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Veröffentlicht am 11.12.2018

Eine exzentrische, düstere, rauschhafte Geschichte mit einigen groben Schwächen!

Vor uns die Nacht
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Auf diese Geschichte bin ich auf einem Flohmarkt gestoßen und habe das gut erhaltene Printexemplar vor allem wegen des wunderschönen Covers mitgenommen. Der Titel steht schmucklos und in geschwungenen ...

Auf diese Geschichte bin ich auf einem Flohmarkt gestoßen und habe das gut erhaltene Printexemplar vor allem wegen des wunderschönen Covers mitgenommen. Der Titel steht schmucklos und in geschwungenen weißen Lettern im Mittelpunkt des Covers und wird von krakeligen blauen und weißen Blumen umrankt. Zusammen mit dem dunkelblauen Grund wirkt die ganze Komposition sehr edel und gleichzeitig dezent und ansprechend. Ich bin total begeistert von der Gestaltung! Auch innerhalb des Buches sind die Kapitelanfänge immer liebevoll verziert und mit seltsamen aber immer passenden Kapitelüberschriften versehen.

Erster Satz: „Für einen Flügelschlag unserer Seelen halten wir inne.“

Mit diesem Satz beginnt diese seltsame Geschichte, von der ich ehrlich gesagt nicht so genau weiß, was ich von ihr halten soll. Sie ist auf jeden Fall sehr exzentrisch und mit ihrer düsteren, geheimnisvollen Grundstimmung und den ausschweifenden Metaphern oft knapp an der der Grenze zur Fantasy, sodass es mich zu keinem Zeitpunkt der Story gewundert hätte, wenn die Protagonisten plötzlich Flügel und Klauen bekommen hätten und weggeflogen wären. Dabei behandelt der Roman ein eigentlich reales Szenario. Die junge Archäologie-Studentin Ronia wird an Weihnachten von ihrem Freund Lukas verlassen - schon wieder - und muss nun ganz alleine das Fest in ihrer Pfarrerfamilie durchstehen. Als sie nach dem obligatorischen Gottesdienst zusammen mit ihrem besten Freund Jonas, den jeder für ihren perfekten Partner hält, von dem sie aber nichts will, in einer Bar einen jungen Typen trifft, schiebt sie ihre Faszination auf ihren Liebeskummer und den Drink, den sie sich auf den leeren Magen gegen den Kummer gegönnt hat. Doch je öfter sie ihm zufällig über den Weg läuft, desto größer wird die Anziehungskraft zwischen ihr und dem eigenartigen, wunderschönen Mann mit der eleganten Körperhaltung und den uralten Augen. Dass er, den alle nur River nennen, einen schlechten Ruf hat, in der Drogenszene unterwegs sein soll und angeblich als Callboy arbeitet, kann Ronia schon bald nicht mehr davon abhalten, jeden Freitag auf eine Begegnung mit ihm zu hoffen...


"Eigentlich ist es ganz einfach - ich werde nichts weiter tun, als wie bisher joggen zu gehen. Den Rest entscheidet das Schicksal. Das zwischen Jan und mir wird niemals eine Beziehung. Es ist Lichtjahre davon entfernt. Und ich werde mich nicht verlieben. Es wird allerhöchstens ein Abenteuer. Das erste meines Lebens!"


Um zu verstehen, weshalb die Geschichte so entrückt wirkt, ist es notwendig, die besondere Erzählweise zu verstehen. Erzählt wird hier nicht wirklich stringent mit klarer Handlung und rotem Faden sondern vielmehr in einem Rausch aus kurzen einzelnen Szenen, die sehr oft die selbe Situation zeigen. Manchmal werden riesige Sprünge im Plot vorgenommen und wir sind plötzlich ein paar Monate weiter und außer den Freitagen scheint es irgendwann keinen anderen Tag der Woche mehr zu geben, der erzählt wird. Doch trotz dass es kein wirklicher Spannungsbogen gibt, hat diese Geschichte einen besonderen Sog und es wird nicht langweilig.
Aufgebaut wird dieser Sog in erster Linie durch die reine, poetische Sprache, die oft auf sonderbare Art und Weise den Kern einer Situation trifft. Man kann an der Schreibart definitiv ablesen, dass die Autorin ursprünglich aus der Fantasy kommt. So viele Anspielungen auf esoterischer, metaphysischer Ebene habe ich lange nicht mehr bei einer Liebesgeschichte erlebt. Gleichzeitig hat die Geschichte durch die rasche, springende Erzählweise etwas Rauschhaftes, was auch gut damit zusammen passt, dass Ronia bald eine seltsame Abhängigkeit von River entwickelt. Dass sie sich wie an einer Droge berauscht, total von Sinnen ist, sich gleichzeitig immer weiter zurückzieht, alle anderen von sich stößt, Verpflichtungen, Freude, Familie vernachlässigt und es ihr auch gesundheitlich immer schlechter geht, hat dabei für viele Stirnrunzel-Momente bei mir geführt. Diese seltsame Mischung aus erotischer Anziehungskraft, Kontrollverlust, Rausch, Schmerz und Liebe las sich nicht gerade wie ein besonders gesundes Verhältnis.


"Ich bin anders. Aber es ist nicht nur Schmerz und Verzweiflung und Sehnsucht was mich um meinen Verstand bringt und jene Gesetze auf den Kopf stellt, die bisher ewige Gleichgültigkeit hatten. Es ist etwas Echtes, Wahres darin, das ich leben muss, weil ich sonst nie mehr glücklich werde. Ich muss diesen Weg gehen. Zu diesem Weg gibt es keine Alternative - selbst wenn er mich umbringt, sodass ich irgendwann nur noch existieren, aber nie mehr liebe und lebe. Ich bin vollkommen ausgeliefert."


Vielleicht mag das der Grund dafür sein, dass ich trotz meiner Faszination für die Düstere, Rauschhafte der Geschichte nicht ganz warm mit ihr werden konnte. Vielleicht liegt es aber auch an der Protagonistin, zu der ich die ganze Zeit über eine deutliche Distanz hatte. Ronia ist eine sehr eigensinnige Frau, deren viele abgefahrene Gedanken oft überspitzt, unreif, sehr sprunghaft wirken, sodass sie beim Leser nicht ganz ankommen. Auch wenn sie wirklich keinem Klischee entspricht und alles versucht um unabhängig und erwachsen zu sein, ist sie mir manchmal wirklich auf die Nerven gegangen und ich konnte an vielen Stellen verstehen, warum ihre Exfreunde sich immer von ihr getrennt haben. Sie ist exzentrisch, anspruchsvoll, anstrengend und definitiv ganz anders als andere Protagonistinnen, die ich schon begleitet habe. Sie war definitiv ein sehr spannender Charakter, gemocht habe ich sie aber nicht wirklich.


"Denkst du an mich?", flüstere ich in die Dunkelheit und lausche, als könne ich die Antwort hören, wenn ich nur leise und aufmerksam genug bin. "Denkst du jetzt auch an mich?" Erst im Morgengrauen glaubte ich ein Ja zu fühlen, irgendwo zwischen Wachen und Schlaf, und ergebe mich dankbar seinem süßen, beruhigenden Rausch."



Auch Jan ist irgendwie ein wenig seltsam und kein wirklicher Sympathieträger. Er ist sehr attraktiv, sich dessen aber auch bewusst und setzt seinen Körper als Waffe ein. Sein offener Umgang mit Drogen, sein selbstgerechtes Verhalten und die irgendwie nicht ganz stimmigen Umstände seines Lebens machten es mir wirklich schwer, ihn zu mögen.


