISBN-13: 978-3741880483
Seitenzahl: 522 Seiten
Preis: 12,99€ (Taschenbuch)
29€ (gebundene Ausgabe)
4,99€ (Kindle-Edition)



Inhalt:

Frankreich und Paris Ende des 18. Jahrhunderts:

Revolution, hetzerische Debatten im Konvent, Krieg an den Fronten, blutige Aufstände im Landesinnern, Verrat und Hunger bestimmen den Alltag und Philippines Kindheit und Jugend. Ihr Vater ist Folterer, ihr Onkel der berühmte Henker von Paris, Charles-Henri Sanson. Inmitten dieses Hexenkessels und einer Mutter, die Hure und Mörderin zugleich ist, bewahrt sich das Mädchen seine edle Seele, entwickelt sich zu einer starken, gebildeten Frau und findet jenen wieder, den sie als Kind getroffen und sofort geliebt hat. Auf das Glück der beiden jedoch wirft das Blutgerüst seinen drohenden Schatten.


Bewertung:

DISCLAIMER: Vielen Dank an Christina Geiselhart und ihr Team für das Rezensionsexemplar!

"Liberté, Égalite, Fraternité" - Man lernt es in der Schule, die Grundzüge des folgenreichsten Ereignisses der neuzeitlichen europäischen Geschichte. Die Französische Revolution war eine harte Zeit mit vielen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen, welche im Roman "Die Bluthunde von Paris" deutlich vorgebracht werden. Demnach ist es bei weitem kein sonniges Buch, sondern das Porträt der Gewalt zu dieser Zeit vielen politischen Kalküls gemischt mit einer romantischen Liebesgeschichte.


Erster Satz: "Als Philippine zur Welt kam, war ihr Vater im Begirff die Waden eines Häftlings zwischen die Eisenplatten des Spanischen Stiefels zu spannen."


Die Geschichte beginnt in den frühen Anfängen der Französischen Revolution 1774 mit der Geburt der Protagonistin Philippine Sanson. Das wunderschöne Kind hat zwei Makel: ein verkrüppelter Fuß und ihre verkommene Familie. Der Vater ist Verhörvollstrecker, der Onkel der Henker von Paris, die Mutter baut mit ihrer anderen Tochter ein florierendes Hurengeschäft auf, ihre weiteren Schwestern haben allesamt sichtbare Makel, sei es eine Hasenscharte, fleckige Haut oder verdorrte Hände. Doch zu ihrem Glück sieht die habgierige Mutter in dem wunderschönen Mädchen eine Tür in eine bessere Welt, sie soll Lea durch eine gute Heirat zu Reichtum verhelfen. So schickt sie sie zur Schule und kauft ihr das Pferd Vraem, das bald ihre beste Freundin wird. Um ihrem schrecklichen Elternhaus zu entkommen unternimmt sie auf ihrem Pferd immer mehr Streifzüge durch den Wald, wodurch sie auf ein verlassenes Herrenhaus stößt und einen geheimnisvollen, jungen Mann kennenlernt, der sich dort versteckt und sie mit seinen flammenden Reden über eine Abschaffung der Monarchie und dem Aufbau einer Republik begeistert. Fortan trifft sich das Mädchen täglich mit dem Mann und lernt mehr und mehr über Politik und die Untergrundszene. In Philippine reift eine junge Liebe zu Maxence heran, doch der Mann sieht in ihr nur ein Mädchen aus der Unterschicht, die seines Standes nicht würdig wäre… Doch als er nach Paris aufbricht, folgt sie ihm. Und gerät in den Strudel der kochenden Revolution, die ihre Kinder frisst...

Der erste Teil des Buches ist relativ heftig und derb erzählt. Später wird die Handlung etwas zivilisierter, doch nicht minder blutig und gewalttätig. Die Autorin hat eine Altersempfehlung von 18 Jahren angesetzt, was ich auch auf jeden Fall bekräftigen würde. Ich selbst bin zwar noch keine 18 und habe es trotzdem verkraftet, doch das Buch hat wirklich dermaßen abstoßende und verstörende Züge, sodass ich auf jeden Fall sagen kann, es ist nicht für zart besaitete Leser zu empfehlen. Die Beschreibungen von Folter, Gewalt, Vergewaltigung und anderen Leiden des normalen Alltags sind sehr plastisch erzählt und schrecken vor nichts zurück. Das Buch gibt wirklich jeden Zustand der damaligen Zeit völlig ungeschönt wieder. Was mich aber sehr gestört hat ist, dass eine gehörige Portion an Sexszenen und Gewalt an Frauen die Geschichte durchsetzt und mit Fortschreiten Leas Gewerbes und Beschreibung der Prostitution das Buch teilweise fast abstoßend pornographische Züge entwickelt. Die Bilder, die durch die anschaulichen Beschreibungen in den Köpfen des Lesers entstehen, machten es mir schwer, mich dem Buch emotional irgendwie zu nähern. Dazu hat dann auch noch der beschreibende und fließende Schreibstil beigetragen. Manchmal wollte ich gar nicht erst weiterlesen. Es ist wirklich beeindruckend, wie gekonnt die Autorin die brutalen und erschreckenden Zustände der damaligen Epoche mit den fundierten historischen und geschichtlichen Aspekten und Ereignissen zu Beginn der Französischen Revolution verwebt, meiner Meinung nach ist sie an manchen Stellen aber entschieden und übertrieben zu weit gegangen!