"Jan umarmt mich - und in diesem Augenblick ist er alles für mich, Geliebter, Freund, Bruder, Engel. Seelengefährte. Zu viel und zu schön. "Ich liebe dich", denke ich, so aufrichtig und rein, dass ich nicht einmal erschrecke. Es ist so, ich kann nichts dagegen ausrichten. Ich habe es mir nicht ausgesucht aber es ist da. Schon wieder erleuchten die Worte meinen Kopf, mein Herz und meinen Bauch, schlicht und unmissverständlich. Ich liebe dich. Ahnt er es?"



Dazu kommt, dass ich die ganze Zeit über auf eine krasse Wendung gewartet habe, die die ganzen geheimnisvollen Anspielungen erklären und dann am Ende von der "großen Enthüllung" sehr enttäuscht war, da hier eine ganz neue Thematik mit rein gebracht wird, ohne dass sie wirklich für die Story genutzt wird. Sehr witzig ist, dass ich eben erst bemerkt habe, dass "Mit uns der Wind", welches ich vor Jahren ebenfalls mal gelesen habe, mit dieser Geschichte in Verbindung steht. Schon damals wusste ich nicht genau was ich von der Autorin und ihrem Stil halten soll, doch dieses andere Buch ist auf seine seltsame Art und Weise definitiv gelungener und stimmiger als diese Geschichte!



Fazit:


Die reine, poetische Sprache und der sprunghafte Erzählstil der Autorin haben einen starken Sog und eine Faszination für das Düstere, Rauschhafte der Geschichte bei mir ausgelöst. Aufgrund der eher unsympathischen Charaktere und einer eher schlechten als rechten Auflösung am Ende konnte mich diese exzentrische Geschichte aber alles in allem nicht überzeugen.

Veröffentlicht am 01.11.2018

Enttäuschender New-Adult Roman mit mäßigem Unterhaltungswert

Lost in a Kiss
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"Bramwell Gage ist okay, solange er kein Ekel ist."

Kennt ihr diese Bücher, deren Lektüre eigentlich völlige Zeitverschwendung wäre, wenn es nicht so viel Spaß machen würde, sie zu lesen? Dieses Buch ...

"Bramwell Gage ist okay, solange er kein Ekel ist."

Kennt ihr diese Bücher, deren Lektüre eigentlich völlige Zeitverschwendung wäre, wenn es nicht so viel Spaß machen würde, sie zu lesen? Dieses Buch ist so eine Geschichte. Wir haben es hier im Grunde mit einer klassischen, völlig bedeutungslosen "stinkreicher Kerl trifft armes College-Mädchen"- Geschichte zu tun, deren Unterhaltungswert jedoch trotzdem viel größer ist, als mein Gehirn sich eingestehen möchte. Wenn man also mit der richtigen Erwartung an das Buch herangeht, kann man es durchaus mögen. Erwartet man aber etwas anders als einen typischen New-Adult-Roman mit wenig Anspruch und Niveau, dafür aber hohem Unterhaltungswert, wird man hier herbe enttäuscht werden. Ganz davon abgesehen, dass hier immer mittlere bis größere Probleme auftauchen...


"Gehen wäre ein Verstoß gegen die Regel meiner Mutter, schon vergessen? Gib niemals auf!"
"Dann bleibst du also", brummt er mürrisch hinter mir, doch diesmal sehe ich mich nicht um. Ich nicke nur und drücke die Tür auf, wobei ich mein Spiegelbild meide - und seins. Ich will seinen Triumph nicht sehen oder seine Verachtung oder was auch immer ihm sein Sieg verschafft hat. Denn ich werde durchhalten. Bis zum verdammten bitteren Ende. Mir bleibt ohnehin keine Wahl, denn ich habe bereits eine andere Regel gebrochen. Ich habe nicht genug Geld für die Heimfahrt"


Wenn man das Cover anschaut, erwartet man eine süße, harmlose Liebesgeschichte. Das sich küssende Paar inmitten der kalten Wildnis impliziert eine leichte Geschichte voller Romantik und Abenteuer. Leider kann die Geschichte diese Erwartungen nicht erfüllen. Von der rustikalen Roadtripstimmung in die Berge, die hier angedeutet ist, bekommen wir nicht viel zu spüren, da die beiden in einem Range Rover unterwegs sind und vor allem in schicken Lodges übernachten. Und auch das mit der Romantik lässt erst einmal eine ganze Weile auf sich warten und als dann etwas in die Richtung passiert, rutschen wir weiter in die Erotik ab, als mir lieb ist. Ich finde das Cover also nicht besonders passend. Auch die Hintergrundfarbe, diese grässliche Mischung aus Grau und Blau, ist mehr undefinierbar und in Kombination mit dem hautfarbenen Titel eher hässlich als ansprechend. Das Originalcover (links) ist da schon ehrlicher was die Richtung der Handlung angeht, aber ganz ehrlich: ein Buch mit einem Cover wie das Original hätte ich wohl nicht gekauft.
Doch mit meinen Mäkeleien noch nicht genug: ich verstehe nicht warum man einen passenden, englischen Titel ändert außer aus dem Grund, dass man ihn als deutscher Leser nicht verstehen würde. Warum zum Teufel ändert man dann aber einen stimmigen englischen Titel in einen vollkommen nichtssagenden ebenfalls englischen Titel für die deutsche Ausgabe? Falls das eine neue Marketingstrategie sein soll - bei mir hat es nicht funktioniert


Erster Satz: "Brauchst du Geld für eine Kaution?"


Mit diesem Satz beginnt das erste Kapitel und wir sind ohne Umschweife bei Aspen, die ihrer besten Freundin Bethany, lediglich einen Gefallen tun wollte, als sie zusagt hat, sie und ihren attraktiven aber unausstehlichen Bruder Bram, auf einen vierwöchigen Roadtrip durch Oregon und Kalifornien zu begleiten. Und vielleicht auch weil sich die Chance auf einen kostenlosen Urlaub nicht entgehen lassen kann. Denn Aspens seit Aspens Vater an Krebs erkrankte und sich ihre Mutter hochverschulden musste, um die Krankenhausrechnungen zu zahlen, muss Aspen jeden Cent dreimal umdrehen. Beth stammt aus einem reichen Elternhaus und hat sich mit Aspen während ihrer Collegezeit ein Zimmer geteilt. Jetzt verschlägt es die beiden Mädchen zum Studieren in unterschiedliche Teile des Landes, noch ein Grund, warum sie auf der Reise noch ein bisschen mehr Zeit mit Bethany verbringen will. Doch dann lässt Beth ihre beste Freundin am gepackten Auto sitzen und eröffnet, stattdessen doch endlich in eine Entzugsklinik zu gehen, um ihr Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Darüber freut sich Aspen zwar, doch übrig geblieben bleibt ihr die schwere Aufgabe, Beths überfürsorglichem Bruder Bram eine glaubwürdige Lüge aufzutischen um ihren Aufenthaltsort zu verheimlichen. Als dieser erfährt, dass seine Schwester ihn angeblich wegen eines Schreibseminars versetzt haben sollte, glaubt er Aspen, gegen die er sowieso eine Abneigung hegt, kein Wort und schlägt ihr kurzerhand einen Deal vor: Sie soll ihn auf dem vierwöchigen Trip begleiten, um Beth letztendlich durch gemeinsame Fotos und aus der Reserve zu locken, dafür begleicht er sämtliche noch ausstehende Schulden ihrer Mutter und trägt zudem ihre kommenden Studienkosten. Das Angebot klingt eigentlich mehr als fair doch da gibt es ein Problem: die beiden hassen sich aus tiefstem Herzen...


"Das mit uns wäre nicht schlau!"
„Warum?“
„Na ja ... Wir hassen uns."


Ja... also das ist die Basis der Geschichte, die für meinen Geschmack deutlich wackeliger dasteht, als der Klapptext es vermuten ließ. Vielleicht haben das Geschichten mit einem Millionär als Protagonisten ja so an sich (keine Ahnung, denn die habe ich bislang eigentlich konsequent gemieden), dass plötzlich Millionen von Schulden beglichen werden, alle käuflich werden und eigentlich kalkulierende Investoren eine Menge Geld in die Hand nehmen um einen mehr schlechten als rechten Plan in die Tat umzusetzen. Mir erschien jedoch einiges erstmal sehr weit hergeholt, übertrieben und einfach unrealistisch. Wenn man darüber großzügig hinwegsieht, findet man sich bald in einer Situation wieder, in der die Emotionen von hasserfüllt über amüsiert und verlangend bis zu verliebt wechseln und das in haarsträubendem Tempo wieder zurück.


"Auf dieser Reise habe ich jede Regel gebrochen. Ich habe nicht genug Geld für die Heimfahrt. Ich habe eine Freundin im Stich gelassen. Und jetzt gebe ich auf. Ich könnte um ihn kämpfen. Aber ich bin es so leid zu kämpfen!"


Schon bei ihrer ersten denkwürdigen Begegnung kam Bram, der die Investitionsfirma seit dem Tod seiner Eltern weiterführt und für Bethany Bruder und Vater zugleich zu sein versucht, zu dem Schluss, dass Aspen für seine Schwester durch ihre impulsive, unvorsichtige Art ein schlechter Umgang ist und auch er ihrer nicht würdig ist. Aspen schluckt Brams falsche Vorwürfe nicht einfach, hält ihn ihrerseits für einen eingebildeten, verklemmten, reichen Idioten mit Kontrollwahn und übersteigertem Überlegenheitsgefühl und trifft den "Roboter", wie sie ihn nennt, so selten wie möglich. Mit dem gezielten aus-dem-Weg-gehen ist dann aber nichts mehr, als die beiden vier Wochen zusammen unterwegs sind. Natürlich ist es hier vorprogrammiert, dass der ein oder andere Konflikt auftritt. Womit dagegen keiner von beiden gerechnet hat, ist dass sie sich plötzlich zueinander hingezogen fühlen werden. Denn Aspen erkennt langsam, dass mehr hinter Brams
Fassade steckt: früh hat er die Verantwortung für seine Schwester und die Geschäfte seines Vaters auferlegt bekommen und versucht in dem Zug jemand zu sein, der er nicht ist, um all den Anforderungen zu genügen, denen er sich ausgesetzt fühlt. Und auch Bram erkennt, dass Aspen mit ihrem trockenen Humor, ihrer offenen, impulsiven Art sehr liebenswert ist und sie sich trotz ihrer ruppigen Ausdrucksweise sehr loyal um die kümmert, die sie liebt: um ihre Mutter, die ein Berg von Schulden abarbeitet, ihren Bruder Nash der immer wieder auf die falsche Bahn gerät und seit kurzem um ihre beste Freundin Bethany. Dass der Hass bald etwas anderem weicht, gefällt beiden so gar nicht...


"Ich schlucke und blicke suchend in seine warmen Augen, dann nehme ich mir ein Herz. "Eine neue Waffenruhe?" In seinen Augenwinkeln bilden sich Fältchen, als er lächelt. "Welche Nummer?" "Vielleicht sollten wir von vorn anfangen."
"Ein neues Kapitel aufschlagen?"
"Ja."


Insgesamt eine ganz amüsante Mischung, die der "reiche Blechmann" und das "arme Mädchen mit dem schlechten Einfluss" zusammen abgeben, wenn sie ein paar Tage in einem engen Lodge eingesperrt sind - die Wortgefechte, die sich beim Essen, Kanufahren, Schwimmen oder Motorradfahren ergeben, sind einfach zum Schießen. Die knisternde Anziehungskraft zwischen den beiden wird immer wieder abgelöst von heftigen Streitgesprächen, gemeinem Verletzen und nachträglichen Waffenstillstände. Schnell wird klar, dass den beiden eine Menge an Vorurteilen im Weg steht, ebenso wie eine Menge persönlicher Probleme und Macken, die sie bei sich und dem anderen nicht akzeptieren können. So entsteht eine abgedrehte Form eine Hassliebe, die in der Buchbeschreibung mit Jane Austens "Stolz und Vorurteil" verglichen wird. Auch wenn man die groben Strukturen der Geschichten vergleichen kann, geht mir der Bezug zu weit, denn außer den vielen Vorurteilen und Voreingenommenheit lassen sich keine Parallelen ziehen.


"Dir stehen jetzt alle Möglichkeiten offen, Aspen." Einen Moment lang kann ich nicht atmen. Kann ich nicht denken. Als würde gar nicht zu mir durchdringen, was er da sagt. Vielleicht weil es in der Vergangenheit selten Wahlmöglichkeiten für mich gab. Ich bin es nicht gewöhnt.
Sein Blick brennt sich in meine Augen, als er sich nach vorne beugt.
"Du bist hungrig. Du willst alles. Und jetzt … kannst du es haben."


Nachdem ganz unterhaltsamen Anfang geht es nach knapp 200 Seiten steil bergab. Denn die Autorin beschließt dann, die Handlung für ungefähr 50 Seiten zu pausieren und statt Handlung und Witzeleien nehmen Sexszenen in übertriebenem Ausmaß und ekelerregender Derbheit Überhand. Das war mir selbst fürs Genre "New Adult" viel zu übertrieben und hat mich unvorbereitet getroffen. Nicht das ich grundsätzlich ein Problem mit ein bisschen Erotik in einer Geschichte hätte, aber hier gab es einfach zu viele Formulierungen bei denen ich dachte: ahhaaa…okaaaayy, kann ich das überspringen?!? Und ein Viertel des Buches ist dann auch ein wenig übertrieben. Also wer auf ausgedehnte Erotik steht, kann sich auf den Mittelteil freuen, wer nicht sollte sich lieber ein anderes Buch des Genres suchen!
Nachdem wir dann den unansehnlichen Mittelteil überwunden haben, kommt noch mal ein ordentlicher Schuss Chaos, Gefühle und Drama in die Geschichte un es entsteht eine genau richtige Mischung aus Romantik, Humor, großen Gefühlen, Spannung und auch einer Prise Drama, die emotional und packend erzählt wird. Dass hier klitzekleine Probleme hoffnungslos aufgebauscht werden hat mich dann schon gar nicht mehr gestört. Genauso wenig wie das Happy End, das am Ende ein wenig übers Ziel hinausschießt...



Fazit:


Durch die amüsanten Wortgefechte, die sich die beiden liefern und die teilweise prickelnde Anziehungskraft zwischen den beiden konnte mich die Geschichte teilweise unterhalten, zur genretypischen Mischung aus Romantik, Humor, großen Gefühlen, Spannung und einer Prise Drama fand der Roman jedoch nur kurz.