Gut gefallen hat mir an der Darstellung des Buches, dass man wirklich einen besseren Einblick in die Motive und die Stimmung des Landes erhält. Revolution heißt nicht nur Stürzen der Regierung, hetzerische Debatten im Konvent, Krieg an den Fronten, sondern auch blutige Aufstände im Landesinnern, Verrat und Hunger der Bevölkerung. Man sieht, dass es nicht immer die Lösung ist, die Regierung zu stürzen und nicht leicht danach selbst zu regieren. Das Buch ist in drei große Abschnitte geteilt, die hauptsächlich die drei Teile der Revolution untergliedern, ebenso wie wichtige Abschnitte in Philippines Leben.
Die erste Phase von etwa 1789 bis 1791 stand im Zeichen des Kampfes für bürgerliche Freiheitsrechte und für die Schaffung einer konstitutionellen Monarchie.
Die zweite Phase von 1792 bis 1794 führte angesichts der inneren wie äußeren gegenrevolutionären Bedrohung zur Errichtung einer Republik mit radikaldemokratischen Zügen und zur Ausbildung einer Revolutionsregierung, die mit Mitteln des Terrors und der Guillotine alle „Feinde der Revolution“ verfolgte.
In der dritten Phase, der Direktorialzeit von 1795 bis 1799, behauptete eine von besitzbürgerlichen Interessen bestimmte politische Führung die Macht nur mühsam gegen Volksinitiativen.


"Das Volk regiert. Jetzt muss nur noch einer kommen und Feuer an die Zorneslunte legen, dann geht alles in die Luft. Am 12. Juni 1789 kam so einer..."


Gut fand ich auch, dass viele wichtige Namen und Personen, die in Zusammenhang mit der Revolution fallen genannt und manchmal auch genauer charakterisiert werden. Ich habe an vielen Stellen das Gefühl bestätigt bekommen, die Autorin hat sehr gute Recherchearbeit geleistet. Dennoch muss man sich sehr gut auskennen, um an der ganzen Flut aus Informationen und Fakten nicht erschlagen zu werden. Ich denke, ich kann von mir behaupten, ein recht gutes Allgemeinwissen zu haben, doch während ausgiebigen Politik Diskussionen der Hauptcharaktere, seltsamen Andeutungen über geheimnisvolle Untergruppen oder revolutionäre Zusammenhänge wurde ich zunehmend verwirrter. Wer waren jetzt noch mal die Sansculotten oder die Girondisten, die Jakobiner, welche der tausend Charaktere des Konvents mit den verwirrenden französisch-adeligen Namen gehörten zu welcher Gruppe und was zum Teufel wollten die eigentlich? Ich habe irgendwann angefangen zu googeln, wurde aber nicht viel schlauer daraus, sondern nur zunehmend überfordert. Die Hälfte der Informationen, gut erklärt und in Zusammenhang gestellt hätte gereicht, Großteils habe ich mich aber über die Darstellung der Fakten gefreut.

Neben all den Informationen und Entwicklungen dieser Zeit, die an sich schon ein ganzes Buch füllen könnten, gehen die Charaktere und vor allem die Geschichte der jungen Philippine leider ein wenig unter. Sie verschönern (naja außer vielleicht Lea) zwar die Geschichte, machen sie zu einem Roman, rücken aber leider ein wenig in den Hintergrund. Das könnte dann auch der Grund gewesen sein, warum ich den Drang, weiterzulesen an manchen Stellen kurzzeitig verloren habe, auch wenn ich durch die düstere, blutige Atmosphäre angespornt wurde und wissen wollte, wie es weitergeht.


"Hier unter den Kastanienbäumen wollte sie träumen. Von einer besseren Zeit und von ihrem Leben mit Maxence. Sie malte sich die Hochzeit aus, dachte an Kinder - ein Junge und ein Mädchen - und sah sich im Geiste tanzen. Irgendwann wird dies alles vorbei sein, dachte sie. Wir werden alle genug zu essen haben und in Frieden zusammen leben. Die Guillotine wird verschwinden und mit ihr die Todesangst. Irgendwann."


Denn die Story, die wir verfolgen ist wirklich sehr passend und gut durchdacht in das historische Konstrukt eingebaut. Die Charaktere sind aus der allwissenden Perspektive geschildert, wobei ich hier meine Probleme hatte sie alle an mich heran zu lassen und zu mögen.