So konnte mich diese Geschichte aufgrund der Aufbauschung kleiner Probleme, der unrealistischen Handlungsbasis, des schwachen Mittelteil mit überspitzter Erotik und des Happy End, das ebenfalls weit übers Ziel hinausschießt leider nicht wirklich überzeugen.

Veröffentlicht am 01.11.2018

Enttäuschender New-Adult Roman mit mäßigem Unterhaltungswert

Lost in a Kiss
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"Bramwell Gage ist okay, solange er kein Ekel ist."

Kennt ihr diese Bücher, deren Lektüre eigentlich völlige Zeitverschwendung wäre, wenn es nicht so viel Spaß machen würde, sie zu lesen? Dieses Buch ...

"Bramwell Gage ist okay, solange er kein Ekel ist."

Kennt ihr diese Bücher, deren Lektüre eigentlich völlige Zeitverschwendung wäre, wenn es nicht so viel Spaß machen würde, sie zu lesen? Dieses Buch ist so eine Geschichte. Wir haben es hier im Grunde mit einer klassischen, völlig bedeutungslosen "stinkreicher Kerl trifft armes College-Mädchen"- Geschichte zu tun, deren Unterhaltungswert jedoch trotzdem viel größer ist, als mein Gehirn sich eingestehen möchte. Wenn man also mit der richtigen Erwartung an das Buch herangeht, kann man es durchaus mögen. Erwartet man aber etwas anders als einen typischen New-Adult-Roman mit wenig Anspruch und Niveau, dafür aber hohem Unterhaltungswert, wird man hier herbe enttäuscht werden. Ganz davon abgesehen, dass hier immer mittlere bis größere Probleme auftauchen...


"Gehen wäre ein Verstoß gegen die Regel meiner Mutter, schon vergessen? Gib niemals auf!"
"Dann bleibst du also", brummt er mürrisch hinter mir, doch diesmal sehe ich mich nicht um. Ich nicke nur und drücke die Tür auf, wobei ich mein Spiegelbild meide - und seins. Ich will seinen Triumph nicht sehen oder seine Verachtung oder was auch immer ihm sein Sieg verschafft hat. Denn ich werde durchhalten. Bis zum verdammten bitteren Ende. Mir bleibt ohnehin keine Wahl, denn ich habe bereits eine andere Regel gebrochen. Ich habe nicht genug Geld für die Heimfahrt"


Wenn man das Cover anschaut, erwartet man eine süße, harmlose Liebesgeschichte. Das sich küssende Paar inmitten der kalten Wildnis impliziert eine leichte Geschichte voller Romantik und Abenteuer. Leider kann die Geschichte diese Erwartungen nicht erfüllen. Von der rustikalen Roadtripstimmung in die Berge, die hier angedeutet ist, bekommen wir nicht viel zu spüren, da die beiden in einem Range Rover unterwegs sind und vor allem in schicken Lodges übernachten. Und auch das mit der Romantik lässt erst einmal eine ganze Weile auf sich warten und als dann etwas in die Richtung passiert, rutschen wir weiter in die Erotik ab, als mir lieb ist. Ich finde das Cover also nicht besonders passend. Auch die Hintergrundfarbe, diese grässliche Mischung aus Grau und Blau, ist mehr undefinierbar und in Kombination mit dem hautfarbenen Titel eher hässlich als ansprechend. Das Originalcover (links) ist da schon ehrlicher was die Richtung der Handlung angeht, aber ganz ehrlich: ein Buch mit einem Cover wie das Original hätte ich wohl nicht gekauft.
Doch mit meinen Mäkeleien noch nicht genug: ich verstehe nicht warum man einen passenden, englischen Titel ändert außer aus dem Grund, dass man ihn als deutscher Leser nicht verstehen würde. Warum zum Teufel ändert man dann aber einen stimmigen englischen Titel in einen vollkommen nichtssagenden ebenfalls englischen Titel für die deutsche Ausgabe? Falls das eine neue Marketingstrategie sein soll - bei mir hat es nicht funktioniert


Erster Satz: "Brauchst du Geld für eine Kaution?"


Mit diesem Satz beginnt das erste Kapitel und wir sind ohne Umschweife bei Aspen, die ihrer besten Freundin Bethany, lediglich einen Gefallen tun wollte, als sie zusagt hat, sie und ihren attraktiven aber unausstehlichen Bruder Bram, auf einen vierwöchigen Roadtrip durch Oregon und Kalifornien zu begleiten. Und vielleicht auch weil sich die Chance auf einen kostenlosen Urlaub nicht entgehen lassen kann. Denn Aspens seit Aspens Vater an Krebs erkrankte und sich ihre Mutter hochverschulden musste, um die Krankenhausrechnungen zu zahlen, muss Aspen jeden Cent dreimal umdrehen. Beth stammt aus einem reichen Elternhaus und hat sich mit Aspen während ihrer Collegezeit ein Zimmer geteilt. Jetzt verschlägt es die beiden Mädchen zum Studieren in unterschiedliche Teile des Landes, noch ein Grund, warum sie auf der Reise noch ein bisschen mehr Zeit mit Bethany verbringen will. Doch dann lässt Beth ihre beste Freundin am gepackten Auto sitzen und eröffnet, stattdessen doch endlich in eine Entzugsklinik zu gehen, um ihr Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Darüber freut sich Aspen zwar, doch übrig geblieben bleibt ihr die schwere Aufgabe, Beths überfürsorglichem Bruder Bram eine glaubwürdige Lüge aufzutischen um ihren Aufenthaltsort zu verheimlichen. Als dieser erfährt, dass seine Schwester ihn angeblich wegen eines Schreibseminars versetzt haben sollte, glaubt er Aspen, gegen die er sowieso eine Abneigung hegt, kein Wort und schlägt ihr kurzerhand einen Deal vor: Sie soll ihn auf dem vierwöchigen Trip begleiten, um Beth letztendlich durch gemeinsame Fotos und aus der Reserve zu locken, dafür begleicht er sämtliche noch ausstehende Schulden ihrer Mutter und trägt zudem ihre kommenden Studienkosten. Das Angebot klingt eigentlich mehr als fair doch da gibt es ein Problem: die beiden hassen sich aus tiefstem Herzen...


"Das mit uns wäre nicht schlau!"
„Warum?“
„Na ja ... Wir hassen uns."


Ja... also das ist die Basis der Geschichte, die für meinen Geschmack deutlich wackeliger dasteht, als der Klapptext es vermuten ließ. Vielleicht haben das Geschichten mit einem Millionär als Protagonisten ja so an sich (keine Ahnung, denn die habe ich bislang eigentlich konsequent gemieden), dass plötzlich Millionen von Schulden beglichen werden, alle käuflich werden und eigentlich kalkulierende Investoren eine Menge Geld in die Hand nehmen um einen mehr schlechten als rechten Plan in die Tat umzusetzen. Mir erschien jedoch einiges erstmal sehr weit hergeholt, übertrieben und einfach unrealistisch. Wenn man darüber großzügig hinwegsieht, findet man sich bald in einer Situation wieder, in der die Emotionen von hasserfüllt über amüsiert und verlangend bis zu verliebt wechseln und das in haarsträubendem Tempo wieder zurück.


"Auf dieser Reise habe ich jede Regel gebrochen. Ich habe nicht genug Geld für die Heimfahrt. Ich habe eine Freundin im Stich gelassen. Und jetzt gebe ich auf. Ich könnte um ihn kämpfen. Aber ich bin es so leid zu kämpfen!"


Schon bei ihrer ersten denkwürdigen Begegnung kam Bram, der die Investitionsfirma seit dem Tod seiner Eltern weiterführt und für Bethany Bruder und Vater zugleich zu sein versucht, zu dem Schluss, dass Aspen für seine Schwester durch ihre impulsive, unvorsichtige Art ein schlechter Umgang ist und auch er ihrer nicht würdig ist. Aspen schluckt Brams falsche Vorwürfe nicht einfach, hält ihn ihrerseits für einen eingebildeten, verklemmten, reichen Idioten mit Kontrollwahn und übersteigertem Überlegenheitsgefühl und trifft den "Roboter", wie sie ihn nennt, so selten wie möglich. Mit dem gezielten aus-dem-Weg-gehen ist dann aber nichts mehr, als die beiden vier Wochen zusammen unterwegs sind. Natürlich ist es hier vorprogrammiert, dass der ein oder andere Konflikt auftritt. Womit dagegen keiner von beiden gerechnet hat, ist dass sie sich plötzlich zueinander hingezogen fühlen werden. Denn Aspen erkennt langsam, dass mehr hinter Brams
Fassade steckt: früh hat er die Verantwortung für seine Schwester und die Geschäfte seines Vaters auferlegt bekommen und versucht in dem Zug jemand zu sein, der er nicht ist, um all den Anforderungen zu genügen, denen er sich ausgesetzt fühlt. Und auch Bram erkennt, dass Aspen mit ihrem trockenen Humor, ihrer offenen, impulsiven Art sehr liebenswert ist und sie sich trotz ihrer ruppigen Ausdrucksweise sehr loyal um die kümmert, die sie liebt: um ihre Mutter, die ein Berg von Schulden abarbeitet, ihren Bruder Nash der immer wieder auf die falsche Bahn gerät und seit kurzem um ihre beste Freundin Bethany. Dass der Hass bald etwas anderem weicht, gefällt beiden so gar nicht...


"Ich schlucke und blicke suchend in seine warmen Augen, dann nehme ich mir ein Herz. "Eine neue Waffenruhe?" In seinen Augenwinkeln bilden sich Fältchen, als er lächelt. "Welche Nummer?" "Vielleicht sollten wir von vorn anfangen."
"Ein neues Kapitel aufschlagen?"
"Ja."


Insgesamt eine ganz amüsante Mischung, die der "reiche Blechmann" und das "arme Mädchen mit dem schlechten Einfluss" zusammen abgeben, wenn sie ein paar Tage in einem engen Lodge eingesperrt sind - die Wortgefechte, die sich beim Essen, Kanufahren, Schwimmen oder Motorradfahren ergeben, sind einfach zum Schießen. Die knisternde Anziehungskraft zwischen den beiden wird immer wieder abgelöst von heftigen Streitgesprächen, gemeinem Verletzen und nachträglichen Waffenstillstände. Schnell wird klar, dass den beiden eine Menge an Vorurteilen im Weg steht, ebenso wie eine Menge persönlicher Probleme und Macken, die sie bei sich und dem anderen nicht akzeptieren können. So entsteht eine abgedrehte Form eine Hassliebe, die in der Buchbeschreibung mit Jane Austens "Stolz und Vorurteil" verglichen wird. Auch wenn man die groben Strukturen der Geschichten vergleichen kann, geht mir der Bezug zu weit, denn außer den vielen Vorurteilen und Voreingenommenheit lassen sich keine Parallelen ziehen.


"Dir stehen jetzt alle Möglichkeiten offen, Aspen." Einen Moment lang kann ich nicht atmen. Kann ich nicht denken. Als würde gar nicht zu mir durchdringen, was er da sagt. Vielleicht weil es in der Vergangenheit selten Wahlmöglichkeiten für mich gab. Ich bin es nicht gewöhnt.
Sein Blick brennt sich in meine Augen, als er sich nach vorne beugt.
"Du bist hungrig. Du willst alles. Und jetzt … kannst du es haben."


Nachdem ganz unterhaltsamen Anfang geht es nach knapp 200 Seiten steil bergab. Denn die Autorin beschließt dann, die Handlung für ungefähr 50 Seiten zu pausieren und statt Handlung und Witzeleien nehmen Sexszenen in übertriebenem Ausmaß und ekelerregender Derbheit Überhand. Das war mir selbst fürs Genre "New Adult" viel zu übertrieben und hat mich unvorbereitet getroffen. Nicht das ich grundsätzlich ein Problem mit ein bisschen Erotik in einer Geschichte hätte, aber hier gab es einfach zu viele Formulierungen bei denen ich dachte: ahhaaa…okaaaayy, kann ich das überspringen?!? Und ein Viertel des Buches ist dann auch ein wenig übertrieben. Also wer auf ausgedehnte Erotik steht, kann sich auf den Mittelteil freuen, wer nicht sollte sich lieber ein anderes Buch des Genres suchen!
Nachdem wir dann den unansehnlichen Mittelteil überwunden haben, kommt noch mal ein ordentlicher Schuss Chaos, Gefühle und Drama in die Geschichte un es entsteht eine genau richtige Mischung aus Romantik, Humor, großen Gefühlen, Spannung und auch einer Prise Drama, die emotional und packend erzählt wird. Dass hier klitzekleine Probleme hoffnungslos aufgebauscht werden hat mich dann schon gar nicht mehr gestört. Genauso wenig wie das Happy End, das am Ende ein wenig übers Ziel hinausschießt...



Fazit:


Durch die amüsanten Wortgefechte, die sich die beiden liefern und die teilweise prickelnde Anziehungskraft zwischen den beiden konnte mich die Geschichte teilweise unterhalten, zur genretypischen Mischung aus Romantik, Humor, großen Gefühlen, Spannung und einer Prise Drama fand der Roman jedoch nur kurz.

So konnte mich diese Geschichte aufgrund der Aufbauschung kleiner Probleme, der unrealistischen Handlungsbasis, des schwachen Mittelteil mit überspitzter Erotik und des Happy End, das ebenfalls weit übers Ziel hinausschießt leider nicht wirklich überzeugen.

Veröffentlicht am 26.05.2018

Ein eher mittelmäßiger Thriller

Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich.
0

Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: ...

Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: B00TOFDJTG
Originaltitel: The Girl on the Train
Seitenzahl: 464 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12,99€ (Taschenbuch)



Inhalt:


Jeden Morgen pendelt Rachel mit dem Zug in die Stadt, und jeden Morgen hält der Zug an der gleichen Stelle auf der Strecke an. Rachel blickt in die Gärten der umliegenden Häuser, beobachtet ihre Bewohner. Oft sieht sie ein junges Paar: Jess und Jason nennt Rachel die beiden. Sie führen – wie es scheint – ein perfektes Leben. Ein Leben, wie Rachel es sich wünscht.
Eines Tages beobachtet sie etwas Schockierendes. Kurz darauf liest sie in der Zeitung vom Verschwinden einer Frau – daneben ein Foto von »Jess«. Rachel meldet ihre Beobachtung der Polizei und verstrickt sich damit unentrinnbar in die folgenden Ereignisse ...