Philippine ist der einzige Lichtblick inmitten von halbwilden Barbaren, so scheint es immer wieder. Wir lernen das Mädchen von klein auf kennen und schätzen vor allem ihren hellen und edlen Charakter, ihre fröhliche, wissbegierige und ehrliche Art, mit der sie ihre düstere Umgebung aufhellt.
Im Laufe der Story macht sie eine unglaubliche Entwicklung durch. Sie erscheint zunächst unterwürfig und kindlich naiv; verliebt in einen Mann, den sie nicht haben kann, setzt alles daran Maxence zu beeindrucken und seine Liebe zu gewinnen, um mit ihm zusammen leben zu können. Doch sie bildet sich fortlaufend weiter, lernt und liest, nimmt an Diskussionen im Konvent teil und entwickelt sich zu einer selbstbewussten Frau mit einer eigenen Meinung und einem gebildeten Blick auf die Welt, die ich bewundert habe


"Schweigend sahen sie dem Eintreten des Abends zu. Die Luft war nicht mehr klar wie am Tag, in ihr hing ein feiner Schleier, der sich langsam auf den Garten herabsenkte und ihn vergoldete. Ein schimmerndes Netz lag auf dem frischen Gras, den jungen Blättern, fiel von den Wipfeln der Bäume über das Dach des Hauses. Philippine hatte sich Maxence gegenüber gesetzt und das Gesicht zum Himmel erhoben. Sie wünschte sich, in dieses Netzt eingesponnen zu werden."


Über den adligen Revolutionär Maxence Vergniaud hingegen konnte ich oft nur den Kopf schütteln. Seine Argumentations- und Denkweise empfand ich oft als unlogisch und auch einige seiner Handlungen nicht wirklich nachvollziehen. Deshalb konnte ich Philippines Begeisterung ihm gegenüber nicht wirklich verstehen.

Erwähnen mag ich noch zwei etwas seltsame Nebenfiguren, die mir trotz ihrer etwas rohen Art sehr ans Herz gewachsen sind. Zum einen war das Philippines Onkel, der Henker von Paris Charles-Henri Sanson, bei dem sie unterkommt, nachdem ihr Vater Karl den Hurenbetrieb seiner Frau Lea und seiner Tochter Frida aufgedeckt hat. Trotz seines grausamen, blutigen Berufes zeigt er sehr menschliche, gebildete Züge. Durch Philippine kommt ein wenig Leben in sein Haus, was ihn sehr berührt und ihn nachdenken lässt. Ebenso liebgewonnen habe ich seine Großmutter Marthe. Eine robuste, redselige Frau, die sich niemals den Mund verbieten ließ und für mich ein wenig das Gewissen aller handelnden Personen darstellte, weil sie das sagte, was die anderen sich vielleicht nicht mal zu denken wagten. Insgeheim war sie mein persönlicher Liebling!


"Eine Veränderung ging in ihm vor. Er hatte das Gefühl, entweder bald zu sterben, oder ein ganz anderer Mensch zu werden."


Um zur Gestaltung zu kommen: Ich finde das Cover irgendwie passend. Durch das dreckige grau-beige wird die Atmosphäre des Buches sehr gut widergespiegelt. Dazu passen auch das berühmte Bild der Hinrichtung Ludwigs XVI. durch die Guillotine und die Zeichnungen der drei Personen in der Mitte, auch wenn ich sie nicht wirklich eindeutig zuordnen konnte. Die Frau links sollte wohl Philippine sein, in meinen Augen passt sie aber gar nicht. Die Schreibweise des Titels ist ebenso passend - geschwungene Schnörkel, die sich immer wieder im Buch wiederfinden. Den Titel fand ich erst einmal etwas verwirrend, weil ich nicht genau wusste, was die Bluthunde jetzt mit der Geschichte einer jungen Dame, die ihr Glück in Paris sucht, zu tun haben soll. Als ich dann aber verstanden habe, dass das Buch keineswegs eine lockere Story über das Leben dieses jungen Mädchens darstellt, erschloss sich auch der Titel für mich. Die Revolutionäre, Jakobiner, ihre Henker und Folterer Familie, alle sind sie blutgierig und gewalttätig - gebeutelt von dieser schwierigen Zeit.
Das Ende hat mir sehr gut gefallen, nicht kitschig und unrealistisch auf Happyend getrimmt, sondern einfach, klar aber doch positiv. Ein guter Abschluss, denn irgendwie war klar, dass es noch jemanden kosten musste.

"Die Revolution ist wie Saturn. Sie frisst ihre eigenen Kinder!"


Fazit:

Auch wenn ich das Buch an einigen Stellen zu übertrieben abstoßend empfand und mit einigen Fakten überfordert war, muss man das Geschick loben, mit dem Christina Geiselhart diese Geschichte aufgesetzt hat. Auch wenn ich das Buch nicht unbedingt schön fand, habe ich mich mehr mit der Zeit der Französischen Revolution auseinandergesetzt und vor Augen geführt bekommen, was für ein blutiges Opfer die Franzosen bringen mussten, damit wir heute die Idee einer freien Gesellschaft leben können.