Bewertung:

Aufgrund des Hypes, der sich nach der Veröffentlichung um diese Geschichte ergeben hat, habe ich mir ein gebrauchtes Exemplar dieses Buches vor einiger Zeit auf einem Flohmarkt zugelegt und bin nun im Urlaub endlich dazu gekommen es zu lesen. Doch obwohl ich geringe Erwartungen, viel Zeit und entspannte Geduld mitgebracht habe, konnte ich mit diesem Buch einfach nicht warm werden. Aufgrund des Klapptextes und der ganzen, kursierenden Werbung hatte ich einen rasanten Thriller erwartet. Was auf mich zukam war jedoch ein träger, gefühlsduseliger und unreflektierter Lebensbericht über die dramatischen und weniger dramatischen Probleme dreier Frauen und deren kleinkarierten Verstrickungen als eine von ihnen verschwindet. Ich kann schon verstehen, dass viele Leser diese Geschichte mögen können und will ihr gerade für das Ende auch nicht die Spannung absprechen - mich konnte sie jedoch einfach nicht überzeugen.

Das Cover ist ... passend. Das ist das erste Adjektiv, dass mir zur Gestaltung einfallen ist. Nicht etwa wunderschön oder mystisch oder interesseweckend, kein besonderer Eye-Catcher, aber auch nicht langweilig - mit dem Titel im Verwischt-Look und den Andeutungen eines fahrenden Zuges ist es thematisch einfach passend. Der Titel ist ebenfalls stimmig gewählt, für mich ist jedoch der Untertitel viel zu reißerisch für die Geschichte, genau wie der Klapptext, der es schafft in sieben Zeilen einfach gar nichts über die Geschichte zu verraten, sodass ich mit völlig falschen Erwartungen an die Geschichte gegangen bin.

Erster Satz: "Da liegt ein Kleiderhaufen an den Gleisen."

Nach zwei kurzen, vorgeschobenen Szenenausschnitten, die bei mir jedoch mehr für Verwirrung als für angenehmes Gruseln gesorgt haben, steigen wir in das klägliche Leben der ausgelaugten Rachel ein, die auf ihren alltäglichen Zugfahrten nach London und wieder zurück stets ein ganz bestimmtes Haus an den Bahngleisen beobachtet. Das junge Paar, das dort lebt, stellt sie sich schwerverliebt und voller Harmonie vor - und ist geschockt, als sie eines Tages die Frau in zärtlicher Umarmung mit einem anderen Mann sieht. Kurz darauf ist die Frau verschwunden. Rachel ahnt Böses und nimmt Ermittlungen auf. Für die junge Alkoholikerin, der nach Scheidung und Jobverlust, geplagt von Gedächtnisverlusten und ihrem unkontrollierten Verhalten im Suff ein Ziel im Leben fehlt, ergibt sich so das Gefühl, endlich mal wieder gebraucht zu werden und an etwas beteiligt zu sein. Wie sehr sie selbst und ihr Exmann mitsamt neuer Familie in das tragische Schicksal des jungen Paares verstrickt sind, ahnt sie zu dem Zeitpunkt noch nicht. Doch als sie bei ihren Nachforschungen hinter etliche dunkle Geheimnisse kommt, werden in ihr längst vergessene Erinnerungen wach - unter anderem auch welche der Nacht, in der die junge Megan verschwand...

Die Geschichte wird von Anfang an aus zwei Perspektiven erzählt: Rachel erzählt aus der Ich-Perspektive von ihrem verkorksten Leben und wie sich dieses nach dem Verschwind von Megan ändert, während wir zeitgleich aus der Sicht Megans geschildert bekommen, was vor ihrem Verschwinden geschah. Nach einem guten Drittel der Geschichte kommt dann als weiterer erzählender Handlungsstrang noch Anna, die neue Frau von Rachels Exmann Tom, hinzu. Zu Beginn hatte ich große Probleme damit, in die Geschichte reinzukommen, da wir hier drei scheinbar langweilige Vorstadtleben charakterisiert bekommen und die Protagonistin einem echt auf die Nerven gehen kann. Mir ist schon bewusst, dass ich das der Autorin nicht vorwerfen kann, immerhin ist Rachel -genau wie die anderen Frauen auch- nicht als Sympathieträgerin angelegt. Mich in die Geschichte einzufinden, in der eigentlich außer endlose Zugfahrten und zwanghaft wiederholte Handlungen nichts passiert, erleichterte diese Erkenntnis jedoch keineswegs.


"Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mich zu erinnern versuche, wann mich zuletzt ein Mensch berührt hat und sei es nur ein Umarmung oder ein vom Herzen kommender Händedruck, und dann krampft sich mein Herz zusammen."


Verwirrend sind auch die Zeitwechsel und Zeitsprünge. Während Anna und Rachel in der Gegenwart erzählen, liegen Megans Handlungen immer einige Monate zurück. Schwierig wird das erst, wenn sich die Handlungen überschneiden und man sich bei Schlüsselszenen aus Megans Erzählperspektive plötzlich zum Verständnis an scheinbare Belanglosigkeiten aus Rachels Perspektive von ganz am Anfang erinnern muss. Zudem ist der Thriller episodenhaft erzählt und lehnt sich in der Szenenauswahl an die Fahrtzeit Rachels Züge an: morgens und abends. Was dazwischen geschieht verschwindet - sofern nicht später kurz nacherzählt - im Nebel.

Ein zusätzlich erschwerender Punkt ist, dass diese Geschichte ganz eindeutig auf ein weibliches Publikum ausgelegt ist. Die wichtigsten Krisenthemen, aus denen dieser Thriller seine Spannung schöpft sind unerfüllte Kinderwünsche, der Stress eine gute Mutter zu sein, Kindersterblichkeit, Ehekrisen, Affären, häusliche Gewalt, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus. Dabei liegt ein wichtiger Schwerpunkt auf den Gefühlen der einzelnen Frauen - die Männer bleiben bessere Lückenfüller. Da ich mich jedoch mit keiner der Frauen identifizieren konnte, fand ich die Gefühlsduselei etwas zu dick aufgetragen und blieb während des Lesens ein eher kritischer Beobachter, der sich einfach nicht so recht auf die Geschichte einlassen konnte. Immer wieder eingestreute, neue Erkenntnisse kommen zu spät und zu fad um noch überraschen oder entsetzen zu können. So entwickelte die Geschichte erst nach guten 200 Seiten so etwas wie Anziehung oder Spannung auf mich. Die Seiten zuvor waren mir zu undurchsichtig, belanglos, langatmig - schlicht unnötiges Geplänkel.

Auch der Schreibstil konnte nicht dazu beitragen, dass ich doch noch gefesselt wurde. Diese Geschichte wird ja oft mit "Gone Girl" von Gillian Flynn verglichen, was ja auch von der grundsätzlichen Handlung und Thematik nahe liegt. Mit jeder weiteren Seite, die ich gelesen habe, kam mir dieser Vergleich jedoch lächerlicher vor: denn "Girl on the Train" fehlt sowohl der psychologische Witz als auch die dunkle Grundatmosphäre von "Gone Girl" und während letzteres durch viele geschliffene Sätze und Dialoge glänzt, ist es mit Tiefgründigkeit in Paula Hawkins nüchternem und schnörkellosen Schreibstiel nicht weit her. Flüssig, ja. Einfach zu lesen, auch. Aber besonders und mitreißend? Wohl eher nicht.

"Wenn wir träumen betreten wir eine Welt, die ganz und gar uns gehört."


Wie schon erwähnt ist es mit der Sympathie für die Protagonisten auch nicht weit her. Das ist grundsätzlich kein Problem - wäre die Geschichte nicht so darauf ausgelegt, dass wir Leser mit den Charakteren mitfühlen und von unseren Emotionen geleitet Vermutungen anstellen, wer wohl wirklich hinter Megans Tod stecken kann. Denn sehr schnell ist klar, dass sich in dem kleinen Kreis der uns näher bekannten Personen ein Mörder befinden muss:

Ist es unsere problembehaftete Hauptprotagonistin Rachel, die sich bis zur Besinnungslosigkeit trinkt, deshalb ihren Job verloren hat, armselig untergemietet lebt, Geldsorgen hat, in ihrer Traumwelt lebt, nicht zu sich selbst steht, sich gehen lässt und ihren geliebten Exmann Tom einfach nicht loslassen kann?
War es Scott, der eigentlich so bedingungslos liebende Ehemann, der jedoch zu starker Eifersucht und Kontrollwut leidet, der Megans Emails überprüft und ihre Post gelesen hat und auch von Gewalt nicht abgeneigt zu sein scheint?
Oder vielleicht war es doch der ausländische Psychotherapeut Kamal Abdic, bei dem Megan in Therapie war, der mehr über sie und ihre Vergangenheit weiß, als ihr eigener Mann und mit dem sie so gerne eine Affäre angefangen hätte?
Oder der betrügerische, lügende und doch so charmante Tom, der Rachel abserviert hat und nun mit seiner neuen Frau und einem Kind im gemeinsamen Haus lebt?
Oder die perfektionistische Anna, die Rachel an Toms Seite abgelöst hat, sich von dieser gestalkt fühl, Angst um ihr Kind hat und auch Megan nicht vertraut hat?
Oder war es doch Megan selbst: eine scheinbar glücklich verheiratete Frau, die dennoch mit ihren eigenen Dämonen kämpft und mehr Geheimnisse zu verbergen hat, als man auf den ersten Blick denkt?
Wir Leser versinken in einem undurchsichtigen Strudel an Motiven, Hass, Liebe, Eifersucht und einer Menge anderer niederer Gefühle, die jede unserer drei erzählenden Frauen, ihre Ehemänner, Ex-Männer und Liebhaber zu potentiellen Mördern machen...

Das Ende, dass nach einem Finale erfolgt, das -wie der Rest der Geschichte auch- unspektakulär, langsam und auf seltsame Weise bedacht wirkt, hat mich mit einem Lächeln im Gesicht zurückgelassen. Nicht nur, weil ich mich nun endlich einer anderen Geschichte widmen kann, oder weil die aufgedeckte Wahrheit mich besonders überrascht oder entsetzt hätte, sondern weil die Autorin es in wenigen Sätze geschafft hat, allen verkorksten Charakteren noch auf die Schnelle das Ende zu geben, das sie verdient haben.


Fazit:


Ein eher mittelmäßiger Thriller, der mit seinem langatmigen Einstieg, dem schnörkellosen, einfachen Stil und den unsympathischen Charakteren nicht gerade glänzt, dennoch aber mit einem spannenden Ende unterhalten kann.
Für Freunde des Genres würde ich lieber Anderes wie unbedingt "Gone Girl" von Gillian Flynn empfehlen, wer aber auf der Suche nach einem ruhigen, überschaubaren Thriller für Zwischendurch ist, soll gerne zu dieser Geschichte greifen

Veröffentlicht am 26.05.2018

Ein eher mittelmäßiger Thriller

Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich.
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Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: ...

Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: B00TOFDJTG
Originaltitel: The Girl on the Train
Seitenzahl: 464 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12,99€ (Taschenbuch)



Inhalt:


Jeden Morgen pendelt Rachel mit dem Zug in die Stadt, und jeden Morgen hält der Zug an der gleichen Stelle auf der Strecke an. Rachel blickt in die Gärten der umliegenden Häuser, beobachtet ihre Bewohner. Oft sieht sie ein junges Paar: Jess und Jason nennt Rachel die beiden. Sie führen – wie es scheint – ein perfektes Leben. Ein Leben, wie Rachel es sich wünscht.
Eines Tages beobachtet sie etwas Schockierendes. Kurz darauf liest sie in der Zeitung vom Verschwinden einer Frau – daneben ein Foto von »Jess«. Rachel meldet ihre Beobachtung der Polizei und verstrickt sich damit unentrinnbar in die folgenden Ereignisse ...


Bewertung:

Aufgrund des Hypes, der sich nach der Veröffentlichung um diese Geschichte ergeben hat, habe ich mir ein gebrauchtes Exemplar dieses Buches vor einiger Zeit auf einem Flohmarkt zugelegt und bin nun im Urlaub endlich dazu gekommen es zu lesen. Doch obwohl ich geringe Erwartungen, viel Zeit und entspannte Geduld mitgebracht habe, konnte ich mit diesem Buch einfach nicht warm werden. Aufgrund des Klapptextes und der ganzen, kursierenden Werbung hatte ich einen rasanten Thriller erwartet. Was auf mich zukam war jedoch ein träger, gefühlsduseliger und unreflektierter Lebensbericht über die dramatischen und weniger dramatischen Probleme dreier Frauen und deren kleinkarierten Verstrickungen als eine von ihnen verschwindet. Ich kann schon verstehen, dass viele Leser diese Geschichte mögen können und will ihr gerade für das Ende auch nicht die Spannung absprechen - mich konnte sie jedoch einfach nicht überzeugen.

Das Cover ist ... passend. Das ist das erste Adjektiv, dass mir zur Gestaltung einfallen ist. Nicht etwa wunderschön oder mystisch oder interesseweckend, kein besonderer Eye-Catcher, aber auch nicht langweilig - mit dem Titel im Verwischt-Look und den Andeutungen eines fahrenden Zuges ist es thematisch einfach passend. Der Titel ist ebenfalls stimmig gewählt, für mich ist jedoch der Untertitel viel zu reißerisch für die Geschichte, genau wie der Klapptext, der es schafft in sieben Zeilen einfach gar nichts über die Geschichte zu verraten, sodass ich mit völlig falschen Erwartungen an die Geschichte gegangen bin.

Erster Satz: "Da liegt ein Kleiderhaufen an den Gleisen."

Nach zwei kurzen, vorgeschobenen Szenenausschnitten, die bei mir jedoch mehr für Verwirrung als für angenehmes Gruseln gesorgt haben, steigen wir in das klägliche Leben der ausgelaugten Rachel ein, die auf ihren alltäglichen Zugfahrten nach London und wieder zurück stets ein ganz bestimmtes Haus an den Bahngleisen beobachtet. Das junge Paar, das dort lebt, stellt sie sich schwerverliebt und voller Harmonie vor - und ist geschockt, als sie eines Tages die Frau in zärtlicher Umarmung mit einem anderen Mann sieht. Kurz darauf ist die Frau verschwunden. Rachel ahnt Böses und nimmt Ermittlungen auf. Für die junge Alkoholikerin, der nach Scheidung und Jobverlust, geplagt von Gedächtnisverlusten und ihrem unkontrollierten Verhalten im Suff ein Ziel im Leben fehlt, ergibt sich so das Gefühl, endlich mal wieder gebraucht zu werden und an etwas beteiligt zu sein. Wie sehr sie selbst und ihr Exmann mitsamt neuer Familie in das tragische Schicksal des jungen Paares verstrickt sind, ahnt sie zu dem Zeitpunkt noch nicht. Doch als sie bei ihren Nachforschungen hinter etliche dunkle Geheimnisse kommt, werden in ihr längst vergessene Erinnerungen wach - unter anderem auch welche der Nacht, in der die junge Megan verschwand...

Die Geschichte wird von Anfang an aus zwei Perspektiven erzählt: Rachel erzählt aus der Ich-Perspektive von ihrem verkorksten Leben und wie sich dieses nach dem Verschwind von Megan ändert, während wir zeitgleich aus der Sicht Megans geschildert bekommen, was vor ihrem Verschwinden geschah. Nach einem guten Drittel der Geschichte kommt dann als weiterer erzählender Handlungsstrang noch Anna, die neue Frau von Rachels Exmann Tom, hinzu. Zu Beginn hatte ich große Probleme damit, in die Geschichte reinzukommen, da wir hier drei scheinbar langweilige Vorstadtleben charakterisiert bekommen und die Protagonistin einem echt auf die Nerven gehen kann. Mir ist schon bewusst, dass ich das der Autorin nicht vorwerfen kann, immerhin ist Rachel -genau wie die anderen Frauen auch- nicht als Sympathieträgerin angelegt. Mich in die Geschichte einzufinden, in der eigentlich außer endlose Zugfahrten und zwanghaft wiederholte Handlungen nichts passiert, erleichterte diese Erkenntnis jedoch keineswegs.


"Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mich zu erinnern versuche, wann mich zuletzt ein Mensch berührt hat und sei es nur ein Umarmung oder ein vom Herzen kommender Händedruck, und dann krampft sich mein Herz zusammen."


Verwirrend sind auch die Zeitwechsel und Zeitsprünge. Während Anna und Rachel in der Gegenwart erzählen, liegen Megans Handlungen immer einige Monate zurück. Schwierig wird das erst, wenn sich die Handlungen überschneiden und man sich bei Schlüsselszenen aus Megans Erzählperspektive plötzlich zum Verständnis an scheinbare Belanglosigkeiten aus Rachels Perspektive von ganz am Anfang erinnern muss. Zudem ist der Thriller episodenhaft erzählt und lehnt sich in der Szenenauswahl an die Fahrtzeit Rachels Züge an: morgens und abends. Was dazwischen geschieht verschwindet - sofern nicht später kurz nacherzählt - im Nebel.

Ein zusätzlich erschwerender Punkt ist, dass diese Geschichte ganz eindeutig auf ein weibliches Publikum ausgelegt ist. Die wichtigsten Krisenthemen, aus denen dieser Thriller seine Spannung schöpft sind unerfüllte Kinderwünsche, der Stress eine gute Mutter zu sein, Kindersterblichkeit, Ehekrisen, Affären, häusliche Gewalt, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus. Dabei liegt ein wichtiger Schwerpunkt auf den Gefühlen der einzelnen Frauen - die Männer bleiben bessere Lückenfüller. Da ich mich jedoch mit keiner der Frauen identifizieren konnte, fand ich die Gefühlsduselei etwas zu dick aufgetragen und blieb während des Lesens ein eher kritischer Beobachter, der sich einfach nicht so recht auf die Geschichte einlassen konnte. Immer wieder eingestreute, neue Erkenntnisse kommen zu spät und zu fad um noch überraschen oder entsetzen zu können. So entwickelte die Geschichte erst nach guten 200 Seiten so etwas wie Anziehung oder Spannung auf mich. Die Seiten zuvor waren mir zu undurchsichtig, belanglos, langatmig - schlicht unnötiges Geplänkel.

Auch der Schreibstil konnte nicht dazu beitragen, dass ich doch noch gefesselt wurde. Diese Geschichte wird ja oft mit "Gone Girl" von Gillian Flynn verglichen, was ja auch von der grundsätzlichen Handlung und Thematik nahe liegt. Mit jeder weiteren Seite, die ich gelesen habe, kam mir dieser Vergleich jedoch lächerlicher vor: denn "Girl on the Train" fehlt sowohl der psychologische Witz als auch die dunkle Grundatmosphäre von "Gone Girl" und während letzteres durch viele geschliffene Sätze und Dialoge glänzt, ist es mit Tiefgründigkeit in Paula Hawkins nüchternem und schnörkellosen Schreibstiel nicht weit her. Flüssig, ja. Einfach zu lesen, auch. Aber besonders und mitreißend? Wohl eher nicht.

"Wenn wir träumen betreten wir eine Welt, die ganz und gar uns gehört."


Wie schon erwähnt ist es mit der Sympathie für die Protagonisten auch nicht weit her. Das ist grundsätzlich kein Problem - wäre die Geschichte nicht so darauf ausgelegt, dass wir Leser mit den Charakteren mitfühlen und von unseren Emotionen geleitet Vermutungen anstellen, wer wohl wirklich hinter Megans Tod stecken kann. Denn sehr schnell ist klar, dass sich in dem kleinen Kreis der uns näher bekannten Personen ein Mörder befinden muss:

Ist es unsere problembehaftete Hauptprotagonistin Rachel, die sich bis zur Besinnungslosigkeit trinkt, deshalb ihren Job verloren hat, armselig untergemietet lebt, Geldsorgen hat, in ihrer Traumwelt lebt, nicht zu sich selbst steht, sich gehen lässt und ihren geliebten Exmann Tom einfach nicht loslassen kann?
War es Scott, der eigentlich so bedingungslos liebende Ehemann, der jedoch zu starker Eifersucht und Kontrollwut leidet, der Megans Emails überprüft und ihre Post gelesen hat und auch von Gewalt nicht abgeneigt zu sein scheint?
Oder vielleicht war es doch der ausländische Psychotherapeut Kamal Abdic, bei dem Megan in Therapie war, der mehr über sie und ihre Vergangenheit weiß, als ihr eigener Mann und mit dem sie so gerne eine Affäre angefangen hätte?
Oder der betrügerische, lügende und doch so charmante Tom, der Rachel abserviert hat und nun mit seiner neuen Frau und einem Kind im gemeinsamen Haus lebt?
Oder die perfektionistische Anna, die Rachel an Toms Seite abgelöst hat, sich von dieser gestalkt fühl, Angst um ihr Kind hat und auch Megan nicht vertraut hat?
Oder war es doch Megan selbst: eine scheinbar glücklich verheiratete Frau, die dennoch mit ihren eigenen Dämonen kämpft und mehr Geheimnisse zu verbergen hat, als man auf den ersten Blick denkt?
Wir Leser versinken in einem undurchsichtigen Strudel an Motiven, Hass, Liebe, Eifersucht und einer Menge anderer niederer Gefühle, die jede unserer drei erzählenden Frauen, ihre Ehemänner, Ex-Männer und Liebhaber zu potentiellen Mördern machen...

Das Ende, dass nach einem Finale erfolgt, das -wie der Rest der Geschichte auch- unspektakulär, langsam und auf seltsame Weise bedacht wirkt, hat mich mit einem Lächeln im Gesicht zurückgelassen. Nicht nur, weil ich mich nun endlich einer anderen Geschichte widmen kann, oder weil die aufgedeckte Wahrheit mich besonders überrascht oder entsetzt hätte, sondern weil die Autorin es in wenigen Sätze geschafft hat, allen verkorksten Charakteren noch auf die Schnelle das Ende zu geben, das sie verdient haben.


Fazit:


Ein eher mittelmäßiger Thriller, der mit seinem langatmigen Einstieg, dem schnörkellosen, einfachen Stil und den unsympathischen Charakteren nicht gerade glänzt, dennoch aber mit einem spannenden Ende unterhalten kann.
Für Freunde des Genres würde ich lieber Anderes wie unbedingt "Gone Girl" von Gillian Flynn empfehlen, wer aber auf der Suche nach einem ruhigen, überschaubaren Thriller für Zwischendurch ist, soll gerne zu dieser Geschichte greifen